Unterhaltungoblatt
St. Ingberter Anzeiger.
Dienstag, den 21. November —8 ——
J.
steinhöfer und Sohn.
Von Emilie Heinricht.
nen wollte,“ begann er kurz, „Sie haben da
ein kleines Mädchen, das Ding gefällt mir,
ich' möchte etwas daraus machen, vielleicht
hat's Lust zur Musik. Ich will es ausbilden,
Sie haben keine Ansprüche mehr daran; wollen
Sie das, so schlagen Sie ein, ich ziehe mit
ver Kleinen fort.
„Ja, das weiß ich wirklich nicht, die
leine ist mir so an's Herz gewachsen,“ heu⸗
chelte Frau Vogel, „ihre eigenen Eltern —“
„Sie wollen nicht? gut, dann geh' ich
nach der Polizei und erzähle dort, welchen
Handel Sie mit Kindern treiben“
„MeinZGott, welch' ein sonderbarer Mann
Sie sind, Herr Heidenreich! Wenn Clara
will, nun denn in Gottesnamen, ich fürchte
aur, sie trennt sich nicht von mir und ich will
fie erst selber fragen.“ J
„Dann gehe ich mit,“ sprach der Alte
Kurz und schritt ohne Umstäͤnde voran.
Clara sagte nicht nein, zum großen Aer⸗
zer der guten Frau Vogel, die spitzig meinte:
„Nun werde ich wohl noch einst von der
berühmten Künstlerin, Fräulein Clara Heiden⸗
reich, hören !“
„Wohl leicht möglich,“ sprach der Alte
surz, nahm das qlückliche Kind bei der Hand
und führte es in seine lleine Wohnung.
Am nächsten Morgen stand Heideureich's
Wohnung leer. Niemand wußte es, wo der
derrüdte Musiler mit der Kleinen geblieben
var, und bald sank auch er in's Reich der
Bergessenheit, wie Alles auf Erden von des
Zeitstromes Welle hinweggespült wird.
Frau Vogel aber zählte triumphirend ihhe
(Fortsetzung.
Frau Vogel rüstete sich zum Ausgehen,
sie schmählte nicht, wie gewöhnlich, über Cla⸗
ra's Trägheit, sondern war freundlich, ja so⸗
zar lustig, indem sie ihrem Goldpüppchen
eine baldige kleine Reise auf der Eisenbahn
bersprach.
Clara schauderte und flog sogleich hinunter
ju ihrem alten Freunde, als ihre Peinigerin
das Haus verlassen hatte, um ihm Alles, was
sie gehört, mitzutheilen.
Heidenreich erschrack heftig, er war zu
wenig mit der Welt belannt, um solche Dinge
zu durchschauen; daß es sich hier indessen um
eine lichtscheue Geschichte, wohl gar um ein
Berbrechen handele, war ihm klar, und war
er mit sich selber noch nicht recht einig, ob er
die ganze Begebenheit nicht lieber der P.lizei
anzeigen solle.
„Sei ruhig, Kind!“ tröstete er die Wei⸗
nende, „Du sollst nicht zu den Kunstreitern
oder Seiltänzern, — ich selber will mit der
Frau reden, so wird's am Besten' sein. Geh'
nur hinauf, daß sie Dich diesmal nicht bei
mir trifft, sie darf keine Ahnung davon
haben.“
Frau Vogel blieb lange aus, endlich kam
sie und war nicht wenig erstaunt, sich von
dem alten verrüctien Musitker so friundlich an⸗
geredet zu sehen.
„Sehen Sie, Madame! was ich von Ih⸗