Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der Husschlag galoppirender Pferde ließ 
hn verstmmen und entriß itnn seinen Ge⸗ 
uten 
Zwei Reiter sprengten' mit verhängten 
Zügeln auf die Farm zu; der Mann vor der 
Thür erhob sich und legte die Rechte über die 
Augen, um den Blick zu schärfen⸗“ 
Wen brirgt mir der Junge da'!“ sprach 
er halblaut, „beim ewigen Gott, das muß 
der alte Brandt sein, oder ich habe den Staar 
auf beiden Augen. “ 
Urber sein Antlitz zog es wie helle Freude 
mit flüchtiger Rührung wechselnd. Er trat 
einige Schritte vorwärts, doch schon hatten 
—D0 
jien nach wenigen Minuten vor dem Herrn 
der Farm. .. 
Seid Ihr's, oder ist's Euer seliger 
Beist, welcher wie Don Juan's steinernet 
Gast, miqh besuchen will, mein alter Kapitän 
Brandt ?“ rief kr mit vor Bewegung zittern⸗ 
der Stimmee.. 
zBin's, noch in Fleisch und Bein,“ ver⸗ 
setzte der Kapitän, sich wie ein Jüngling vom 
Pferde schwingend und den Zügel seinem Be⸗ 
zleiter zuwerfend,“ „hätte es, beim Element! 
aicht geglaubt, ‚die einsame Farm am Wissi⸗ 
kppi je wiederzusehen. Grüß' Dich Gott, 
alter Funge! bist verdammt alt gewor⸗ 
den, he!“?“ .... 
Er schob seinen Arm unter den des Far⸗ 
mers und trat mit ihm in's Haus, einen 
freundlichen Blick rückwärts auf den zweiten 
Neiter werfend, welcher mittlerweile die Pferde 
abzäumte und in eine hohe Fenz führte.“ 
Es war dies ein junger Mann, eine hohe 
kräftige Gestalt mit einem außerordentlich in⸗ 
seressanten Antlitz, worauf Intelligenz und 
Kühndheit sich spiegelten. Schwarzes krauses 
Haar umgab die hohe gebräunte Stirn, unter 
deren Wölbung zwei schwarze Augen stolz und 
herausfordernd blitzten; ein prächtiger Voll⸗ 
bart vollendete das Bild schöner Männlichkeit. 
Wo habt Ihr Euch denn getroffen, alter 
Seelöwe ?“ fragte der Farmer, als sich's 
Beide bequem geinacht und einen tüchtigen 
Imbiß vor sich hatten, „ich meine Du und 
der Ferdinand!“ 
Dieser war mittlerweile in die Stube ge⸗ 
kommen und hatte sich zu ihnen gesetzt. 
„Der Teufelsjunge der,“ lachte der Kapi⸗ 
jän Brandt, unser alter Belannter, „traf ihn 
mterwegs, wie ich so kecht gemächlich auf 
inem alten Klepper einhertrabte. Das saust 
vie ein Wirbelwind durch die Ebene — mir 
jorbei die wilde Jaghe — mein Brauner 
nuß viel Ehrgeiz haben, läßt sich nicht mehr 
nit Sporn und Peitsche regieren, und jagt 
dem Andern wie besessen nach.“ Ich schreie 
aus Leibeskräften/ und fluche wie ein Heide, 
his der Junge,“ da jeinen Gaul mit einem 
Ruck herumwirft und meinem Braunen in 
die Zügel sällt. Da erkenne ich die Mutter 
in seinem Gesicht, und auch er hat den alten 
sapitän nicht verge fsen.“ * 
„Die Mutter!“ rief der junge Mann 
erregt, „o sprich, Onkel Brandt! lebt sie 
noch! — ist sie noch immer ¶— — 6 
Er mochte die Frage nicht vollenden. 
„Armer Junge 8 versetzte Brandt, „fie 
sst noch immer krank. Ich sah fie vor meiner 
Abreise, — etwas freilich' hat sich ihr Zustand 
zebessert, sie ist stille geworden, sanft wie ein 
Ldamm. Ihr wißt, daß meine Alte sie lange 
zepflegt hat, bis fie selber krank wurde, sich 
dinlegter und mir das große Leid anthat, 
ju sterben. 
„Gott mag es Ihr vergellen, wenn's ein 
Jenseits gibt,“ sprach der Farmer, welchet 
Niemand anders war, als Theodor Hartmuth, 
der als Dieb und Brandstifter verfolgte und 
geächtete Freund des gemordeten Steinhöfer. 
„Es war merkwürdig,“ fuhr Brandt mit 
zeiner gewaltsamen Anstrengung fort, „daß ich 
seit dem Tode meiner Frau die Lust am 
Seeleben verlor, ich wurde eine träge Land⸗ 
ratte und begoß die Blumen auf ihrem Grabe. 
Das sind fünf Jahre her, so lange habe ich 
leine Reise mehr gemacht und Euch natürlich 
IV Se n 
Böser Onlel!“ meinte Ferdinand Stein⸗ 
höfer (ljener Knabe, aus welchem jetzt ein so 
stattlicher Mann geworden); „in fünf langen 
Jahren nicht anungs zu denken ·.. 
„Hm, gedacht habe ich genug an Euch,“ 
ersetzte Brandt, eine: Cigarre anzündend, 
rhätten mich auch wohl bald zu meiner Alten 
detten können, wäre nicht die Marie gewesen, 
neines Bruders einzig Töchterchen, welches, 
da wir kinderlos waren, nach der Eltern Tod 
—