Full text: St. Ingberter Anzeiger

Unterhaltungsblatt 
St. Ingberter Anzeiger. 
Nr. I4 Donnerstaa, den 80. November 
Steinßzöfer und Sohn. 
Von Emilie Heinräichs. 
(Fortsetzung) 
„Hund, verdammter!“ rief der Lutscher, 
Zügel fortwerfend und herunterspringend. 
Im nächsten Augenblick hatte er den 
Greis auf die Seite geschleudert und Clara, 
welche laut aufschrie vor Schreck, aus dem 
Wagen gerissen, um blitzschnell mit ihr fort⸗ 
zueilen. Sie sträubte sich und schrie um 
Hülfe. 
Richard ließ die Pferde frei, welche im 
wilden Laufe mit dem Wagen davonjagten, 
er war leichtfüßiger, als der Franzose mit 
seiner Bürde, in dessen Hand jezßt ein Degen 
blitzte, während er mit der Linken die halb— 
ohnmächtige Clara an sich preßte. 
Doch der Räuber hatte es mit einem ge⸗ 
wanden Gegner zu thun; was kümmerte ihn 
das Blut, welches aus seiner verwundeten 
Hand quoll, wie rasend der Graf St. Herem 
auch mit seinem Degen herumfuhr, Richard 
hatte ihm denselben nach wenigen Minuten 
entwunden. 
Doch fester noch hielt der Graf die Sän⸗ 
gerin, welche sein Sieger jetzt zu verwunden 
fürchten mußte. Er zog sich höhnend mit ihr 
zurück, noch einige Schritte und er hatte 
jein Haus erreicht. Kein Mensch in der Nähe, 
in der Ferne unur tönte der Schritt einer 
Sicherheite patrouille. 
Jetzt kam Heidenreich herbii. 
„Gieb mir den Degen, daß ich den 
— — — 
Hund niedersteche,“ schrie er, „bist Du zu feig, 
Mensch ?“ 
Der Graf lachte höhnish auf und sprang 
in's Haus, Richard ihm nach und züdte den 
Degen auf seine Brust, das Goslicht fiel 
in's Portal. 
Plötzlich bricht der Räuber stöhnend zu⸗ 
sammen, Clara ist frei und finkt ohnmächtig 
an ihres Retters Brufst. 
Als sie erwachte, lag se in ihrem Zimmer 
auf dem weichen Sopha, ihr erster Blick fiel 
auf Richard, welcher vor ihr kniete. 
„Dank! Dank!“ flüfterte sie, ihm die 
Hand reichend, welche er mit Küssen bedeckte. 
„Sie haben uns einen großen Dienst ei⸗ 
wiesen, junger Herr!“ sprach Heidenreich jetzt 
in seiner kurzen Weise, „erzählen Sie, wie 
Alles kam.“ 
Und Richard erzählte Alles, seine Leiden⸗ 
schaftlichkeit verrieih die Stärke seiner Liebe. 
Clara schanderte und blickte den jungen 
Mann mit unbewußter Zartlichkeit au, ihr 
Herz lag in diesem Blick. 
„Und ich weiß nicht einmal, wie ich Sie 
nenuen soll,“ sagte sie leise. 
Richard erröthete, auf seinem Antlitz mal⸗ 
ten sich Verlegenheit und Unentschlossenheit. 
„Nennen Sie mich Richard,“ erwiderte er; 
„Richard Höfer!“ 
Höfer?“ fragte Heidenreich überrascht, 
„Herr, das ist selisam.“ 
„Warum ?“ 
Ach nichts, mein Kind! — es war mir 
so seltsam, wenn ich dabei an Deinen Namen 
dachte, ich meine an die Zusammenfetzung, — 
es gibt oft wunderliche Jufälle