Full text: St. Ingberter Anzeiger

von Suffolt ernannten Charles Brandon ge⸗ 
sprochen wurde, hatte der Koöͤnig denselben 
mit in sein Gemach genommen.Der König, 
der es vor allen Dingen liebte, die Großen 
seines Landes hin und wi der zu ärgern, 
fühlle sich jetzt etwas erleichert und in eine 
hdeiterere Laune versetzt als vorhin, wo ihn 
sein Freund und Rathgeber, der Bischof Wol⸗ 
sey, verlassen hatte. 
„Ihr werdet heut' Abend mit uns am 
Bankett theilnehmen, Herzog von Suffolk, und 
dadurch zugleich in Euren neuen Titel einge⸗ 
führt werden. Verl aßt Euch darauf, Ihr seid 
heur. Ahend die Zielscheibe alles Neides. 
da! ha Pes war költlich, dielg langen Ge⸗ 
Wwier iu sehenie nn 
Und der König rieb sich vergnügt di 
hände und lachte lustig; dann stürzte er 
schnell, mehrere Gläser Wein hinunter und 
forderte jeinen Günstling auf, eig Gleiches 
zu thun. 
„Ihr seid der nüchternsse Mensch, der 
mir je vorgelommen ist,“ fuhr der Koönig. 
im Gemache auf und nieder schreitend, fort: 
An Euch ist ein Pfaffe verloren gegangen. 
Weiß Gott, dieser Wolsey läßt/ sich niemals 
adthigen, sondern langt fleißig zu wenn man 
ihn auffordert. Macht's auch so, wenn wir 
gute Freynde bleiben wollen, Herzog. Euch 
lommts eher zu, als einemGeistlichen. 
Nachdemn machen wir einen Spazierritt durch 
den Park — Prinzessin Marie wird uns 
begleiten.* 
Der König“beobachtete den jungen Mann 
bei⸗ den letzten Worten scharf, und als eind 
momentane Röoͤthe dissen Züge überflog, lachte 
er hell auf. 
„Was habt Ihr, Herzog, erröthet Ihr noch 
wie ein junges Mädchen, dem ein Liebesge— 
stündniß gemacht wird ?Ihr werdet hoffent. 
lich nicht blöde bei unsern Damen sein. daß 
wir — unsere erlquchte Schwester 
zurüdtassen miussen 
— Pal stt. g din aherdingt 
3 eiwas scheu,“ enigeguete der Herzog schnell, 
boch nicht so, um — genug zu sein, 
ane sa liebenswürdige, schöge Dame wie 
Prinzeh Warie meinekwegen von irgend welchem 
Vergnuͤgen 74 Wenn Ihr erlaubt, 
i 
Majestät, werde ich den Cavalier des holdeften 
Wesens von ganz England abgeben.“ 
„Ihr seid sehr kühn, wein Freund,“ sagte 
der König, indem er lächelnd mit dem Finger 
drohte, „aber ich liebe es, wenn einer das 
Herz auf der Zunge trägt, weit mehr, als 
von glattzüngigen Schmeichelrednern umgeben 
zu sein. Punlt vier Uhr erwarte ich Euch mit 
Eurem Rappen im Schloßhofe. 
Er reichte dem Herzog von Euffolk gnä⸗ 
dig die Hand zum Abschiede und mit leichtem, 
frohem Herzen verließ dieser das Schloß. 
II. 
Und Punkt vier Uhr tänzeltz schon der 
schwarze Hengst des Herzogs von Suffolk im 
Schloßhof, und kaun zehn Minuten später 
führte dieser Engkands reizendste Blume. die 
fiebenzehnjährige Prinzeß Mary die breiten 
Stufen der Schloßtreppe hinab, und hob sie 
mit ritterlicher Anmuth'in den Sattel. 
Ein holdes. Erröthen war Alles. womit 
fie ihn dankte, aber der junge Ritter schien 
XE 
vährend, der König mit seiner Schmester 
poraus.itt, strahlte sein hübsches Gesicht vox 
nuerer Zufriedenheit. Dann gab er seinem 
Rappen die Sporen und ein paar Augenblecke 
püäter wat er wieder an der Seite seines 
johen Gönners. Der Herzog bedauerte, mur, 
daß der Anstand es ihm nicht erlaubte. neben 
der Prinzefsin zu reiten, und manch veistoh⸗ 
jener Blick flog zu dem hübschen Mädchen hinüber, 
das mit unnachahmlicher Grazie die Zügel ihreß 
Zeltexz regiexte. Die frische Luft und die 
Austrzeygung färbte ihre rosigen Wangen noch 
höher und der Wind spielte mit den goldigen 
Locken, dig sich unter dem schwarzen Sammet⸗ 
bqarett hervordrängten. 
Prinzeß Mary war die reizendste, Erz 
scheinung des Erdbodens. Darquf hälte in 
diesem Moment nicht allein der Herzog von 
Suffollk geschworen, sondern noch biele, viele 
Männer mit ihm, und selbst die Frquen nannten 
die Prinzeß einen Euglee 
Sie war noch ein halbes Kind, nicht 
allein an Jahren, sondern noch mehr in ihren 
Neigungen und Wünschen, und erst seit sich 
Ritter Charles Brandon am Hofe befand, 
sah ihr königlicher Bruder oft jenen halb