Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Untlerhaltungsblatt 
—St. Ingberter Anzeiger 
Nr. 1485Donnerstag, den 14. Dezembꝛer 157I. 
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Auf dem Throne.“ 
J gistorische Rovelle vonn 
Nobert Frauz. 
(GFortsetzung ʒ. 
„Schonf“ fragte der Herzog schmerzlich. 
Geh' nur, Mary, geh',“ fügte er dann leb— 
haft hinzu, „diese Trennung ist nur von 
kurzer Dauer, sie wird ihr Ende in einer 
unauflöslichen Verbindung finden. Ich werde 
wirken für unser Glück, sei getrost! Wann 
sehe ich Dich wieder? In diei Tagen um 
dieselbe Stuude ?— — 
5 „Nicht: doch. Chaxles, Du darfst das nicht 
pon mir verlangen,“ entgegnete die Prinzessin 
vorwurfsvoll. „Ich habe schon zuviel gewagt, 
als ich Die diese Zusammenlunft bewilligte, 
aber Ich konnte Deinen Bitten nicht wider⸗ 
stehen. Jetzt laß' es genug sein, wir sehen 
uns fast jeden Tag und können manches Mal 
einZunbeachtetes Wort mit einander wechseln.“ 
„Als wenn; mir das genügte, Mary!“ 
rief Charles leidenschaftlich aus. „Worte wech⸗ 
seln, wo mich jede Fiber meines Herzens drängt, 
Dich in meine Arme zu schließen und an mich 
pressen ! Aber ich gebe Dir Recht, ich darf 
ine neue Zusammenkunft mit Dir fordern. 
Wir müssen-unendlich vorsichtig sein, um nicht 
den leisesten · Verdacht zu erweclen und darum 
entsage ich dem Glück, Dicqh Aubelauscht zu 
sprechen.“ 
.Les wohl, mein Charles, ieb' wohl! 
rief die Prinzessin aus. „Es ist ist die hochste 
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Zeit, daß wird uns trennen, wenn nicht Alles 
entdeckt werden soll.“ * 
Noch eine lange, innig:? Umarmung, ein 
heißer Kuß und behutsanm traten heide in's 
Freie. Der Mond hatte sich hinter einer 
oorüberziehenden Wolke verborgen, und be⸗ 
günstigte so scheiubar das nächtliche Zusam⸗— 
mentreffen. F 
Nur noch einen kurzen Moment und die 
zierliche Gestalt der Prinzessin war nebst ihrer 
Dienerin verschwunden. 
Langfam trat der Herzog seinen Rückweg 
an, aber die Nacht dünkte ihn zu schön, um 
fie nicht im Freien zu genießen, und unter dem 
Schatten einer Blutbuche tiäumte er we ter 
bon dem Glücke: das er in den Armen der 
Geliebten genoffei. 
Quumi hatten die Prinzessin und der Her— 
jog die Laube verlaffen, als plötztich wie ein 
nächtliches, unheimlichs Gespenst dort eine 
andere“ Gestalt auftauchte,“ die im tiefsten 
Dunkel des Gebüsches versteckt gewesen war. 
Ha, Kuabe; Du sollst den ränkefüchtigen 
Pfaffen, den egoistischen, ehrgeizigen“ Bischof 
Wolifey kennen lernen,“ murmelte die Gaftalt 
drohend mit geballter Fanst, und bletzeinden 
Augen. „Dieser blutsaugerifihe Vampyr wirs 
Dir den lehle a VTrohfen Lebenstust und Freude 
aussaugen, damit Du ihn fürchten lernst· Ja, 
entweder — »oder.“ Du oder ich. Da bleibt 
nichts anbeies übeig; aber? Du kennst den 
Bischof““ Wolseh noch nicht, wenn Du 
glaubst, ir würde fich von einem:: Knaben autß 
seiner Höhe herabstürzen lassen. Ich Berdt 
Deine stolzeu, hochsahrended Plant vernishlen, 
bιιν ι u e.4