Full text: St. Ingberter Anzeiger

jriedigen, denn die Herren kommen mit Lord 
Tuthbert ins Schloß.“ 
„Papa's Aussehen widerspricht den An⸗ 
gaben seiner Briefe,“ seufzte Genevra, wähnend, 
daß nur die Sorge um seine Gesundheit holch 
vage; Ahnung kommenden Unheils bedinge. 
Langsam begab sie sich in ihr Zimmer, ihre 
Toilette zu ordnen und betrat dann würdevoll 
den Salonß. 
War es Einbildung, daß des Vaters Hand 
kalt war und bebend? — 
Genevra, mein Kind!“ 
„Mein lieber, lieber Papat 
Vier Augen bewachten die herzliche Be⸗ 
grütßung: Lord Cuthbert ernst und trübe, 
Graf Lubin im Vorg fühle all des Glückes, 
das ser im Besitz des schönen Wesens er⸗ 
träumte. 
Sie blickke dem alten Manne mit kind⸗ 
licher Zärtlichkeit in's Auge und forschte angstlich 
nach jedem Zug seines Gesichtes Auch Law⸗ 
rence Ltoyd vergaß in der Freude des Wie ⸗ 
dersehens, daß fie nicht allein waren 
Graf Lubin hustete. 
Wieder fühlte Genevra das leife Beben 
der Hände und schaute verwundert in die 
plötzlich sich umdüsternden Züge. 
„Laß Dir meinen Freund, den Grafen 
Lubin vorftellen, ich übersah es über der 
Freude, Dich zu fsehen.“ 
Des Fremden Erscheinung war tadellos 
sein Aeußeres nicht unangenehm, aber es lag 
ewas in dem blitzenden Auge, dem eigen- 
thümlichen Lächeln, das Genevra wie vor einer 
Schlange zurüchschandern ließ. Sie verneigte 
sich leicht, sprach einige mverftändliche Worte, 
und wandte sich dann wieder zu ihrem Vater, 
ohne dem Grafen auch uur die Fingetspihen, 
zum Gruße gereicht zu haben: Er biß sich 
ärgerlich auf die Lippen und begann dann 
eine lebhafte Unterhaltung mit Lord Cuthbert. 
Der Banquier hatte das wortlose Schar⸗ 
mützel verstanden und blickte besorgt auf seine 
Tochter * 
Du schriebst mir, Du seieß wohl, döoses 
Vatertchen und hast mich nar um Befien ge⸗ 
halten,“ sprach ste vorwurfsvoh 
IIch bin nur müde und angegriffen von 
der sante Reise liebes Rinb8 
„Erfrischungen wer den soforl erscheinen,“ 
bemerkte Lord Cuthbert herzlich, und ich habe 
nur zu bitten, daß Sie und ihr Freund mir 
wenigstens ein paar Tage das Vergnügen 
Ihrer Gegenwart gonnen. “ 
„Das laäßt sich hören, auf Ehre,“ rief 
Graf Lubin, „ich denke, wir nehmen den 
Vorschlag an, hin, Llod ?“ 
Genebra warf stolz das Haupt zurück uud 
maß den Sprecher mit zornigem Augẽ Wer 
war es, der in solcher Weise mit ihrem Vater 
zu teden wagte 
Vielleicht,.“ antwortete Mr. Llond zb⸗ 
gernd. * 
Ja, ganz entschieden, denn solche Gele— 
genheit bietet sich so leicht nicht wieder. Nach 
Diß Lloyds strahlendem Blick zu urtheilen, 
gränzen des Schlosses Vergnügen an's Wun⸗ 
derbare, und derlei Erlednifse verliert man 
nicht gern. Ist das dort unten ein Kastanien- 
waidchen, Locd Tuthbert ? 
AJa,ꝰ ein Waldchen;“ auf das die Lyle 
stets stolz waren. Rolklen Sie nicht mit mir 
bie schönen Vänme besehen 
Der Graf erheb sich lächelnd, er verstanb 
des Lords freundliche Absicht Vater und 
Tochter einen Moment XX 
seins zu gönnen und dachte, datz es auch sein 
Intereffe sördern dürfitie 
Wer ist diefer Mann, Vapa kefragte 
BGenevra so bald sich die Thüre hinten den 
beiden Herten geschlossen. 
Ich habe es Dir beteits gesagt, mein 
Rind, ein deutscher Graf, Nameng Lubin, der 
gegenwärtig in London Sensotien erregt. 
Peich wundert, daß Du noch nicht von ihn 
— VV — 
„Ich kann ihn nicht leiden, Papa, seine 
bloße Nähe ecdrückt mich. Es st, ais ob bine⸗ 
giftige Schlange unter reizenden VBlamen 
aurre/ oder ein Habicht auf ein schuldloses 
Taäubchen. Dulde ihn nicht um Dich Ba⸗ 
berchen.“ 
vRede nicht so unvernünftige“ grollte 
Mr. Lloyd, ‚was weißt Da von dem Gra⸗ 
sen, das Dich zu solchem Urtheü berechtigt 7 
Ift Dir irgend ein Beweis unwirr digen Be⸗ 
ragens bebannt. so lasse ich. mir's hefallen 
vo nicht, so ersuche ich Dich, nicht eder kin⸗ 
dischen Laune nahzugeben“ 
Genedrablickle erstaun auf den alten