Ht. Ingberler Anzeiger.
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M 35.. ESaumstaga, den 2. Maʒʒzʒ 11872
Deuntsches NReich. Versailleb doch — zu wen zu — hört denn auch
en, 23. Febr. Ueber den Antrag des gewesenen bereits davon sprechen, der französische Gesandte beim Papste,
Abg. Wag , von Staat und —— serr vr Harcourt, werde auf Urlaub gehen. Andererseits bezweifelt
e in AÄnbetracht, a) daß der Antragsteller G. F. Kolb, der man jedoch, daß Herr Thiers sich zu einer solchen energischen Hand⸗
nen politischen Principien nach das Hauptinteresse an einer radi⸗ lungsweise gegen die Curie emporschwingen werde. Sollte es in⸗
len Trennung von Staat und Kirche hatte, aus der Kammer zwischen der Fall sein, so hätte man das ergötzliche Bild, daß die
chieden ist, b) daß der Antrag, obschon er nicht die mindeste Besandten dreier europaischen Großmächte beim Papste aus poli⸗
aeutung dder irgend welche Directive über das „Wie“ der von ischen Grunden von ihrem Posten abwesend sein würden.
hm veabsichtigten Trennung bietet, vorausfichtlch nur zu einer Die Stadt Stendal hat dem Fürsten Bismard das Ehren⸗
üden und dennoch schließlich resultatlosen Debatte führen würde, hürgerrecht verliehen. Die -Nordd. Aus. Zig.“ knüpft daran
adessen der Kammer daran gelegen sein muß, endlich ohne weite, olgende Bemerkung: Wundersamer Kreislauf menschlicher Dinge!
n Zeitverlust an die Beralhung und Beschlußfassung über das lus Stendal wurden vor *00 Jahren die Vorfahren des Fürsten
zudget, so wie das Finanzgescetz für die elfle Finanzperiode 1872 Bismarck weil das damalige Haupt der Familie dort eine der
d 1878 zu gelangen; in weiterem Anbetracht, o) daß demnächst AIufsicht des Dombkapitels nicht zu stellende Schule hegründet hatte,
ie neue Geschaͤftsordnung ins Leben tritt, nach welcher alle, alfo n Folge eines von der Geigtlichteit in den untersten Klassen der
such so unbestimmt gehaltene Anträge nur unter Beziehung der Bevoͤlkerung angestifteten⸗ Aufstandes wvertrieben und ledten danach
Juüskunft und Aufklärung gebenden Antragsteller in den Aus-. Jahre · lang in der Verbannung heute wird einem ihrer Nach—
nsce helse air Berhendlans gelangen tdnnen .. vom vierten onmien mit Bzzus auf fein Sintreten sur die Befreiung der Schule
Ausschuß der Beschleß gefaßt: es sei trotz des seit längerer Zeit don kleritaler Herrschaft das Ehrenbürgerrecht derselben Stadt
in den Händen“ der Ausschuß⸗Milglieder befindlichen Vortrags des angetragen. S —9 —8 i
defetenten Dr. Ruland auf die Berathung des Antrags. nicht Ueber den Kampf wegen der staatlichen. Aufsicht
nehr einzugehen, jedoch von diesem Beschluß die Kammer in Kenate Über die Schule im preuß. Abgeordnetenhause bringt Bluntschli
niß zu setzen. in der „Gegenwart“ einen interessanten Artikel, in welchem er
Muüln chen, 28. Febr. Die auf die Neuformation der folgenden lehrreichen Vergleich· mit Baden zieht: „Auch in Baden
»aher schen Armee basir en Friedens-Etats entziffern füt das Jahr wurde 1864 ein Gesetz, betreffend die Aufsicht über die Volts—
1872 einen Präsenzsitand von 50,646 Mann an Officieren, Be⸗ schule, erlassen. Es war ein Vorläufer des späteren allgemeinen
mten, Unterofficieren und Soldaten; hievon treffen: auf die 16 Volksschulgesetzes, aber kein Hinderniß desselben. Das badische
Infanterie Regimenter 27,986, auf die10 Jägerbataillone 5780 Besetz führte einige neue Injtitutionen ein: in den Gemeinden
Mann, auf die 10 Kav. Regimenter 7320 Mann, auf die 4 einen Ortsschulrath, in welchem der Pfarrern, der Bürgermeister,
Ittillerie Reg. 3318 Mann, auf ein Pionierbataislon 579 Mann, der Lehrer und gewählte Vertrauensmänner der Hausväter zu⸗
nuf ein Trainbataillon 256 und auf die 4 Sanitäts Kompagnien sammen wirken sollten; dann in weiteren Bezirken (hier Kreise
364 Mann, An Pferden zühlt-die Armee 11,106 Stücke, wor: zenannt) staatliche Schul-Inspektoren, sogenannte Kreisschulräthe,
unter 1922 Officierspferde, 7648 Dienstreitpferde und 1536 woberst wieder ein Kollegium des staatlichen Oberschulrathes.
Dienstzugpferde. — Den beiden Ingenieur⸗Direktionen sind Damals erhob sich in Baden ein heftiger Sturm gegen dieses?
usammen 27 Garnisonsbauaufseher und 29 Bauschreiber etats Schulaufsichts · Gesetz. Die eazbischöfliche Kurie bekämpfte dasselbe
näßig zugewiesen, welche sich nach Maßgabe des Bedarfes auf die nit Eifer, und der katholische Klerus stand ihr zur Seite. Der
tschebeen Gacnionen bertheilen. — Jedes Trainbataillon erhält Grzbischof forderte die katholischen Ettern auf, „ihre Kinder vor
aͤhtlich 170 Train⸗Rekruten, „von welchen je die Hälfte mit den Gefahren ihres Seelenheils zu schützen, wie ja selbst die wilden
— Thiere ihre Jungen gegen feindliche Angriffe vertheidigen.“ Der
Muͤnchen, 28. Febr. Nach einer Mittheilung des „Vollsb.“ Papst selbst forderte zum Widerstande auf. Ein Petitionssturm
st durch Entschlietzung des Cultusministeriums der Geschichtsunter· durchbrauste das Land. Ganze Berge von Petitionen wurden auf⸗
richt an den Gewerbschuleu in der Pfalz, welcher bisher für die zeschichtet, fast alle gegen das gottlose Schulgesetz. Den katholischen
datholiken in den Händen katholischer Priester war, don nun an Pfarrern wurde von Freiburg die Weisung gegeben, nicht in die
vusschließlich den Realienlehrern überwiesen worden. Ortsschulräthe einzutreten. Den Bürgern wurde empfohlen, nicht
Berlin, 29. Febr. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht zu wählen. Man erwäge dabei, daß zwei Dritttheile der badischen
ein Gesetz betreffend die Erweiterung der Festungen Metz und Bevölkerung katholisch, nur ein Drititheil Protestanten sind. Ein⸗
Straßburg und die Beschränkungen des Grundeigenthums in den zelne, allerdings nur wenige, zelotische Pfarrer der protestantischen
Umgebungen der Festungen Elsaß Lothringens, sowin ein Gesetz be⸗ Kirche allinasen sich mit dem katholischen Klerus wider das Schul⸗
treffend die Einsezung außerodentlicher Commissäre zur Verwaltung aufsichts-Gesetz. Was ist aus allem dem Stürmen und Drängen
cinzeluer Gemeinden in Elsaß Lothringen. geworden? Heute ist alle Welt mit der neuen Einrichtung zufrieden.
Der „Independance Belge“ wird über die Stimmung in Die katholische Kerche selber hat ihre Anfeindung aufgegeben. An⸗
Paris ein charakteristischcs Bild entworfen. Demzufolge sind es fangs ireilich gab es eine Anzahl Gemeinden, in denen nicht ge—
inklare Besorgnisse, dumpfe Gerüchte von Staatsstreichen, unerklärte wähll wurde. Schon seit Jahren gibt es keine mehr. Die Leute
und doch nur zu erklärliche Furcht vor der nächsten Zukunft merkten doch selbst in den armen Dörfern, daß die Eltern noch
dringendes Verlangen nach Ruhe und Wiederanfnahme der Arbeit näher als der ehelose Geistliche betheiligt seien bei der Schulbild⸗
der Production und des Wohlstandes, welche gegenwärtig die ung ihrer Kinder. Gerade die besseren katholifchen Geistlichen
Mehrzahl der Franzosen oder vielmehr das ganze Land erfüllen. varen von Anfang an nur ungern, der bischöflichen Weisung
An das Gelingen der Bonapartiflischen Umtriebe glaubt dieser Cor: kolgend, aus dem Ortsschulrathe weggeblieben und sehnten sich nach
respondent nicht; ebenso wird von anderer Seite versichert, daß einer freundlichen Mitwirkung. Aber auch Andere wurden endlich
Rouher, der Bicekaiser, den Bongpartislischen Heißspornen seiner gewahr, daß der Einfluß der Kirche durch das grollende Fernbleiben
Umgebung eingeschärft habe, mit jedem Unternehmen so lange zu und durch den Streit mit dem Staate nicht gehoben wordeu, son⸗
warlen, dis eine neue Krisis, die schwerlich lange auf sich warten dern gesunken sei. Seibst die Bauern, die gewohnt waren, dem
lassen werde, die Aussichten auf Geüngen eines Coups verzehnfacht Pfarrer zu folgen, lernten nun auf eigenen Jüßen gehen und eine
hätten. — Wie man sieht liegt es sommt in der Hand der Regier⸗ eigene Meinung haben. In einzelnen Zeitungsartikeln der ultra—
ing, den Ausbruch auf Nimmereintreten zu vertagen. montanen Presse klingen die alten Weherufe noch nach, aber im
Uebrigens fangen die Kundzgebungen im Vatican, den fran⸗ Großen find sie verstummt. Die Religion hat nicht gelitten, aber
onischen Legitimisten gegenüber, nachgerade an der Regierung zu die Schule ist freier und besser geworden, seitdem der Staat ent⸗