Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberlet Anzeiger. 
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der St. Fagberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatie verbundene Unterhaltungsblait, mit der Dienstags⸗ Donneretags⸗ und Sonn tag 
Kammer) erscheint wochentlich vie r nmal: Dienstag, Donner stag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljahrig 42 Krzr. oder 
182 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krir. die dreispaltige Zeile Blaitschrift oder deren Raum berechnet. 
M 36. 3 * Sonutag, den 8. Mäʒʒʒʒʒʒ 41188872 
5 PDeutsches Reich. 
Mäünchen, 28. Fesr. Am 1. März wird belanndlich die 
naeue Geschäftsordnung der Abgeordnetentkammer in Wirksamkeit 
treten. Wie man hört, steht eine Verständigung der Parteien in 
der Weise in Anssicht, daß für die Petitionscommission acht 
altramontane und acht liberale Abgeordnete von Leiden Parteien 
emeinschaftlich gewählt und bezüglich der fünf weiteten zu wählenden 
Mitglieder die e ee dem Ermessen der beiden Clubs, also 
dem⸗ Zufall“ anheimgegeben wird. “In die Geschäftscommission, 
deren Gesammtmitgliederzahl jeweilig vom Plenum. der Kammer 
zestimmt wird, werden ebenso drei liberale und drei ultramontane 
Mitglieder gewählt werden. Die Auswahl der neu zu wählenden 
„eiden Schriftführer überläßt die patriotische Partei der Forischritts⸗ 
partei, von welcher die Abg. W. Kastner und Louis in Aussicht 
jenommen find. — 
Münschen, 29. Febr. Der Antrag des Abg. Crämer und 
donf. auf Einsührung einer einzigen Steuer, den dieselben schon 
m October vor. Irs. an die Kammer brachten, der aber bisher 
m betr. Ausschusse unerledigt blieb, wird nun auf Grund der 
reuen Geschäftsordnung zur ersten Berathung gelangen. 
Kempiten, 28. Febr. Die hiesigen Mitglieder des Algäuer 
Polksvereins haben eine Adresse an. den Fürsten Bismarck 
ibgesandt, in welcher sie „dem geistigen Urheber der Wiedoͤrgeburt 
es deuischen Reichs— dem exhabenen Vorkämpfer für die Rechte 
xes Staots — gegenüber der ultramontanen und piektistischen 
keichsverderberei die Gefühle ihres innigsten Dankes und wabhrsier 
khrfurcht darbringen.“ — Vom Reichskanzler ist darauf folgende 
elegraphische Rückantwort eingetroffen: „Herzlichen Dank für den 
varmen Ausdruck des Verständnisses zwischen Süd und⸗Nord des 
Baterlandes, den mir der Algäuer Vollsderein entgegen gebracht 
ind der mir das ehrenvolle Wohlwollen neu bekundet, mit dem 
ch im letzten Herbste von meinen bayexischen Landsleuten in ihrer 
chönen Heimath aujgenommen wurde. Bjsmarck 
—Speyer, 28. Febr. Nach einem Rescripte des Cultus⸗ 
ainisteriums vonn 6. Oct: 1869 ergab die mit den Rekruten des 
Jahrganges 1868 6orgenommene Prüfung 18 pCt. solcher mit 
zangelhafter Schulbildung. Im folgenden Jahre waren es, wenn 
nix uns recht erinnern, 13. PCt. Wie wir nun als verbürgt 
nittheilen koͤnnen, hat die Zahl der pfälzischen F Rekruten mit 
nangelhafter Schulbildung, bei der letzten Prüfung die Höhe von 
18 pCt. erreicht, und es ergiebt sich hierdurch eine für den Stand 
unseres Volksschulwesens noch unerfreulichere Ziffer als in den 
Vorjahren. Unter den 8 Kreisen Baherns wird die Pfalz auch 
ziesmal wieder den böchsten Procentsatz mangelhaft Gebildeter 
aachweifen. Angesichts einer solchen Thatsache müssen wir dringend 
vünschen, die igl. Regierung möge dasselbe Verfahren wie 1868 
inschlagen und jenes für unsere Provinz so beschämende Resultat 
aach Bezirksämtern und Gemeinden ermitteln und“ das Ergebniß 
)iefer Untersuchung der Oeffentlichkeit übergeben. (Pf Kur.) 
Berlin, 27. Febr. Die „Nordd. Allg. Zig.“ constatiri 
die inmere Wahlvermandtichaft der Krenzzeitungmit den Ultra⸗ 
nontanen. Die⸗ Untrügtichkeit in politischen Eutscheidungen mittelst 
Anwendung ewiger Wahrheiten sei beiden gemeinsam. Bei allem 
berlaß auf den angeblich in ihrem Besitz sich befindlichen Compaß 
)er Ewigkeit wird die Kreuzzeitung nicht für König und Vaterland 
itbeiten, sondern als Commandite der Firma, welche auf den 
—5 Preußens und die Zerstörung des neuen deutschen Reiches 
eculirt. 327 * 
In den noͤrdlichen und östlichen Gegenden Fraukreichs richtet 
die Rinderpest wieder Verheerungen an. Zum Schutz gegen Ein—⸗ 
chleppungen hat das kaiserliche Oberpraͤsidium von Elsaß— 
wihringen die Ein und Durchfuhr von Rindvieb, Schafen und 
zZiegen über die französische Grenze verboten und Controlmaßregeln Vermischtes. 
naeordnet. die sich auch auf das aus der Rheinprovinz- nach Koölu. Wir erhallen von dem beruͤhmten Dr. Eisenbarth, 
ẽljaß Lothringen einzuführende Vieh erstrecken. dem Niemand die betreffenden Fachkenntnisse abstreiten wird, soi⸗ 
Berlaun, 28. Febr.Wie wir vernehmen, wird vielleicht gende Zuschrift: „Die Entfernung der verschlucten Gabei aud 
norgen schon ein Abgesandter der luxemburgischen Regierung hier dem Magen eines Mannes in dorenz, welche den Nergten 
int effen, welchex sich mit dem Fürsten Biemard ins Benehmen 
etzen soll wegen der deutscherseits erhobenen Forderungen. Be— 
anntlich verlangt die deutsche Bundesregierung die Uebergabe 
der Verwaltung der luxemburgischen Wilhelmsbahn wogegen, wie 
man uns mittheili, Luxemburg die Aufrechthaltung seiner Neutra⸗ 
ität zugesichert wird. DTie luremburgische Regierung sucht nun 
die Forderung damit abzuwenden, daß sie Garantieen gegen den 
twaigen Mißbrauch ihrer Eisenbahnen geben will; Fürst Vismarck 
vird jedoch, wie wir als feststehend melden könnnen, auf der 
chleunigen Erfüllung seiner Bedingungen verharren, da die ange— 
votenen Garantien in keiner Weise befriedigen. 
Da das deutsche neue Maß⸗ und Gewichtssystein in Deutsch⸗ 
and eingeführt wird, hat auch Oesterreich Ungarn beschlossen, sich 
demselben anzuschließen. Am 1, Januar 1873 soll es fakultativ, 
am 1. Januar 1876 obligatorisch in Geltung treten. 
Der kommandirende General des 15. Armeecorps v. Fransecki 
in Straßburg, welcher in Folge seiner Kopfverletzung so erkrantt 
vac, daß die Aerzte den Zustand für änßerst bedenklich hielten, 
ist so weit wieder hergestellt, daß jeine vollständige Genesung in 
lurzer: Zeit erwartet werden kann. 
Frankreich. 
Pa ris, 89. Febr. Siecle“ meldet: Der Reichskanzler 
zenehmiate die Vorauszahlung aller 1872 fälligen Kriegsraten, für 
Mai fünfprozentige Interefsen vergütend. 
Bekanntlich machte, voch in 1851 ein Uhrmacher in Delft, 
Pamens Naundorff, vor. dem französischen Gericht seine 
Ansprüche auf den Thron Frankreichs geltend. Derselbe be⸗ 
hauptete nämlich, der Sohn Ludwigs XVI. zu sein. Naundorff 
vurde aber abgewiesen und starb inzwischen. Jetzt aber beabsichtigi 
jein Sohn, welcher sich in der niederländischen Armee als Hr. A. 
de Bourbon einreihen ließ, einen neuen Prozeß anzuregen, und der 
Pariser Anwalt. Laurens Rabier hat die Keriheidigung seiner An⸗ 
prüche bereits übernommen. (A. 3.) 
ESpauien. J 
Madrid, 26., Febr.“ Die Behorden haben eine Fabrik 
von falschen französischen Banknoten entdeckt. Die Fälscher wurden 
in Haft genommen und die verfertigten Noten konfisziri. 
In Spanien hat die „Internationale“ eine solche Verbreitung 
zewonnen, daß der Minister des Innern den Provinzialbehorden 
abermals die größte Wachsamken und Strenge gegen dieselbe zur 
Pflicht gemacht und neuerdings der Minisier des Neußern die 
Mächte zu gemeinschaftlichen Maßregeln „gegen diese staats und 
religionsgefährliche Verbindung aufgefordert hat. / 
Italien. 
Rom , 26. Febr. Wie der Fanfulla“ erzählt, find einige 
roͤmische Priesser zusammengetreten, um eine Bittschrift an den 
Papst zu entwerfen, in welcher derselbe gebeten werden soll, Rom 
nicht zu verlassen. Man glaubt, sagt das genannte Blatt, daß 
auch viele Ordensleute die Peition unterzeichnen werden. Es liegi 
uuf der Hand, daß die angedeutete Eventualitäten der römischen 
Priesterhand und den Klöstern eine üble Lage bereulen wuürde. 
Mittlerweile lassen sich die „Dailh News“ unfer dem 26. d. be⸗ 
tichten: Der öoͤsterreichische Gejandie beim päpstlichen Stuhle habe 
Rom in einer Mission zu dem Behufe verlassen, um Anstaälten für 
die Abreise des Papstes zu treffen. Geirüchtsweise verlautet ferner, 
daß Cardinal Antonelli im Begriffe stehe, abzudanken, und daß 
sein Nachfolger entweder Cardinal Pieira oder Cardinal Lucca sein 
verde. Demselben Blatte wird die Nachricht bestätigt, daß der 
Papst ein Schreiben an die franzbfischen Bischöfe gerichtet habe, 
varin er sie ermahnt, ihren Einfluß zu Gunsten des Graken von 
Thambord geltend zu machen.