Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jat dabei einen glänzenden Triumph erzielt. Er hofft, das Er— 
Jeriment möge als heilsame Warnung dienen und ihn in Stand 
etzen seine herzlichen Beziehungen zu einer Kirche wieder aufzu⸗ 
nehmen, welche frühet im Einverständniß mit seinen politischen 
Theorteen handelte und heute ihm keinen besseren Dienst erzeigen 
dunte, als in zuverlässiger Weise die Voltssttuumung in Polen 
und Frankreich zu zügeln, statt sie in Feuer und Flammen zu 
setzen. 
Frankreich. 
Paruns, 18. März. Belanntlich hatten die Pariser vor 
her Belagerung einen elettrischen Draht, der die Haupistadt. mit 
zer Probinz in Verbindung setzen sollle, in die Seine versenlt. 
ckin Mann aus Bougival, welcher zufällig dem Legen des Drahtes 
zeigewohnt, verrieth die Sache an die Preußen und diese schritten 
hn bei der Schleuse von Marly ab. Der Mann erscheint jetzt 
hor den Versailler Kriegsgerichten. (K. 3) 
Partis, 18. Maͤrz. Wegen angeblicher revolutionärer Pläne 
der nach der Schweiz geflüchteten französischen Kommunisten verlangt 
die franzoͤsifche Regierung von dem eidgendjsischen Bundesrathe die 
Internirung der gefährlichsten revolutionären Fuührer. Sie beruft 
sich auf das Präzedenz“ daß unker dem Kaiserxeiche die Schweiz 
Mazzini auch internirt hat. (N. ft Pr. 
wariz, 19. Marz. In der National -Versammtnng bean⸗ 
ragte Carayon⸗Latvur eine zweiprozentige, auf 10 Jahren repar⸗ 
irbare Steuer auf die Mobiliar⸗ und Immobiliarwerthe, um 
obald als möglich die Kriegsentschäädigung an Deutschland abzahlen 
zu können. Der Antrag wurde von der Kammer für dringlich 
erklärt und sofort den Bureaux überwiesen. 
Paris, 19. März. Der nun gekllndigte englisch franzosische 
dandelsvertrag wird am 15. März 1873 außer . 
eten. In Rouen, ganz befonders aber im Süden, hat die Auf⸗ 
fündigung gewaltige Sensation gemacht. — Die „Cort. Havas“ 
neldet; Dvie Deputirten des Seine-Departements haben sich zum 
Präsidenten der Republik begeben, um die Zurückzahlung der der 
Stadt Paris auferlegten Kriegscontributidn von 200 Millionen, 
oom Siaate zu reclamiren. Man glaubt, die Sache werde mit 
einem Vergleiche enden, wonach Paris ein Viertel oder die Hälfte 
der genannten Summe zu tragen sich bereit erklären würde.“ — 
Die Nationatsubscriptiot hat bis zum 14. März die Höhe von 
i 409, 062 Fr. erreicht. — La Foͤre soll zu einer Festung ersten 
Ranges umgewandelt werden. Es sollen acht neue Forts gebaut 
derden. —“ Der an der Ermordung Chaudey's betheiligt gewesene 
Journdlist Pröault de Védel wurde heute Morgen auf der Höhe 
don Satory erschossen. Er starb mit großem Muth, die Augen 
lieben duf seinen persönlich ausgesprochenen Wunsch, unverbunden. 
Der Hinzurichtende rief dem Executionspeloton zu: „Soldaten! 
Ich sterbe unschuldig. Gerade ins Herz! Feuer“ und stürzte als 
Zid, von zehn Kugeln getroffen, todt gusammen. Die Todesstrafe 
don Questel und Girard ist durch die Gnadencommission in lebens⸗ 
angliche Zwangsarbeit verwandelt.. — 
Tie Postverwaltung wird nächstens Briefeouveris mit Franco⸗ 
dempeln ausgeben.Es ist das ein Versuch, weilchen Herr Ram⸗ 
dont, der Postdirellor, machen will. Da Herr Rampont Ropubli⸗ 
canct ist, fo fuchen gewisse Mitglieder der Rechten ihn zu chicaniren, 
indem fie in seinẽ Befugnisse eingreifen. So ist in der Finanz 
Fommission der Vorschlag gemacht worden, den Kopf der Republik 
nuff den Markenstempeln sanzuschaͤffen und denselben durch große 
Zahlen, die den Werth der Marke bezeichnen, zu ersetzen. Aber 
Zerr Rampunk hält an seinem Kopfe der Republik fest. 
Am 14. d. M. wurde im Theatre des Chatelet die erste 
Vorstellung eines Stückes von „Manin“, des berühmten vor einigen 
Jahren verstotbenen italicnischen Patrioten, gegeben. Das Stück 
Jatie ziemlichen Erfolg, gad über duch zu verschiebenen Demon⸗ 
atibnen Anlaß. Die erfte war eire antideussche. Welche Land⸗ 
olagefür din Volk; die fremide Occipation! (Donnernder Beifall.) 
Di diese Destertelcher!“ Ein Zuschauer erhebt sich Es sind keine 
Zesterreicher Es sind Preußen!“ Die zweite war eine commu ⸗ 
nistische: Manin spricht von den vstetr ichischen Kriegsgerichten: 
Um eine Freifprechung von diesem Tribunale' ohne Barmherzigkeit 
ju erlangen, mußte ich Diebe und Möðrder zu vertheidigen haben.“ 
Dder nämliche Zuschauer: „Und Nossel!“ Eine drute wurde von 
derselben Person gegen „Sardon“ gemacht, worauf er von Polizei⸗ 
agenten hinausgeworfen wurde, und die vierte war während aines 
Zwischenactes gegen Villemessant gerichtet, der sich mit feiner Familie 
n einer Loge ersten Ranges befand. Man rief ihm zu: „Rach 
Antiwerpen! Hinaus mit Villemessant!“ umd dgl. Villemessant 
tehrte sich aber nicht an die Rufe, die auch eigestellt wurden, als 
der Vorhang wieder aufgezogen wurde. Die Vorstellung, welche 
his zum Ende eine ziemlich stürmijche bliceb, endete erst um 2 
Ahr Nachts. 
Der Pariser „Siecle“ bringt einen langen Artikel über die 
sene Straßburger Universität, dem wir folgendes entnehmen: 
Wleich vom ersten Augenblicke der preußischen Waffenerfolge an, 
zörte man in Deutschland nur einen-Ruf: „Unser Sieg hat uns 
xẽlsiß wiedergegeben; eine gute Unrbersität zu Straßburg wird es 
„aid wieder ganz deutsch machen.“ Heute ist diese Universitat ge⸗ 
rründet, sie ist reich, sehr reich dotirt. Am 1. Mai werden die 
Course eröffnuet werden. Alles ist bereit: Bibliothek, accade mischer 
desecurs, Laboratorien, nichts fehlt. Die Deutschen verstehen sich 
Zhortrefflich auf Alles, was den höheren Unterricht angeht. Das 
Programm der Vorlesungen der neuen Universität liegt vor uns, 
ind mit heklommenem Herzen haben wir- dasselbe durchgelesen. 
—„chämen wir uns nicht, es einzugestehen, das Prograum ist prächtig: 
ie Jähigkeit der Professoren. Zahl und Art der Vorlesungen, 
illes ist angegeben. Deutschland hat seine besten Lehrkräfte von 
inderen Umversitäten hieher berufen, und die neue Unlwersität ift 
leich von vornherein eine der bestorganisirten des deutschen Kaiser⸗ 
ichs. Sie konnen versichert sein, daß unter solchen Verhältnissen 
— 'die Professoren in voller Manneskraft und gut bezahlt, eine 
gibliothek von beinahe 200,000 Bänden — die deutsche Jugend 
nach Straßburg stromen wird. Die Folgen davon find schon jetzt 
orauszusehen. Und wir ? was haben wir gethan 7⁊ Dem alten 
Schlenbriau getreu, lassen wir alles seinen früheren Gang gehen. 
Anfere armen Provinzialakademieen verkümmern; Professoren ohne 
Studenten müssen von einem Gehnlt leben, worüber ein erster 
zadendiener eines Modewaarengeschäftes die Achseln zucken würde. 
Freilich, ste arbeiten kaum etwas, Aaber wie und warum sollten sie 
iuch arbeiten ?* Wagen wir es der Wahrheit in's Antlitz zu schauen 
aͤs ist das einzige Mittel, ein paar Schritie vorwärts zu thun. 
In ganz Frankreich besteht nicht ein einziges wifsenschaftliches Im 
situt, welches anch nur im geringsten mit der neuen preußischen 
Iniversität zu Straßburg verglichen werden könnte. DenTod im 
derzen, machen wir dies Gestaͤndniß; besonbers angesichts der all 
emeinen Trägheit, welche vererzette Handkungen guten Willens 
‚ollständ!g zu paralysiren scheint.. Indessen war die wissenschaft⸗ 
schen Ueberlegenheit Deutschlands“ eine von den vielen Ursachen 
inserer Unglücksfälle, eine der am deutlichsten hervortretenden“ 
Das Sièecle“ belegt aus der königlichen Ordomnnanz vom 
16. Maͤrz 1868, daß die Ptinzen des Hauses Otleans niemals 
n der französischen Arnee den anderen Offizieren gleichgestellt 
varen und also auch nicht berechtigt feien, dieselbe Ansprüche auj 
Wtedereinsetzung in ihren Rang zu machen, wie General Leflo— 
er durch den 2. December außer Rang erklärt wurde. Dit 
Ztellung der Prinzen in der Armee wurde nicht durch Gesetz ge⸗ 
Tdnet.“ sondern eben durch kbnigliche Ordonnanz vom 16 
— 0— 
Man schreibt aus Vitryebe⸗Frangais, duß der großte 
Theil der deutschen Garnison dieser Stadt die don der französischen 
stegierung erbauten Baracken b zogen hat. Bei den Beswohnern 
liegt jetzt nut noch eine Schwadron Ulanen. 
Bet Polizeipräfect that eine neut Sich erheitsbrigade 
anter dein Titel: Brigaäc de PEtranger, errichtet. Dieselbe be— 
deht aus zweihundert und einigen Agenten.“ Diese Agenten haben 
die Mission, die Fremden zu überwachen und der Polizei Bericht 
aber dieselden bis zum Tage zu ecstatten, wo man sie festnehmen 
kann. 8 W WUVU 
Verfart lez, 19. Maͤrz. Der gestrige erste Jahrestag 
des Ausbruches der Commune⸗Insurrectioͤn verlief durchweg 
hoflkommener Ruhe. ——— 
Die Trlbune“ von Bordeaut veröffentticht' ein Schrelben 
des dortigen Abbs Ju nu d an den Erzbifchof Donnet, wonin 
ʒerfelbe. dem Beifpiele des Abbs Michaud foigend, gegen das 
zeue Unfehlbarkeitsdogma entschieden protestirt und sich als An⸗ 
hanger des hochgeritmten“ Döllinget bekeunt. Er kündigt zugleich 
zie Vitdung inesAktions-Comité's in Bordeauxr (rxue de. Ver 
edl, 11) aͤn, welches die Gründunig alkkatholischer Kirchen an⸗ 
reben un hue mit den perschiedenen Comits des Auslandes 
Verbindung setzen wird. . 4 
Italien.. 
RKom, 17. Marz. VDie italien. Regierung beschloß, w 
den deutschetseits ausgedrückien Wunsch, den Generalst abs- Majo 
Rltter Alloceni der Berliner Bosschaft als Militär-Atlache heipr 
eben. (Da in neuerer Zeit das Gerücht pon einer Allianz zwischen 
Demschiand und Italien wiederholt auftauchte, so verdient dich 
Nachricht Beachtung.. 
Musßland. 
Aus O dessa meldet die „Triest, Zig “. daß in dob 
eiges den Israeliten zugeschriebenen Diehstahles des wundert hätige 
Marienbildes aus der dortigen Kathedräle für die Osterzeit nen 
Judenverfolgungen befürchtet werden. Die Behörden haben um⸗ 
assende Vorsichtsmaßregeln getroffen. 
Eine eigenthömliche Nachricht ist dieser Tage. der „K. 
Ztg.“ aus beglaubigter Quelle zugegangen, die in Deut schlan 
Imges Aufsehen erregen dürfte. Wie das Blatt nämlich vor 
auft die Fegierung im südlichen Kurland,. an der Grenze vo 
Zamogitien. eiwa 15 —20 Meilen nord-⸗nordöstlich von Tilsit. vo