St. Ingberker AAnzeiger.
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Samstag, den 30. Mazz
19872
8 Stand der altkatholischen Bewegung in den kirchlichen Reform ist in Spanien alles unfiünstig und zudem gehen,
verschiedenen Ländern. eben daselbst die Parteiwogen der Politik viel zu hoch und pol
Wir stehen der altkatholischen Bewegung ferne; denn uns tische Parteileidenschasten sind einer edlern Regung des (Geistes—
»erührt einfach der Grund nicht, aus welchem sie entsprungen und auf weitragende Reformen hinzielend, noch nie günstig gewesen.
er sie hervorgerufen hat. Wir halten es betraffs ihrer mit der Oesterreich schloß sich mit inniger und reger Theilnahme der
Philosophie des weisen Gamaliel: „Ist das Werk von Menschen, altkatholischen Bewegung in Deutschland an. Ja Wien selbst grün⸗
d wird es untergehen; ist es aber von Gott so läßt es sich nicht dete sich eine zahlreiche altkatholische Gemeinde und überall, auf dem
»ämpfen. Daß wir die altkatholische Bewegung jedoch dennoch Lande, wie in den Städten Deutsch-Oesterreichs, blühte und knospte
nit Imtercsse begleiten, wir wollen es nicht leugnen; denn in seinen es wie üppige Frühlingssaat. Da plötzlich fiel ein Reif in die
Bestrebungen und Zielen ist der Altkatholizismus der Entwickelung Frühlingspracht. Die österreiche Regierung, von der man sich im
des deutschen Reiches günstig und scheint es uns, als wolle derselbe Anfang etwas anderes zu versehen glaubte, erklärte, die altkatho—
mehr zur Stärkung der Macht und des Einflusses unseres theuren ische Cultus ; Alte nicht als gesetzlich anerkennen zu wollen. Nun
deutsches Vaterlandes beitragen, als der Ultramontanismus mit st man aber der Ansicht, daß ein solcher Damm, wie er in Oester
seinen Infallibilitätsgläubigen, ja, daß er das Recht der Natio- reich ihr gesetzt ist, die Bewegung selbst innerlich kräftigt und
nalität gegenüber den centralistischen Bestrebungen Roms zu instal- äutert und daß das bequeme Zusammengehen mit dem Staate eine
iren suche und das staatliche Gebiet Deutschlands vor den Ein- Bertiefung der sittlichen Bedeutung der Bewegung hinderi, und
und Uebergriffen einer fremden Macht sicher stellen wolle. zeklagt drum nicht allzusehr den österreichtschen Querstrich. Denn
Wer auf das baldige Ende des Altkatholizismus, das Sich⸗ 's ist einer religiösen Gesellschaft immer sehr gefährlich wenn man
Jerliere der altkatholischen Bewegung im Sande glaubte rechnen ie mur tolerirt, gleichsam vegetiren läßt; entweder muß sie der
u dürfen, der hat sich einfach getäuscht. Diese ist nach verhält- Staat kräftig stützen, oder sie befehden.
nißmäßig kurzer Zeit schon zu einem gewaltigen Stome angewach— In den Landen des deutschen Reiches zeigten sich bisher die
en, der jeden Tag größere Dimenfionen annimmt und fich nicht stegierungen der Bewegung günstig, was wohl auch mit Siherheit
neht mit Stillschweigen überbrücken und mit Schhimpfreden oder ün die Folge zu erwaärten ist, und jeden Tag hat diefelbe neue
auch Excommunicationen- eindämmen läßt. Eine kurze Skizze über kefolge zu verzeichnen, die sie aber größtentheils mit der besonne⸗
»en Stand derselben hatten-wir drum für vollständig gerechtfertigt. nen und eneegisch thätigen Haltung ihrer deutschen Führen zu ver—
Der Herd der Bewegung ist Deutschland; der eigentliche Brenn⸗ zanken hat. Es gibt wohl jetzt schoͤ in den weiten Grenzen des
unkt die Hauptstadt Bayerns, München. Im Ganzen ist das eutschen Vaterlandes fast ieine Gemeinde mehr, die nicht ihre
Ausland bis jetzt noch weniger von dieser Frage berührt als auten oder stillen Anhänger des Alttatholizis mus zählte. Mit
deutschland. Doch dies ist sehr natürlich und erkkärk fich leicht.“ luge Berechnung blieben die Führer innerhalb der Kirche, in der
In Polen stellt sich das Volk aus polischen Ursachen auf die Seite ije eine große Racht ausüben, während ihr Ausritt fie zu einer
)es cömischen Stuhls, von dem es allein Hilfe und Beistand zu leinen Sekte stempeln würde. Ebenso hiellen sie sich ferne von
erwarten hat, zumal ja die russische Regierung ihre Augriffe viel⸗ islen weitern steformgedanken; denn wer nicht mehr anf dem
ach auf das Bekenntniß dieser ihrer Unterthanen richtet. Wird Tridentinum stehen bieiben will, findet Confessionen genug, welch
deßhalb der Papst in politischer Beziehung mächtiger und einfluß · weitgehende Reformen vollzogen haben, zu denen er übertreten mag.
reicher, so kann dies dem polnischen Voiksstamm nur willkommen — uf der einen Seite wird also die aͤllkatholische Bewegung be—
und nützlich sein. Ebenso liegt die Sache in Irland, wo die poli- ünftigt; auf der andern Seite wird sie zu hemmen gesucht. Wie
tische Bewegung gegen England seit Jahrhunderten einen religiösen iie nun weiler sich in diisem Sonnenschein und Regen emwideln
Tharatter trägt, und von der einheimischen Geistlichkeit genährt ind ausbreiten, wie sie ihre Sturm und Drangperibde überftehen
wird und wo man sich deßhalb ängstlich hütet, mit jener Macht vird und in wieferne sich die Hoffnungen, die man, namentlich
zu brechen, auf welche man alle seine Hoffnung.n setzt. In Eng⸗ zeutscherseits, an ihren Fortbestaͤnd und ihre kräftige Entwickelung
and selbst aber wird die nisp Kirche v von nptuen fnüpft, realisiren werden. wird die Anfünft lehren.
getragen und gestützt, deren Eifer und Dovotion ja allenthalben — — *
bekannt ist. Fuenen hatte die Erklärung der Infallibilität den Deutsches Reich.
höchstens die Wirkung, daß viele Puseyten sich von Rom weg und Mäünchen, 25. März. Der Referent des 2. Ausschusses
mehr der orthodoxen griechischen Kirche zuwendeten. Auch in Frank- der Abgeordnetenkammer, Herr Abg. Crämer, bringt in seinem
reich und Italien wird vorerst der Altkatholizismus nur gerige Referate über die Budgetvoranschläge der sämmtlichen Berkehrsan⸗
krfolge zu verzeichnen haben. Ju heiden Ländern stehen sich eben dalten den Vorschlag an den Ausschuß, folgende Auträge der
Bigotterie uad Materialismus schroff gegenüber. Doch ist in beiden dammer zur Annahme zu empfehlen: Die Kammer wolle beschüeßen:
mich schon der Bann, der die Geister gefangen hielt, etwas gelöst. Es sei an den König die Bitte zu richten, derselbe wolle Anb
Wie die Zeitungen berichten, verfolgt man in Italien mit dem uung dahin treffen, daß bis zur Aufstellung des nächsten Vudgẽts
zrößten Interesse die altkatholische Bewegung in Deutschland; über- die Oberpost- und Bahnämter eingezogen werden.“ Der zweite
jaupt zeigt man dort in letzter Zeit vieles Interesse in religiösen Antrag lautet: „Es sei die k. Staatsregierung zu ersuchen, die
Streite und Tagesfragen, und das will schon etwas heißen. Frank- Frage, wie am zwecmäßigsten eine Unterstützungskasse für durch
reich ist vorderhand viel zu jehr in seiner politischen Reformarbeit drankheit und durch Alter eintretende Dienstuntauglichkeit der Post-
ʒegrifsen, um Zeit zu gewinnen, sich mit derartigen Sreitfragen bolen eingerichtet werden können, einer eingehenden Prüfung zu
zu beschäfligen. Wer will es ihm nerargen? Das andere liegt anterstellen und nach Maßgabe der Resultate die hiefür von Seite
aäher und auch jmehr in Natur und Charakter des Franzosen. »er Staatskasse zu leistenden Zuschüsse in das nüchste Budget ein⸗
Und doch ist ganz neuerdings in Vordeaux ein Geistlicher mit einer zusetzen.
iffentlichen Erklärunng zu Gunsten des Altkatholizismus dem Bei⸗ Berlin, 27. März. Die Verlobung des Königs don
biele seiner Landsleute Hyazinth und Michaud gefolgt. Ja, er Bayern mit der ällesten Tochter des Prinzen Friedrich Carl,
geht noch einen Schritt weiter wie diese und beabsichtigt, wie die Prinzessin Marie Louise Elisabetha Friederike, geb. den 14. Sep⸗
Jeitungen berichten, in Borgeaux nach dem Vorbilde des Münchener tember 1855, steht, wie hiesige Blätter wissen wollten, nunmehr
Aktions Comites ebenfalls ein altkatholisches Aktions-Comite zu nahe bevor. Der Oberstallmeister des Königs von Bayern, Graf
fründen, das dann für Frankreich die Sache in die Hand nehmen v. Holnstein, welcher am 17. d. M. mit dem ehrenvolle Auftrage
oll. Auch aus Spanien bherichten die Zeitungen nur von einzelnen hier eingetroffen war, beim hiesigen Hofe im Namen seines Königs
poratisch auftretenden altkatholischen Regungen und mehr wird auch um die Hand der Prinzessin Marie anzuhalten, wurde bereits zu
son dorten für die rächste Zukunft nicht zu erwarten sein. Einer verschi. denen Malen von den MWajestäten, der Koönigin⸗Wittwe,