Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. AIngberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene unterhaltungsblatt, mit der Dienstagt⸗ Donnersiags⸗ und —XXXI 
ummer) erscheint wochentlich viermn al: Diensstag, Donners tag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteliahrig 42 Krzr. oder 
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ν, 1872 
**Si. Ingbert, den 7. April. Ist es nicht gerade lächerlich, wenn ein Staat wie Bayern unter 
Das Geschick scheint unsern baherischen Sonderbündlern und den gegenwärtigen Verhältnifsen einen Diplomaten 30, 000 fl. be⸗ 
iltramontanen eigenthümlich mitjpielen zu wollen. Man weiß, wie ahlt, damit er sich in Petersburg amusire oder auch langweile, 
ie Feuer und Flammen speien gegen Alles, was im Geruche des Beides ohne den geringsten Nutzen für das Land? Auch an den 
Rorddeutschen und Preußischen steht und kann sich drum leicht Bositionen für den Landtag, für die Bediensteten beim Staatsrath, 
denken, wie erbaut sie sein mögen über die Nachricht, daß sich unser für die Regie im Ministerium des Auswärtigen und für Orden 
König mit der Tochter des bekannten preußischen Prinzen und oll der Ausschuß Abstriche beschlossen haben. ete 
Feldmarschalls Friedtich Karl verheirathen werde. Sie tragen frei⸗— München, 8. April. Abgeordnetenkammer. Der Etat des 
ich eine gewisse Resingnation zur Schau; aber im Innern moͤgen Finanzm' nisteriums und der Voranschläge der Staatseisenbahnen 
ie Gift und Galle kochen, wenn sich so Süd' und Nord' vor dem wird meist nach den Ausschußanträge genehmigt. Für das nicht 
Altare die Hand reichen werden und der Priester noch seinen Segen stabile Eisenbahnpersonal werden 46,000 fl. als Fuktionsbezüge 
varüber sprechen muß. Selbstverständlich hat in allen national zum Ersatz für Emolunentenentgang bewilligt. 
zesinnten Kreisen die Nachricht, deren Wahrscheinlichkeit anzunehmen Mü'n scheen. Der .Volksbote“ will wissen, daß in München 
st. da sie bis jetzt noch kein offizielles Dementi erfahren hat, etwa 8000 mit der Internationale in Lerbindung stehende Social- 
uuf das angenehmste berrührt.. ....— Demokraten leben, welche unter den Arbeiterinnen eine große Zahl 
Bis jetzt verspürt man noch nichts davon, daß die neue Ge— zu Petroleusen () bestimmt, ihre Einrichtungen überhaupt bereits 
chäftsordnung in der bayerischen Kammer, von der man sich so derart getroffen haben, daß bei einem Ausbruche in Muͤnchen 
Bieles versprach, eine raschere Abwickelung der Geschäfte zu bewirken UAlles organisirt sei. 
jermocht hat. In der althergebrachten dreiten Weise wird fort. Berlin, 8. April. Der Reichstag wurde um⸗2 Uhr er⸗ 
wörtert und getagt und bei der Masse des Materials, das noch iffnet. Fürst Bismarck verlas im Allerhöchsten Auftrage die Thron⸗ 
zu bewältigen ist, wird es, trotz der zwei Sitzungen täglich, zu ede, deren Schlußpassus äußerst beifällig aufgenommen wurde. 
enen man sich, um schneller fertig zu werden, entschlossen hat, Zimson brachte nach der Verlesung der Thronrede ein dreimaliges 
»och noch einige Zeit dauern, bis sämmtliche Arbeiten erledigt hoch auf den Kaiser aus, in welches die Versammlung begeissert 
ind ...... instimmte. 
In Frankreich kokettirt der Präsident Thiers sehr eifrig mit Berlhin, 8. April. Am 3 Uhr Nachmittags fand die erste 
den Clerikalen und Ultramontanen, wahrscheinlich um dadurch sein Sitzung des Reichstages statt. Nach der Schriftführerwahl erfolgte 
Regiment zu befestigen. Er macht es in dieser Beziehung nicht die Verloosung in die Abtheilungen, wobei sich die Anwesenheit 
esser wie der sedanisirte Kaiser Napoleon II.Ueber jaupt scheint von 166 Mitgliedern ergab. Das Haus war mithin nicht be⸗ 
r von diesem gelernt zu haben und fast kommt man in Versuchung chlußfähig. Rächste Sitzung Morgen 2 Uhr Nachmitiag. 
u glauben: Wien, 8. April. Die Wiener Abendpost“ meldet, die 
„Wie er räuspert, uud wie er spuckt. am 7, April stattgefundene Verloobung der Tochler des Kaisers, 
Das hat er ihm glücklich abgeguckt!“ der Erzherzogin Gisela, mit dem Prinzen Leopolo. dem Sohne 
daß der Bund mit den Schwarzen dem Präsidenten nicht zur des Prinzen Luitpold von Bayern. 
khre gereicht, das ist außer allem Zweifel; od er fuür ihn von Frankreich. 
Vutzen sein wird, wird sich zeigen. Jene derkaufen ihre Dienste Paris, 4. April. Nach den soeben abgeschlossenen Berech⸗ 
heuer und doch läßt sich von ihnen, wie die Geschichte lehrt, nur aungen der BudgetsKommissionen hat Frankreich durch 
u oft sagen: „E bissele Lieb' und e bissele Treu und e bissele den · Krieg von 1870 an Kapital 734 Milliarden und an Gebiel 
Falichheit is allweil dabei.“ zwei Provinzen verloren, deren jährliches Reiuerträgniß jür den 
Staat sich auf 60 Millionen Francs belief. 
Baris. 4. März. Offizielle Mittheilungen zusolze sind 
aoch 4625 Insurgenten abzuurtheilen. Von 27,989 Abgeurt heilten 
wurden 21,092 freigesprochen und 6887 verurtheilt. 
Spanien. 
— Madritd, 4. April. In Sevilla, Valencia und Granada 
vird ein Schlag der Republikaner befürchtet. Die Agitatsonen der 
Alfonsisten nehmen bedeutend überhand. Es heißt, daß von Agen⸗ 
en zahlreiche Silbermünzen mit dem Bilde des Prinzen von Astu⸗ 
rien unter dem Pöbel vertheilt werden (N. W. T.) 
Deutsches Reich. 
München, 6. April. (Abgeordnetexkkammer.) Das Gesetz 
über die Ausdehnung des pfälz. Bahnnetzes wurde in zweiter Le— 
ung angenommen. Der Geseßentwurf über die Verwendung des 
aher. Antheils an der Kriegsentschädigung wurde in zweiter Le⸗ 
ung mit dem Antrage Levis angenommen, demzufolge der Finanz⸗ 
ninister nach Heimzahlung der Kriegsanlehen von 1870 und 1871 
nrmächtigt sein soll zuerst die fünfprozentige Schuld und dann 
uist die 42/ prozentige Militärschuld von 1833 und 1859 heimzu⸗ 
ahlen. Nachste Sitzung Montag. Tagesordnung: Berathung des 
iats des Finanzministeriums und der Verkehrsanstalten. 
Münch'en, 7. April. In dem Berichte des Abg. Herrn 
ämer, als Referenten des I. Russchuffes über die Etaiß des 
önigl. Staatsrathes, wird die Annahme des nachstehenden Antrages 
ꝛantragt: Die Kammer wolle beschließen: Es sei an den Koönig 
ie allerehrfurchtsvoslste Bitte zu richten, Anordnungen treffen zu 
asen, daß ein Geseh über die Umdildung des Slaalsraihes aus. 
ratbeitet und dem nächsten Landtage in Vorlage gebracht werde.“ 
dem Vernehmen nach soll alle Aussicht bestehen, daß der Finanz⸗ 
uugschuß diesem Antrage zustimmen wird; noch den schon öfters 
us der Mitte der Abgeordnetenka mmer über diesen Punkt laut 
ywordene Forderungen ist an der Annahme vorstehenden Antrages 
aum zu zweifeln. 
München, 7. April. Wie der „Fränk. Kur.“ mittheilt, 
sn der Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer in seiner gestrigen 
lbendsitzung u. Aden wichtigen Beschluß gefaßt, der Kammer 
rzuschlagen, daß sie für sämmtliche an nichtdeutschen Höfe aufge⸗ 
belle bayherische Gesandte sortan nichts meht bewillige. 
Vermischte. 
æe St. Ingbert, 8. April. Die hohere Töchterschule 
cheint nun doch nicht fo ohne Schmerzen in's Leben treten zu 
voslen, wie man es zu hoffen sich fast für berechtigt hielt. Das 
Somite der Schule hatte für feine Pläne seitens der städtischen 
derwaltung das bereitwilligste Entgegenkommen gefunden; eine sehr 
jut qualifizirte Lhrerin war bereils gegen ein jährliches Gehalt 
von 800 fl. als Vorsteherin engagirt und auch für die Unterricht s⸗ 
ächer, die dieselbe nicht übernehmen konnte, waren küchtige hiesige 
ehrkräfte gewonnen: an der Einrichtung der Localitaͤten (im alten 
Schulhause) wird mit Fleiß gearbeitet, vährend auch schon für die 
»enöthigten Schulrequisiten Sorge getragen ist. Alles dies ging 
iemlich glatt vorüber, und glauble man drum, das Institut unter 
en hier möglichst günstigsten Auspicien — schon sind 53 Schüler⸗ 
nnen inscribirt — mit kommendem 1. Mai eröffnen zu können. 
Dda gelangt in den letzten Tagen ein Assagebrief der bereits ge⸗ 
vonnenen Lehrerin hierher und wäre somit die Realisirung des 
Broiekts der höhern Töchterschule, schon so nuah und greifbar, wieder