Full text: St. Ingberter Anzeiger

Si. Ingberter SAnzeiger. 
der St. FPaaberter Anzeigex (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗ Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
ummer) erscheint wöchentlich v iermal: Diensbtag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Avonnementspreis vierteliährig 42 Krar. oder 
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. 
wpri 1872 
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M 57. RW— *8 Donnerstag, den 
— Deutsches Reichh.... — 
München, 8. April. In der Abgeordnetenkammer kommt 
rst in der nächsten Woche der Etat für Unterricht und Kultus 
ur Berathung, bei welcher Gelegenheit wohl manchmal die Gegen⸗ 
aͤtze aufeinander platzen werden. Da der Landtag nur bis zum 
3. d. Mts. verläugert ist, so muß demnach eine nochmalige Ver⸗ 
sangerung eintreten. Man spricht vorläufig von einer solchen bis 
um 25. d8s. 
München, 8. April. Die kgl. Majestäten von 
Sachen werden Mittwoch Abend in hiesiger Stadt eintreffen, 
ach kurzem Verweilen hierselbst jedoch ihre Weiterreise nach Riva 
m Gardasee fortsetzen. — Wie wir vernehmen. steht eine als⸗ 
aldige Ernennung der Landwehroffiziere zu Offizie ren der 
Pesse rve bevor. 
Mäünchen, 9. April. Abgeordnetenkammer. Der Antrag 
Frankenburger und Genossen auf eine an den König zu richtende 
hitle wegen Veränderung der Bestimmung des bayerischen Poli⸗ 
eistrafgesetzbuches, wonach Eltern, Vormünder, Lehrherren ⁊c. ⁊. 
a eine Geldstrafe bis 15 Thlr. verfallen, wenn sie ihre Kinder 
nicht innerhalb der gefetzlichen Zeit impfen, resp. wieder · 
impfen lassen, wird bei namentlicher Abstimmung mit 62 gegen 
ß2 Stimmen abgelehnt. 
Die Traunmsteäner Gemeind e⸗Collegien haben 
die Trennung des Schuldienstes vom Kirchendienst und zugleich die 
Aufhebung des Schulgeldes an der Volksschule beschlossen, obwohl 
dadurch der Gemeinde eine durch Umlagen zu deckende Ausgabe 
von 3065 fl. erwächsfht. — J B 
Berlun 6. April. Das Verhältniß Dänemarks zu 
Ddeutschland, das in der letzten Zeit ein einigermaßen zu⸗ 
iedenstellendes genannt werden donn?e, scheint neuerdings sich sehr 
zeirübt zu haben. Es hat allerdings kein Meinungsaustausch über 
Rie nordschleswigsche Frage zwischen Dänemark und der deutschen 
Bundesregierung stattgefunden; allein gleichwohl hat man Ursache 
mnzunehmen, daß die dänische Regierung alle Hebel in Bewegung 
jeßt, um die europäischen Kabinette dazu zu bestimmen, jene Jragt 
dieder aufs Tapet zu bringen. Selbstverständlich spielt die Wie⸗ 
derherstellung Frankreichs eine große Rolle in den Kombinationen 
— fast alle Zeitungen und 
Parteien in Dänemark kein Bedenken' tragen in Bezug auf die 
konstellation der hohen Politik für die nächste Zukunft die zuver— 
ichtiiche Erwartung auszusprechen, daß Dänemark recht bald wieder 
in den Besitz Schleswigs gescetzt wird. 
Berkin, 10. April. Reichstagssitzung. Wahl des Prä⸗ 
sidenten. Zum Präfidenten wurde Simson mit 192 von 203 
Stimmen, zum ersten Bice⸗Präsidenten Fürst Hohenlohe mit 176, 
zum zweilen Vice⸗Präsidenten wurde im dritten Wahlgange und in 
weimaliger engerer Wahl mit Graf Eulenburg, Graf Mür ster 
und Frankenberg, Beniigsen mit 106 Stimmen gewäblt. Simon 
und Fürst Hohenlohe nahmen die Wahl an, von Beunigfen war 
nicht im Hause anwesend. Die Verkündigung der Schriftführer⸗ 
wahl findet am Freitag statt. J 1 
Der Kronprinzdes Deutschen Reichs hat das Protectorat 
über den Bau der neuen evangelischen Friedenskirche in Frösch— 
weilher (Elsaß) übernommen. Die auf 100,000 Francs veran⸗ 
ichlagten Kosten des Rohbaues sind durch freiwillige Gaben ge⸗ 
decht worden. 
Die „Spen. Zig.“ erfährt aus guter Quelle, daß der Peters⸗ 
pfennig seii dem Jahre 1860 durdhschuittlich sechszig Millionen 
Franken jährlich eingebracht hat. Bis zu dem Garantiegesetz gingen 
davon etwa 50 Millionen mit der Verzinsung der päpstlichen Schuld 
auf. Da diese Ausgabe jetzt wegfällt, so maß die Curie mit Hin⸗ 
zurechnung ihrer anderweiten Einkünfte sehr erbebliche Mittel zur 
Berfugung haben. Anknüpfend an-diese Nacricht findet sich die 
.Nordd. Allg. Ztg.“ veraulaft, die Aufmertsamkeit darauf zu 
lenken, daß in mehreren Dörfern Oberschlesiens die Bauern und 
Bauerinnen den Herren Geistlichen gegenüber sich schriftlich ver— 
oflichten müssen. um ihres Seelenheiles willen allmonatlich eine 
bestiamte Summe' nicht sowohl in Pfennigen, als vielmehr in 
lingendem Courant zu zahlen. In einem einzigen Dorfe z. B. 
eläuft sich die Summe, welche die Bauern derart auftreiben, 
aͤhrlich auf 600 Thaler.“ Die „N. Allg. Ztg.“ wünscht, die 
gehörden möchten in den Stand gesetzt werden, Einblick in die 
Fetreffenden Sammellisten zu' nehmen und so eine Controle des 
ingegangenen Peterspfennigs ermöglicht werden. 
Fulda, 6. April. Dem „Fuld. Anz.“ wird unterrichteter 
Seits Folgendes mitgetheil: „Unter den Gründen, welche den 
zreußischen Epissscopat veranlaßten, die diesjährige Conferenʒ 
hhon im Frühjahre statt wie gewöhnlich im Herbste in unserer 
Ztadt abzuhalten, wird namentlich der zwischen der Staatsregie⸗ 
ung und den Kirchenfürsten von Köln, Breslgu und Ermeland 
nusgebrochene Conflict bezüglich der Exkommunicationsfrage ange⸗ 
ührt und soll die Regierung von der Absicht der Bischöfe, diese 
Frage auf der Fuldaer Conferenz in Erwägung zu ziehen, in 
renutniß gesetzt worden sein. Man glaubt an eine Löͤsung des 
Fonflictes und sieht der in Aussicht gestellten Erklärung des preu⸗ 
zischen Episcopats mit Spannung entgegen ·“···· 
Me'tz, 4. April. Gestern wurde die hiesige Kriegsschule 
ꝛröffnet. An dem Unterricht werden vorläufig 100 Fähnriche theil⸗ 
aehinen, doch geht man mit der Absicht um, diese Zahl später bis 
zuf 120 zu erweitern. 
J Frankreich. 
Zwischen dem russischen Botschafter Fürsten Or lho w und 
dem Führer der polnischen Emigration, Fürsten Czartoryski, 
hat es kürzlich in der Soirée eines französischen Marquis eine 
Scene gegeben, welche beweist, wie wenig von Unterhandlungen 
wischen Rußland und der polnischen Emigration die Rede sein 
ann. Fürst Czartoryski weigerte sich nämlich entschieden, sich die 
unge Frau des rnssischen Gesandten vorstellen zu lassen, und als 
Hieser die Absicht äußerte, seine Frau wenigstens der Gaitin des 
Fürsten, als einer Tochter des Herzogs von Nemours, vorzustellen, 
berließ das Czartoryski'sche Ehepaar das Haus. 
Italien. 
Rom, 4. April. Der Papst hat die Verordnung erlassen, 
daß die heitigen Ceremonien in der Charwoche nur dann zu St. 
Peter wieder aufgenommen werden, wenn der Papft und Rom von 
einen Unterdrückern befreit sein werden. 
Nach Mittheilungen aus Rom ist der Empfang des fran- 
zösischen Gesandien, Herrn Fournier, seitens der italienischen Re⸗ 
zierung ein sehr freundlicher gewesen. Von Anderem abgesehen, 
nag dazu beigetragen haben, daß der Genannte ganz und gar nicht 
in dem Rufe slehen soll, ein Freund der Klerikalen zu sen. Man 
neint, ·wenn es ihm gelingen sollte, ein leidlich gutes Verhältniß 
wischen Italien und Frankreich herzustellen, so werde sich Niemand 
zarüber beklagen, indem man darin ein Friedenssymptom erblicken 
ind gar nichts dagegen einzuwenden haben würde, daß für eine 
Defensiv:Alliance zwischen Italien und anderen Mächten auch in 
zer Zukunft keine dringende Veranlassung mehr geboten wäre. 
Die französischen Ultramontanen werden feeilich Alles aufbieten. 
im ein besseres Verhältniß der beiden Staaten zu einander zu 
Jintertreiben; lassen sie doch gegenwärtig wieder eine Adresse an 
zen Papst unterzeichnen, in welcher sie diesen der schließlichen Hülfe 
Frankreichs versichern, wenn eine solche auch für den Augenblick 
richt möglich sei. 
Schweden. z 
Stockhohm, 8. April. Vom schwedischen Reichstage ist 
nit großer Majorität die gesetzliche Bestimmung angenommen 
worden, daß die Wehrpflichtigen kuünftighin vom Wehrdienste sich 
nicht mehr loskaufen können. J 
„Times“ enthalten ein Telegramm,“ nach welchem in An⸗ 
iochisa (Syrien) am 8. d. ein Erd beben staitgefunden hat 
urch welches an 130 0 Menschen getödtet und fast die 
zälfte der Stadt zerstörfk wurde.