Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Fnaberter Anze ig er (and das mit dem Hauptblatte verbuadene Unterhaltungsblatt, mit ver Dienßta ze⸗, Donnerstags- und Sonntags 
E— Donneristag, Samstag und Sonntag. Aponnementspreis vierteljüährig 42 Krzr. oder 
112 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. I 
4479. Dienstag, den 21. Mai 13172 
Dentfches Reich. 
Mänchen, 15. Mai. Die in diesen Tageu herausgegebene 
jatische Nachweisuag über die „Schulbildung der Militärpflichtigen“ 
rgibt abermals das ungüastigste Resultat für die Rheinpfalz, das 
zünstigste für den Kreis Schwaben. Nach Prozenten ausgedrückt, 
it das Resultat mangelhafter Schulbildung folgendes: Pfalz 
18,3 pCt. Oberpfalz 13,9 pCt.- Niederbayern 13,2 pCt., 
Oberbahern 7,8 pCt. Unterfranken 7,2 PCt., Qberfranken 6,8 pCt., 
Mittelfranken 5,8 pCt., Schwaben 2,7 pCt. * 
Münschen, 18. Mai. (Orde:sverleihungen.) Der König 
jat dem Stiftspropst am kgl. Hof? u. Collegialstifte zum hl. Ca⸗ 
etan, Dr. Ignaz v. Döllingeér in München, in Rühcsicht 
zuf seine seit 30 Jahren mit Treue und Eifer geleisteten Dienste 
— 
retär des k. Staatsrathes, S. von Kobell das Comthurkreuz 
)es Verdienstordens vom hl. Michael verlichen. 
Daremstadt, 18. Maj. Das heute Nacht stattgehabte 
dagelweiter hat läängs des größten Theils der Bergstraße, hier 
— — 
Berlin, 16. Mai Kaiser Wilhelw hatte am Mix.twoch 
Rachmittag eine längere Conferenz mit dem Reichskanzler Fürsten 
Bisimnarck, welcher sich darauf verabschiedete. — Die von uns be⸗ 
reils vor mehreren Wochen gebrachte Nachricht, über die Entschei— 
dung der Regierung in der Gewehrfrage zu Gunsten des Systemes 
Mauser, wirt jetzt von hiesigen Blattern bestätigt; der Kaiser yat 
ich vor einigen Tagen persönlich von den Vorzügen dieses Systemes 
uͤherzeugt. — Entgegengesetzt anderen Mittheilungen schreibt heute 
die „Krenz.⸗Zig.“: „Für die Sommerreise Sr. Majestät des Kai⸗ 
ers und Königs sind definitive Bestimmungen noch nicht getroffen; 
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Ze. Majestät indeß, we bisher, Ems den Vorzug geben. Nach 
ziesem Aufenthalt in Ems oder Homburgyedenken, dem Vernehmen 
nach, Se. Majestät wiederum in gewohnter Weise auf einige Wo⸗ 
hen nach Gastein zu gehen.“ 1 
Berhin, 16. Mai, Die Wideranregung der Rordschles; 
deig“sicheen Frage durch die Skandinavische Presse steht uns, 
einem hiefigen Correnspondenten derWes. Ztg.“ zufolge, nahe 
debor. Von bekannten Dänischen Preßagenten ist, so schreibt der 
xwähnte Correnspondent, hier das Tarrain dieser Tage sondirt 
worden. Eine besondere Geneigtheit zur he dieser Frage, 
d. h. zr Abtretung irgend eines Theiles von Schleswig, wurde 
hier bei dieser Gelegenheit nicht eben konstatirt. Im Uebrigen 
vderdient bemerkt zu werden, daß die Dänischen Agenten den Ge— 
hanken an eine Wiedererwerbung von Fleusburg, Düppel und Alsen 
fficiell für aufgegeben und sich mat einer Grenzlinie Gjenner-Ballum 
nördlich Apenrade und Tondern) begnügen zu wollen erklären. Da⸗ 
zach würde von Gegenden mit starkem Prozentsatz an Deutscher Be⸗ 
voͤllerung nur das allerdings sehr ansehnliche Hadersleben an Dänemark 
surückzufallen haben, ein Punkt indeß, an dem die Verhandlungen 
zoraussichtlich auch diesmal Icheitern. — Inzwischen setzt der Däue 
drürger, Abgeordneter für⸗ Hadersleben, seine passive Oppositisn 
ort. Zum Reichshaushaltsgesetz für 1873 hat er z. B. in ge⸗ 
vohnter Weise beantragt, der Reichstag wolle beschließen diesem 
Hesetz nachstehenden Schlußparagraphen deien In Berücksich⸗ 
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erttages vom 233. August 1866 so wie' in Erwägzung des den 
Bevölleruugen der nördlichen Distrikte von Shleswig zugesicherten 
Zelbstbestimmungsrechtes wird die Gültigkeit des Reichshaushalts— 
esetzes so lange für die nördlichen Distrikte jenes Herzogsthums 
uspendirt, bis vermitielst einer freien Abstimmung der Bevölkerungen 
»on Nord⸗Schleswig die Staatszugehörigkeit derfelben festgestellt 
ein wird. 
Berlin. 17. Mai. „Salinger's Börsenblatt“ meldet heute: 
der Reichskanzler beauftragte noch vor seiger Abreise den römi— 
chen Geschäftsträger, dem Kardinal Antouelli zu eröffnen, daß 
er Kaiser in Folge der Ablehnung Hohenlohe's Seitens des 
zapstes quf Errichtung der bereits vereinbarten päpstlichnn Nun— 
liatur in Berlin zu seinem Bedauern augenblicklich keinen. Werth 
egen könne, da unter veränderten Umständen zur Regelung der 
iplom atischen Beziehungen der deutschen Reichsregierung die 
Belassung eines Geschäftsträgers bei dem heiligen Stuhle vollkom⸗ 
nen genügend erscheint. (Frf. 3.) 
Berhin. In dem tömischen Jesaitenorgan „Civilta catto⸗ 
ica? ist ia neuester Zeit vielfach das Verhältniß von Kirche und 
Ztaaf erörtert worden. Diese Aufsätze sind jüngst in einem Bande 
zesammelt ünd unter dem Titel „La chiesane to stato“* herausge⸗- 
jeben worden und von ihrem Verfasser „Matthaeus Liberatore 
jon der Gesellshaft Jesu“. In dieser Schrift sind wörtlich fol⸗ 
nende, die Ansichten Bonifacius VIII. und Pius IX. in der That 
reu wiedergebende Thesen formulirt. „In dem Poapste gipfeln 
vie in einer Spitze beide Gewalten, die geistliche und die welt⸗ 
iche. Der weltliche Fürst hört auch als Fürst nie auf, ein Unter; 
han des Papftes zu sein. Der Papst kann die bürgerlichen Ge⸗ 
etze und die Urtheilssprüche der weltlichen Gerichte corrigiren und 
innulliren, wenn sie dem geistlichen Wohle zuwider sind, wie denn 
Pius 1X. wiederholt verschiedene, von den modernen Paclamenten 
fFuropa's beschlossene Gesetze getadelt und annullirt hat. Der 
Papft kann den weltlichen Fürsten Handlungen gebieten und ver—⸗ 
zieten, dem Mißbrauch der Executivgewalt und der Waffen steuern 
ider den Gebrauch derselben vorschreiben, wenn die Vertheidigung 
der Religion dieses erheischt. Bei Streitigkeiten zwischen Kirche 
ind Staat gebührt dem Papste die letzte Entscheidung. Sollte 
ein Papst einmal eine minder gerechte Entscheidung geben, so be⸗ 
cechtigt die erlittene Rechtskränkung niemals zu' einem Kampfe 
zegen die Kirche. Auch wenn der Heilige Stuhl ein kaum zu er— 
tragendes Joch auflegt, ist dasselbe, wie Karl der Große (7) sagt, 
mit frommer Ergebung zu tragen. Die Kirche hat das Recht, 
dem Staate die Anwendung von Zwangsmitteln gegen ihre inneren 
und äußeren Feinde zu gebieten. Es ist kein normaler Zustand, 
wenn sich ein Staat in der harten Nothwendigkeit befindet, den 
Altkatholcken gleiche Rechte mit den Katholiken ˖zu gewähren. Die 
Bewissensreiheit ist verwerflich, wenn auch unter Umstäuden die 
bürgerliche Duldung aller Culte durch die Klugheit geboten ist. 
Der Friede und die nat onale Einheit sind nur für dasjenige 
Bolk unbedingt ein Gut, welches ime Besitze der-wahren Religion 
st. Ist letzt res nicht der Fallu fonist die imationgle Uneinigkeit 
ein unvergleschlich geringeres Uebel als das Verharrquim religiösen 
Irrthum. Der Kierus steht nach göttlichem Rechte nicht unter der 
gerichtsbarkeit der weltlichen Fürsten, sondern allein unter der des 
Papstes. Während die Laien den-Papste nur in geistlichen Dingen 
interworfen sind, sind die Geistlichen auch in weltlichen Dingen 
der päpstlichen Autoritätf unterworfen. Die Geistlichen sind zur 
Beobachtung der bürgerlichen Gesetze nur in so weit verpflichtet, 
vie diese den canonischen Gesetzen und der geistlichen Würde nicht 
vidersprechen. Für die Uebertretung der bürgerlichen Gesetze können 
ie nicht vor das weltliche, sondern nur vor das kirchliche Tribunal 
ititt, und nur in den Fällen „von denm weltlichen Richter bestraft 
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Arme überläßt.“ (Dieser deutlichen Sprache gegenüber dürften die 
Beschönigungskünste der Herren Moufang, Reichensperger xc. schwer⸗ 
ich etwas ausrichten!) ..... 
— Der Kampf'gegen die Jefuiten im Reichslage ist 
hcendigt. Mit 205 gegen 84 Stimmen wurde vorgestern nach 
echsständiger Debatte, ein von Marquardsen, Marquard Barth, 
ducius und Blankenberg als Amendement zum Antrag der conser⸗ 
»ativen Partei eingebrachter neuer Autrag angenommen, wonach 
ein Gesetzentwurf vorgeleet werden soll, welcher die rechtliche Stel⸗ 
ung der religiösseu Orden, Congregationen und Genossenschaften, 
die Frage ihrer Zulassung und deren Bedingungen regeln, sowie 
die staatsgesähcliche Thätigkeit derselben namentlich der Gejellfchaft 
Jesu, unter Strafe stellen würde. Abgeordnete aller Fractionen, 
außer dem Centrum, unterstützten den Antrag. 
—Koblenz, 14. Mai. Der Kaptan Beluroth zu Boppard, 
velcher vor einiger Zeit die Professoren Knoodt und Reinkens als