Full text: St. Ingberter Anzeiger

nal bonapartiftisch gesinnt aber leichtgläubig für alle Lügen sei. 
hiezu kommt noch die Agitation im Heere, die seit dem Tage von 
ʒedan unablässig betrieben wurde. 
Alle Offiziere und Generale, die bei Sedan commandirten, 
zbersandten Thiers das Schreiben, das Napoleon an sie ge— 
ichtet hat. 
uh In den excentrischen Vierteln von Paris haben dieser Tage 
iele Verhaftungen stattgefunden. Es sollen auch Waffen mit Be— 
ihlag belegt worden sein. 
Thiers hat jetzt ein neues Großkreuz (er hat deren jetzt 
19) erhalten. Der Bey von Tunis hat ihm nämlich den Groß— 
Fotdon seines Nicham Eltica zugesandt. Derselbe verleiht die 
Dürde eines Paschas und Thiers wird sich debhalb in Zukunft 
Thiers Pascha nennen können. 
Der General Ducrot hat sich wieder einmal stark blamirt 
derselbe hat namlich seinen Prozeß, welchen er gegen die „Eman— 
ipation“ von Toulouse eingeleitet hatte, verloren. Der General 
hatte gegen dieses Blatt auf Verleumdung geklagt, da ihn das— 
jelbe der Feigheit beschuldigt, weil er seinem Versprechen zuwider 
den Tod auf dem Schlachtfelde von Champigny nicht gefunden 
habe. Der Generql hatte eine ganze Reihe von Qffizieren citirt 
um zu beweisen, daß er den größten Muth an den Tag gelegt 
zaß der Tod aber nichts von ihm habe wissen wollen. Die Ge— 
hworenen fauden jedoch in dem, was das Blatt gesagt, keint 
herleumdung und sprachen es frei. 
Das Journal des ‚„Dèbals“ meldet: „Man fertigt in diefem 
lugenblicke den vollständigen Plan der Stellungen an. welche die 
stanzosische Armee vor Metz in den verschiedenen Phasen des 
strieges eingenommen hat, mit genauer, Tag für Tag, ja Stunde 
— 
selbe wird den Mitaliedern des Kriegsgerichts für Bazaine vor⸗ 
zelegt werden und soll sie in den Stand setzen, die Operationen 
der Arnee von Metz vom 11. Angust bis zum 30. October zu 
verfolgen.“ 
England. 
London, 28. Mai. Reuter's Bureau meldet aus New-NYork 
dom heutigen Tage: 4 Dampfer und 40 Segelschiffe, welche sich 
m der Küste von Labrador zum Robbenfischfang befanden, sind 
nit ihrer vollständigen Bemannung, durchschnittlich O0 Mann per 
——AI 
Vermischtes. * 
FSt. Ingbert l. Juni. Mit dem heutigen ist auf 
den pfälzischen Bah.rren ein neuer Fahr plan in's Lebengetre— 
en, welchen wir im morgigen Blatte theilweise veröff ntlichen 
werden. Die Exped. 
f Aus Petersberg, bei Pirmasens, schreibt man der 
„Khpf.“, daß am 24. Nachts ein Wolf in das Dorf kam, die 
Schafe die im Pferch hart an einer Scheuer standen, zersprengte 
and drei Stück zerriß. 
f— Der Verwaltungsraih der pfälzischen Bahnen hat auf Vor— 
chlag der Direktion den bisherigen Besoldungsstatus für die Be⸗ 
mten und Bedienstelten der Bahn einer Revifion unkerzogen und 
mmtliche Stellen, mit Ausnahme derjenigen der Oberbeamten, 
üher dotiri. Außerdem erhalten sämmtliche Angestellten, die nicht 
im Besitze einer Dienstwohnung sind, 10 pCt. von ihrem fixen 
hehalt, welche diesem beigeschiagen werden, als Wohnungs ⸗Eut⸗ 
dadigung. Das neue Gehaltsregulativ tritt vom 1. Mai in 
draft. — Außerdem hat der Verwaltungsrath auf Antrag der 
direktion beschlossen, fuͤr fünfundzwanzigjührige, zur Zufriedenheit 
pleistete Dienste ein silbernes, an der Dienstmütze zu tragendes 
ümblem mit Ehrendiplom zu stiften, welches auf Antrag der Di⸗ 
ieknon vom Verwaltungsrathe verliehen werden soll, und womit 
— fl. nicht übersteigt, 
ine Ehrenzulage von 10 pCt. des fixen Diensteinkommens ver— 
hurben ist. (Pi. Z.) 
F. Von den neulich auf der Bahnstation Bobenheim 
arch Ueberfahren ve unglückten Mädchen war das eine aus Mainz, 
ie Tochter des Israelilen M. Kleeberg, das andere aus 
irünstadt, die Tohier der Witswe von J. Retzer. 
.Ludwigshafen, 30. Mai. Aus Neuhofen kommt 
ie Nachricht, daß dort heute Nacht der Rheindamm gebrochen ist. 
Aus Speier erzählt uns ein Augenzeuge, daß während 
xt Nacht dom 29. auf 30. d. die Feuerwehr und das Militär 
nunterbrochen gearbeitet haben, um das Durchbrechen des Dames 
derhaten. Der Rheinhausener Damm ist durchbrochen. Von der 
uden Brüce wurden zwei Joch abgerissen und fortgeführt, 
3 unten aber wieder aufgefangen. Der Hasenpfuhl steht unter 
pe Die Burgerschaft Speyers und der Umgegend wurde zun 
gerufen. — Die ietzten Rachrichten lassen übrigens hoffen. 
ʒ das Wasser sinkt, wenn nicht das gestrige Gewitter neue Hiobs 
oerursacht. 
Nacau, 28. Mai. Heute Nacht ist der Rheindamm 
gehrochen und hat das Wasser bereits 100 Morgen Land über- 
luthet. Das Wasser, welches heute Nacht in einer Stunde 17 
Tentimeter gewachsen, steht dicht vor dem Stationshaus. 
(Ludw. Anz.) 
F Der Necar ist fast in seineem ganzen Laufe über die 
iffer getreten. Die Rottenburger Brücke ist zerstört. In Kannstadt 
var der Wasserstand 13 Fuß über der Normalhöhe. Auch in 
Oberschvaben haben große Ueberschwemmungen statigefunden; bei 
Friedrichshafen konnten die Bahnzüge nicht mehr passiren. 
In Köln war der Rhein,“ der am 27. Morgens auf 
b,26 Meter gestanden, am 29. Morgens auf 5,3 Meter gestiegen. 
Die Leinpfad- Promenade an der Außenseite der Rheinau siand 
hrer ganzen Länge nach unter Wasser. 
F Worms, 29. Mai. Der Damm; welcher den Gießen 
don der Bleiche und dem Rheine trennt, ist heute durchgebrochen 
aund jenes Terrain in einen weiten See verwandelt. 
F Aus Breslauberichtet die „Schles. Ztg.“ Stiefel⸗ 
maschine. In der Schuh und Stiefelfabrik von Bernhard 
Wohlauer, Tauentzieastraße Nr. 59, ist jetzt eine Maschine in 
Thätigkeit gesetzt, mit deren Hilfe ein paar Schuhe oder Stiefel 
in Zeit von einer Stunde angefertigt werden kann. Der Erfinder 
dieser in Amerika patentirten Maschine ist Mc. Kay in Boston. Da 
der Preis einer solchen Maschine mehr als 4000 Thlr. beträgt, so 
vird man vorläufig wohl nur in ähnlichen Fabriken mit Maschinen 
irbeiten können, möglicher Weise wird man sich derselben später 
auch zur Beschaffung der Jußbekleidung des Militärs bedienen. 
Es gewährt in der That großes Interesse, diese Maschine, die nur 
non einem einzigen Manne regiert wird, arbeiten zu sehen. Wenn 
nan's nicht sähe, würde man kaum glauben, daß in der Zeit von 
ꝛiner halben Minute die stärkste Ledersohle mit elst eines Pechhauf⸗ 
)rahts an den Stiefel aufgenäht wird, wodbei eine in der beweg 
ichen Kurbel angebrachte Gasflamme den zu verarbeitenden Pech⸗ 
raht erwärmt. Täglich liefert die Fabrik 400 Paar Schuhe und 
Stiefeln, die nach allen Gegenden Deutschlands, ja sogar bis Hol⸗ 
and versendet werden. 
Die Wittwe des Sohnes des Eifinders der Litographie, 
Senefelder, eine Frau, welche bereits das 60. Lebensjahr 
zurückglelegt hat, befindet sich in bitlerer Noth und hat sich an 
den Magistrat um Unterstützung gewendet. Ihre Schwiegermutter, 
die Wittwe Senefelders sen. hat seiner Zeit ihr ganzes Vermögen 
dem Magistrate vermocht und dieser hat beschlossen aus den 
2033 fl. betragenden Renten desselben der Bittstellerin eine mo— 
natliche Unterstützung von 12 fl. zu gewähren, das Kollegium 
iindet diesen Betrag zu niedrig und beantragt diese Unterstühung 
auf monatlich 20 fl. zu erhöhen. 
F Echternach. An der weltberühmten Springpro⸗ 
zefsssion betheiligten sich am Pfingst-Dienstag d. J. 24 Geist- 
liche, 10 Fahnenträger, 1245 Beter, 8988 Springer, 98 Mu— 
siker und 764 Sänger. 
LIII. Pfalzische Industrie Ausstellung. 
Kaiserslautern, den 28. Ma 1872 
Je näher der Zeitpunlt der Eröffnung der Ausstellung heranrückt, desto 
ebendiger wird es in den zur Aufnahme der Ausstellungsgegenstände be— 
stimmten Räumen. Die Straße entlang der Fruchthalle und der unter einem 
rechten Winkel sich anreihende Schillerplhatz sind bereits in einen Park 
umgewandelt mit Fontaine, Teich ꝛc., und eben wird am Aufbau des Por⸗ 
sales und des Aquariums gearbeitet. Herr Ingenieur Kühme entwickelt bei 
diesen mühevollen Arbeiten einen Eifer und Geschmack, die alle Anerkennung 
verdienen. 
Der untere Raum der Fruchthalle, den man vielseitig zu dunkel hielt 
ür Ausstellungszwecke, hat in Folge des hellen Anstriches und der an Sielle 
der Thore angebrachten großen Fenster das schönste Licht und bietet mit seinen 
Zäulengängen einen imponirenden Anblich. Im Saale werden Wande, 
Plafond ud Galleriebrüstungen frisch getüncht und mit Oelfarbe angestrichen, 
»azu noch 4 Oberlichter angebracht, was sicherlich den durch die archilektoni— 
chen Verhältnisse dessel ben schon bedingten Effekt noch wesentlich erhöhen 
vird. Das kann jetzt schon ohne Uebertreibung und Unbescheidenheit behaup⸗ 
et werden, daß die pfälzischen Industrieerzeugnisse, wohl noch bei keiner Aus⸗ 
tellung, die Weltausstellungen ausgenommen, ig ftattlicheren Räumen unter⸗ 
zebracht worden sind, als bei der III. Pfälzischen Industrie⸗Ausstellung. — 
Mit dem Drucke des Kataloges ist diese Woche begonnen worden. Es wird 
hm ein Situationsplan nebst Erklärung beigedruckt, und seine vollständige 
derstellung ist dem Centralcomite noch vor Eröffnung der Ausstellung con⸗ 
ractlich zugesichert. 
Das Programm der Versammlungen und Festlichkeiten gelangt Mitte 
Juni zur Versendung. ———— 
Velegraphischer Schiffs⸗-⸗Bericht, 
mitgetheilt von J. Peters Specialagent in St. Ingbert. 
Das Hamburger Postdampfschiff „Holsatia“ Cap. Barends, von der 
dinie der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Actien-Gesellchaft trat am 22. 
Mai wiederum eine Reise via Havre nach New⸗-York an uud hatte außer 
iner starken Briefe und Paceet-Post volle Ladung, 103 Passagiere in der 
Tajüte und 722 im Zwischendeck an Bord. 
Das Hamburger Postdampfschiff „Silesia“ Capt. Trautmann von der 
Linie der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt-Actiene Gesellschaft, welches am 
3. Mai von Ham burg via Havre abging, ist nach einer sehr schnellen glud 
ichen Reise von 9 Tagen 18 Stunden wohlbehalten in New⸗York angekommen. 
J.X Demeb, verantwortlichet Fedacie r