Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M 89. 
D 1872 
Deutsches Reich. die grundverdorbene Kirche für das Ringen und Streben der nach 
Zu dem Tode des Staatsministers v. Hegnen⸗ Fricht, Luft und Freiheit, nach Erlösung aus der Geistesnachi 
»erg macht das „Vaterland“ mit bekanntem Zartgefuͤhl folgende hmachtenden Menschheit kein Verständniß hatte und lieber die 
deflerionen: „Der Verlebte nimmt das „Verdienst“ mit sich in's Lhristenheit sich in Trümmer spalten und allen Ländern der Welt 
Hrab, die kirchlichen Wirren in Bayern mit zu der jetzigen Höhe hurch die furchtbarsten Religionskriege verheeren ließ, als auch nur 
zebtacht zu haben. Er war noch mehr als Herrn v. Lutz die in Jota ihrer maßlosen Ansprüche aufzugeben, so treibt sie auch 
ztütze und Hoffnung der Neuprotestanlen, und daß die Dinge etzt derselbe Geist der schrankenlosen Herrschsucht, der ungeheuer⸗ 
uicht noch schlimmer gekommen, ist nicht seine Schuld. Wir wollen ichsten Ueberhebung einem neuen Abgrunde zu. Wirklich unbe⸗ 
umehmen, daß er seine katholische Freundschaft mit dem „Altka- zreiflich sind und bleiben uns diejenigen deutschen Katholiken, welche 
holizismus“ durch diesen unerwartet raschen Tod gebüßt und ge- nit Verkennung des Geistes unserer Zeit unter Verleugnung der 
ühnt habe. Die katholische Kirche hat auch diesen Gegner über- nuersten Natur ihres eigenen Vaterlandes dieses doch nur fremden 
ebt und besiegt.“ Interessen dienende Treiben unterstützen. An alle diejenigen unter 
Stuttgart, 5. Juni. In Folge des fortwährenden Regens hnen, welche sich noch ein warmes Herz für das deutsche Vater⸗ 
aaben wir abermals ein Austreten des Nedars zu gewärtigen; and bewahrt haben, moͤchten wir die Mahnung richten, sich doch 
yom oberen Necar, aus der katholischen Gegend drängt die Kunde inmal ernstlich die Frage zu stellen: „Wohin muß das Alles 
uns ungläübigen Unterländern, daß an dem großen Unglück ührcn?“ Vielleicht gehen doch dem Einen oder dem Andern die 
liemand schuld ist, als der Mann in Varzin und feine „gottiose“ Augen auf über die ungeheure Gefahr, welche die Jesuiten niht 
holitik. Die schautigsten Ammenmärchen werden preisgegeben und dNos über sich selbst, sondern über die ganze latholische Kirche in 
die demokratischen Partikularisten nicken verständnißinnig ihr Haupt ODeutschland gebracht haben. Noch ist freilich Alles still und die 
und trotz der Sammlungen für Ludwig Feuerbach stimmen sie still- derrschaft der Ultramontanen scheint im Volke festzustehen wie der 
hᷣweigend diesen „Auslegungen“ bei. Thut nichts, der Zweck Fels im Meere; aber laßt nur einmal zur rechten Zeit den rechten 
zeiligt die Mittel. Mann kommen, der den Stein in's Rollen bringt, eine Lawine 
Mühlhausen. Die „W. M. Z.“ schreibt: Die Ge—⸗ vird daraus entstehen, die die Christenheit in ihren Grundvesten 
rißheit, daß alle diejenigen Essaß Lothringer, welche vor dem 17. rschüttern und zum zweiten Male der europäischen Cultur ein 
december 1870 in die französische Linie oder Mobilgarde einge- jeues Gesicht geben muß.“ 
reten waren oder welche vor dem 1. Januar 1851 geboren sind, Wie die „Voss. Zig.“ hört, wird das Gesetz gegen die Jesu⸗ 
n Deutschland zu keinerlei militärischem Dienst mehr herangezogen tenorden und die ihm verwandten Congregationen, dessen Ein⸗— 
vetden, verfehlt ihre Wirkung auf unsere bisher noch in der frane hringung noch in dieser Session wegen emiger Hindernisse, welche 
oͤsischeh Armee stehenden Landsleute nicht. Wir sehen sie in der nicht in Berlin lagen, eine Zeitlang zweifelhaft war, nun doch dem 
— Reichstag vorgelegt werden. Es wird an die 
dationalität erklärt. Nicht selten geben sie als befonderen Grund Mitgliedschaft des Jesuitenordens eine Folge geknüpft, welche der 
hres Austritts aus dem sranzösischen Heere noch an, daß sie dort Entziehung des Indigenats gleichkommt. 
von ihren wälschen Cameraden stets gehöhnt wurden, und als Interessant ist eine Auslassung, zu welcher sich das Organ 
brusgions“ ,tôtes carrées“ sich allen möglichen Plockereien aus- des Erzbischofs Ra uscher, der „Volksfreund,“ im Hinblick auf 
tsegt sahen. Daß es nicht bioß Unlust am militärischen Dienst die immer wiederkehrenden Nachrichten von einem Compromiß 
. was unsere Landsleute den französischen Fahnen entführt, be⸗ wischen der Regierung und der Partei des Erzbischofs über die 
veisen die sich mehrenden Fälle von freiwilligem Ein- und Ueber- ieueste Politik Oesterreichs veranlaßt sieht. Dem edlen Blatte 
ritt in das deutsche Heer. zufolge war der Ausgleich mit Un arn ein Fehler und ebenso das 
Bexlin, 5. Juni. Die heutige „Nat. Zig.“ schreibt: stütteln am Concordate. Ein anderet Fehler in der äußern Poli— 
WDie uns aus Köln mitgetheilt wird, erzählt man sich in ultra- ik sei dadurch begangen worden, daß Graf v. Beust die Freund⸗ 
nontanen Kreisen, daß, wenn der Bischof von Ermeland wegen chaft Oesterreichs dem Deutschen Reiche an den Hals geworfen. 
et von der Kanzel verkündigten Exkommunicationen von ernsten Ja Zukunft müsse folgendes Programm eingehalten werden: Alliance 
kegierungsmaßregeln betroffen werden sollte, dann sämmtliche nit Rußland, dem natürlichen Verbündeten Oesterreichs; Alliance 
reußische Bischdse die von ihnen verhängten oder beschlossenen nit Bayern, „denn in der deutschen Frage ist das letzte Wort 
tcommunicalionen ebenfalls und womöglich gleichzeitig von der soch nicht gesprochen;“ Erwerbung der Donaufürstenthümer, Wieder⸗ 
denjel verkünden würden. Ob eine solche Äbsicht wirklich gehegf jerstellung der weltlichen Macht des Papstes. 
Ard, lassen wir selbst dahingestellt; jedenfalls würde dieses In Luremburg ist die Ankunft des Königs der Nieder⸗ 
borgehen durchaus dem Verfahren des, Ärmeebischofs“ entsprechen, ande zum 12. d. M. offiziell angezeigt worden. Man hofft von 
velher den Konflikt selbst in übermüthigster Weise an einer Stelle Aufenthalte des Monarchen daselbsi die Beendigung der Krise in 
straufbeschworen hat, die er als die empfiudlichste in Preußen er Eisenbahnfrage. Nach einem in Luxemburg circulirenden Ge— 
vohl kenr en mußle. Der preußische Episkopat — man denke nur üchte hätte die deutsche Regierung an— das Gourdernement des 
n das Verlangen des Erzbischofs von Koln, die Bonner Pro⸗ Broßherzogthums die dringende Aufforderung ergehen lassen, sich 
isoren zu entsetzen und an die jüngste Haltung des Fürstbischofs zu enischeiden. Man will hierdurch dem Siraͤmen desselden ein 
von Breslau — scheint sich in einer Stimmung zu befinden, Ende machen. 
wilche Klarmachen zum Gefecht bedeutet. Der Staat wird die Mittel Inbetreff der Conferenz in Angelegenheit der „Internationale“ 
dersuchen haben, welche ihm. um dem Klerus zu begegnen, zu vird der „N. Fr. Pr.“ aus Pessi lelegtaphirt, durch das Mi— 
debote stehen.“ nisterium des Aeugern sei eine Einladung dazu auch an die un⸗ 
Berlin. Die „Augsb. Abd. Ztg.“ brachte neulich einen jarische Regierung gelangt. Die Conferenz soll Anfangs Septem⸗ 
husfentar von bestunterrichteler Geite zugekommenen längeren ber in Beriin zusammentreten. Die Regierung hat die Einladung 
g ibel über „Cardinql Hohenlohe und die Jesuiten“, dessen Schluf ingenommen und mit dem Studium der Angelegenheit, sowie mu 
lautet: „Wenn der Kanzler des Deutschen Reiches uns jemals Ausarbeitung von Instructiontn für ihre nach Berlin zu sendenden 
hohen Ruhmes wäürdig, als ein echter und wahrhaftiger Bertreter die Minister für Justiz und für Inneres betraut. 
umann erschien, so war es in dem Augenblicke, als er im Frankreich. 
— erklärte, er werde sich nicht abhalten lassen, trotz alle— Am 1. d. hielten die Häupter der Bonapartistischen Partei 
9 einen Gesaudten nach Rom zu schicken. Aber!freilich wagen eine Versammliung bei Rouher ab. Chevreav, nach Haußmannn 
wir es kaum, einen Ecfoig von dieser Sendung zu hoffen. Präfekt von Paris und zuletzt (unter Palikan) Minisser des Innern, 
eGeschicke müssen sich erfüllen, und wie einst im Mitkelalter wohnte derselben an. Rouher theilte die neuesten Jostructionen mit.