Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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4 14. 9 Donnerstag, den 28. Janurrre 1872 
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Chronik der Ereignisse des Jahres 18711 
21. Januar. Die Belagerungs⸗Artillerie vor Poriserbffnet das 
Feuer gegen St. Denis. Die Beschießung der übrigen Fronten dauert fort. — 
hei Belfort werden die stark besetzten und verschanzten Gehölze Taillis und 
Zailly, sowie das Dorf Perouse von deutschen Truppen erstürmt. — Ab⸗ 
heilungen der deutschen Sudarmee besetzen nach leichtem Gefecht Dole. — 
zwei in der Gegend von Chaumont postirte Landwehrcompagnien weisen 
inen in der Nacht zum 21. Jan— von Langres aus versuchten Uererfall zurück. 
A neue Batterien bei Danjoutin erdffnen gegen Belfort das Feuer. — 
teneral v. Göben fordert Cambrai zur Uebergabe auf. Der Commandani 
erweigert die Capitulation. — Recognoscirungsgefechte einer Abtheilung des 
. 73 gegen die Garibaldi'schen Trupyen in Dijon. Der französ. General 
Bo ällt. 
21. 28. Durch gluckliche Gefechte bei Dijon, Mauchard, Baume les 
Hames, Glay, Reches, St. Vit, Quingey, Passavant, Point de Roi de Hippo— 
yte, Maiche, Morteau und Pontatlier wird die Bourbali'sche Armee ge⸗ 
wungen, 83.000 Mann stark, in die neutrale Schweiz überzutreten. 
nach dem Zwede der frangoͤsischen Militarvorkehrungen nicht ge⸗ 
ragt habe. I 
Teutsches Reich. J 
München, 20. Jan. Die Zahl der altkatholisch gewor⸗ 
denen. Geistlichen im deutschen Reich ist seit einem halben Jahre 
son 18 auf, 30 gestiegen. Seit Rückkehr des Beneficiaten Kränzlet 
n Augsburg zum Gehorsam gegen seinen Bischof, sind ihrer nur 
nehr 28. Drei derselben tralen zum Protestantismus über. (F. Z.) 
München, 22. Jan. Nachdem die durch Verordnung vom 
3. Februar 1829 gebildete Steuerkatastercommission ihre Haupt⸗ 
rufgabe — die Herftellung: der Kataster und Pläne für das Kö⸗ 
rigreich — vollendet hat, wurde dieseibe durch kgl. Verordnung 
»om 19. d. auigelöst. An ihre Stelle tritt ein technisches Organ 
inter der Benennung Kataster⸗Bureau“, welches dem Staats- 
ninisterium der, Finanzen unmittelbar untergeordnet ist und die 
Evidenthaltung der Kataster Elaborate, sowie deren Ergänzung 
und Verdoest minnung zur Aufgabe hat. 
tBerbin, 22. Jan. Das neue Münzgesetz wird, wie die 
Corr. St,.“ mittheilt, keinenfalls zu den Vorlagen der Frühjahrs⸗ 
Session des Reichstages gehören nund, da man eine Herbst-Session 
in diesem Jahre dermeiden möchte, in diesem Falle noch über ein 
zanzes Jahr ruhen. Die Vorarbeiten nehmen so geraume Zeit in 
Anspruch, daß man daraus füglich, namentlich gegenüber einem so 
lief in alle Verhältnisse kingreifenden Gesetze, Niemandem einen 
Vorwurf machen bann. 2 
In parlamentarischen Kreisen hält man, wie die „C. S.“ 
— für sicher, daß dem Reichstage ein Ankrag unterbrei⸗ 
et werden — Attiengesellschaften nicht eher neue Aktien 
sollen ausgeben dürfen, als bis die Aten.“?Cripgezahlt sind. 
Berlim, 23. Jan. In der. auf deu OgFebr. berufenen 
Beneralversammlung der Berliu⸗Potsdam⸗Magdeburger Eisenbahn⸗ 
Besellschaft wird auch Beschluß gefaßt über die Nachsuchung einer 
Toncession für die Herstellung einer Eisenbahn von einem Punkt 
der Stammbahn direkt nach Frankfurt a. M. nebst einer Zweig⸗ 
bahn nach Magdeburg. 
(Zur Statistik desßdeutschen Unterrichts,— 
wesen s8.) Das deuütsche Reich besitzt in runder Summe 60,000 
Volksschulen, in denen 6 Millionen Schüler unterrichtet werden. 
Auf je 1000 Einwohner entfällt ungefähr eine Schülerzahl von 
150. Dieses durchschnittliche Verhältniß wird in Braunschweig, 
Oldenburg, Sachsen und Thüringen beirächtlich überschritten (auf 
je 1000 Einwohner 175 Schüler), in Mecklenburg (auf je 1000 
Finwohner 120 Schüler) und Bayern (auf je 1000 Einwohner 
126 Schüler) dagegen bei weitem nicht erreicht. Gymasien giebt es 
in Deutschland 380, Progymnasien 214, Realgymnafien 14, 
Real⸗ und höhere Bürgerschulen 483. Die Gesammtzahl der 
Schüler auf diesen Unterrichtsanstalten beläuft sich auf 177,379. — 
An Umversitäten zählt das deutsche Reich 20 mit 1624 Lehrenden 
ind 15,557 Studirenden; von den keßteren“ kommen je über 
1000 aus Berlin, Leipzig und München, — Polytechnische Schulen 
gibt es 10, wovon auf Preußen nur 2 kommen, außer der Bau⸗ 
und Gewerbe-Alademie in Berlin; die Zahl. der Lehrenden an 
diesen Lehrftätten beträgt Z60, der Studirenden 4428. 
Dresden, 17. Jan. Die, Regierung hat die Auflssung 
ämmtlicher in Sachsen bestehender Internationalen Gewerks Ge⸗ 
nossenschaften (Chemnitz, Mittweida, Krimmitschau, Limbach, Rotiluf, 
Altendors, Ober⸗ und NieberRabenstein 2c.) verfügt. »2* 
Frankreich. 6 
Jaris, 20.Jan.“Wie das , Memorial Diplomatique“ 
erfährt, habe die franzoͤsische Kegierung auf ihr Betreiben um Frei⸗ 
assung der noch in Deutschland in Hast gebliebenen 150 franzo 
ischen Kriegsgefangenen das Anerbielen von Deutschland erhalten, 
ziese Strafgefangenen nach Deutschland zurückdefördern zu laßen, 
venn die französische Regtertmg' ßch verpflichten wolle, dieselben 
hre Strafzeit in fratzösischen Gefängnessen abbüßen zu lassen. Die 
französtsche Regierung habe dieses Anerbieten sedoch abgelehnt, weil 
es ihre Sopuderanitätsrechte zu beschränken geeianet sei, 
**Sit. Ingbert, den 24. Januar. 
Und sö wäre denn heute unsere Abgeordnetenlammer in die 
Berhandlungen eingetreten über die Beschwerde des Bischofs Din⸗ 
el von Augsburg betreffs Verletzung der vetfassungsmäßig verbürg⸗ 
jen Rechte der Meringer unfehlbaren Pfarrgemeinde durch Ausübung 
er kirchlichen Functionen des altkatholischen, also nicht unfehlbaren, 
Pfarrers Renftle, und werden demnach jetzt die vollgepfropften 
altramontanen Donnerbüchsen losgedonnert werden gegen Regierung 
ind Ministerium, die sich die kolossale Versäumniß zu schulden 
lommen ließen, gegen den Abttünnigen, wie mau Pfarrer Renftle 
zu nennen beliebt, nicht mit Folter und allen jenen mittelalterlichen 
inquisitorischen Zwangsmitteln, die eine fromme Bekehrungswuth 
dor Zeiten zur Erreichuug ihrer Zwecke benutzte, einzuschreiten. Wie 
der Telegraph meldet, ist bereits schon eine lange Reihe hon Red 
nern für die Debatte vorgemerkt. Ob aber diese zu einem den 
Altramoutanen günstigen Resultate führen wird, ist sehr zweifelhaft; 
denn eine Aenderung, resp. Zurücknahme der Regierungsverfüg⸗ 
ungen in dieser Angelegenheit in ihrem Sinne können diese von 
Seiten der Regierung nicht erhoffen, da, wie die „Frankfurter 
Presse“ meldet, in den höchsten und allerhöchsten Regionen der vor 
anger Zeit ergriffene und dok mentirte Standpunkt entschieden fest⸗ 
zehalten wird. Und so wird der ganze ultramontane Coup das 
dand einige Tausend Gulden kosten, ohne zu etwas anderem zu 
dienen, als zur Belustigung der unbetheiligten vernünftigen Zu⸗ 
schauer. Ja, wenn Bayern Geld zu viel hätte, so wäre die 
Zache schon amüsanter! 
Doch man scheint dieses Vonsichredenmachen in der jetzigen an 
bedeutenderen politischen Begebenheiten so armen Carnevalszeit zu 
lüeben. Es ist ja Narrenzeit! Und daran wird man auch erin⸗ 
nert, ohne willkürlich daran zu denken, wenn man von dem letzten 
Toup des Präsidenten Thiers der französischen Republik liest. Der 
leine Gernegroß Thiers, der sich als Präsident der Republit doch 
iowohl in die Würde eines Souverains zu finden weiß, dankt ab, 
weil sich die Kammer einmal widerhaarig zeigt, um gleich darans 
lein beizulegen und den Kopf wieder aus der selbst geknüpften 
Schlinge herauszuziehen und im Amte bleiben zu können. Ganz 
Frankreich ist froh über den glücklichen Ausgang; dem was viel⸗ 
eicht hinter Thiers gelegen wäre, das wissen nur die Götter. Die⸗ 
er dürfte aber selbst mit Einreichung seiner Demisfion in Zukunft 
etwas vorsichtiger sein, eingedenk des Sprichwortes: „Man darf 
den Teufel nicht an die Wand malen, sonst kommt er.“ Man 
oͤnnte ihn auch einmal beim⸗-Wort halten, und das wäte bei 
einem Alter und seiner Eitelkeit für ihn doch fatal. 
Trotz dieser Zerfahrenheit und Händel im Innern und auch 
rotz der blutigen und theuren Lehre der letzten zwei Jahrk ist 
iber Frankceich von dem Wahne, vor anderer Leute Thüre kehren 
ind sich in fremde Angelegenheiten mischen zu müssen, nicht geheilt. 
Zo hat man von Seilen der französischen Regierung in Roim an⸗ 
ragen lassen nach dem Zweck der italienischen Küstüngen; aber 
zarauf die Antwort erhalten, Italien thue —8 die allgemeine 
golitische Lage gebiete und was man sonsten duch thue und könne 
über die franzöfische Aufrage nitr erstaunt sein. da es doch selbt