Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberker Anzeiger. 
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170. 1872 
Deutsches Reich. 
Mäünchen, 24. Oct. Die Polizeidireltion hiesiger Stadt 
uingt heute Abend die Strafbestimmungen über Aufläufe und Zu⸗ 
mmenrottungen in Erinnerung und warnt vor der Betheiligung 
aran. Diese Warnung scheint durch den letzten Auflauf und die 
aran sich knüpfenden Gerüchte über die bedrohte Fortdauer der 
dachauer Banken veranlaßt zu sein. * 
Der ICorrespoadent der, Frankf. Presse“ schreibt aus Münn⸗ 
hen, 27. Oct. Das Dementi. welches von ofsiciöser Seite er⸗ 
olgte und die Gerüchte zurückwies, als stünde die Stellung des 
zerrn v. Lutz in Frage, ist nur in sofern richtig. als jetzt die 
Siellung des genannten Ministers wieder völlig gesichert erscheint. 
Wollte man indessen aus der sehr diplomatischen Fassung auch das 
bleiten, daß an einen Rücktritt desselben niemals gedacht wurde, 
o wäre dies jedenfalls zu viel gesagt, und nur für solche, die in 
ie bestehenden Verhältnifsfe nicht eingeweiht sind, mag die Nach⸗ 
icht in diesen Umfange Glauben finden. Daß die Neubesetzung 
es Cultusministeriums wirklich in Frage stand, und zwar längere 
Jeit in dem Maße, daß die Berufung des Herrn v. Lußtz zur 
zniglichen Audienz geradezu überraschte, ist einfach Thatsache und 
war eine Thatsache, aus welcher der Betheiligte selbst in den ihm 
aͤherstehenden Kreisen kein Hehl machte. Die Bemerkung aber, 
ils ob jene Nachrichten, die uͤber die erneute Krisis in die Oeffent⸗ 
ichkeit gedrungen sind, aus tendenzidsen Gründen erfolgt seien, ist 
jewiß nicht zutreffend, wenn man sich der rücksichtsvollen Sprache 
rinnert, welche die norddeutschen Organe und speciel diejenigen, 
ie mit der preußischen Regierung Fuͤhlung besitzen, während der 
Ninisterkrisis eingehalten haben. Nicht darauf, die Stellung Bayerns 
u erschweren, sondern vielmehr darauf, sie mit den ruhmvollen 
xrinnerungen der großen Vergangenheit in Einklang zu bringen, 
ind die Bestrebungen der wirklich nationalen Presse gerichtet und 
venn diese Uerberzeugung endlich auch Plazz griffe, so würde dies 
edenfalls der Sache nur zu Statten kommen. 
Aus der Pfalz. Es ist für die materielle Besserstellung 
jer Schullehrer und Verweser durch Erhöhung ihrer Minimalge⸗ 
jalte, sowie durch die gewährten Alterszulagen unzweifelhaft ein 
gedeutendes geschehen. Abgesehen aber davon, daß legtere erst 
nit dem 15. Dienstjahre beginnen, was etwas weit hinausge⸗ 
hoben ist, sind manche Lehrer und Verweser während dieser Zeit 
ez Harrens auch dadurch im Nachtheil, daß ihre Sielle schon vor 
esagter Beihilfe des Staates mit 400 bez. 300 fl., aber ein⸗ 
dließlich der Wohnungsentschädigung, ohne daß selbige besonders 
ufgeführt gewesen wäre, dotirt waren. Solchen Stellen wurde 
ein Staaiszuschuß gewährt. Andere dagegen, bei denen die 
hdohnungsentschädigung, z. B. mit 50 fl. ausgeschieden war, er⸗ 
ielien auch noch 80 fi. aus Staatsmitteln, obwohl sie im Grund 
enommen ersteren gleichstanden. Gemeinden, in denen dieses der 
jall ist, befinden sich denen ersterer Art gegenüber bedeutend im 
dortheil. Es fragt sich nun, ob Lehrer und Verweser gehalten 
ind, mit 400 resp. 800 fl. Minimalgehalt auch noch die Wohn⸗ 
mgsmiethe zu bestreiten, oder ob ihnen seitens des Staates oder 
er Gemeinde dieselhe besonders vergütet werden muß. (Pf. K.) 
Straßburg, 24. Det. Dem Pariser „Siecle“ danken 
pir die Nachricht, daß die klerilalen Auswanderungen aus Eisaß 
sothringen sich auf drei protestantische Pfarrer und einen Rabbi⸗ 
jer beschränken. Ueberhaupt ist neuestens die französische Presse 
nuf den elsässischen Klerus nicht mehr gut zu sprechen. Sie be⸗ 
auptet, für Geld lasse sich derselbe zu Allem brauchen — so könnte 
iso auch in diesem Falle der Mohr, nachdem er „seine Schuldig⸗ 
eit“ gethan, gehen. 
Zerlin, 25. Oct. Die „Nordd. Allg. Zig.“ schreibt: Die 
ommisarischen Berathungen über das Gesetz, betreffend die bürger⸗ 
iche Eheschließung, sind zu Ende gebrachl und haben zur Aufftell— 
ing eines Entwurfes im sAultusministerium geführt, welche dem 
3taatsministerium nunmehr vorgelegt werden wird. 
Belgien. 
BRrüssel. 24. Oct Die clericalen Associaiionen werden 
vie man hört, demnächst hier zusammentreten, um gegen den Ver⸗ 
uch, die belgische Armee nach preußischem Systeme zu organisiren, 
ine Kundgebung zu erlassen. (T. N.) 
A — — 
fBubenheim (SOessen), 23. Oct. Gestern schoß dahier 
in Bursche seinen Bruder aus Eifersucht derart, daß an dessen 
Aufkommen zu zweifeln ist. 
Die Umgegend von Diez Mass.) wird durch eine Spitz⸗ 
ubenbande, welche an verschiedenen Orten nächtliche Raubzüge 
nittels Einbruch vornimmt, unsicher gemacht. Bei einem Bewoh⸗ 
jer in Diez, dem sie 300 fl. stahlen, ließen sie folgenden an den 
heldschrank angehefteten Zeitel zurück: 
Unserer sind es dreißig, 
Bei Racht sind wir fleißig, — 
Bei Tage gucken wir zu dem Fenster hinaus 
Und lachen die Gensdarmen aus. 
Der zweite Schinderhanmes. 
f Am 18. d., dem Jahrestag der Schlacht bei Leipzig, dol⸗ 
endete der deutsche Kronprinz sein 41. Lebensieht. 
Posen, 18. Oct. Ueber ein schreckliches Umglück, welches 
im Abende des „Versöhnungstages“ in der Synagoge zu Oftrowo 
sKreis Adelnau) paffirte, berichtet uns ein dortiger Vürger und 
Augenzeuge folgendermaßen: Um 7 Uhr Abeads erloschen in der 
nit Menschen überfüllien Synagoge plötzlich sämmtliche Gasflam⸗ 
nen — wie man annimmt wegen Störungen in der Gasleitung. 
Man schickte sich deshalb an, die Synagoge zu verlassen, was 
ruch ohne besondere Schwierigleiten hätte bewerkstelligt werden 
oͤnnen, wenn nicht plötzlich der Ruf „Feuer“ ertönt wäre, der 
inter den Anwesenden und namentlich unter den Frauen auf den 
Thören eine schreckliche und verderbliche Panik, sowie ein allgemei⸗ 
ies Hindrängen nach den Ausgangsthüren veranlaßte. In dem 
zierbei sich entwickelnden schrecklichen Gedränge fanden nicht weniger 
ils 25 Personen, die ausschließlich dem weiblichen Geschlechte und 
den verschiedensten Lebensaltern und Stellungen angehören, einen 
ämmerlichen Tod. 
Volkswirthschaft, Handel und Verkehr. 
Braunschweig, 17. Det. (20 Thlr.⸗Loose von 1868.) 
Bei der am 830. Sept. stattgehabten Verloosung wurden folgende 
Serien gezogen: 222, 870, 850, 983, 1166, 1407, 1747, 
792, 1977, 2294, 2655, 2775, 2782, 8039, 8470, 3498, 
3813, 409, 4183, 4193, 4234, 4266, 4798, 5136, 5203, 
5624, 5781, 6078, 6090, 6150, 6746, 6874, 7039, 7238, 
7341, 7496, 7898, 9142, 8195, 9548. 8514, 9066, 9084. 
)7714 und 9731. 
Ein bei W. Peiser in Berlin erschienenes Schriftchen, betitelt: 
‚Welches Münzsystem für Deutschland zu befürworten ist“, warnt 
yor der Einführung des franz. Frank. und Centimen⸗Systems 
nachgebildeten Mark⸗ und Pfennig⸗System, das Einfachheit und 
Zequemlichkeit uur für die ersten 10 Pfennige gewähre, während 
nan schon vom 2. Groschen ab mit doppelten, vom 3. Groschen 
ib schon mit 3 Ziffern zu rechnen habe, und empfiehlt dafür die 
Innahme von 5 Mark (50 Groschen) als Münzeinheit. Bezüglich 
jer Gründe und ihrer Würdigung müssen wir auf das Schriftchen 
eIhst verweisen. 
FisenbahnDienstesnachrichten. 
Ernannt wurden: Zum Verwalter in Marnheim Ph. Junker von 
z„chaidt, zum Einnehmer daselbst Raab von Neustadt; zum Verwalter in Al⸗ 
isheim Hammel von Frankenthal; in Harrheim⸗Zell Sauerhöser von Schif⸗ 
erstadt; die Verwaltung Wachenheim-Mölsheim ist durch einen hessischen 
zeamten beset; zum Verwalier in Schaidt Bold von Oggersheim; zum 
zerwalter in Hggersheim Rottmann von Edenkoben. Versetzt wurden: 
die Gehilfen Brandstätter von Weissenburg und Hauß von Ludwigshafen 
ach Neustadt; Einnehmer Lindemann von Durkheim nach Frankenihal; 
Issistent Muüller von Hochspeier nach Schifferstadt; Gehilfe Medicus von 
udwigshafen nach Hochspeier; Einnehmee Weber von Weißenburg nach 
durkheim: Assistent Golsong lauf den Rangirbahnhof in Ludwigshasen und 
hehilse Jager von Neustadt nach Edenkoben. 
X* 1Demetz, verantwortlicher Redacteux