Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ehrlichkeit, Pflichtireue, des Fleißes, der Sparsamkeit gedenken; kreisen ist von einer Aenderung der Absi cht der Regierung nicht 
aber sie sind ohne genügendes Verständniß der fremden Nationali- bekannt; vielmehr gilt es als zuverlässig, daß der in den com—⸗ 
sat, meist voll Abneigung gegen fie, sie kieben pedantisch an Ährer nissarischen Berathungen vorbereitete und in Folge dessen vom 
Routine, verletzen oft ohne zu schrecken. Denn von oben her läßt Cultusministerium ausgearbei:ete Entwurf entschieden auf die Ein. 
nan Milde walten und will die Bevölkerung gewinnen. So ar⸗ führung der obligatorischen Civilehe gerichtet if. cc 
deiten die Persönlichkeiten, die das Volk leiten, beherrschen nd — Von den vielfachen Gerüchten, so schreibt die „B.⸗ und 
herwalten sollen, sich nicht in die Hände, sondern biel fach gegen -· H.Z.“, welche im Zusammenhang mit der Situation der Kreis- 
inander, und der wohlthuende gewinnende Einfluß von oben wird »rdnung circuliren, sei hier die gestern verbreitete Mitt heilung 
ift durch Harte, Ungefchicklichlkeit und Beamtenwillkür der Subal · »xwähnt, der Minister des Jnnern, Graf Eulenburg, habe sein 
lernen paralisirt.“ Demission eingereicht, die aber vom Könige nicht angenommen 
Bierlin. Seit dem 22. October tagt in Preußen der Lande worden sei. Ferner nehmen wir von dem Gerüchte Notiz, wonaq 
jag, Herrenhaus und Abgeordnetenhaus. Die Abgeordneten be· die Liberalen des Herrenhauses dem Minister des Innern der 
chäftigten fich zunüchst mit den Finanzen, die sehr günstig stehen; Kath ertheilt haben sollen, die Entscheidung der feudalen Majori⸗ 
denn das Jahr 1871 hat einen Ueberschuß von 9,278, 000 Tha⸗ ät über den zweiten Cardinalpunlt der Kreisordnung (Zusammen. 
ern ergeben. Von diesein Plus sollen nach Vorschlag des Finanze etzung des Kreistoges) nicht abzuwarten, sondern die Regierungz. 
ninisters 7,720,000 Thaler zur Tilgung von Staatsschulden und vorlage zurüchzuziehen und die Landtagssession zu schließen. Von 
2215,000 Thaler zu Wohnungsgeldzuschüssen für die Beamten der Antwort und dem Beschlusse der Regieruug werde es dami 
erwendet werden. Dem Herrenhause liegt wiederum die neue ibhängen, ob die liberalen Herrenhaus⸗Mitglieder bleiben oder 
Zreisordnung vor, das nothwendige Fundament der Selbstverwal- ibreisen werden. 
ung der Gemeinden ⁊c. Die feudalen Herren von altem Schrot Berlhin, 830. Oct. In Ermland hat die Geiflicht 
und Korn wollen von dieser Reuerung durchaus nichts wissen; nun doch eine Agitation zu Gunsten des Bischoff Kremen, 
der Minister des Innern, Graf Eulendurg, hat ihnen zwar gesagt, in's Werk gesetzt. Wie man nämlich der „Danz. Ztg.“ schreibi 
zs solle durch die Kreisordnung an Stelle der feudalen Kreistage oll eine Adresse abgefandt werden, welche das Benehmen der 
zie allgemeine Dienstpflicht, die auf dem militärischen Gebieie bischofs billigt und die Staatsregierung um Aufhebung der Tem⸗ 
Deutschland groß gemachi, auf das bürgerliche Gebiet übertragen poraliensperre bittet. Die Unterzeichner dieses Schriftstückes sind 
perden. Das hat aber so wenig durchgeschlagen, als die Erklä⸗ jatürlich die Geistlichen und die ihnen untergebenen Lehrer. Das 
tung des Finanzministers, daß die Provinzialfonds 4,500,000 dauptcontingnent der Adressaten bildet eben das Landvolk. Agen⸗ 
Thaler vom Staate erhalten sollen, sobald die neue Kreisordnung en ziehen auf den Dörfern umher und bereden die Bauern und 
ingenommen ist. Jetzt erschallt der Ruf: „Bismarcd hilf!“ Taglöhner dazu, ihre Unterschrift herzugeben. 
Berhin. Auf der polilischen Tagesordnung stehen augen. Die erste in Deutschland erbaute. Panzercorbette der kaifer⸗ 
zlicklich in erster Linie die Verhandlungen im preußischen Herren⸗lichen Marine, Hansa, lief am Samstag in Danzig glückli— 
jause über die Kreisordnung. Was die Urtheile des Auslandes vom Stapel. 
in Betreff des Verlaufs der erwähnten Debaiten angeht, so haben, Das bei Verneville dicht an der französische Grenjt 
dieselben für uns geringere Bedeutung; wichtiger ist indessen, —* zelegene Denkmal der Gefallenen der 18. Division ist von Bu 
man in Süddeutschland über diese Vorgünge sagt. Da weisen die benhand beschmutzt und theilweise zerstört worden. 
adicalen oder ultramontanen Gegner der neuen Ordnung der) Frankreich. 
Dinge mit Behagen auf die Siege der feudalen Reaction bei der Paris, 27. Oct. Die Commission für die Liquidirung 
Abstimmung und auf die vorfündfluthlichen Grundsätze hin, welche der Kosten der bekannntlich von Garibaldi befehligten Bogesen⸗ 
in der Debatte vorgebracht werden. Der liberale Reichsfreund im armee hat ihre Arbeiten vollendet und den Antrag auf 12 Wiilli- 
Süden, welcher von der gutsherrlichen Polizeigewalt keine Vorstell- onen Francs festgestellt. General Bordone, Garibaldi's damaliger 
ung hat, empfindet schmerzlich, daß über solche Dinge in Preußen Heneralstabschef, knüpft in einem Schreiben an den „Messager du 
noch gestritten und dafür mit Erfolg aufgetreten werden kann. Mid.“ daran die Bemerkung, daß die Vogesen⸗Armee bedeutend 
Die süddeutschen Liberalen und Nationalen mögen fich beruhigen; weniger als irgend eine andere gekostet hat. 
die neuesten Kundgebungen der preußischen Regierung in dieser Der Generalrath des Seinedepartements hat sich für Ein⸗ 
Frage sprechen dafür, daß die Bäaume der feudalen Herren nicht ührung des unentgeltlichen und obligatorischen Schulunterrichts 
in den Himmel wachsen. ausgesprochen und wurde die Bestimmung, daß der Unterricht von 
Die „N. A. Z.“ vom 29. d. schreibt an hervorragender Laien zu ertheilen sei, mit 37 gegen 30 Stimmen angenommen. 
—AVV Paris, 30. Oct, Graf Arnim ist gestern Morgen hier 
zei Berathung der Kreisordnung den bisher eingeschlagenen Bahnen eingetreffen und hat im Laufe des Nachmittags noch eine laͤngere 
gefolgt, obgleich es für Jeden, der die Lage der Dinge im All⸗Unterredung mit dem Minister des Auswärtigen, de Rémusat 
jemeinen kennt und die Natur dieses Gesetentwurfes im Besonde⸗ gehabt. (W. T. B.) 
zꝛen zu beurtheilen weiß, vollkommen klar ist, daß das Haus durch, Naneh, 30. October. Gestern hat die offizielle Uebernahm⸗ 
sein jetziges Verhalten nur sich und die conservative Sache, die es der für die dentschen Occupationstruppen erbauten Baracken durqh 
»ertreten will, schädigt. Es handelt sich hier nicht um Etwas, die preußische Intendantur stattgefunden. Die vollständige Räu— 
das man beliebig thnn oder lassen kann, sondern es handelt sich mung der Haute-Marne soll bis zum 4. November erfolgt sen. 
um einen Gesetzentwurf, der durchgeführt werden muß und durch⸗ (W. T. B.) 
geführt werden wird; dafür bürgt die einmüthige Ueberzeugung Italien. 
iller Factoren der Regierung hinsichtlich der Nothwendigkeit der Rom, 29. Otlt. Den Schaden, den die Ueberschwemmun 
Durchführung dieser Keform. Wenn das Herrenhaus trotz dieser gen im Gebiete von Mantua und Ferrara verursacht haben, is 
zekannten Sachlage, der Vorlage gegenüber sich lediglich negativ wußerordentlich beträchtlich. Mehrere tausend Familien sind hier⸗ 
erhält, begiebi sich das Haus zunächst jedes ihatsächlichen Ein- hzurch um ihre Habe gekommen. — Wie „Giornale di Romo 
Jusses auf die Gestaltung der Vorlage und wird schließlich unter vissen will, hat die französische Regierung nunmehr den Entschluß 
zanz anderen Verhältnissen vor die Frage der Annahme gestellt gefaßt, sich jeder Einmischung in die Frage betreffs der Aufhebung 
sein. Der Gesammteindruck der bisherigen Verhandlungen über der religiösen Körperschaften zu enthalien. — Der Koͤnig hat der 
die Kreisordnung ist leider der, daß das Haus sowohl die thate „Gazetta Italia“ zufolge dem türkischen Gesandten Photiades Bey 
achliche Lage, wie auch das Maß seiner Macht der Krone gegen- den Großkordon des Mauritiusordens als einen Beweis jeines 
iber durchaus verkennt. — Dasselbe Blatt enthält folgende offi- besonderen Wohlwollens verliehen. 
idse Entrefilets: „Ueber die Audienz, welche das Prasidium des Musand. 
Herrenhauses am Sonntag beim Kaiser gehabt hat, verlautet in Warschau, 25. Oct. Einem amilichen Nachweise zufolge 
Herrenhauskreisen noch, daß der Kaiser sich gegen das Präsidium vurden im Jahre 1870 in ganz Rußland 1118 Personen wegen 
und namentlich gegen den Vicepräsidenten, Grafen v. Brühl, in Abfalls vom orthodoxen Glauben zur gerichtlichen Untersuchung 
zehr bestimmter Weise über die Nothwendigleit des Zustandekom⸗ zezogen; doch wurden davon nur 142 verurtheilt, die Uebrigen 
mens der Kreisordnung geäußert habe. Die Vorlage sei nicht 9331 freigesprochen. 
zloß eine Vorlage des Ministers, sondern mit voller Zustimmung — Dieser Tage ist auf Anordnung der Ober · Censurberwall⸗ 
des Kaisers eingebracht, und es werde Alles daran gesetzt werden, ing ein „schlechtes“ Buch öffentlich verbrannt worden, und zwar 
dieselbe zur Durchführung zu bringen. In gleichem Sinne soll der zweite Theil der Werke Ferdinand Lassalle's, welcher vor über 
zer Kaiser sich in einem eigenhändigen Schreiben an einen seiner einem Jahre bereits confiscirt worden war. 
jöchften Hofbeamten, der zugleich Mitglied des Herrenhauses ist, Amerika. 
ausgesprochen haben.“ — „Seit einigen Tagen kritt in verschie- New⸗York, 26. Ott. Die vonCanada herüberge⸗ 
denen Blaitern die Behaupiung auf, daß die vom Staatsministe- )rungene Seuche unter den Pferden (iine Kehltopftrankheit) ver 
ium beablichtigte Vorlage über die bürgerliche Eheschließung nicht zreitel sich mit außerordentlicher Schnelligkeit; in New ⸗ Norl sind 
auf die obligatorische, sondern auf die facultative Cibilehe hinaus- bereits 80, 000 Pferde von ihr befallen. 
zehe. Diese Annahme dürfte irrtbümlich sein. In Regierungs⸗ Newvorl 29. Oct. Die unter den Vferden berrschende