Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Der St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der —R Donnerstags-⸗ und Sonnta 
muer) erscheint wochentlich vie rn al. Dienstage Dennerstag, Samsta ga und Sonntag. Adocnementspreis vierteljährig 42 Krzr. oder 
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M 198. ESountag, den As. Dezemt 
J1 
Detsches Reich. 
Darmstadt, 13. Dez. Die Kronprinzessin des deutschen 
Reichs ist hierselbst eingetroffen, dieselbe reist morgen nach Carls⸗ 
ruhe zurück. Der Kronprinz verläßt nächsten Montag Carlsruhe 
um nach Wicesbaden zu reisen. 
Berlin, 124 Dez. Der Entwurf eines Reichs ⸗Maͤnzge⸗ 
setzes ist jetzt im Reichslanzleramte vollendet und dem Staalsmi— 
nisterium zur gutachtlichen Aeußerung mitgetheilt worden. Derselbe 
enthält dem Vernehmen nmach leinerlei Bestimmungen über das 
Siaatspapiergeld, sondern beschäftigt fich lediglich mit den Reichs— 
AD J 
Aus Berlin, 12. Dez. wird der „Allg. Zig.“ gemeldet: 
Fuürst Bismarck beabsichtigt das Präsidium des preußischen Staats- 
ministeriums niederzulegen (in der Stellung als Reichskanzler aber 
würde er verbleiben J); 
England. 
London, 13. Dez. Den Morgenblättern wird aus Madrid 
vom gestrigen Tage telegraphirt, daß der dort stattgefundene Auf— 
standsversuch mühelos unterdrückt worden ist. Die Zahl der Todten 
und Verwundeten beziffere sich auf 20. Der Aufstand werde den 
Republikanern zugeschrieben. 
J Amerika. 
Madrid, 12. Dez. In den Vorsfädten von Madrid fan⸗ 
»en gestern Ruhestörungen statt. Drei Militärkolonnen durchzogen 
die Stadt. Eine derselben stieß auf Unruhestister, wobei es zu 
einem Kampfe kam, in welchem auf beiden Seiten geschossen wurde. 
Die Aufrührer wurden zerstreut und ließen mehrere Todic und 
Zerwundete zurück. In der Cortes stellte der Minister des Aeußern 
Martoz die Bewegung als unbedeutend dar. Es seien an der⸗ 
elben solche Leute betheiligt, welche an Unruhen unmittelbar vor 
der Auflegung der Anleihe ein Interesse hälten. 
bahnen gewähren auch für einzelne Billete 30 pCi. Ermäßigung. 
F München, 6. Dez. Wie wir hören, soll sich der Werth an 
Pretiosen der Spitzeder allein auf 20,000 fl. belaufen, dazu kommt 
auch eine Sammlung von Gemälden ec. u. wird der Gesammtwerth 
des Mobiliars auf ca. 60,000 fl. geschätzt. Die Gant scheint sich 
bei der ungeheuren Masse von Gläubigern auf einige Jahre hinaus 
erstrecken zu wollen. “ —— — 
Eine ehemalige Agentin der Spitze d-e resoll heabsichtigen, 
in Landshut eine ähnliche Bank anzulegem , 
F Berluin, 5. Dez. In der Markuskirche sind am vorigen 
Sonntage bei der Trauung einer ganzen Anzahi von Bräuten von 
dem Küster die Kränze abgenonmen worden, weil, ihre Tugend 
derdächtigt worden war. ———— 
f Aus Paris, 25. Nov., erhält die „Köln. Ztig.“ die 
nachfolgende Zuschrift: „Es wird für die Leser von Inseresse sein 
zu hören, welchen Erlebnissen die Deutschen hier in Paris jetzt 
noch ausgesetzt siud. Vorgestern Abend befuchten wir, drei Deut⸗ 
iche, die Brauerei von Gruber und Reeb, Boulevard Bonne Nou⸗ 
velle, wo wir in ein unbesetztes Zimmer traten. Bald folgten 
uns vier andere Personen, darunter zwei Militärschüler von St. 
Cyr, die bereits vor uns in dem Lokale waren, in dieses Zimmer 
nach. Unsere Unterhaltung war ruhig und der Politik fremd, 
während jene Vier ihrem Hasse gegen Deutschland in den gemein— 
sten Ausdrücken laut Luft machten, offenbar um uns zu beleidigen. 
Nach einiger Zeit erhoben wir uns, um sort zu gehen, sogleich 
trat einer von der lärmenden Gesellschaft an uns heran und fragte 
ob wir Deutsche seien; die anderen Drei kamen hinzu, und Alle 
zusammen fingen an, alle möglichen Schimpfwörter her zu nennen, 
mit der Drohung, uns hinaus zu werfen. Der Lärm führte Gäste 
aus den nächsten Zimmern und den Wirth herbei, erstere fchienen 
Partei gegen uns nehmen zu wollen, letzterer kam, sah — nud 
verschwand; die Kellner folgten dem Beispiele ihres würdigen 
Patrons. Da wir bei thätlichem Widerstande nicht auf Hilfe 
rechnen konnten, so fügten wir uns in's Unvermeidliche und ver— 
ließen die Wirthschaft, im Glauben, daß der Vorfall erledigt sei. 
Doch wir hatten uns getäuscht. Kaum waren wir einige Schritte 
gegangen, so hörten wir die vier Helden hinter uns. Sie lockten 
einen Haufen Gleichgesinnter heraus, die drohende Verwünschungen 
ausstoßend, hinter aus einherzogen. Die Polizei war — abve⸗ 
send. Glücklicher Weise war die eine unserer Wohnung nahe, wir 
traten ein und hofften von den Raufbolden befreit zu sein. Doch 
diese drangen in den Hof des Hauses ein und der Laͤrm ging 
von Neuem an. Es blieb uns kein anderer Ausweg, wir mußten 
bei unserem Freunde so gut es ging unser Nachtlager aufschlagen, 
denn das Gesindel, unter der Anführung der Militärschüler, tobte 
naoch lange Zeit vor dem Hause, so daß wir nicht in unseren Gast⸗ 
hof gelangen konnten. Solche Zustände der öffentlichen Sicherheit 
verdienen wobl in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Vorfälle 
dieser Art sind gar nicht so selten, sie werden nur nicht bekannf, 
weil die Betroffenen fürchten, durch Veroöffentkichung derselben die 
Lage der Deutschen noch zu verschlimmern. Wir halten jedoch 
dafür, daß diesem Unwesen nur durch den Beistande der Presse 
gesteuert werden kann. Unsere Karten beifügend, verdleiben 
viren. s. w.“ J 
rPhiladelphia. Dem „Philadelphia Ledger“ zufolge 
ist eine neue StraßenLocomotive erfunden worden, die so compact 
ist, daß sie nicht mehr Raum einnimmt, als ein gewöhnlicher eiser— 
rer Stubenofen. Die Maschine consumirt ihren Rauch, setzt keinen 
Ruß an, behält keine Kohlenreste und arbeitet geräuschlos. Sie 
hat eine Kraft von 5 Pferden, und die Wagen, welche die gewöhn⸗ 
iche Dimensionen haben, können so bequem controlirt und ange⸗ 
dalten werden, als ob sie von Pferden gezogen würden. Die 
Fortbewegungskraft kann nach Belieben bis auf die Capacität einer 
Maschine von 25 Pierdekcaft vergrößert werden. 
VBermischtes. 
fSpeier, 13. Dez. In der gestrigen Abendsitzung hat 
der Landrath 800 fl. sür das nächste Zweibrücker Rennen bewilligt. 
xLudwigshafen, 9. Dez. Als gestern Nachmittag 
»er von Mannheim kommende Personenzug in den hiesigen Bahn- 
jof einlief, stieß derselbe in Folge falscher Weichenstellung auf einen 
Büterzug und beschädigte außer der Maschine 5 Wagen nicht un⸗ 
»edeutend. Glücklicherweise kamen die Passagiere mit dem blosen 
Schrecken davon. Der Weichenwärter, welcher die Schuld an 
ziesem Unfall trägt, warf schnell den ihm von der Eisenbahn Ge⸗ 
ellschaft gelieferten Mantel bei Seite, machte sich aus dem Staube 
und ist bis jetzt noch nicht zum Vorschein gekwmmen. 
f Am 6. dse. passirte von Rockenhausen aus die Alsenzbahn 
der erste Waggon Donnersberger Steinkohlen. Dieselben sind bei 
Marienthal am Fuße des Donnerbergs gegraben und sollen als 
Ofenkohle ausgezeichnet sein. Der Inhaber der bezüglichen Con— 
tession, Herr Dr. Eberts aus Berlin, will auf seinen Hüttenwer⸗ 
en im hessischen Odenwalde eingehende Versuche mit denselben 
85— insbesondere hinsichtlich ihrer Brauch barkeit als Schmie⸗ 
dekohle. 
F Das Kölner Carnevalsfest begeht im kommenden Car— 
iebal das Fest seines 50jährigen närrischen Bestehens in großar⸗ 
ioster Weise. Wie verlautet, hat sich in Berlin eine Gesellschaft 
Jehildet, die beschlossen hat, in corpore nach Koöln zu reisen und 
»as seltene Inbiläum mit verherrlichen zu helfen. Es sind hierzu 
»ereits 1000 Thaler gezeichnei. 
f Im ehemaligen Jesuitenkloster zu Straßburg hausen 
czt: 1) eine frequente Bierwirthschaft, 2) die Freimaurerloge und 
zfedas Carnebal⸗GComitet 
Muünchen, 6. Dez. Vazüglich der Fahrpreis-Ermäßig 
ing zur, Wiener- Weltausstellung ist von den südwestdeutschen Eisen- 
zahnverwaltungen nachträglich der endgültige Beschluß gefaßt wor—⸗ 
en, für geschlossene Extrazüge von mindestens 200 Personen 50 
)Ct. für einzelne Tonr⸗ und Retourbillete 40 pCt., Ermäßigung 
ür sämmtliche Wagenclassen zu gewähren. Die preufischen Staats 
. .FJ, X, Demezz, verantwortlicher Redacteur.