Full text: St. Ingberter Anzeiger

sern eine unzweideutige Widerlegung der —X Behaupiun⸗ 
gen enthalße 3 —— 
Berlin 21. Februar. Die Reichstagt⸗Abgeordneten aus 
der Pfalia sinda sammtlich seit der Eröffnungdes Reichtags hier 
anwesend. Die Abgtordneten Jordan, Buhl, Spath und Schmidi 
ind wieder der national⸗liberalen Partei ⸗ die Abgeord⸗ 
neten Dr. Groß und Dr. Zinn jedoch der deutschen Fortjschritts- 
partei. Die Gründe, welche die beiden leßtgenannten Herren hierzu 
eflimmte haben, find zwar' nicht ˖ bekamnt,⸗ jedbch durste man; nicht 
zeren wenn man annimmt / daß in den Wahlbe zirken⸗ derselben ein 
bezüglicher Wunsch ausgesprochen worden srin möchte. Im Großen 
und Ganzen werben Äübrigens die Pfalzer Abgeordneten gleichlau⸗ 
lende Voia abgeben, wenigstens in den wichtigeren Fragen, welche 
jn ·diejer Sejsion zue. Entscheidung Loammen. Das Eintreten der 
Pfalzer in zwei verschiedene Fraktionen hat auch im socialen Le⸗ 
den keinen Einfluß üben können, denn man sieht dieselben. sten 
im freundschaftlichsten Verkehr. Es befindet sich, übrigent ein 
siebenier Abgeordneter aus der Pfalz im Reichsrag. Es ist die⸗ 
zin gewisser Herx Geib aus dem Kanton . derselbe 
hrachte seine, Lehrjatzre in Meisenheim bei einem Kaufmann zu, 
E 
deihbiblioihel und wurde in Sachsengewählt. Er-ist eiwa 84 
Jahre alt, Schristführer des Arbeitervereins und Fe 
* Berlin, 23. Februar. Der Bundesrath hat die Bundes- 
zegierungen ersucht, bezüglich der Sonntagsacbeit der Frauen und 
Pinderjaͤhtigen. resp. des Schutzes gegen üdermäßigt Albeit in 
den Fabriken, baldigst Erhebungen pflegen zu lassen und deren 
Ergetnisse dem Reichskanzleramt mitzutheilen. Derlei Anordnungen 
gehen, dus guter Absiat herdor; wir wünschen unr, daß damit 
nicht, wie so oft in solchen Dingen, über das Ziel hinausceschofsen 
vird. Es ist ganz gewiß gut, daß gegen eine schädliche Ausben- 
dung der Arbeiter, namenisich der jungeren, Vorkehrung getroffen 
wird, aber es liegt die Gefahr nahe, daß, wenn man zu weit 
geht· in solche nHhumanen · Bestreben, — man⸗ die Leute-au einem 
Zerdienst hindert, der ihnen eben so nothwendig, als auch wohi 
ju gönnen wäre. D'ie diesbezüglichen Bestimmungen der deutschen 
Vewerbeordnung haben sich in dieser Beziehung. keineswegs ganz 
zutreffend erwiesen. hbtes F 
u Berdin, 24. Febr. Den Besuch des Kronprinzen von 
Danemark am hiesigen Hofe bezeichnet die Prov.Corr.“ als ein 
nenes Zeugniß der zwischen Dänemark und Deutschland bestehenden 
jreundschaftlichen Beziehungen. 
. Dasselbe Blatt bestätigt, daß der Aaiser seine altgewohnie 
Lebensweise in jseder Beziehung wieder aufgenommen hat und, in 
früherer. Weise an den Hoffestlichkeiten iIheilnimmt. , 
— Ein roͤmischer Korrespondent des Wiener , Volksfreundes“ 
Organ des Cardinals Rauscher) kommt auf eine alte, jetzt voll⸗ 
dändig bekannt gewordene Thatsache zurük. „Vor dem Ausbruch 
des furchtbaren Krieges 1870 (berichtet dieser Correspondent) hatte 
der Papst an beide Souveräͤne, Wilhelm and Napoleon, daͤterlche 
Briefe gerichtet, um das kurchtbare Blutbad zu verhindern. Die 
AUntwort des damaligen Köonigs, jetzt Kaisers Wilhelm ist bekannt 
und lautet friedlich: „Er sei bercit, die Waffen niederzulegen, falls 
es der Gegner auch thun wolle.“ Die Antwort Napoleons blieb 
aber immer ein Geheimniß. Wir sind jetzt ia der Lage, sie zu 
zeben: „Es sei zu spät, er habe schon die Haupistadt verlassen, 
um sich in das Lager zu begeben; obwohl die Feindfeligkeiten noch 
nicht angefangen, so könnte er doch nicht, ohne seine Wurde zu 
schädigen, zurüdtreten. 
Frankreich. 
Paris, 20. Febr. Auf dem Rivoli. Platzt wurde gestern 
ein Reiterstandbild der Jeanne d'Arc enthüllt.. 
Paris, 24. Februar. Thiers spricht sich in einem Scarei⸗ 
den an Lepetit, einen Candidaten der gemäßigten Republikaner, 
für die conserdative Republik aus, „welche der Billigleit und Ver- 
söhnlichkeit Rechnung trägt.“ Das sei seine durch die letzte 
Zreijahrige Erfahrung unumsßößlich gewordene Ueberzeugung. Jeden 
anderen Ausfall der Wahlen dält Thiers für die Wohlfabri des 
Landes gefährlich. P 
Paris, 24. Febr. Der Monsieur Teutsch aus Zabern ist 
helanntlich ein Busenfreund bes saubern Herrn Edmond About; 
es ist daher mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen, daß ein „rief 
zus Berlin,“ den heuie das Aboul'sche Blatt „Le XIX. Siecle“ 
derdffentlicht, den Helden des Reichstages“ zum Verjasser hat. 
Finige Stellen aus diesem Briefe mögen daher zur Charakterisirung 
dieses franzöͤsischen Patrioten dienen: ...Schon auf dem 
Wege —F Tribüne war Herr Teuisch echt preußischen Rotomon⸗ 
aden dusgesetzt; ich wurde unter anderen bei dem Andlidce eines 
Derrn detroffen, der ihn am Fuße der Tribüne erwartete, und der, 
idn frech ansehend und seinen Schnurrbart streichelnd, sagte: „Nur 
vor Allem, mein Herr, keine Frechheit.“ Es war das ein Vor- 
geschmack don der Aufnahme, die feine Rede finden würde. Herr 
Teuisch ließ fich indessen nicht einschüchterr, und doch«war wohl 
vrund dazu⸗ vorhanden, denn die laͤrmendsten ——— NRo. 
ionalversammlung von Versailles; denen ich beigewohnt habe 
varen nicht & ftuͤrmisch alt diese Reichstagesitzung.A Es rechnete 
von allen Seiten deßs Hauseß Unterbrechungen, es kreusten siq 
ardonisches Gelächter“ und brutale und grobe Intkerpellationen. 
Inmitten des Tumulls hoͤrte man die schmetternde Stimme der 
dedners. Als er in seiner Redo zu der Stelle gelangte, „Deuisch⸗ 
and hat die Rechte einer cibilisirlen Ratien überschritien, k Arzeichtz 
er Skandal den Höhepunkt. Zehm Krupp'sche Kanonen, auf ein 
nal donnernd, sind nichtss im Vergleich zu dem Wuthgeschrti, 
velches in diesem Augenblk— ausbrach. Sie kennen die schöne 
dede, ebenso energisch als gemäßigt, alle Journalt detet dieselbe 
eröffentlicht, ich werde mich deßhalb dabei nicht meht dufhalten 
Iber ich muß Ihnen wenigstens sagen, daß die Rede hier eine un 
eheure Sensation hervorgerufen hat. Alle, Welt bespricht und 
ommenlirt sie. Die Erklärung deß Bischofs Räß hat wohl einen 
lugenblick eine kLleine Didersion gemacht; abet es war bald damu 
ordei. Niemand tauscht sich hier über die wahren Gehnnungeh 
xẽIlsaß⸗Lothringens .. Man weiß hier, daß der Bischof amn 
Tage vor der Sißung bei dem Fürsten Bismordgespeift hat; das 
x darauf von dem Kaiser Wilhelm empfangen worden ist daß 
nan ihm überall alle möglichen Apancen gemacht hat daß 
nan ihm versprochen hat Alles, was er nur wüͤnschen DWnnte, un 
eine Thürme, seine Sakristeien auszubefsern, um Kirchenbilder pu 
aufen, Kapellen zu bauen u. s. we“ Dieser Auszug wird gend⸗ 
zen, um den Erwählten von Zabern jin seiner ganzen Groöͤße pu 
eigen: Herr Sonnemann hat wirllich alle Ursache, stolz auf einen 
olchin Verbundeten zu sein. Der Bürger Teutsch wird, wie die 
Jiesigen elsässischen. Patrioten bereits erzählen,, in nachster Zei 
rach Paris kommen, um „in gebührender Weise“ gefeiert zu werden. 
»offentlich werden die parlamentarischen Arbeiten den Bürgu 
zonnemann dana nicht abhalten, dieser patriotischen Feiers dei- 
uwohnen, ju welcher er unstreitig eine Einladung erhalten wird. 
N. Irkf. Pr.) 
Die „Preffe“ sagt, daß man in mehreren parlamentarischen 
Zruppen beschlossen habe, das Ministerium darum —D— 
es eine Konstitution einreiche, die kurz und bündig die Gewalten 
des Marschalls feststelle und abgrenze. Man hoffer dadurch dem 
dandel neues Vertrauen einzufldhen und der Unsicherheit ein Ziel 
su stecken, damit das Land doch endliqh der ihm so nothwendigen 
Ruhe theilhaftig werden könne. 
Paris, 24. Februar. Die Etatistik der Todesfälle in 
Paris gibt für das Jahr 1873 die Zahl von 47,749 an; das 
zibt eine Durchschnittszahl von 131 äglich. Gegen das Jahr 
subor ist das eine Vermehrung um 6180 Todesfaͤlle, hingegen 
zegen eine beträchtliche Berminderung gegen die Jahre 1870 und 
1871. Im Jatr 1870 war die Totalsumme der in Parie 
gestotbenen 70,375 und im Jahre 1871 sogar 74,795. Vergleicht 
nan die Zahl von 1873 mit der von 1869, so ergibt fich ein 
Anterschied von elwa 900 zu Gunsien des leßleren Jahres; da— 
nals war aber die Vevölkerung stärker als jetzt, so daß man 
chließen muß, daß die Sterblichkeit ansehnlich zunimmt. Schlechte 
ind gefälschte Nahrungsmittel, welche die arbeitende Klasse ver 
jehrt, moͤgen die hauptsächlichste Ursache davon sein. Das Elend 
rägt auch viel dazu bei. Während des verlaufenen Jahres sind 
in der Morgue und in den Hospitälern 4171 Leichen nicht rella 
nirt worden. Die Selbstmorde nehmen in bedenklicher Weise zu, 
o sehr, daß der Polizeipraäfect geglaubt hat, die Veröffentlichung 
er Polizeiberichte über diesen Gegenstand den Berichterstattern der 
Zeitungen, welche ihre Vermischten Rachrichten auf der Polizei 
solen, zu verbieten. Das Publikum soll nicht erfahren, wie schlimm 
6 damit steht, indessen wird in der Sache selbst damit nichts 
gebessett. 3 —— — J 
Paris, 25. Februat. Dem Vernehmen nach soll im 
zächsten Jahre eine internasionale Ausstellung von Erzeugnissen 
zet Kunst und Industrie hier ftatifinden.. 571.. 
Enaland. 
London, 2b. Februat mHour bespricht den Brief des 
daisers Wilhelm an Carl Russell und bezeichnet das Schreiben 
ls pon gleicher Bedeutung. wie der Brief des Kaisers an den 
Papft. Die einfachen Dankesworte kennzeichneten die Sitnation 
ind bewiesen, wit mit starsen und sympathischen Banden die beiden 
sdationen in der Vetampfung der min der Unabhängiqbkeit de⸗ 
„taates und der Civilisation unbereinbaxen Ansprüche des Vati⸗ 
ans verbunden seien. Der Brief des Kaisers zeige der, Welt, daß 
)eutschland im Wesentlichen Englande Kampf vor 300 Jabhren 
ampfe. 
WWermisbchotesß 
FKaiserslautern, 26. Februar. In der gestrigen Sißzung 
des k. Bezirksgerichts wurde der Maurer A. Bed von Einselihum 
der Majeftätsbeleidigung des deutschen Kaisers für überführt erklärt