Full text: St. Ingberter Anzeiger

allen ehrlichen Leuien zu regieren, und nicht mehr darauf Acht zu 
haben, ob sie Republikaner seien oder nicht. So viel isl sicher, 
daß fast alle Nachwahlen zur Nationalversammlung in letzter Zeit 
cepublikanisch eusgefallen sind, und wenn es noch einige Zeit so 
fortgeht, »so mird die Mebrheit, welche die Rechtenzur Zeit-hat, 
durch die neu eintretenden Deputirten allmählich auf die Linke 
übergehen. Die Legilimisten, wenigstens der rechte Flügel derselben, 
nmöchlen diesem Umschwung durch Proclamirung des Königthums 
‚zuvorkommen; aber dazu will Macçc Mahon die Hand nicht bieten; 
ꝛr'nimmt feine siebenjährige Amtsgewalt sehr ernst, und das mit 
Recht, denn das Provisorium, welches sie bedeutet, ist zur Zeit 
doch in Frankceich die einzig mögliche Regierungsform. So treiben 
hn deun am Ende die Legitimisten durch ihr unzeitiges Drängen 
wider seinen Willen dahin, den Republikanern sih mehr zu nähern. 
Ihm ist's im eigenen Interesse wie im wahren Interesse des 
dandes darum zu thun, daß seine Amtsgewalt unverkürzt bleibt, 
und wenn ein Theilder Rechten ihm seine Unterstützung nicht 
mehr gewähren will, muß er danach trachten, auf der Linken dafür 
Ersatz zu gewinnen; Uebrigens ist die oben erwähnte Aeußerung 
Mac Mahon's vorderband wahrscheinlich nur als Schrechschuß für 
die Stodlegitimisten aufzufassen, die dadurch vitlleicht noch zur Bi⸗ 
innung kommen, ehz es zu spät ist. p 
Der erst kürzlich zum Kardiral ernanrte Erzhischof von Cam- 
brah Msge. Régnier ist im Vaätikan eingetroffen und hat dem 
Papste 250,000 Francs Peferpfennrge überbracht. Auch der 
Bischof von Versuilles ist nicht mit leeren Händen gekommen, 
sondern hat auch seinerseits dem heiligen Vater 60,000 Franks 
von den Pfarrkindern seiner Diöcese zum Geschenk gemacht. . 
Heinrich V. ist noch immer Heinrich V. und voll von Zuver; 
icht auf den Sieg seiner Sache. Das lehrt ein Schreiben vom 
Sekretär des Prätendenten an „die royalistischen Frommen der 
Dauphine,“ das die „Union“ veröffentlicht. In diesem Schreiben 
erklärt der Sekretär des Grafen Chambrod: „Vergebens yaben die 
politischen Leidenschaften die. Verwirklichung seines glühendsten 
Ehrgeizes aufzuschieben gesucht, des Ehrgeizes, sich dem Dienst und 
Ruhme seines Landes zu widmen.“ Zugleich läßt der Prätendent 
betheuern, daß er bloß zum Heile Frankreichs den Thron herstellen 
und daß er „diese edle Aufgabe mit Goites Hülfe uod dem Bei⸗— 
stande hochherziger Freunde ausführen werde.“ Die „Corresp. 
Havas“ berichtet: Man streitet sich hier darum, ob die von der 
Rebupblique Francaise“ gebrachte Nachticht von der Anwesenheit 
des Grafen von Chambrod in Bersailles wahr oder unwahr ist. 
In gewähnlich gut unterrichteten Kreisen behauptet man, er wäre 
nicht bei Herrn de la Rochette abgestiegen, aber auch sicher ist es 
viederum, daß er in Versailles von Leuten gesehen wurde, die sich 
zicht in der Art täuschen konnten, irgend Jemand mit 'ihm zu ver⸗ 
vechseln. Die Ankunft des Grafen wird solglich als ganz sicher 
ungenommen und man führt die Gründe an, die ihn bestimmen, 
ich so plötzlich in Fraukreich zu zeigen. Der Graf, täglich genau 
davon unterrichtet, was seine Freunde sagten und thaten, sieht seine 
Partei auseinanderfallen und theilweise ins Lager des Septenniums 
ibergehen. Er ist gekommen, seine Getreuen zu ermuthigen, die 
Schwankenden zu kräftigen und alle Kräfte zu vereinigen, deren er 
zei der letzten Anstrengung zur Wiederherstellung, seines Thrones 
bei Beginn der Sitzungen der National-Versammlung bedatf.“ Von 
auderer Seite wird mit derselden Bestimmtheit der Angabe von 
Thambord's Anwesenheitin Paris widersprochen. . 
Spanien.— F 
Madrid, 29. April. Serrano meldet telegröphisch: Die 
Feindseligkeiten haben wieder begonnen. General Concha nahm 
die Positionen von Muneces, Serrano verschiedene andere, um 
zie Bewegung zu unterstützen. Das Feuer wurde bei Anbruch 
der Nacht eingeßellt, jeute Morgen son es wieder gufgenommen 
verden. 
Aus Madrid wird der „N. fr. Pr.“ geschrieben Serrano 
hat Herrn v. Brandeis, den tapfeten ehemaligen Badenser Offizier 
endlich zum Offizier der spanischen Armee ernanut. Der junge 
Held — im vollen Sinne des Wortes — erfreut sich, wie wir 
uns überzeugt haben, der ungetheilten Anerkennung und der herz⸗ 
üchsten Sympathien feiner neuen Kameraden, die ihm eine beden⸗ 
»ende Carrieère voraussagen, wenn — seine Bravour wie bigher, 
von frappantem Etrfolge begleitet sein wird. Einem Gerüchte zu⸗ 
folge wird es zwischen Brandeis und dem carlistischen Correspon⸗ 
denten der „Kölnischen Ztg., d. Wedell, zu einem Duell kommen, 
wozu eine scharfe Coreespondenz zwischen Beiden den Anlaß ge⸗ 
geben hat. 
Barcelona, 29. April. Die Carlistenanführer Pradis 
uind Flix drangen mit 1500 Mann in Alforja (Prov. Tatragona) 
urch Verrath ein und erschossen den Alcalden und 26 Freiwillige. 
der Generaicabitäa befahl deßhalb alle aus Alsorja gebürtige, 
nit den Waffen in det Hand gefangenen Carlisten ebenfalls zu 
etschießen. Prinz Alphors, Bruder des Don Carlos, befindet sis 
in Catalon?en. * 
n Irtalien. —X 
»In Parma haben am 19. und 20. ds. Mis. wegen der 
krhöhuug der Marktpreise Unruhen stattgefunden, welche zum Ein⸗ h. 
chreiten det bewaffneten Macht nöthigten. Die Truppen bejetzten ge 
ie Brücken, das Stadthaus u. s. w. und nahmen derschiedene 
Berhaftungen vor. 
Eungland. 
WLondon, 27. April. Wie der „Hour“ wissen will, würd — 
Brinz Alphons, der Sohn der ExsKönigin JIsabella voh 
Spanien, demnächst seinen Wohnsitz in England nehnmen, da er glei. 
»em Sohne. Rupol-ons IIl. die Artillerieschule zu Woolwich, 
desnchen beabfichtigt. 
jFr 
Vermischtes. 
f In Wolfstein wird das Rindfleisch zu 12 kr. pet hin 
—S Schweinefleisch zu 18 kr.. das Kalbfleisch zu 22 64 
erlaufte * 
Landstuhl, 29. April. Das seit 6 Tagen vermißle g 
3124 jährige Kind von Ph, Beceer hier wurde gerade dessen Woh 
zung gegenüber heutle zufälig durch einen Steinhauer in dem 
Bfuhlloch entdeckt. In der Nähe dieses Platzes war auch da 
dind zuletzt gesehen worden. (Pf. 3.) * 
7 Dürkheim, 29. April. In der bergangenen kalten 
Racht (f 10R.) sind in verichiedenen Lagen unserer Gemarkung, 
die Rebspröslinge erfroren. Gleiche Kunde kommt aus endt 
und Friedelsheim. . 
Dieser Tage — jedenfalls zur Nachtzeit — wurden in] 
Dürkheim dem Bürger Georg Farny in zwei Wingerten, auf dem“ 
Meß und im Schlamberg von ruchloser Hand fast Stock für Stod 
die Augen an den Wingerisstöcken abgecissen. Es hat den Anschein, 
daß die That von mehreren Perssnlichkeiten verüht wurde. Der 6 
Schaden wird auf 2—300 fl. geschätzt. 
7 Serüchtweise verlautet, daß ein Marn von Matterstadr 
zjüngst zum Notar ging, um vertragemäüßig sein achtjähriges Kind 
um die Summe von vierhundert Gulden einem Seiltänzer abzutre⸗ 
len. Vom Notar hierüber zurecht- und abgewiesen, soll derselbe 
die Abtretung durch einen Privatvertrag stipulirt haben. 
7 Auch aus Neustadt hören wir, daß dort die Weinreben 
ind Obstbäume in der Nacht vom 28. auf 29. April gelitten 
jaben; doch läßt fich die Größe des angerichteten Schadens noch 
nicht ermefsen. In den tiefer gelegenen Gegenden hat der Frost 
nehr Schaden gethan, als in den höher gelegenen; so kommen 
J. B. von Dürkheim traurige Berichte. 
7 Die ‚„Neust. Ztg.“ schreibt: Auch die ketzte Nacht hat mit 
hrem Frofte wieder argen Schaden in den Weinbergen angerichtet, 
mehr noch, als die vorhergehende. Namentlich in den Niederungen 
von Winzingen bis Lachen hin soll die Vervüstung groß sein, wäh—⸗ 
rend die Haaͤrdtweinberge weniger gelitten haben. Noch läßt sich 
der Gesammtjschaden nicht genau fixiren. Soviel ist aber sicher, 
daß ein Theil der Winzerhoff—ungen auch für dieses Jahr wieder 
nernichtet ist. 
—7 Speier, 30. April. Gestern ist Herr Einnehmer Sturm, 
der noch vor wenigen Monaten das seltene Glück hatie, stin 
joldenes Hochzeilsfest zu seiern, in dem Alter von 82 Jahren 
and 3. Monaten mit Tod abgegangen. 
7 Landau, 28. April. (Kaij. Zig.) Die Volksbanl Landan 
zat im verflossenen Jahre troß der Unganst der Gelde und Kredit⸗ 
erhältnisse dennoch in allen Zweigen ihres Geschäfts eine erfreu⸗ 
iche Entwick-lung aufzuweisen. Die Jahl ihrer Mitglieder betrug 
ẽnde 1878 761 mit 357,131 fl. 48 le. Stammantheilen, den 
steservefonds 20,875 fl. 41tr., der Reingewinn 17,133 fl. 809 tr. 
Berluste hat der Verein 3471 fl. 2ukr., und zwar durch Minder⸗ 
verth au Effecten. — Die Mitglider erhalten pro 1873 eine 
Dividende von 42 00 wobei jedoch zu bemerken ist, daß die Volli⸗ 
zank ihren Mit liedern während der garzen abgelaufenen Geschäftb⸗ 
yeriode nur 5 00 Zinsen berechnet hat, obgleich der Zinsfuß an 
»en maßgebenden Börsenplätzen oft 6 und 7 660 betrug, und 
jierdurch dos genossenschaftliche Prinzip, welches nicht in der Ber⸗ 
heilung hoher Dividenden, sonden darin befleht, den Mitgliedern 
nöglichst billig Geld zu verschaffen, vollständig gewahrt hat. 
7rMannheim. Wie das „Mannh. Journ.“ erfährt, 
vird der Großherzog den Pferderennen (am 8. und 4. Mai) 
inw ohnen. 
tHeidelburg, 26. April. Die Meg etangele⸗ 
zeheit wird immer interessanter. Da deon Seiten der Stadt 
wei oͤffentliche Fleischbänle errichtet wurden, spricht einer der be⸗ 
Aeutenderen hiesigen Meßger gestern im Anzeiger feinen Geewerbs⸗ 
Jenossen gegenüber die Erwartung aus, daß sie in Zukunft solch en 
kinwohnern, welche von den auswärtigen Meßgern ihren Bedarf 
inehmen, im Falle der Noth nichts mehr verkaufen würden. 
Kan ist begierig, welche weiteten Schritite die Volizei uatern ebmen