Full text: St. Ingberter Anzeiger

Vermischtes 
Speyer, 21. Mai. Der k. Regierungspräsident, Herr 
Staaibrath v. Braun, hat sich heute zu einem mehrwöchent— 
tichen Curgebrauche nach Kisfsingen begeben. 
fNeustadt, 18. Mai. Der Ausschuß des Distrikts 
raths hat am vergangenen Samstag auf Antrag des Herrn Be— 
sirlsamismanus Siedert beschlossen, daß er sich. mit 15 pGt. der 
direkten Steuern an der Errichtung eines humanistischen Gymna⸗ 
dums dahier detheiligen möge. — Unser Mitbürger Herr J. F. 
Bienand hat für das zu gründende Gymnasium vorläufig die be⸗ 
deutende Summe von 58000 fsl. gezeichnet. 
Neunkirchen, 20. Mai. (S. u. Bl.⸗Zta.) Heute Abend 
zreignete sich hier ein gräßlicher Unfall. Das 2143 Jahre alte 
Tdchterchen des im Hundshofe wohnenden Bergmannes Math. 
Petrh wurde von einer Steinfuhre auf dem Marklplate in Gegen⸗ 
vart des Vaters so unglücklich überfahren, daß der Tod desselben 
ofort erfolgte und das Gehirn auf der Straße lag. Den Fuhr- 
nanu soll, soweit bis jeht constatirt, leine Schuld treffen. Die 
zetr. Eltern verloren schon vor drei Jahren ein Kind in Folge 
Verbrennens durch heißes Wasser. 
pFriesenheim (beil Ludwigshafen, 18. Mai. Heut⸗ 
Nachmittag zwischen 2 und 8 Uhr schlug der Tagner Michae 
Stähler von Friedelsheim dem hiesigen Tagner Valentin Grison. 
inem braven stillen Manne, der ihm wegen langen Ausbleiben? 
zei der Arbeit einen Verweis gab, mit einem Dreschflegel derar 
auf den Kopf, daß um 7 Uhr des Abends der Todt erfolgte 
Der Thater ist verhaftet. 
F Vor einigen Tagen haben Offiziere des bayerischen und 
zreußischen Generalstabs die bei Germersheim zu erbauende Eisen— 
zahnbrücke abgestedt. Die Bahn, welche Bruchsal mit Germersheim 
dexbindet, geht oberhalb der jezigen Schiffbrücke über den Rhein 
Die Schiffbrücke soll bestehen bleiben. 
München, 15. Mai. Gestern versammellen sich die Pro⸗ 
jessoren der Universitäͤt und andere Freunde der Jubilare, darunter 
auch der Hert Staatsminister v. Luß, im Café National zur 
Feier der Doklor⸗ und Dienstjubiläen der Herren b. Döllinger, Ko— 
vell und Rothmund. Der derzeitige Rektor gedachte zuerst Sr. 
Maj, unsers Königs, dessen Name in der Geschichte Deuischlands 
invergänglich fortleben werde. Hierauf brachte Rektor von Pland 
den Jubaren die Gratulation und den Dank der Universität dar. 
Staatsminister von Lutz knüpfte daran einen Trinkspruch auf die 
Aniversitär München. In geistvoller Rede charakterisirte hierauf 
Doͤslinger die drei Perioden der Universität München von 1826 
an unv erklärte sich, in launiger Weise an Nestor erinnern, ver 
zrei Alter der Menschen erlebte, im Gegensatz zu diesem nicht alt 
nen laudator temporis acti, soncern als einen Lobpreiser des 
zegenwärtigen Standes der Universfität München, die in ihren 
dehrern einen geistigen Misttkrolotmus vonDeuischland darstelle, in 
einirächtiger Geistesarbeit die Wissenschaft fordere und wo nicht 
vie früher und anderswo, eine Fakultat die andere beherriche. Mit 
vitzigen Worten danlten sodann die Herren v. Rothmund und 
Nobell, der Letztere dabei an sein sinniges Gedicht „die alte Uhr“ 
inknüpfend. Am Schlusse des gehobenen Feftes überreichte Hofrath 
jon Hanfstengel dem Stiftsprobst d. Doͤllin zer das erste Exeuplar 
der Photographie von Kaulbach's letztem Bilde „der deutsche Mi- 
hel.“ Naulbach hatte dasselbe, wie er selbst sagle, im Hinblick anf 
vie letzten Kämpfe Döllinger's gemalt. 
f Maini, 17. Mai. Mit einer Munificenz, die das An 
denken des verewigten Commerzienrathes Herrn Franz Schott fin 
alle Zeiten begründel, hat derselbe im seinem Testament seine Va⸗ 
erstadt bedacht. Er hat seine vier auf der Gau⸗ und kleinen 
Weißgasse belegenen Häuser, deren Gesammtwerth sich auf über 
200,000 fl. beziffern dürfte, der Stadt vermacht; ebenso 
ein Capital von circa 60,000 fl., welches entweder zur Errichtung 
einer Musikschule in unserer Stadt oder zur Schaffung eiaer 
tändigen Capellmeisterstelle verwendet werden soll. 
f Weissenburg, 10. Mai. Küuftigen Pfingstwontag, 
den. 25. Mai, wird das herkömmliche Weissenburg- Schleithaler 
Pferderennen staltfinden. 
Darmstadi, 17. Mai. Ein in'seressanter Prozeß schwebt 
zegenwärtig, wie die „Hess. Vbl.“ berichten an einem hessischen 
Landgericht: Ein Handelsmann machte einem Bauer die Offerte, 
hm 20 Maltier Frucht zu verkaufen. Für das erste Malter brauche 
er ihm blos 1 Heller zu bezahlen, das zweite 4 Heller, für das 
dritte 8 Heller, für das vierte 16 Heller und so für jedes folgen⸗ 
de Malter die doppelte Anzahl von Heller wie das vordergehende. 
Der Bauer rechnete sich den Vetrag tasch bis zum zehnten Malter 
aus und glausste Wunder ein wie autes Geschäft zu machen, wenn 
er rasch den Handel vor Zeugen abschloß. Wie erstaunte aber der 
Mann, als man die Kreide herbeiholte, um den Preis auszurechnen 
als sich bein Verdoppeln immer groͤßere Ziffer präsentirten. Schon 
heint 16 Malter das er wit 36.,768 Heller bezahlen sollte, wurde 
dem Manne sehr schwül, die Haare sträubten sih ihm aber de 
zen nun folgenden Ziffern zu Berge, denn für das 20. Malten 
sollte er 580,288 Heller zahlen. Sämmtliche Zahlen addirt, ergeber 
die Summe von 1,160,575 Heller — 483681/20 Gulden. Natürlid 
veigerte sich der Landmanu nun diese horrende Summe zu zahlen 
der Handelsmann besteht aber auf seinem Schein und schwebt di— 
Bache, wie gesagt, jetzt am Gericht. 
fLeipzig, 17. Mai. (Aus der Rechtsprechung des Reichs. 
Oberhandelsgerichts. In einem Wechsel war das Blanca-Accepl 
perändert worden, indem vor 350 Thlr. noch eige 83 jeseßzt war, 
so daß das Accept auf 3350 Thlr. lautete. Die Veränderung 
var sehr künftlich ausgeführt und es fragte sich, ob der gut läu— 
dige Indossator die Echt eit, oder der Acceptant die Falschheif zu er— 
weisen habe. Der Gerichtshof entschied fich für das Lezztere, weil 
nach preußischem Rechte nur ein äußerlich ganz tadelloser Wechsel 
die Vermuthung der Echtheit seines Inhaltes auch nach Auerkennt 
niß der Unterschrift für sich habe. Uebrigens liegt in diesem Falle 
vieder eine Warnung, die Summen mit Worten — nicht mit 
Zahlen — und so zu schreiben, daß nichts zugesetzt werden kann. 
F(Graufsiges Gepaäck.) Als vor einigen Tagen der 
Abendzug der Moskau⸗Brester Bahn in Moskau angelangt war, 
zegab sich einer der Passagiere in die Bagage-Abtheilung, um sein 
Bepäck in Empfang zu nehmen. Nachdem er einen anscheinend sehr 
schweren Reisksack von großem Umfange erhalten, übergab er ihn 
aß der Ausgangsthür einem Eisenbahnwärter, um ein Fuhrwerf 
zu miethen. Der Wärter hülete den Sack, der Passagier zeigte 
ich nicht wieder. Am zweiten Tage wurde der Sack von dem 
Vorstand der Eisenbahn gebffnet, weil er übeln Geruch verbreitete, 
und man fand den verunstalteten Leichnam eines jungen Frauen— 
simmers in demselben. Augenscheinlich liegt hier ein Verbrecher 
dor, doch fehlt darüber jeder weitere Anhalt. 
4 (3000 Franks Belohnung.) Am 21. d. M. ifl 
ein reconmandirter Brief von Paris nach Leipzig wahrend der Be— 
oͤrderung von Mez nach Leipzig abhanden gekommen. Der In— 
jalt des Briefes bestand in 140 Karat geschliffener Brillianten 
n der Größe von durchschnittlich U16 — *4 Karat das Slück, zum 
desammtwerth von 8000 Thlr. oder 30,000 Fres. Der Absen⸗ 
zer hat die Bewilligung obiger Prämie auf die Wiedererlangung der 
Brillianten in Aussicht gestellt. 
F InL yon herrscht seit einiger Zeit der Thphus. Man 
hal zwei interessante Bemerkungen gemacht. Das Viertel, wo dit 
Basbereitungsanstalt fich befindet bleibt verschont, und das Heil— 
»erfahren Dr. Brands in Stettin bewährt sich. Der Lyoner Arzt, 
Dr. Glenard, hal es aus seiner Kriegsgefangenschaft in Stettin 
zurückgebracht. 
FGersuchter Selbstmord eines Lords.) Von 
der Westminister-Brücke stürtzte sich am 8. d. Morgens ein elegant 
zekleideter Herr in die Themse, in dem man, nachdem er vom Er— 
rinken gerettet worden, Lord James Murray, Onkel des gegen— 
värtigen Herzogs von Athole, erkannte. Lebensüberdruß, herbei— 
zeführt vurch anhaltende Kräaklichkeit sett dem Krimkriege, den er 
als Oderstlieut nant in der schottischen Füsiliergarde mitgemacht, 
hatte ihn zu diesem Schritte verleitet. 
F Die folgende Sah⸗Anekdote, schreibt die 
„N. Börs. Zig.,“ welche bisher nur in klein;m Kreise bekannt war, 
oedient, so verspätet sie ist, noch nacherzählt zu werden, weil fie 
rin Zeugniß abgelegt von der ritterlichen Gastfreundlichkeit und 
iebenswürdigen Gutmüthigkeit unseres Kaisers. Da bereits au 
Petersburg einige der sonderbaren Lebensgewohnheiten des Schah 
hier anrüchig geworden waren, machte der Geh. Rath Bork dem 
Kaiser den Vorschlag, die prächtigen Gardinen und Teppiche der 
sür die persische Majestät bestimmten Appartements durch weniger 
verthvolle Stoffe zu ersetzen. Der Kaiser verbot dies jedoch viva 
oce, indem er entgegnete: ‚Lassen Sie's nur gut sein, lieber 
Bork, wenn ich einmal nach Versien konmme, kann ich mich re⸗ 
janchiren“ 
4 
FHufbeschläge von Hartgummi. Derjebe ge—⸗ 
ört unstreitg zu denjenigen Materialien, die in der neuesten Zeit 
n der Industrie die ausgedebnteste Verwendung gefunden haben; 
a sogar das Eisen wird in vielen Fällen durch denselben zu er- 
etzen gesucht, wie z. B. hier beim Beschlagen der Pferde. 
Die Vortheile dieser neuen Beschläge beftehen besonders da⸗ 
rin, daß sich bei jedem Tritte in gleichem Maße wie die Hufe selbst 
nusdehnen, wodurch jedenfalls für die Zukunft eine große Zahl 
dufkrankheiten vermieden werden dürfte, ferner darin, daß sie 
außerordentlich leicht, sehr lange halten und zur Vefestigung kleiner 
Nägel bedürfen, also eine vollssändige Schonung der Hornwand ge⸗ 
tatten. Wo es wünschenswerth ist, kann das Festwachen natürlich 
auch mittelst Nägel erfolgen; im andern Falle findet es in der 
Weise statt, daß man die Hufeisen warm macht, dem Hufe an⸗ 
paßt und den zu diesen Zwecke an eisteren befindlichen Rand über 
die Hufkante umbieat. Fin Schärfen im Winfer soll gar nicht