Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
der St. Ingberter Anzeigee (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗ Donnerstags⸗ und Sonntag 
dummer erscheint wochentlich vie rmal: Dinsta g, Donnerstag, Samstag und Sonn tag. Abonnementspreis vierteljährig 2 Krzr. oder 
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 4 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. 
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M IIO9. Dienstag, den 28. Juli. 1874. 
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Zur die Monate Zugust und September wer—⸗ 
den Abonnements auf den Sit. Ingberter Au ze i⸗ 
ger von allen Postanstalten, hier in der Expedition und 
von den Trägern, zu dem Vreise von 28 Arzr. angenomuien. 
VReutsches Reich. 
Karlsruhe, 25. Juli. Die deutsche Kaiserin ist heute 
zuf der Insel Mainau eirgetroffen. — In dem heute erschienenen 
Hesetze und Verordnungsblatt ist die landesherrliche Verordnung, 
ie Einführung der Reichsmarkrechnung für den Verkehr bei den 
gffentlichen Kassen und für den algemeinen Verkehr des Groß 
herzogthums vom J. Januar 1873 an betr zur Veröffentlichung 
jebracht worden. Der Umrechnungsfuß ist fl. 7 für 12 Mark, 
in Gulden ist gleich 171 Pfennigen. 
Metz, 24. Juli. Drei Mann von den hier garnisonirenden 
zaierischen Truppen (darunter zvei Lothringer) weiche am Dien⸗ 
tag Abend desertirt waren und die französische Grenze zu gewin 
gen suchten, trafen arn Mittwoch — bei Gorze mit einem Gendar 
men zusammen, der sie festzuhalten versuchte. Sie fielen jedoch 
uͤber deuselben her und mißhandelten ihun dermaßen, daß an seinem 
Auflommen gezweifelt wird. Die Deserteure haben sich fodann 
über die nahe Grenze geflüchtet. — Aus Frankreich langen fort⸗ 
während Deserteure hier an; erst gestern meldete — 
Zeitungen Zauolge⸗ein. aus Verdun davongegangener Soldat vom 
24. franzoͤsischen Linien Regiment. 
Berlin, 25. Juli. Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ bespricht 
die Unterstützung der Tarlisten Seitens Frankreichs und erinnert 
daran, daß im Jahre 1870 Frankreich wegen der nicht vorhan⸗- 
denen, nur vermeintlichen Einmischung Preußens in spanische An⸗ 
Jelegenheiten den Krieg begann. Vasselbe Blat vernimmt, das 
dei der Jusel Wight staltionirende deutscht Geschwader werde 
ie Bestimmung erhalten, einige Zeit an der span'schen Nordküste 
u kreuzen. 
Berlin, 25. Juli. Die „Bank- und Handelsztg.“ mel⸗ 
et: Dem deutschen Delegirten für den Br üsseler Congreß General 
Voigts-Rhetz wurden ein bayerischer General, ein sächsischer 
Rajor und Prof. Bluntschli aus Heidelberg zur Assistenz beige 
jeben. Der General v. Voigts⸗Rhetz reist morgen nach Brüssel ab 
Dortmund, 23. Juli Heute wurde auf Antrag des Staats— 
mwalts die Schließung der socialdemokratischen Vereine von 
dortmund und Hörde auf Grund des Vereinsgesetzes ausgespro⸗ 
den. (Fr. J.) 
Frankreich. 
Paris, 24, Juli. Zwei große technische Projecte nähern 
der Ausführnng, die im Grunde mehr Theilnahme verdienen, 
das Gezänk in Versailles. Das eine ist der Tunnel unter 
ꝛem Canal. In England wie in Frankreich sind die Gefellschaf— 
en bereits corstituirt, welche die Vorarbeiten in die Hand nehmen, 
ind sie haben von dieser Seite bereits die nöthigen Concessionen. 
die Vorbersuche sollen EIsbald beginnen, und man glaubt, daß 
e in einem Jahre beendigt werden können. Fallen sie günstig 
us, so soll sofort ans Werl geschritten werden und der Tunng 
metwa 5 Jahren fertig sein. Das andete ist die Schaffung 
nes großen Binnensee's in Algerien. Das Gebirt, auf dem sich, 
sogenannten „Schotts“, sumpfige, bittere Salzsee'n befinden 
idet eine große Depression von ds Mälem Länge und 12 Mei— 
en Breite, welche 20 —40 Meter unter der Oberfläche des Mit⸗ 
ländischen Meeres liegt. In früheren Zeiten, bis gegen Christi 
Behurt, war diese Verliefung ein Busen des Mittelmeeres; all- 
mählich aber wurde die Communication des Bodeng mit die sem 
interbrochen, indem der Eingang sich hob und versandete. Dann 
otnete das somit abgeschlossene Binnenwasser aus und die 
Sqotts bilden die letzten Reste desselben. Miitels eines Durch— 
bs von 16—217 Kilomeler Wege könnte man das erste Schott 
neder mit dem Mittelländifchen Meere in Verbindung setzen, also 
ganze Seegebiet wieder überschwemmen. ein untern hmen 
welches vermuthlich für Klima, Ackerbau und Verkehr im Innern 
Algeriens von den heilsamsten Folgen sein würde. 
Paris, 25. Juli. Eine Depesche von carlistischer Seite 
aus Bayonne meldet, daß 12 neue Geschütze und 200 Kisten mit 
Munition für die Carlisten gausgeschifft worden sind. 
Spanien. 
.Madrid, 26. Juli. Gerüchtweise verlautet, die Carlisten 
hälten bei Olot 73 Douaniers und 10ß Solbaen erschossen. 
Santarnder, 24. Juti. Die Garnison von Bilßao— hat. 
hier eingetroffenen Nachrichten zufolge, die⸗Carlisten nach Encar⸗ 
tacianes zurückgeworfen. Gerüchtweise verlautet, daß General 
Moriones mit verhüllnißmäßig geringem Verluste die Carlisten in 
Navarra geschlagen und 18500 Gefangen⸗ gemacht habee 
England. 
London, 21 Zuli. In der Auswanderung via Liverpool 
st in dem verflossenen halben Jahre eine enorme Abnahme einge- 
treten. Statistischen Angaben zufolge sind während dieses Zeit⸗ 
aumes 498,857 Personen weniger als in den ersten 6 Monaten 
oen 1873 ausgewandert. Während des am 30. Juni beendelen 
Quattals sind 35,846 Personen nach verschiedenen Theilen der 
Welt ausgewandert, welche Zahl in Vergleich mit der des ent. 
prechenden Quartals im Vorsahre ebenfalls eine beträchtliche Ab- 
nahme nachweist. Während ves Monats Juni segelten 14,667 
Emigranten nach transatlantischen Häfen ab, gegen 18,603 im 
Juni 1873. — 
MibLL——6. * 
.Das Rektorat der Landauer Gewerbeschule erklärt die von 
der „PVf. 3.“ gebrachten Nachrichten über Vorgänge bei der dor— 
igen Abiturientenprüfung für vollständig auf Unwahrheit beruhend“. 
Die „Neust. Ztg.“ dagegen schreibt: „Wie haben wegen dieser 
Angelegenheit Erkundigungen bei dem hiesigen Reltorate eingezogen, 
ind nach diesen scheint allerdings die Vermuthung gerechtfertigt, 
daß ein Schüler der hiesigen Gewerbschule auf irgend welchem 
Wege zur Kenntniß der Thema's aus der Chemie gelangte. Die 
hierwegen berufene Conferenz behielt sich vor, beim Eintreffen des 
kgl. Prüfungs Commissars die Sache geeignet weiter zu besprechen. 
Was aber die übrigen Aufgaben betrifft, so zeigt nach den Er— 
klärungen des kgl. Rektorats deren weniger befriedigende Loösung, 
daß eine vorherige Kenntniß der gestellten Aufgaben nicht wohl 
möglich war. 
7Rheingsnheim, 283. Juli. (Pf. 3.) Die Direktion 
der pfälzischen Eisenbahnen hat genehmigt, daß allen Mitgliedern 
des pfützischen Lehrervereins, die sich als solche legitimiren, zum 
Besuch der am 15. und 16. September c. abzuhaltenden Keis. 
versammlung in Zweibrücken eine Fahrtarxermäßigung ven 50 /0 
zu Theil werde. Demzufolge werden am 15.16 16. September 
an alle mit einer Legitimationskarte versehene Mitglieder einfache 
Fahrbilete zu Kurier-⸗, Eil— und Schnellzügen, sowie zu 
gewöhnlichen Personenzügen nach Zweibrücken auf den Stationen 
aller pfälzischen Bahnen verabfolgt werden, welche durch Aufdruck 
des Stationsftempels auf der Ruͤckseile Giltigkeit zu freier Rück- 
fahrt bis inkl. 17. September haben. 
Das Attentat auf den Fürsten Bisrarck brachte der Te⸗ 
egraphen Station eine so riesige Summe von Arbeit, daß die— 
selbe ia den ersten Stunden adsolut nicht zu bewältigen war. 
Am Tage des Attentats am 1385 wurden Nachmittags von 
11/4 bis Abends 51/2 Uhr nicht weniger als 800 Depeschen auf⸗ 
zegeben, also in je 4 Minuten 3, und dabei nahmen einzelne 
Lorrespondenten den Draht in ganz ungewöhnlichem Maße in 
Anspruch. So bezahlte beispelsweise ein Amerikaner für ein Ka⸗ 
»eltelegramm die artige Summe bon 360 Gulden, und nach Lon⸗ 
don gingen sogar zwei Telegramme, deren jedes die Kleinigkeit 
on 270 Gulden kostete. In 48 Stunden erzielle die Kissinger 
Telegraphenstation eine Einnahme, welche die sonstige Gesammt⸗ 
innahme des Jahres weit übersteigtgtt. 
F Aus Leipzig'wird becichtet: Es cireuliren jetzt eine 
Masse neue 20-Pfenniastuücke von Pappe mit Silberplatiüder ug