Si. Ingberler Anzeiger.
der St. Pnaberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Uaterhaltungsblatt, mit der Diensstazs⸗ Donnerstags-⸗ and Sonnta
zummer erlcheint woͤchentlich vie rmal: Dinstag, Donnerstag, Samstaa und Sonntag. Aponne nentspreis vierteljährig 42 Krzr. oder
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 4 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet.
— — — —— —
Dienstag, den 15. September 1874
—
Deutsches Reich.
Münschen. Zu der Entlschließung des kgl. Cultusmini⸗
reriums bezüglich des Unterrichts in den Volksschulen, namentlich
ucsichtlich det mangelhaften Schulbildung der Recruten des Jahr⸗
zangs 1873 — wonagch die Zahl der geprüftenn Conscribitten im
Jahre 1873 sich auf 16,814 bel:ef, wovon 1176 oder 7,8 pCt.
ungenügenden Schulunterricht genossen haben — wird der „Baier.
dehrerzectung“ von einem Lehrer aus Mittelfranken Nachstehendes
geschtieben: Gesteru eröffaete mir mernne Localschulinspection die
MPinisterialentschließung, die Prüfung der Recruten pro 1878 be-
ireffend, worin mir die Uebertaschung wid rfuhr, daß aach in mei⸗
jer Schule⸗ ein „mangelhafter“ verzeichnet wax.“ Ich konnte sofort
dem Verzeichriß zur Ehre meiner Schule beifügen, daß der Ge⸗
annte der Sohn des hiesigen Bürgermeisters sei, dessen Vater
nir im November 1873 zu gestehen d'e Güte hatte, daß sein
Zohn sich absichtlich bei der Prüfung recht ungeschickt gestellt habe,
-Die Thatsache ist tief betrübendz gelingt es uns wirklich, die
Bauernjungen über das Nuveau der „mangelhaften“ Bildung zu
rheben, so thäte es noth, man gabe ihnen noch ganz extra eine
ewisse Vosis von Ehr⸗ und Schamgefshl mit, damit sie unsere
diebe und Sorge draußen im Leben nicht gar so schmählich ab⸗
saugnen. Es läßt sich so ein mangelhaft Ehrbegabier eher pom
Ministerium zur Regierung zur Districiss und Local-· Inspection
eines ganzen Bezirks als Dumian expediren, als daß er so ehrlich
wäre, sich zu zeigen, wie er ist! Die Militärexaminatoren sinnen
gielleicht doch auf Mittel, solche Heuchler gründlich zu sondiren!“
Friebberg, 11i. September. Kaiser Wilhelm traf heute
Abend um 6 Uhr 36 Minuten auf dem hiesigen Vahnhose ein,
woselbst der Großherzog von Hessen, der Deutsche Kronprinz,
Prinz Ludwig von Hessen und der kommandirende General von
hose ihn erwarteten. Nach herzlicher Begrüßung fuhren der Kai⸗
er und die übrigen Herrschaften burch die festlich geschmücte, iu
deutschen Farben und Blumenguirlanden prangende Stadt in das
kchloß, unter dem Geläute der Glocken, von der überall Spalier
ildenden Bevölkerung mit lebhaften Zurufen begrüßt. Im Schloß ⸗
hofe nahm der Kaiser die Parade der Leiblompagnie des 117.
segiments ab, an deren rechlen Flügel sämmtliche Offiziere der
Rei Divpisionen 21, 22 und 23, vom Regiment skommandeur
mufwärts aufgestellt waren. Der Kaiser ist der Gast des Groß
jerzogs.
Friedberg, 12. September. Das heulige Manöver der
zrei Divisionen des 11. Arweekorps jüdlich von Friedberg nahm
zinen glänzenden Verlauf. Im Gefolge des Kaisers waren der
dronptinz, der Prinz von Wales, von fremdlandischen Offizieren
ui. a. englische und lürkische Generale. Der Großherzog und die
Hrinzessin Alice wohnten den Manövern und dem darauf folgen⸗
en Vorbeimarsch der Truppen zu Wagen bei. Das zu Tausenden
mwesende Publikum begrüßte den Kaiser überall mit lebhaften,
sfreudigen Zurufen. Während des Vorbeimarsches fiel leider star⸗
er Regen ein. Nach dem Mandder wurde das Diner im großh.
Nlos⸗ eingeuommen. Abends war die Stadt glänzend illumi
W
Friebbeg, 138. Sept. Der Kronprinz des Deutschen
Reiches ist gestern Abend nach Kassel der Kaiser hente Vormittag
nach Hannnver abgereist.
Oesterreich.
Wien, 12. Sept. Während der Anwesenheit des Kaisers
n Prag wurden im Banzen hundertundachtzig Ordensgesuche
urückgewiesen.
Frankreich.
VPVaris, 13. Sept. Nachmittag. Guizot ist gestorben.
Seinem Wunsche gemäß werden zum Leichenbegängn'sse keine Ein⸗
adungen erlassen und keine Grabrede gehalten.
Spanien.
Madrid, 13. Sspt. Bei dem Empfange durch Serrano
sagie Gras Hatzfeld: „Der Deutske Ka'ser, von dem Wunsche be⸗
scelt, zur Wiederherstellung des Friedens und der Ordnung in
Spanien beizutragen, hat die Regierung der Executivgewalt Span⸗
ens auerkannt; er hofft, Marschall Serrano werde die Principien
der socialen Ordnung mit conservativen Mitteln aufrecht erhalien.“
Serrano erwiderte, die spanische Regierung werde die Hoffnungen
Furopas rechefertigen und alles vermeiden, was die Grundsätze
der C'vilisation erneut erschüttern könnte; sein Bestreben werde
tein, die Sympathien zwischen Deutichland und Spanien noch
inniger zu gestalten. Ter Marschall dankte alsdann für die Ane
exkennung, welche die span'sche Regierung, Dank dem Einflusse und
de: Initative Deutschlands, gefunden habe. Der österreich'sche
Gesandte Graf Ludo ff gedachte, in seiner Ansprache der zwischen
Spanien und Oestereeich bestehenden historischen Beziehungen, wo—
rauf Serrano ähnlich dem deutschen Gesandten dankte.
Vermischtes.
7 Homburg, O. Sept. Gegen 7 Uhr war dee siehbente
Brigade etwa eine haibe Stunde von Hombnrg gegen Bruchmühl⸗
zach auf der Kaiserstraße aufgestellt, worauf alsbald er Kron⸗
drinz, gefolgt von einem glänzenden Stabe heranriit und die in
Schlachtordnung rangirten Truppen in Augenschein nam. Nach
einer Weile verkündeten Patrouillen das Nahen des Feindes von
dem Dorfe Limbach her. Sofort wurde vorwärts gegangen, und
bei dem kleinen Dörfchen Beeden kam es zum Zusammenstoß. In
sungeheuere Schwärme aufgelöst, ging man gegenseitig vor, wars
sich rasch zur Erde, kenutzte geschikt alle Deckungen, und in er—⸗
ttaunlicher Schnelligkeit folgten sich die Salven, hie und da unter⸗
brochen durch den dumpsen Donner der Kanonen. Anfangs stand
das Gefecht eine kleine Weile, dann gelang es dem von Limbach
andringenden Korps, seinen Gegner zu flankiren und nach Homburg
zürückzudrängen. Hier setzte sich dieser jedoch am Bahnhoß, den er
hartnäckig vertheidigte, aber zuletzt ebenfalls aufgeben mußte. Mit
gewaltigem Hurrah ginzen die Stürmenden voran und warfen
dann den Zucückziehenden hinter das Städtchen zurück, wo die
Reserven zur Deckung des Rückzuzes bercit stauden. Hiexr ließ der
Kronprinz, der dem Gefechte mit höchster Aufmerksamke't gefolgt
war, dem fesselnden und aufregenden Schauspiel ein Ende machen,
und alle Offiziere bis zum Compagniechef auf einer Wirese um sich
persammeln, wo er die Leistungen eingehend kritisirte. Um halb 12
Uhr zogen die Truppen, die vielfach ihre Helme— mit Eichenlaub ge—
chmuckt hatten, in ihre Standquartiere zurück. Der Kronprinz verließ
gegen zwölf Uhr, geleitet von Generalen, den Behörden und einer gros⸗
en Menschenmenge, die Stadt, wo er sich alle Herzen durch seine
Freundlichkeit und Leutseligteit gewonnen halte.
. Aus der Südwesipfalz, 12. Seht., schreibt der J Corre—
spondent der „Pfälz. Post“: Der Glaizpunkt der Manöver war
für die Zuschauer unstreitig gestern. Rordöstlich von Neuhäusel
entspann sich in der Frühe das Gefecht. Das Nordkorps wurde
trotz heftiger Gegenwehr aus seinen Positionen veririeben und bis
zum Bliesbergerhof bei Limberg zurückgeworfen. Nach dem
Manöver defilitten sämmtliche Truppen, zirka 10,000 Mann, vor
Sr. Cxcellenz dem bayerischen Kriegsminister, der mit den
GBeneralen Maillinger, Dietl, Horn und Kohlermann neben der
aiserstraße Stellung genommen hatte. Nach dem Vorbeimarsch
zings direkt in's Bivorak zwischen Homburg und Beeden, wo die
Mannschaft eine stürmische und regnerische Nacht zubrachte. Heute
werden die Uebungen sich gegen Zweibrücken ziehen und am nächsten
„Montag zu Ende sein.
3Zweibrücken, 14. Sept. Heute fand zwifchen hier
und Hornbach das Schlußmanöver der 4. Didision staft. Heute
Mittag marschirten die Truppen nach Homburg, wo sie einquar—
kit werden. Ursere Garnison ist wieder hier einzerückt. —
Am Samstag verweilte Se. Exc. der Herr Kritgsmirister v.
Pranckh hier.