St. Ingberker Anzeiger.
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M.
Sonntaa, den 27. September
1874
— 3BABSSF—
Einladung zum Abonnement
auf den St. Inoberter Anzeiger.
Spanien.
Barcelona, 12. Sept. Ueber die Raubzüge der carli⸗
tischen Banden unter Anführung von Miret, Mora, Elemens und
Solida am gestrigen und vorgestrigen Tage hört man Folzendes:
Sie wagten sich bis an den ganz nahe bei Barcelona gelegenen
ffüstenpunkt Badalona. Die in Eile mit Barrikaden verrammelten
Straßenausgänge imponirten ihnen aber so hinläuglich, um sie
zum Rückzuge zu bestimmen. Sie überfielen hierauf mehrere
inapp an der Littoralbahn sich hinziehende Orte, w'e z. B.
Arenys de Mar, wo sie 700 Kolonaten erpreßten, dann Masnau,
wo sie nach den in einer oder zwei Barken sich retstenden Mänvern
und Weibern schossen. Den Sohn des Gemeindedieners schleppten
sie mit sich fort und füsilirten ihn. Vilasar-de Dalt plönderten sie
gründl'ch aus, bei welchem Anl sse Frauen geschändei und Kinder
mißhandelt wurden. Die Mäaner, Väter jener Opfer, befanden sich
als Volontäre im Castell. welches die Unmenschen zur Uebergabe
dadurch zu zuingen hofften, daß sie die mit G.walt ergriffenen
Weiber und Töchter in die vordersten Reihen ihter Sturmkolonne
tellten. Zum Glück nahte in diesem Augenblicke eine der sogen.
ondas volantes, worauf sie, die Flucht ergreifend, zwei Todte
urückließen. Auch Correspondenzpakete griffen sie auf und verbrann⸗
—
mehrere Alcalden, die sie stets im Verdachte der Angeberei haben.
Leider wird diese Sorte von Stadtrichtern und Dorfobern auch
militärischerseits sehr hart behandelt, wenn sie die Annaͤherung des
Feindes nicht rechtzeitig notifiziren. Aus einem Landhause von
Pradell wurde ein junger O konom, Paco Jorda, von seinem
leiblichen Vetter, der zur Rotte des Pfacrers von Flix gehört,
jestgenommen und nach überstandener Beichte durh zwei Kugeln in
dopf und Herz niedergeschossen. Der von Tag zu Tag gefteigerte
Fanatismus kennt keine Grenzen mehr. Auch im Valencianischen,
in Chelwa, ließ vorigen Montag der Cabecilla Monet zwei
Liberale, Roger und Amato, vor seinem Ausmarsch hinrichten,
ferner den Alcalden sammt seinem Weibe in der Todtenkapelle
aussetzen: ihr Endschiksal kennt man noch nicht. In Requenna
hielten drei berittene Carlisten den Waildanfseher Jose Laguna
auf, nahmen ihm Pferd und Flinte weg und jgten ihm zwei
Zugeln durch den Kopf. Rache, Habsucht, oft nur Uebermuth
sind die Triebfedern dieses elenden Raubgesindels. (N, fr. Pr.)
Madrid, 24 September. General Mor'ones hat vdir
karlistische Bataillone bei Pampelunag geschlagen. — Die Carlisten
haben Andorra angegriffen, das sih weigerte, d'e Waffen und die
übergetretenen entwassneten Mannschasten auszuliefern.
Zu dem mit dem 1. Oetober begiunenden 4 Quartale
isuchen wir höfl., die Bestellungen bei der Post unverweilt
nachen zu wollen.
Unsere verehrl. Abonnenten, welche das Blatt durch unsere
Träger beziehen, bekommen dasselbe fortgeliefert, wenn nicht vor
Zuartalablauf abbestellt wird. — Preis und Erscheinen
Reiben unverändert. *
Zu zahlreichem Abonnement ladet ergebenst ein —
Die Expedition.
Deutsches Reich. F
Münschen, 24. Sept. Der V.rfasser der mehrerwähnten
Schrift „D'e Revolution von Oben“ ist nicht v. d. Pfordten,
ondern Windthorst. Dieselbe erscheint demnächst in Gernf.
Wie man der „Germania“ aus München berichtet, hat Popfi
Pius IX. dem Hofmarschall der Erbprinzessin von Thurn und
Taxis, Baron H. von Reichlin, und dem Gouverneur des jungen
Fürsten, Baron Fr. v. Schorlem r Overhagen (Inhaber des eiser⸗
nen Kreuzes) das Commandeurkreuz des Ordens Gregors des Großen
zerliehen.
Der Munzcalamität in Elsaß⸗Lothringen steht, wie der „Ztg
Lothr.“ von Berlin geschrieben wird, wenigstens einige Abhilfe
debor. Es sollen nämlich in kürzester Frist einige Sendungen von
Markslücken u. s. w. nach Straßburg abgehen und dieselben je nach
zet Leistungsfähigk it der Münzstätten bald weiter verbollständigt
verden. Die Einführung der Markrechnung, welche mit 1. Januar
1875 in Elsaß und Lothringen in das Leben treten soll, wird
damit wenigfsens erleichtert werden, wenngleich auf ein vollständig
ausre'schendes Quantum von Silber⸗ und Scheidemünzen für
Elsaß-⸗Lothringen jetzt, so wenig wie für einen anderen Theil des
Reiches mit Sicherheit gerechnet werden kann.
Berlin, 21. September. Aus „sonst gut unterrichteter
Zuelle“ will die „Tribüne“ eine Nachricht erhalten haben, die
ht seibst etwas unglaublich klingt. Man schreibt dem Blatie:
In hiesigen politischen und diplomatiichen Kreisen.wird ein Pro⸗
jekt besprochen, durch welches beabsichtigt wird, eine wirksame
Blokade der spanichen Häfen durch alle europäischen Mächte,
welche die jetzige Regierung daselbst anerkannt haben, herbeizufüh⸗
ren. Man glaubt, alle Schwierigkeiten dadurch zu überwinden,
daß jede Großmacht ang'gangen werden soll, ein Kricgsschiff in
die spanischen Gewässer zu entsenden und das gesammte Escadre
alsdann dem Commando eines spanischen Admirals zu unterstel⸗
sen. Auf diese Weise hofft man, der karlistischen Bewegung voll⸗
tändig Herr zu werden und den Bürgerkrieg so schnell wie mög
ich zu unterdrücken. Wiewohl dieses Projekt über die Pourpar
ers hinaus noch nicht zur Reife gediehen, soll es in hiesigen
naßgebenden Kreisen sympathischer Zustimmung begegnen.“
Berlhin, 22. Sept. Das sorben in Kiel vom Stapel
elassene Panzerschiff mit Namen „Friedrich der Große? ist eir
nit allen Vervolllommnungen der Neuzeit ausgestattetes Bauwerk,
as wohl im Stande ist, die deutsche Nation in fern:n Ländern
Als ein Produkt einheimischer Industrie würd'g zu vertreten. In—
nerhalb Jahresfrist ist dies, wie der ‚St.⸗Anz.“ erinnert, das vierte
üür die deutsche Floite vom Stapel gelaufene große Panzerschff;
m Oktober vorigen Jahres wurde in England auf der Samuda'-
chen Werft der „Kaifer“, im November vorigen Jahres in Stet⸗
in „Preußen“, am 12. dieses Monats ebensalls bei Samuda
Deutshland“ und nun am 20. d. Mis. das eben besprochent
Schiff zu Wasser gelassen. Es ist dies in so kurzer Zeit ein
—
War,.
Vermischtes.
Zweibrüchen, 21. Sept. (Schwurgerichts-Verhand:
ungen für das 3. Quartal 1874.) Nach Erledigung der Eröff—
zungsförmlichketen ward zur Verhandlung der ersten Sache, der
Anklage gegen Anton Heiny, 46 Jahre alt, suspendirter Steuer-
und Gemeindeeinnehmer in Niedersimten, vertheidigt durch Anwalt
Bießen, geschritten. Der Thatbestand war folgender: Durchsicht
des Cassabuches, nebst Vergleichung der dortigen Einträge mit den
Angaben über die im Jahre 1873 geleisteten Zuhlungen der Ein—
jehmerei Pirmasens, führte den Reb'sionsbeamten zu der Wahr—
iehmung, daß die Zahlung vom 30. April 1878 mit 500 fl.
jar nicht und diejenige vom 22. Juli statt mit 1196 fl. 33 kr.
nur in der Höbe von 6896 fl. 33 tr. verbucht, somit in dir
Fasse ein Defict von 1000 fl. sich befand. — In seinen Verhören
nachte jedoch der Angeklagte andere Angaben, indem er alle
Schuld auf seinen früheren Amtsvorstand, den verstorbenen Be—
sirksamtmann Beer, zu wälzen suchte. Der Ruf des Angeklagten
ist ein guter und seine Familien- und Vrrmoͤgeneverhältnisse find
Jeordnet, auch hat er keinerlei verschwenderische Ausgaben gemacht,
ondern sogar ärmlich gelebt. Die fehlende 1000 fl. wurden
jserner am 18. December vom Angeklagten seiner Casse wieder
ersetzt. — Die Veriheidigung bestritt wegen wangelnden Thatbe—