Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter AAnzeiger. 
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De 8u. Anaberter Anzeiger (End das mit dem Hauptblatte verbundene unterhaltungsblati, mit der Diendiags⸗, Donnerttags⸗ und Sonuilag 
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ESonmm⸗ 1874 
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Deutsches Reich. 
Speyer, 30. Dez. Die Lassalleaner sind dier sehr rührig 
und wohlen mit aller Giwalt Boden gewinnen. Am Sonntag 
hatten sie in dem benachbarten Berghaufen, wo viele hier arbeiten⸗ 
de. Maurer wohnen, cine Wahwerjammlung, die angeblich von 
100 Mann besetzt war. In Ludwigshafen störten sie am gleichen 
Tag die Wahlversammlung der nat onallideraien Partei, die sich 
für Herrn Dr. Groß von Lambsheim aussprach. Dem Ansqheint 
nach wollen die. Socialdemokraten die Tattik, die fie unter dem 
Feld herrnstabe Schweitzers sich angeeignet, auch in die Pfalz 
Aberiragen; und jede öffentliche Versammlung durch zahlreiches 
Fescheisen nud Lärmen un nöglich mache . 
München, den 28. Dez. Es ist ein neuer Mobilisir- 
ungsplan für die bayerische Armee ausgearbeitet worden, aus 
weichem als ein Gegenstand von allgemeinem Interesse hervo: zu⸗ 
beben ist, daß Beyern noch einige Regimenter zu formiren haben 
wird, wenn es den neuen Modbilisirungsplan durchführen will. 
Da wahrscheinlich schon mit nächstem Frühjahr die Bayerische 
Feldartillerie eine mit dem übrigendrutschen Reihsheer neue 
gleiche Ausrüstung erhalten wird, so sind die Feldarlillerie · Regir 
men ter angewie'sen, die Einübung der jungen Mannschaften für 
jetzt auf das Nothwendigste zu beschränken und die dadurch 
gewonnene Zeit auf allgemeine artilleristische Lehrgegenstände zu 
beschrünken. Die von der Feldartillerie abgetrennten beiden 
Fußartillerie-Regimenter sollen gleich der ersteien ebensalls in eint 
Brigade vereinigt werden; auc spricht man dadon, daß noch vier 
— (eine Abtbelung) Fußartillerie neu formirt werden 
oll. 
allerlei zusamtiengekaufter Makulatur einen Pack Rechnungen, welche 
aus der Zit, in der sich der Urgroßvater unseres j⸗tzigen Koͤnigs 
Max , in Straßburg aufhiclt, datirten und Ausgaben wahrend 
dieses Aufenthaltes nahweisen. Der Käufer schickte den Pack an 
Sr. Majestät und erhielt zun Dank dafür des Königs wohlge⸗ 
ungenes Brustdild als Photographie zugesandt. 
Die Methodisten in der Stadt Pirmasens vermehren sich 
so starck, daß sie sich einen eigenen Prediger angestellt haben. An 
Sonnta en ziehen sie in Schaaren in Nachbargemeinden, halten 
auch dort Gottesdienst und beabfichtigen auf diese „Art ihre Ge— 
meinde zu vergrößern. 
7 Em am Tunnelbau bei Pirmasens beschäftigter Italienet 
hat durch Undorfichtigkeit bein Schießen mit einer Pistole ein 
Mädchen an der Brust derwundet. Die Verwundung soll, wie 
man vermuthet, nicht lebensgefährlich sein. 
F Kaiserslautern, 2. Jan. In der Nacht vom 31. Dez. 
auf den 1. Januar wurde ein Arbeiter von der Lampertsmühie 
von seinem Kameraden durch eiuen Mefferstich lebensgefährlich 
berwundet. 
x Muünchen, 24. Dez. Die Koln. Zig. bleibt dabei, daß 
der Koͤnig während der Ausstellung incognito in Wien gewesen sei. 
‚Der Cicerone des Königs daselbst war der bayerische Civil-In⸗ 
genieur Kreitner (H, der aus der Anwesenheit Ludwig's II. in 
Wien heute kein Hebl mehr macht.“ 
r Castellan (Rheinp.) 23. Dez. Der S.- und M.Ztg. 
schreibt man: Elisabeth Deutsch von hiet wurde mit einem uner 
warteten Meihnachtsgeschen? überrascht. Dieselbe hatte in dem 
Hause des Gastwirthes Stumm hier 41 Jahre als Dienstköchin 
berbracht, und es ist ihr als Anerkennung ihrer langen Dienste 
bon Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin ein schönes goldenes 
Kreuz verliehen worden. 
Am I. Weihnachtsabende vergnügte sich die feine Pariser 
Welt massenhaft an einem Spielwerke, welches einen dreußischen 
Soldaten vorstellt, der ein Schwein am Schwanze gefaßt hat und 
an sreinem Hintertheile mit einer Trompete versehen ist. Jeder 
Inhaber der Figur bließ muthig in das Instrument. Die guten 
Pariser, wenn sie wüßten, wie es sich mit der Sache verhält. 
Das Kunstwerk ist für Paris in Nürnverg gemicht und heißt: 
„La Prusse tenant la Prance par la queue.“ Oui! ouil 
Wie höflich ist die Role, welche die Pariser dem Preußen 
zegenüb r spielen. Der Preuße denkt an ein bekauntes Sprichwort 
und läßt sie stolz gewähren. 
F Die Zahl der Personen, die beim Utergange des Dampfers 
„Gipsy Queen“ aus dem Tyrneflusse um's Leben gekommen sind, 
ist glücklicherweise viel geringer als anfänglich geglaubt wurde. Sie 
hetraͤgt nut 17 und nicht einige 40, wie gemeldet wurde. 
4Codtienlisise des Jahres 1873.) 3. Dichter, Schriftsteller, 
Journalisten. Ed. Bulwer Lylton, der berühmte Romanschriftsteller, 
London; — Dr. H. Kurz, Verfasser der bekannten Literaturge⸗ 
chichte; — Allessandro Mazoni, der Dichter der „Verlobten“! 
Louise Mühlbach (Klära Mundt); — Roderich Benedix, — Arthur 
Müller, dramatischer Schriftsteller; — Dr. Wokfgang Menzel, der 
seritiker und Geschichtsschteiber; — Wolfgang Müller von Königs- 
wvinter in Neuenahr; Ludw. Giesebrecht, Dichter- und Geschichts- 
forscher, Emil Gaboriau, bekannter Romanschriftstelletr, Paris; 
Frnest Feydeau, Romanschriftstellet, Paris; H. von dem Bergd; 
Ad. Bube, Balladendichter, Gotha; Welyagen, norwegischer Dichter, 
die Spitze der Romantiker; Breton de los Herrecos, fruchtbarer 
panischer Dichter; Georg Schulz, der Nestor der schwedischen Jour— 
ialistik und Erfinder der Rechenmaschine; Dr. Emil Eben, Re⸗ 
dakteur des „Schwäbischen Merkur“; Albert Hugo, der geistvolle 
Redalteur der Jagdzeitung; Ed. Perrot, vormaliger Chefredakteur 
der „Independence belge.“ 
6. Componisten, Musiker, Schauspicler. Musikdirektor Angust 
Conradi, 52 Jahre alt, Berlin; Karl Wilhe'm, der Componist 
der „Wacht am Rhein“; Georg Hainl, Orchesterdirektor der großen 
Over in Paris: Angelo PMariani. Compogist und berühmler Diri—⸗ 
Königsberg i. Pr. 31. Dez. Von der hiesigen natio 
nalliberalen Partei ist Lasker als Candidai für die Reichstags- 
wahlen aufgestellt woden. 
Frankreich 
Paris, 1. Januar. Bei dem heutigen Neujahrsempfang 
des Präsidenten sagle Buffet zu Mac Mahon: Indem ich an Sie 
meine Wünsche richie, richte ich sie an Frankreich. Mac-Mahon 
antwortete: Frankreich ist es, dem wir alle uns zu widmen haben. 
Neine Rede iourde gehalten und kein Zwischenfall ereignete sich. 
— Einem Artikel der „Deutschen Warte“ von A. Schmidi 
über die Fessunsbauten der Franzosen entnehmen wir, daß der 
neue Fortsgürtel, welcher sich um Paxis legen soll, das Drifach: 
des seitherigen Umfangs haben wird, also 165 Kilometer. Man 
kann daraus sehen, mit welchem Rechte künftig erst Paris sich 
modernes Babel“ ne nen kann; denn der Umf mg von Vabylon 
petrug nach Strabo nur 360 Stadien — 72 Kilometer! Da ein 
Hauptgrund des Mißlingens aller Entsatzversuche im lehten Kriege 
in dem Mangel an genügenden Stützpunkten für die Puovinzial 
heere lag, so wird Paris auf der ganzen Lini. Rouen-Orleanz 
mit großen Lagern, drei Tagemärsche durchschnittlich von der 
Hauptstadt entfernt umgeben werden; auch Rheims wird ein 
hoͤlches erhalten, dille wird durch 10 Forts gescützt. Welche 
Summen diese Bauten verschlingen, kann man an dem Beispiel 
— Millonen Franken 
kosten und Ende 1875 vollendet sein Jollen; im Ganzen wird 
man zwei Milliarden nöthig hiben. Alle Eisenbahuen werden, 
soweit sie von Osten oder Rocden her tommend Paris berühren, 
mehrfach oft dreimal vurch 40. feste. Plätze gesperrt werden. 
Auffallend ist die Menge der im Norden beibehaltenen festen 
Staͤdie; es scheint dies eben nicht den Entschlutz zu beurkunden, 
in dem Rachekrieg die belgische Neutralität zu beachten; und da 
Belzien, das nur Antwerben fichert. alle Straßen auf den Nieder 
— 
(Üebriegens ist zu bemerken, daß Antwerpen eine der großartigsten 
Festungen der Neuzeit und ein wahres Bollwerk der belgischen 
Freiheit ist, es bietet den ganzen belgischen Heere ein? sichere 
Zufluchtsstälte, bis die Englänver und Deutschen zur SZtelle siud.) 
ermeschette 6. J 
*NPor einiger Zeit fand ein Händler in Zveibrücken unter