Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
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der St. JPanberter Anzeigec (und das mit dem Hauptblatte verbundene Uaterhaltungsblatt, mit der Dienstagt⸗, Donnerstags⸗ and Sonnta 
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C. 
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Dienstag, den 
AB833 
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Deutsckhes Reich. — 9 
derr der während des Resumes erkrankte Vorsitzende, Baron Witi— 
mann, sich nicht so rasch erholte, als man er artet hatte, war das 
Präsidium durch einen der Rälhe des Gerichts übernommen worden. 
Ddie Glossen zu dem freisprechenden Erlenntniß kann sich Jeder, 
em die Sache einigermaßen bekannt ist: leidt selber machen. Der 
Staatsanwalt Graf Lamezan hatte am Schluß seiner die Anklage 
zegründenden Rede der Hoffnung Ausdruck verliehen, die Ge— 
chworenen würden durch ein verurtheilendes Verdikt beweisen, daß, 
venn Oesterreich auch Vieles eingebüßt, es doch die Ehre noch 
nicht verloren habe. Was mag der Herr Staatäarwalt jetzi 
sagen, beziehungsweise denken, nachdem im Gegensaß zu seiner be— 
timmten Erwartung die Gründergröße Ofenheim glänzend frei— 
gesprochen wordeu ist? 
Manchen, 27. Febr. Vaterlands Redalkteur Dr. Sigl hal 
Jegen dus gegen ihn vorgestern erlassene Urtheil des Schwurger' chiẽ 
Jeute die Richtigkeitsbeschwerde ongemeldet. Inzwischen hat der 
Heichslanzler einen neuen Strafantrag gegen Dr. Sigl stellen 
en. 
ias München, 27. Febtr. Das oberbayer. Schwurgericht verur⸗ 
heilte heute den Redakteur der im vorigen Jahre dahier erschienenen 
Wwochenschrift „Geharnischte Briefe“ Hr. Julius Lang. welber am 3. 
Febr. d. Is. von Wien hieher zurückgelehrt in feiner Eigenschaft 
dis Auslonder, verha'tet und später gegen Stellung einer Caution 
den 300 fl. aus der Haft wieder entlossen wurde, wegen der 
Beleidigung des deutschen Kaisers zu einer G6monatlichen Gefäng— 
nißstrafe. Jul. Lang hatte befanutlich in Nr. 15 genannter 
Wochenschrift das Erscheinen eines von einem höheren Stagtsbeamten 
J. S. verfaßten Werkes: „Die Revolution von Oben angelünd gt. 
Genanntem Werke, welches bis heute nicht erichienenen ist unt 
nicht erscheinen wird, wurde seiner Zeit mit großer Spannung 
entgegengesehen.) In dem Artilel ist besonders die Stelle incrimi⸗ 
nirt worden, welche folgendermassen lautet: Es mußte so kommer 
x. — bis die gekrönten Häupter gänzlich besiegt, bestrast, entfernt, 
inschädlich gemacht und noͤthigenfalls hingerichtet sein werden, wird 
s nicht anders sein koͤnnen.“ 
Mäanchen, 27. Febr. Dos oberboyerische Schwurgerich 
Jat heute den Redalteur der „Neuen freien Volkszeitung,.“ M 
Forsier, wegen Beleidigung des deutschen Kaisers in contumaciam 
m eine 10monatliche Gefängnißstrafe verurtheilt. Die Staats 
behörde hat nur 8 Monate beantragt. Die Beleidigung war in 
»nem die „Berliner Kaiserei“ behandeinden Artikel enihalten. Forfter 
ist wegen Unwohlsein nicht erschienen. 
Serhin . 27. Febr. Gegenüber allen bisherigen Angaben 
vegen des Rücktritts des Fürsten Bismarck verdient eine heute 
rufiauchende Version wegen der unterrichteten Quelle aus der sie 
ammt, besonders Beachtung. Temrach würde der Fürst bis 
jum Herbst des Jahres zur Kräftigung seiner Gesundheit beurlaub⸗ 
ind eine Vertheuung seiner Arbeiten in der Weise geregelt werden 
daß diefe auf den Staatssekretär von Bütow und den Geheimrath 
von Nadow'tßz im Wesentlichen übergeben. 
Bersün, 27. Febr. Die kürzlich aufgetauchte Nachricht 
bon dem Rücdtritte dis Kriegsministers von Kamelke wird jetzt 
zestätigt. In militdrischen Kreisen spricht man übtigens außerdem 
hon mehrfachen Veränderungen, welche im Departement der Mili 
ärverwaliung bevorftehen sollen. Kriegsminister v. Kamele wird 
das Commando des zweiten Armeecorps übernehmen und nach 
Stettin übersicdeln, währeud der zeitige Inhaber dieses Corps, 
General Han von Weyhern in den Ruhestand tritt. General von 
Barnekow, Chef des ersten Armeecorps, soll in Inackivität treken, 
und an seine Stelle der commandi⸗ende General des dritten Armee⸗ 
Corps, General ron Stülpnagel von Berlin nach Koͤnigsberg gehen. 
wogegen der commandirende General des sechsten Armeekorps 
Beneral v. Tümpling, das Commando des dritten Corps über 
nehmen würde. Prinz August von Württemberg würde vom Com 
nando des Garde⸗-Corps zurücktreten und dasselbe Prinz Albrecht 
Wernehmen, der von Hannover nach Berlin übecsiedelt, wozegen 
Brinz August von Würtiemberg d'e vom jeyigen König von Sachsen 
As Kronprinz inne gehabte Geueralinspektion übernimmt. Man 
pricht auch davon, daß der commandirende General des vierten 
Armeecorpss General von Blumenthal, welcher während der Kriege 
don 1886 und 1870 als Generalstabsschef des Kronprinzen fun 
girte, seinen Abschied aus der Armee nehmen wil. 
Oesterreich. 
Ofenheim ist sreigesprochen! Von den neun den Geschworenen 
zorgelegten Fragen wurden am Samstag zwei mit allen (12) 
Stimmen; drei mit 9 gegen 3, zwei mit 10 gegen 2, e'ne mi 
11 gegen 1 und eine mit 7 gegen 5 Stimmen verneint. Nach 
Spanien. 
Madrid, 28. Febr. Eine carliftische Abtheilung in 
der Stärke von sieben Bataillonen und 12 Geschützen griff am 
26. d. M. Bilbao an und bombardirte die Forts Puento;Micero 
und Arbonlancha. Diese Posit'onen wurden dreimal genommen 
und wieder verloren. Der Kampf dauerte mit großer Heftigleit 
den ganztu Tag, bis die Carlisten schließlich mit beträchtlichen 
Verluͤsten zurüdgeworfen wurden. Die Garnison von Bilbao hatte 
»inen Verlust von 130 Mann. General Loma schickt Verstärkungen 
Berwischtes. 
4 Auf dem Schlumpischen Thealer wird in den nächsten 
Tagen ein Lustspiel aufgeführt werden, desien Hauptthema eine 
qumoristische Begebenheit, die sich in Saarbrücken zugetragen, 
behandelt. Das Stück: „Die Braut von Brebach“ genannt, soll, 
Jan Humor und lomischer Situation seines Gleichen suchen⸗/ 
Kaiserslautern, 1. März. Pfalzische Chronik.] 
Während die Schulprafungen an den Comunalschulen älterer Battung 
bisher von den der Confession des betreffenden Lehrers angehörigen 
Distriktsschulinspektoren mit wenigen Ausnatzmen (Wolsstein, Grün⸗ 
stadt, Kirchheimbolanden) abgehalten wurden, hat die k. Regierung 
auf eine aus Kaiserslautern gerichtete Frage entschieden, daß aufs 
Grund der Bestimmungen des 8 13, letztes Alinea, der allerhöchsten 
Verordnung vont 29. August 1873 die Prüfungen an den con⸗ 
fessionen gemischlen Schusen von den cinschlägigen Dislriltsschul⸗ 
inspectionen beider Confessionen gemeinsam vorzunehmen seien. — 
Moinz, 23. Februar. In dem eben starl mit Eis 
nehenden Maine wurde gestern ein Seehund gesch ssen. Der 
Secehund scheint dem Fraukfurter zoologischen Garten, oder, w'e 
seiner Zeit der Eisbär im Rhein, einer wandernden Menagerie 
entflohen ꝛu sein. 
Berlhin, 189. Febr. Vei einer Gerichtsverhandlung 
spielte sich dieser Tag hier eine Szene ab, die in ilhrer unnach⸗ 
ah baren Komik nicht nur im Zuschauerraum einen Ausbruch der 
Heiterkeit veranlaßte, sondern auch dem Vertheidiger und den 
Herren dis ‚bohen Gerichtshofes“ unwidersteblich ein Lächeln für 
einen Momenl auf die strenge Amtsmiene rief. Hr. L. C. ist eine 
fehr betanente Personlichkeit an der Berliner Borse. Sein Gee 
schäft besteht darin, der Börfenwelt das nöthige Material in 
Ringen und Broches, Colliers und Bracellets zu licfern, um ihre 
verten Regungen dem weiblechen Geschlecht, ihren Bräuten und 
Battinen, Mütlern und Schwestern und anderweitigen Beziehungen 
gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Herr »L. C. hat die all- 
demein als brechtigt auerkannte Eigenthümsichkeit, alle Welt zu — 
duzer. Ihm war nun ein Ring im Werthe von etwa 150 Thlr. 
zesiohlen worden, und als Zeuge wurde er bei der bezüglichen 
Serichtsverhandlung dem Diebe gegenüvergestellt, der zwar ge⸗ 
jangen genommen, bei dem aber das eorpus delieti nicht mehr 
gefunden wurde. Zunächst brach Herr C. nun in ein furchtbaret 
Lamento über seinen ugersetzten Verlust außs. Als dieses geendet, 
fragte der Präsident den Angellagten, was er mit dem Ninge 
uingefangen habe. „Den habe ich für 25 Thaler verlauft.“ Nun 
dieit es den Zeugen nicht länger; in unbeschreiblich komischer Wuth 
hdricht er in die Worke aus: „Cannef (Spitzbube), warum hast Du