St. Ingberler Anzeiger.
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M AI.
Sonntag. den 15. M ärz —— 1875
umher, lebte auch 9 Jahre lang mit einem Schauspieler aus der
Schweiz in wilder Ehe, woher sie die 3 Kinder hat. Sie gab sich
Mänchen, 11. März. Die baher. Hypotheken⸗ und Wech— ür eine Wittwe aus, war aber nie verheirathet. In dea letzten
lbank hat mit der Einz'ehung ihrer Zehngulden-Noten insofern Jahren trieb sie Geschäfte auf eigene Rechnung; sie reiste unter
hegonnen, indem sie diese Noten von jett an nicht mehr veraus- dem Namen Adalgisa von Sternfeld als Wahrsagerin und fand
gadt, so daß wohl schon in kürzerer Zeit bedeütende Summen Narren genug, die sich von ihr anlügen ließen, wofür fie gut be⸗
Fefes Papiergeld's dem Verkehre entzogen sein werden. Wie wir ahll wurde, wie es scheint, auch noch Nebenverdienste maqhhte.
höten, wird die dayer. Staatsrezierung mit der Ausgabe vou Die Marie Haas war von ihr abgerichtet und half die Betrüge⸗
heichsschatzscheinen erst in einigen Monaten beginnen können. reien durchführen. Das Geschäft ging aber so weit, daß sie
Berlin, 9. März. Ueber die Verwaltung des f. g. kur- laubte, noch weiterer Hilfe zu bedürfen. Da fand sie zufällig in
ürstlich hessischen Hausfideilommisses und die Veränderungen, welche Ztuttgart, was sie juchte; der Angeklagte war als Kellner vielfach
er Tod dis Er⸗Kurfürsten in Bzug auf die prluniären Verpflich serumgekommen, weil er nirgends lange aushielt, hatte gerade
ungen des preußischen Staates dem Deposs dirten gegerüber har⸗ eine Stelle und nahm daher das Engagement der Adalgisa von
»eigeführt, hat die Staatsregierung soeben dem Landtage eine S„Sternfeld an, wonach er freies Quartier und freie Fahrt nebst
Deutjchrift als Motiv des gleichzeitig mitvorgeleg:en Nachtrages zum 3 fl. täglichem Salär zugesichert bekam. — Es dauerte keine 8
Ftat fuͤr 18753 zugehen lassen, der wir u. A. entnehmen: „Durch Tage, bis sich die Herzen fanden; beide mahten völlige Gemein—
ie im Jahre 1821 zwischen dem Kurfürsten Wilhelm II. und den chaft wie Eheleute, gaben milunter auch vor, sie seien in Karlsruhe
urhefsisch u Ständen getroffene Vereinbarunz über die Dotation bürgerlich getraut worden, was aber nicht der Fall war. Nach⸗
egsufürstl. Hofes weren dem Kurfürsten als Landesherrn 1) dem Württemberg und Baden durchzemacht war, kam das Paar
uus der Staatskasse 300,000 Thle. jährliche Rente ausgesetzt, und im November nach Ludwigshafen, erhielt aber hier keine Erlaubniß
nußerdem 2) für die Zvecke der Hofhaltung und der Repräsenta- zur Produktion, begab sich daher nach Mundenheim, woselbst beide
jon eine Anzahl Schloͤsser, Parkanlagen 2c. die wichtigeren Kunfi- drei Tage logirten. Am 16. Abends hemerkte die Kellnerin, als
inlagen der Residenzstadt Kafsel und noch verschiedene andere ich die Fremden einschrieben, aoch Zärtlichkeiten zwischen den⸗
hrundflücke zur Benutzung eingeräumt worden. Diese Besitzungen elben und — am andern Abend krachte der Schuß. — Was
purden unter der Bezeichnung „kurfürstliches Hausfideilommiß“ aun die Verhältnifse des Ecinger angeht, so ist derselbe verheirathet
usammengefaßt. Mit dem Ableben des Kurfürfien kommt nun bater eines Kindes, das mit seiner Mutter in Hersbruck lebt. Er
nehr zwar einerseits die Civilliste als solche in Wegfall. Ande zab sich aber als ledig aus und verlobte sich formlich and schrift-
aseits bleiben aber die Ausgaben für die Verwaltung und Unter- ich mit Johanna Feuchtner. Beim Militäc hatte er eine aus—
Jaltung des kurfürstlichen Hausfiderkommisses größtentheils beste- zezeichnele Führung, dann aber fing er an umherzuziehen und fiel
jen und dieselben werden jetzt gegen Wegfall der C'villiste auf die nanchmal seiner mittellosen Mutter zur Last. Von Vorstrafen
Ztaatskasse unmittelbar zu uͤbernehmen fein. In dem vorliegenden vurde nichts ermittelt, als eine Verurtheilung in München wegen
ctat sind die Ausgaben für die Verwaltung des kurfürstlichen Haus- Betrugs zu 5 Tagen Gefängniß. Das gute Einvernehmen zwischen
ideikommisses in Ganzen veranschlagt auf 807,000 M., ihre den Brautleuten dauerte nicht lange; e6 gab bold Zank und
finnahmen dagegen nuc auf 77,000 M., so daß aus der Staats- Streit in Tübingen, in Karlsruhe, in Heidelberg, in Mannheim.
asse noch zuzujchießen find 780,000 M. Bon der Civilliste des dabei fehlie es nicht an öffentlichen Beschimpfungen und Vor—
urfürsten wird die Staatskasse für dieses Jahr 898,804 M. vürfen. Er äußerte sich in Mannheim, sie habe schon zwei Männer
also einen Betrag erfparen, welcher den eben berechneten Zuschuß imgebracht und bringçe ihn auch noch um, allein er könne nicht
noch un 168,804 M. übersteigt.“ ohne sie leben, er habe sie zu gern. Als nun Angellagter der
Frankreich Wirthin zum Anker sagte, die Frau sei oben, ging er zur Thüre
Paris. 9. Marz. Das Portrait des kaiserlichen Prinzen hinaus; die Wicrthin schidte den Tagelöhner Bill rach, dem Eck⸗
vird, des Verbots ungeachtet, von England aus massenhaft ver uger zu entspringen fuchte, welcher ihn aber am Ende der Kassen⸗
zreitet, zum Theil solche Bider, welche den Prinjen in englischer trasse festh'elt, und ihn, seines Sträubens ungeachtet, in die Wirth—
Unform zeigen. Die Kaiserin hat einflußreiche englische Journa schaft zurüchbrachte. Gleichzeitig kam Johanna Feuchttner dahin,
isten füt ihre Sache in Sold genommen. aus dem Munde blutend, unfähig zu sprechen, aber voller Wuth
Italien. zegen den Angeklagten losstürzend. Dieser hatte noch ein doppel⸗
Rom, 9. März. E'n Ministerwechsel unter dem Einfluß äaufiges Pistol in der Hand, das man ihm abnatheim und ihn auf
Daribaldi's soll bevorstehen. n das Polizeibüreau brachte. Polizeidiener Hertel fragte ihn, warum
er dies geihan? Antworh: aus Eifersucht. Auf die weitere Be—
Zchwurgericht der Pfalz. merkung, das hätte er doch besser überlegen sollen, fügte Ange⸗
(I. Quartal 1876.) du bei: „Das ist eine böse Person, wenn Sie wußten, —
Am 10. und 11. März wurde gegen den Kellner Wilhelm, wenn Sie sie kennen würden!“ — Dem Polizellommifsär erklärte
Norih Edinger aus Poppenheim ia Muͤtaftanken, des Todischlages! er aber, es sei nicht keine Absicht gewesen, die Johanna Feuchtnir
mgeschuldigt, verhandelt. Der Thatbestand ist folgender: Am zu erschießen, er habe sie nur schrechen wollen, weil sie ihm die
170 Rovember v. Is., Abends kurz vot 6 Uhr wurde im obern dersprochen? Heirath perweigert habe. Letzteres widerrief er aber
Stocke der Gastwirshschaft zum Anker in Ludwigshafen ein Schuß in feinen Verhören umd ersetzte es durch die Anführung: weil fie
lehört, auf welchen hin die Wirthin die Treppe hinaufgehen wollte, ihm seine Kinder nicht herausgeben wollte. Die Geschossene be⸗
un nachzusehen, wobei ihr aber der Angeklagte, ohne Kofbedecung am zwar die Sprache wieder, aber nicht lange mehr, nach einer
jeruneriommend, begegnete und auf Befragen -erklärte, die Frau Stunde verlor sie dieselbe und Lonnte nicht mehr eidlich vernommen
ei oben. Angeklagter war Montag den 16. November Abends verden; sie starb am 28. November. Dagegen hat sie
nit der als Phrenologin und Wahrsagerin reisenden Johanna dem Pol'zei-Co amissür und dem praltijchen Arzte Doltor
zeuchtner, 82 Jahre all, von Oberndorf in Oesterreich, deren zwei Mellinger die bestinmte Angabe gemacht, sie habe sich zwar mit
dindern — einem Knaben und einem Mädchen von 8 und 5 dem Angellagten verlobt, sei aber zurückgetreten, da er sich dem
Jahren — dann deren Gehilfin, der 18jährigen Marie von Trunke ergeben; darum habe er ihr dfter mit Todtschießen ge⸗
Salzburg — iri Anler eingekehrt, und die ganze Geselsschaft 38 jetzt, ohne ein Wort zu sprechen, ins Zimmer tretend,
vohnte und schlief in einem Zimmer. Die Feuchtner war die ein Pistol auf sie abgeschossen und sie in den Mund gerroffen.
Tochter eines unbemit'elten Schiffbauers, zog aber 'n ihrem 16. Zwei Bleistücke waren in den Schlund gefahren; hier bildete sich
zahre von Haus fort und mit wandernden Schauspielettruppen eine Eutzünduug und Eiterhöhle, was die Ursache des Todes war.
Deutsches Reich. —9