Full text: St. Ingberter Anzeiger

in mit sehr deutlich erhalkenem Hoheitszeichen, nämlich dem 
— — und der Jahres zahl 1624. Der, Stein in 
Fieser Form stammt also aus der Zeit des dreißigiahrigen Krieges, 
in dessen Folge die deutsche Reichsstadt Schlettftadt 1632, nachdem 
sich die kaiserlihe Garnison aufs tapferste vertheidigt hatte, den 
Schweden übergeben werden mußte. 
Der deutsche Kriegerbund hält in den Pfingstfeiertagen 
seinen vierten Delegirtentag in Stuttgart ab. Es tagen gegen⸗ 
wärtig in der Zeit bis Ostern in feinen 84 Bezirks-(Provinz) 
Vorocten die Vertreter der Krieger-- Militär- LTandwehr- und 
Peterauen⸗Vereine, um sich in Beteeff der für den Delegirtenlag 
zu stellenden Anträge schlussig zu machen. Insbesondere ist es die 
Stiftug einer Wiltwen⸗ und Wui en-Unterstütßungskass, welche in 
diesem Jahre den Kernpunkt der Verhandlung bildet und die ein 
erneuter Mahuruf an die Vereine dieser Art, welche dem Bunde 
noch fern stehen, sein wird, sich demselben anzuschließen. Der 
deulsche Kriegerbund zählt jetzt schon annäternd 8600 Vereine mit 
30,000 Mitgliedern aus allen deutschen Staaten, verfolgt unter 
Ausschluß aller Politik nut humanitäre Zwecke und hat au; fezner 
scasse, welche durch einen Jahresbeitrag von 20 Reichspfennig pro 
Mitglied gebildet wird, schon dielen seiner Mitglieder in Unßlück— 
und Krankheitsfällen ausgiebige Hilfe geleistet. Das Ziel, welches 
der deutsche Kriegetbund anstrebt, ist, die Krieger und Veleranen 
der Neuzeit durch einmalige und fortlaufende Unterstützungen aus 
seiner Kasse in Roth und Alter vor dem Versinken in das Elend 
der Bettelei zu bewahren. Gleichzeitig wird die Centralisation dieser 
zumanitären Bestrebungen, welche die Selbstständigkeit der einzelnen 
Vereine und Landsmannschaften in keiner Weise antastet, wesentlich 
zur Starkung des deutschen Nationalbewußtseins unter seinen Mit 
gliedern beitragen. 
f In Koln find falsche 20-Pfennigstücke aufgelaucht. Der 
stern besteht aus Eisen, der mit einer dünnen Silber⸗ oder der 
gleichen Hülle umzeben ift. Die Prägung ist den ächten Stücken 
tauschend aähnlich, nur sind diese etwas dünner. J 
f.Ein Distanzritt zwischen Petecsburg und Wien.) Russische 
Gardeofsiziere beabsichtigen einen gemeinschaftlichen Wettritt von 
Petersburg nach Wien zu unternehmen. Die N. är. Pr.“ er 
fährt h erüber Folgendes: Di⸗e Idee eines solchen Wettrittes besteh! 
noch unter den betreffenden Offizieren in Petersburg und soll sofoch 
mit dem Eintritte der mildecen Jahreszeit ausgeführt werden. 
kinstweilen üben sich Roß uad Reiter zu. dieser Kraftleistung eir 
and werden auch schon Versuchsritte gemacht. Einen soichen un— 
ernahm foeben ein Rittmeister des Cabalier-Gardetegimenis, Med 
piedoweslh, mit seinem Reitlnecht mitten im Winler von Peters 
burg nach Moskau. Beide legten den Weg — 700 Werst — in 
neun Tagen zurück und kamen wohlbehalten am Zielt an, wobei 
die Pferde, beide donische Race. auffallend wenig gelitten haben 
Der schwierige Ritt war mit einer Menge von Hindernissen ver 
bonnden. 
fFLondon, 8. März. Den Guündern der schwindelhaften 
„Gesellschaft zur Versicherung gegen Verluste auf dem Turf,“ die 
eine lange Zeit ihr Wesen in 92 in Graccchurstestreet, Cith, trieb 
und die auswärtigen Journale mit ihren trügerischen Auuoncen 
überschweinnite, ist nunmehr das Handwerk hoffenilich für immer 
gelegt worden. Am Sonnabend standen vor dem Zuchtpolizeige 
richte der City im Mansion-douse zwei Individuen, Ramens Wil— 
liam Henry Walter und Edward Murrah, unter der Anklage, in 
gesetzwidriger Vereinigung mit andern Personen auf dem Kontinent 
Leute in Frankreich, Ital sen, Deutschland und Rußlaad, darunter 
Herrn Hoffmann, Hotelb sitzer in Hannover, beschwindelt zu haben. 
Rach einem Dritten im Bunde fahndet die Polizei noh. Aus 
den Prozebakten geht hervor, daß Walter ein bereits vielfach be⸗ 
strafter „betting man“ ist und daß die hochlliagenden Namen 
der Präsidenten, V'ae-Präsidenten und Direktoren der Gesellschaft 
auf dem Prospekt entweder ohne Ermächtigung benugt wurden oder 
dem Reiche der Mythe angehören. Obwohl das Publikum im Aus 
lande rechtzeitig gegen den Schwindel gewarnt wurde, scheinen doch 
ehr viele Leichtgiäubige in die ihnen gestellte Falle gegangen zu 
sein, denn nach den Ungaben des öffentlichen Anklägers haben die 
Angeklagten durch ihre schwindelhaften Transaltioneg im Ganzen 
über 18,000 Pfd. Steil. eingeheimst. Die weiteren Gerichts— 
pethandlungen werden wahrscheinlich weiteres Licht über die sauser⸗ 
„Versicherungsgesellschaft“ berbreiten. 
Paris, 15. Mätz. Der ehemalige Priester Vidal, der 
sich vor dem Pariser Zuchlpolizeigericht wegen trügerischen Mes— 
senhande!s zu verantwotten hatte, ist zu zehn Jahren Gefängniß, 
8000 Fr. Strafe und Verlust der bürgerlichen Rechte auf zehn 
Jahre, seine Mitangeklagten, die Priester HAumeau und Lacombe 
sind in contumaciam, der Etrsiere zu dreijährigem Gefängniß und 
10oo Fr. Buße, der Letztere zu zwei Jahren Gefängniß und 400 
Fr. Strafe verurtheilt worden. 
— 
stonstantinopel, 4. 
(Fränk. K.) 
März. Der Levant Herald ven 
gestern bringt über die Berwüstungen, welche die Hungersnolh in 
Kleinasien angerichtet, eine Tabelle, aus welcher hervorgeht, daß 
die 170 Ortschaften des Regierungsbezirks Keslin, welche bor zwei 
Jahren 52,000 Einwohner halten, jetzt nur noch 25,000 zählen; 
gestorben waren 20,000 und ausgewaändert 7000. In 48 Ort: 
schaften der Provinz Augora sind von 16,990 Menschen 4997 
gestorben und 2642 ausgewandert; der Viehstand ist don 2206 
auf 427 Ochsenpaare, von 81,240 auf 3312 Schafe zusammen— 
geschmolzen. (K. 3.) 
fCJagdgeschichten aus der guten alten Zeit.]) In der 
Wetterau sah man 1666 einen Mann, mit Ketten auf einem in 
dem Saal weidend'n Hiesch geschmiedet, blutig und mit zertissenen 
Gliedern, der ohne Unterlaß aubrief, man moöge ihn doch lodten, 
indem er schon in dre tägiger Marter auf dem Hirsche läge. Ein— 
anderer Jagdherr zwang einen Bauer, einen von ihn geschos⸗ 
senen Hasen mit Haut und Haar stehenden Fusses aufzuessen, da⸗ 
rüber derselbe verstorben ist. Audece liefzen den Widdieben die 
Augen ausstechen oder wie Erzbschof Michael von Salzburg, sie 
in Hirschhäute einnähen und von Huuden hetzen und zerreißen. 
Ein pommei'scher Edelmann tyranussirte seine Jagdfroͤhner der⸗ 
gestalt, daß sie Gott dankten, wenn sie bei der Heimkehr von der 
Jagd sich noch im Besitz ihrer Nasen und Ohren befauden. Als 
deshalb der Pfarrer auf der Kanzel eine Rüge auszusprechen wagte, 
ließ ihm der Edelmann sagen, wenn er noch einmal solch' ein unn“thzes 
Maul aufrisse, würde er ihn prügeln wie einen Hund und zuw 
Dorfe tzinausjagen. Als der Edelmann gestorben war, sahen ihn 
aber dafür auch seine Bauern als höllischen Jäger mit einer heu⸗ 
senden Meute Wald und Flur durchziehen, ein Schicksal, das die 
Erbitterung der geknechteten Unterthanen insgemein jedem abschei⸗ 
denden Dorftyrannen octroyirte. Wie beschwerlich aber Jagdfrohnen 
waren, dafür sprechen noch viele Ueberlieferungen. So gab es in 
stur⸗Sachsen ein Verbot, nach welchem die Grundherren und Jagd⸗ 
bediensteten angewiesen werden, die Jagdfröhner, wenn sie sonst 
das Ihre thun, nicht grausam zu průgeln, übel zu traktiren und 
wohl gar mit dem Pferde über den Haufen zu rennen, und wenn 
einer von einem Schwein geschlagen würde, oder sonst verungluͤckte, 
sich gegen die Witt ven und Waislein mild und gnädig zu bejeigen. 
Ferner sollen sie dieselben zu rechter Zeit wieder heimgehen 
lassen, damit, wenn sie einige Tage auf der Jagd gestanden, sie 
nicht aus Mangel an Lebensmilteln verhungern, erkranlen oder im 
Winter gar im Schnee sticken bleiben und erfrieren möchten. 
Ferner sollie darauf gesehen werden, daß die Jäger, nach ihrer 
bösen Gewohnheit, die Bauern nicht uͤnmenschlich prügelten, indem 
manche solcher Jagdbediensteten einen Hirsch hoͤher hielsen, als einen 
Menschen, und beim Hasenjagen, Hetzen und Vogelbeitzen die be⸗ 
stellten Aecker betreten und die Feucht zerschleisften. Deshalb, 
schließt der Bericht, sollen die Jäger, Foͤrfter und Wildmeister, 
wenn nicht die Noth erfordert, daß sie scharf sein, indem die 
Bauern heut zu Tage oft gar trotzig und ungehorsam sind, durch 
Leutseligkeit und Milleiden, doch oöohne der Herrschaft Schaden, sich 
in gute renomes setzen, damit sie sodiel als möglich des Nimrods 
und Esau's Thaten von sich abwälzen und nicht noͤthig haben 
nögen, daß sie nach ihrem Tode sich in eine Mönchskutlen verstecken 
lassen, wie jenes hartherzigen katholischen Jägermeisters Wittib ge⸗ 
han, die, nachdem ihr Mann gestorben, ihu iß eine Kapuziner« 
Zutten einnähen lassen. Als aber dieses ein Bauer gesehen, fing 
er an und sagte, die Jägermeisterin muß geweß meinen, der Teufel 
sei so einfültig, daß er seinen gewesenen Compano, bden Bauern— 
Schiudern in Mönchskleidern nicht erkennen sollte. Darob hat ihn 
der Graf, als solches ruchbar worden, acht Tage lang in den 
Thurm legen lossen und mit Geld gebüßt. 
F Das seltene Schauspiel der Verurtheilung eines Knaben 
sum Tode durch den Strang jpielte sich neulich im Obersten Ge— 
richtshofe von Boston, vereinigten Staaten, ab. Der unglückliche 
Verbre cher — schreibt der , Rewyork Herald“ — war Lisse Po⸗ 
meroh, der „junge Teufel,“ der jüngst der Ermordung eines kleinen 
Knaben Namens Millan überfühtt wurde, und auch geständig war, 
ein fleines Mädchen Namens Kalie Curran hingeschlachtet zu haben. 
Er ist derselbe jugendliche Unhold, der vor einigen Jahren so viele 
Zinder in den Vorstädien von Boston marterte. Die herlömmliche 
Frage des Gerichtshofes, qb er etwas gegen seine Verurtheilung 
‚um Tode einzuenden habe, beantworlete er verneinend. Dir 
Präsident des Gerichtshofes fällte hierauf das Todesurtheil, das 
der Verbrecher mit der größten Gleichgiltigleit und ohne eine 
Muskelbewegung anhoöͤrte. Der „Herald“ beswerfelt, ob er begnadigi 
verden wird. 
Dieustesnachrichten. 
Der Dr. med. C. Pauti von Landau ist zum 4. Assistenz⸗ 
Arzt an der oberbaherischen Kreisirrenanstalt ernanm worden. 
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Für die Redaltion verantwortlich F. X. 
Deme 
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