Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Angberker Anzei 
Ingberter Anzeiger. 
der St. Anaberter Anzeiger (und das mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienbiagt⸗, Donnerstags- und Sonntags, 
dummer ericheint woöchentlib vier mal: Dinstag, Donnerstag, Samstag uind Sonatag. Abonnementspreis vierteljährig 42 Kerzr. ode 
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Dieunstag, den 11. Mai 1875 
Dentsches Reich. 
München, 8. Mai. Der Kronprinz des Deutschen Reiches 
ist heute Abend 694 Uhr hier eingetroff nm und von einer zahlrei⸗ 
Jen Volksmenge mit sympathischen Hochrufen eupfangen worden. 
der Kronprinz fuhr mit dem preußischen Gesandten in das Hotel 
Jer preußischea Gesandtschaft, um dort das Souper —X 
das Aussehen des Kronprinzen iit vortrefflich. Kurz nach 8 Uhr 
sat derselbe die Reise nach Berlin fortgesetzt. Am Bahnhofe wurdt 
Tvon einer zahlreichen Menschenmenge auf das wärmste begrüßt. 
Berlin. Die Parifer Offiziösen sind in den letzten Tagen wieder 
nmal sehr beschäftigt gewesen, beunruhigenden Gerüchten über 
en Stand der Bezi-hungen zwischen Deutschland und Frankreich 
tgegenzutreten. Wie man hier über das französische Cadresge— 
etz vom 12. März, welches eine sehr erhebliche Vermehrung der 
aͤnzöͤsischen Armee in Aussicht nimmt, trotß aller von Paris aus 
nersuchten Abschwächungen denkt, ist hinlänglich bekannt. Die kürzlich 
folgie Ervennung von 28 Generäaͤlen scheint trotz der gegenthei⸗ 
igen Versicherung der Pariser Offiziösen als Beweis betrachtet zu 
vierden, daß die französische Regierung keine Zeit, verliert, mit 
er Ausführung des Cadresgesetzes vorzugehen. Der Umstand, daß 
die beunruhigenden Gerüchte an die Unterredung anknüpsen, welche 
er deuische Botschafter in Paris, Fürst zu Hotenlohe, am 5. d. 
zei seiner Verabschiedung mit dem Herzoge von Decazes gehabt 
Jjat, läßt vermuthen, daß die Reichsregierung ihre Auffassung dieser 
stanzösischen Rüstungen nicht geändert hat. Vor eiriger Zeit wurde 
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nächster Zeit in seinem ganzeu Umsange ausgeführt zu werden. 
Wenu das Dementi der „Agence Havas“ bezuͤglich jener Gerüchte 
aicht lediglich darauf berechnet Il, die Sachlage zu vecrhüllen, 
müßte der Herzog von Decazes in der Lage gewesen sein, be— 
ruhigende Aufschlüsse zu geben. 
NRußland. 
Petersburg, 8. Mai. Der Kaiser ist heute Abend 8 Uhr 
ach Berlin abgereist. 
Belgien. 
Brüssel, 9. Mai. Die Kaämmer hat folgende Resolution 
angenommen: Die Kammer, indem sie vollkommen die von der 
NRegierung gegebenen Aufschlüsse billigt und sich dem Ausdrucke des 
Bedauerns anschließt, geht zur Togesordnung über. 
Brüssel, 9. Mai. Das Journal „Flandre überale? 
deröffentiicht ein Schreiben, welches dem Professor Bluntschli zu—⸗ 
geshrieben wird, und welches ausführt, daß die deutsch/-belgische 
Differenz einen ernsten Hintergrund dabe. Dentschland sei der 
besse Freund der Belgier; aber es könne nicht zugehen, daß Belgien 
seine gefährlichsten Feinde beschütze und den Bischöfen gestatte, es 
in Hirtenbriefen ungestraft anzugreifen. Deutschland wünsche eine 
achsche Neuiralität Belgiens. Das belgische Ministerium irre 
sehr, wenn es sich hinter dem trügerischen Vorwande verschanzen 
ju fönnen glaube, daß es die Einigung der verschiedene⸗— Regie— 
De bezuglich der Ergänzung ibrer Strafgesetzgebungen abwarten 
müsst. 
Gent, 8. Mai. ‚Bien public“ bringt eine Depesche aus 
düttich, der zusolge der Bürgermeister von Lüttich die Jubilaums— 
processionen verboten hat. 
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»rdentlichen Generalversammluug der Actionäre der Kammgarn⸗ 
pinnerei Kaiferslautern wurde die Vertheilung von 5 pCt. Zinsen 
ür das abgelaufene Betriebsjahr 1874/75. festgesetzt, wobon 3 
»Ct. aus dem Neingewinn und 2 pCt. aus dem Reserbefond ent⸗ 
iommen werden. Leßztere Ergänzung ist in Zukunft darch die 
nzwischen beschlossene Aenderung des betr. Statutenparagraphen 
nicht mehr zulässig und verbleibt der bestehende Reservefonds in 
ihnlichen Fällen ferner ungejchmälert. (Pf. P.) 
F Kaiserslautern, 9. Mai. (Pf. Post.) Heute Morgen 
‚ewegte sich ein langer Zug von Miitgliederu des hiefigen Krieger⸗ 
jereins, Musikvereins, Turnern und Bürgern nach dem Krieger⸗ 
riedhof, um der im Kampfe für das Vaterland Gefallenen ehrend 
u gedenken. Dieser Aufzabe entledigte sich Herr Vicar Peiermann 
n würdigster Weise, und fand seine begeisterte Ansprache in allen 
derzen lebhaften Wiederhall. Mittags fand Reunion im Frucht⸗ 
jallfaale statt. 
Wie die „Neust. Zig.“ erfährt, ist das Haard'er' Schlöß⸗ 
hen von Hrn. Dr. Aug. Clemm in Ludwigshafen käuflich erwor⸗ 
den worden. 
Man schreibt dem, Nordpf. W.“: Die Andächtigen in der kath. 
dirche zu Reipoltskirchen wurden am Himmelfahrtismorgen in einen 
gewalt'gen Shhrecken versezt. Wahrend der Pfarrer auf dee Kanzel 
jand und predigte, ertönte plötzlich von der Emporbühne der Raf: 
„Die Kirche fällt zusammen!“ Der nun folgende Tumult war 
unbeschreiblich. In unaufhaltsamer Hast ftürzten die Kirchenbe⸗ 
jucher von der Emporbühne über die Treppe herunter. Alles drängte 
der Thür zu, an welcher nur ein Flügel geöffnet war. Aellere 
Persouen wurden niedergetreten, einzelne verwundet, eine alte Frau 
zachher bewuztlos ins Pfarrhans getragea. Die Nase des Lärm⸗ 
chlagers wurde übel zugerichtet. Vielleicht mit Recht; denn ein 
Ztück herabfallender Kalk genügte, um dim ängstlichen Manne 
inen Todesschrecken einzujagen und jenen Ruf von unbeschreibli⸗ 
her Wirkung auszustoßen. Der Pfarrer selbst benahm sich mu⸗— 
sterhast, er verließ die KHirche nicht und setzte später den Goltes⸗ 
dienst mit Denjenigen fat, weiche noch beizuwohnen wagten. 
Uebrigens ist die Kirche in Reipoltskirchen, die vor ungefähr 25 
Jahren von Grund aus neu aufgeführt wurde, baufällig genug. 
Gewiß auch ein Zeichen der Solidität des Jahrhunderts! 
aà FJ München, 8. Mai. Die Boherische Hypotheken- und 
Wechselbank hat die Einberufung ihrer Banknoten (Zehner und 
dunderter) beschlossen und wird dafür Baargeld und Noten zu 100 
Nark geben. 
FMuünchen, 8. Mai. Prinzession Alexandra. hon Bayern 
st heute Vormittag 11 Uhr am Herzschlag verschieden. (Prinzessin 
Alexandra, die jüngste Tochter des Königs Ludwig J. war gebo⸗ 
ten am 26. August 1826, hat somit ein Alter von beinahe 49 
Jahren erreicht.) 
fHamburg, 8. Mai. Der Dampfer „Schil ler? ist 
jestern bei den Scillh Inseln an Bishop Rock gescheitert. Auf 
demselben waren außer der Mannschaft von 100 Personen 59 
Passagiere erster, 75 zweiter Classe und 120 im Zwischendeck. 
Bisher sind 43 Personen gerettet und 25 Postbentel — der Dam⸗ 
jfer hatte die australische und neuseeländische Post sowie 300,000 
Dollars baar an Bord — çeborgen. Mehrece Schiffe forschen nach 
ꝛtwa weiteren Ueberlebenden. Die Geretten werden vom Dam— 
pfer, „Pommerania“ von Plymouth nach Cherbourg gebracht und 
von dort nach Hamburg befördert. 
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Bermishhtes. 
1.Am I. Juni wird in Pied erwürzbach eine Poflexpe⸗ 
dition in's Leben treten, wozu die Gemeinden Seelbach, Ommers⸗ 
Jeim, Heckendalheim und Oberwürzbach, sowie eine Anzohl Höfe 
ind Einöden als Bestellbezirl zugetheilt werden. 
Zweibrüscken, 10. Mai. Die Gemeinde Winterbach 
st dem pfälzischen Gewerbemuseumsverein nachträglich mit einem 
sßründungsbeitrage von 9 M. beigetreten. 
Kaiserslautern, 8. Mai. In der heute stattgehabten 
Eine besondere Beachtung 
verdient die im heutigen Blatte befindliche Annonce des Hauses 
S. Sachs u. Co. in Ham burg, das uns wegen prompter 
und aufmersamer Bedienung seiner Interessenten auf's 
Anqelegentlichste empfohlen wird. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X. Deme tz.