Full text: St. Ingberter Anzeiger

Aten Neste niederließen. Mit rührender Sorgfalt nahmen sich diese 
Thiere stets ihrer jungen Brut an. Wenn der eine Storch fort- 
zing, um Futter zu holen, mußte der Jandere immer im Nesie 
suruͤckbleiben um die Jungen zu beschützen. Wem hätte es je ein⸗ 
sallen khanen, dieses schöne Familienglück zu zerstören? Gestern 
num wucden plötzlich einige Flintenschüsse auf das Storchennest 
abgefeuert. Der Wacht habende Storch verließ seine Jungen 
nicht, sondern breitete seine Flügel schützend über dieselhen aus. 
Nach dem virrten Schusse aber fiel er blutend und unter klägli—⸗ 
hem Geklapper von den Neste herunter. Der eine Flügel war 
ijm total abgeschossen. Es machte einen ergreifenden Eindruck, 
das arne Thier in seinem Blute sich winden und mit dem Tode 
ringen zu sehen. Erst heute ist derselbe verendet. Diese That 
st um so abscheulicher, als leicht vorauszusehen war, daß durch 
zden Tod des einea Storches auch die Jungen bald zu Grunde 
gehen werden. Der andere,bald darauf zurückgekehrte Storch verließ 
hon der Siunde an das Nest nicht mehr, und wahrscheinlich wird 
sowobl er als auch die Jungen Hungers sterben. Die ganze Ein⸗ 
wohnerschaft ist ob dieser fluchwürdigen That auf's äußecste ent⸗ 
rustet. Es ist fast undenkbar, wie ein Mensch so überaus roh 
und gefühlloz sein kann. Nur einem auf der allerniedrigsten 
Stufe der Gesittunz uud Bildung stehehenden, gemeinen Straßen⸗ 
rauber sollie man so etwas zutrauen konnen. Wenn aber zu einer 
solchen schmählichen That ein Mensch fähig ist, der mehr als der 
gewöhnliche Mann Anspruch macht auf Achtung und Bildung, so 
Zanen wir nicht umhin, denselben als den Rohesten unter den 
Rohen zu bezeichnen, der es reichlich verdient, öffentlih an den 
Hranger gestellt zu werden. Möge an desem Uebelthäter, dem 
Fie hiesige Gendarmerie bereit's auf der Spur ist, und dessen 
Ramen man von Jedem Schulkinde erfahren kaunn, die vollste 
Strenge des Gesetzes angewendet werden! 
fLamblrecht, 18. Mai. Diesen Morgen machte der be— 
rühmte Geisbock von hier seine Jahreswanderung nach Deidesheim. 
Zurz vor seinem Einzug wurde das stolze Thier von einer Musik— 
geseüschaft überrascht und unter Klang und Spiel in die Stadt 
geleitet, was natuͤrlich die schaulustige Menge ungemein ergötzre. 
Dda der Bock die vertragsmäßigen Eigenschaften besaß, so wurde 
sofort geceptirt, und dem Führer die Flasche Wein mil obliga 
—V 
pLandau, 20 Mai. Der erste Landauer Weinmarkt 
vurde heute Vormittag im Saale des „Pfälzer Hofes“ abghalten. 
—A Käufern und Verkäufern zu demselben war 
außerordentlich start. Ueber 500 Menschen drängten sich zu den 
an den verschiedenen Tischen in dichten Reshen aufgestellten Pro⸗ 
hen des edlen Rebensaftes. Um 10 Uhr eröffnete Herr S: mon 
Lebie Namens des Comite's den Weinmarkt mit einem 
rröhlichen „Willkommen!“ Ueber 2000 Stück »Weine aus allen 
Weinotten der Pfalz waren zum Markte angemeldet, und zwar 
hauptsfächlich 187 4er, fast durchweg köstliches Gewächs; doch fehlte 
3 auch nicht an ehrwürdigeren Jahrgängen, wie 1878er, 1865er 
ind 1868ec. — Die Ausstellung der riesigen Anzahl )von Proben, 
aͤberhaupt das ganze Arrangement des Marktes macht dem Comite 
alle Ehre. 
(Land. Eilb.) 
f Aus der Pfalz, 17. Mai. (Pf. K.) Die „Deutsche 
Turnzeitung“ enthält in ihrer letzten Nummer vom Ausschusse der 
deutschen Turnerschaft die Mittheilung, daß zu dent am 17. Mai 
in Paris siattfindenden 1. Turnfest der Union des soeiétés 
trançaises, die vor 1870 zugleich eine Verbrüderung der Völler 
anstrebte, die Turner aller Nationalitäten außer der deutschen 
eingeladen wurden. Was ist Das nun für eine Völkerverbrüd.e 
rung, wean die Deutschen fehlen! Die fremden Nationen aber 
werden doch den Speck riechen, daß man sie benutzen will, um in 
brüderlicher“ Weise über die Deutschen herzufallen. Auch hier— 
zus ersehen wir wieder, daß auf alle mögliche Weise in Franlreich 
ein seindseliger Geist gegen Deutschland gepflegt wird. 
F Reichenhall (Oberb.). Seit Anfang dieses Monats gibt 
es bei den hiesigen Gottesdiensten keinen Chorgesang, da das ge⸗ 
sammle Chorpersonal Strike gemacht hat, welcher, nachdem d'e hie⸗ 
sigen Gremien Beschwerde hierüber bei'm k. Bezirksamt eingelegt 
Jaben, leicht noch größere Dimensionen annehmen dürfte. 
f Berlin, 15. Mai. Es werden fortdauernd Erhebungen 
angestellt über den Umlauf des Papiergeldes und den Metallvor- 
raih in den deutschen Banken. Danach halten sämmtliche Zettel⸗ 
banken am 7. Mai 1283 Milliooen Mark-Noten in Umlauf und 
47 Millionen Mark in den Kassen, zusammen 1230 Mill onen 
Mark. Anu Metall waren vorräthig 807 Millionen Mark und au 
Reichs- und Landeskassenscheinen 10 Mill. Mark, zusammen 817 
Millionen. Es erg'bt sich daber, daß 366 Mill'onen Mark Noten 
ungedrckt waren oder 19 Mill. Mark weniger, als das Bankgesetz 
ohne 5-proz. Steuer echaubt. 
F Nach dem kürzlich erschienen 8. Heft des deutschen Gene⸗ 
ralstabsverks über den Krieg von 1870771 hat das deutsche Her 
in der Sthlacht von Sedan in runder Sum ne 460 Offijiere und 
3500 Mann an Todten und Verwundetlen verloten. 
p Leipzige 11. Mai. (Aus der Rechtsprechung des Reicht 
Dberhandelsgerichts.) Verkäufer hatte auf der Faltura den Ver 
nerk beigefügt: Bei Rimessen auf Nebenplätze übernehme ich kein 
Berbindlichkeiten wezen Protest und Verspätung. Der Känfer nahm 
diese Faktura vorbehaltlos an und schickte spiter dem Vrkäufe 
eine Tratte auf Görz. Shließlich klagte der Verkäufer den Kauf 
Iceis ein, indem er behauptele, der Wechsel sei nicht hondrirt wor 
den; Protesterhebuag sei zwar unterblieben, aber dafür hafte e 
nichi, indem Görz ein Nebenplat und er durch die Fakturaklause 
rei von Verantwortlichtet, übrigens auch in Görz wegen Mangelt 
zines geeigneten Beamten die Pceotesterhebung unmönlich sei. Leh 
seres zeigte sich als notorisch unwahr; dagegen hielt man di 
Fakturatlausel für verbindend, gelangle jedoch zur Klazeabweisung 
veil der Begriff bon „Nebenplatz“ gar nicht ecläuterl und nit 
mit Beweis versehen war. Dadei hielt übrigens der Gerichtsho 
in dem Principe fest, Derjenige, welcher für seine Forderung eine 
Wechsel zahlungshalber annim nt, könne nicht ohne Weiteres au 
eine alte Forderung zurückgreifen, sondern müsse darthun, daß e 
ohne sein vertretbares Verschulden aus dem Wechsel ke ne Befrie 
digung erlangt hat. 
FDie „Bonner Zeitung“ bringt aus einem vor kurzer Ze 
ecschenenen Aufsatze eines Sp cial-Arztes über kalte und warm 
Badier folgende beherzigenswert?e Mittheilungen, welche in der g 
rade jetzt beginnenden Badesaison Beachtung verdienen. „Es il 
nas oft vorgekommen,“ sagt der Vecfasser, „daß man beim G— 
zrauche von Bädern, namentlich kalter Bäder, ohne Sachkenntniu 
»der ärzliche Vocschrift handelt, und sich dadurch niht selten mehr 
Schaden zafügt, als Niitzen erzielt wird. Kalle Bäder sind nun 
kräftigen Constitutionen zuträglich. Der täaliche oder sehr häufig 
Gebrauch von Flußbädern und das lauge Verweilen in denselben 
ist nicht Jedermann, am Allerwenigsten dem weiblichen Geschlechte 
in den Entwicklungsjahren, dienlihh. Wer Neigung zu Congestio— 
nen hat, oder wessen Blutgefäße schwach sind, kann sich durch den 
derstäckten Pulsschiag, den das kalte Bad vrrursacht, sehr hachthei— 
— 
varme Bäder oder lalte Abwaschungen zu empfehlen. Das warme 
Bad ist überdies das Reinigungsbad par excellence in seiner be— 
ten Form, weil es die zahlreichen Bestandtheile des Schweißes 
velche si y auf der Hautoberfl iche niederschlagen und festsezen, an— 
lößt nnd wegspült. Zur Beförderung den Reinlichkeit und Haut⸗ 
rusdünstung trägt das warme Bad ungemein bei. Auf Nerven⸗ 
hwache wirkt es sehr beruhigend ein, und namentlich bei Mattig⸗ 
eit und Schlaflosigkeit erweist es sich als ein vorzügliches Mittel 
Das warme Bad als Reinigungsbad hat unverkennbar eine groß 
Bedeuiung für die öfsentlich⸗ Gesundheitspflege.“ 
f In dem Dorfe Wahnwegen forderte das Spielen mu 
Zündbölzchen ein Opfer. Ueber den Herganz wird uns folgend 
saarsträubende Mittheilung gemaht: Ein Knabe von 5 Jahten 
egte sich ein Heu- oder Strohbü del zurecht, setzte das 2⸗jährige 
dind des Ackerers Fels darauf und zündete das Bündel an; dat 
casch aufflackernde dürre Zeug erfaßte die Kleider des Kindes, ehr 
diesis aus der gefährlichen Nähe sich entfernen könnte, und da⸗ 
airme Kind erliti, bebor Hülfe herbeteslen konnte, solch starke Brand 
vunden, daß es denselben noch au nämlichen Abende (Mittwoch 
erlag. Der Schmerz der Eltern ist nicht zu beshreiben, man be 
fürchtet sogar, wie wir hören, für die Mutter sehr schlimme Folgen 
zesonders da dieselbe erst kürzlich eine Niederlunft durchgemat 
habe. (K. 3.) 
Weißenburg, 18. Mai. Bei dem im Shleithal sta 
gefundenen Pfecderennen wurde ein Chausseewärter von dort vor 
inem Rennpferde, welches vorher seinen Reiter asgesetzt hatte, über 
itten und derart verletzt, daß dessen Tod augeablicklich erfolgit 
Der Verunglückte ist Valer von 5 Kindern. — Bei dem ro 
veses Unglücksfalles fortgesetzten Rennens wurde später nochteab 
en Bursche überritten, jedoch ohne ernstlich. beschädigt zu werden 
4— Ein dreifaches Familienfest wurde am Pfiagstfest in einer 
Familie in Mühlhausen im Elsaß gefeiert Es dverehelichte —X 
in diesem Tage die Tochter des Hauses, während gleichzeitig di⸗ 
Fitern die sitherne und die Großeltern die goldene Hocje 
eierten. 
pHeusweilter, 19. Mai. Gestern Nachmittag zwische 
1und 5* Uhr hatten wir hier ein furchtbares Hagewwetter, welche 
inige Fluren der Gemarkungen Heusweiler, Niedersalbach, Cur 
jof, Hirtel, Eyweiler ꝛc. total zerstötte; am Meisten hitten du 
Zornfelder, welche sämmtlich abgenäht werden miüissen. Einigi 
Fluren benannter Gemarkungen sind vom Hagel nicht getroffen 
ind einige nur beschädigt. Der Hagel fiel in Eisstücken 
Bröße eines Hühner-Eies; 4 Stücke solcher Hagelkörner wozen . 
is 18 Loth. Die Fensterscheiben wurden dermaßen zertrümmert