Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
der St. Anpberter Anzeigec (und das mit dem Hauptdlatte verbundene Uaterhaltunasblatt, it der Dienstazs⸗, Donnerstags- and Sonntags 
hammer erscheint woventlid viermal: Dinstag, Donner stagz, Sumstag und Sonmntaa. Aponne nentspreis vierteliährig 42 Krzt. od· r 
1 Mark 29 R.Pfz. Anzeigen werden wit 4 Krir. die dreispaltige Zeile Blattichrift oder deren Kaum sereqnet. 
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Donnerstag, den 27. Mai 
— 
Deutsches Reich. 
München, 19. Mui. Hinsichtlich der von der „Pf. Zig.“ 
ebrachten Mittheilung über die erfolgte Verhaftung des Garni⸗ 
nsverwalfungs-Diretstors Pauli in Germersdeim lönnen wir aus 
ester Quelle die Mittheilung machen, daß derselbe nicht wegen 
igener Amtsuntreue, sondern auf Grund der Angabe eines ver⸗ 
zafteten, ihm seinerzeit in Würzburg unterstellt gewesenen Unterbe- 
inten in Bezug auf d'ie von dem Ltzteren vollführten Unterschla⸗ 
ungen und Betrügereien betreffs Beheizungématerials vom Diern ste 
arbendert worden ist, welche Maßregel sich voraussichtlich bei dem 
grenwerthen Charekter des erstgenannten Mannis als eine voll⸗ 
jändig ungerechtfertigte erweisen wird. (Fr. Ztg.) 
Pünchen, 24. Mai. Der Kronprinz und die Frau stron⸗ 
rinzeffin des Deutschen Reichs besuch'en heute das National⸗ 
stufeum und speisten Nachmittags bei dem englischen Geschäfts— 
räger Mortier. Die hohen Heirschaften werden morgen Nachmit- 
ag üher Regensburg die Rück eise vach Berlin fortsetzen. 
Berlin, 22 Mai. Von der Parade, welche zu Ehren des 
donigs von Sachsen, des Gosts unfseres Hofes in Potsdam statt⸗ 
and, wird dem „Börs. Conr.“ folgender amüsanter Zwischenfall 
zählt. Die Parade war, durch einen Fehler im Arrangement, 
me Stunde früher zu Ende, als vorausgesetzt wurde. Der Extra⸗ 
ig berließ Potsdam, er fuhr in den hiesigen Vahnhof ein — aber 
ein Hofwagen, keine Equipage, alle erst für eine Stunde später 
zestellt, war zu erblicken, als Kaiser und König den Perron ver—⸗ 
eßen. Nun war guter Rath theuer. Unmöglich konnte doh der 
daistt seinen Gast zu Fuße durch die Straßen Berlins führen; 
ucch unmöglicher konnte man eine Droschle erster Classe, das ein⸗ 
yge Beförderungsmittel, das in Sicht war, zur Heimfahrt benutzen. 
Bas also tihun? — Endlich war Graf Lehndorff, der Flügelad 
utant des Kaisers, der Retter aus der Noth. — Sein kleiner 
jzagdwagen erwarteite ihn bereits, aber er bot napp für 8 Per- 
onen Platz. Doch man wußle sich zu helsen, Kutscher und Diener 
nußten ihre Plätze verlassen, die beiden Monarchen besliezen den 
Wagen, Graf Lehndorff bestieg den Kusschersitz, ergriff die Zügel 
ind kutschirte selbst in voller Galla-Uniform die Monarchen nach 
dem Schlosse. Erstaunt sahen die Possanten dem leichten koketten 
Heschirte mit den beiden Monarchen, kutschirt von einem Flünel⸗ 
Adjutanlen en grande tenue, die Brust mit Orden bededct, und 
)en Helm mit wehendem Busch auf dem Kopfe, nach, ohne sich 
Ursache einer so zwang- und elikettelosen Fahrt erllären zu 
loͤnnen. 
In der „Schles. Zig.“ erläßt ein katholischer Geistlicher einen 
lufruf an seine Amtsbruͤder zur Friedensschließung mit dem Staate. 
Jeder Einzelne soll ein Schreiben an den Cultusminister richten, 
nn welchem er die unbedingte Unterwerfurg unter die Staatsge— 
ehe zusagt, aber darum bittet, seinen Namen erst dann zu rer⸗ 
yffenllichen, wenn sich eine Ptehrzahl herausgestellt hat. Wenn 
dann einige Namen auf einmal veröffentlicht würden, so würde 
das auf die Bischöfe und die zurückgebliebenen Priester einen großen 
kindruck machen. 
Stuttgart, 24. Mai. Der „Staatsanzeiger? konstatirt, 
)aß die Markrechnung in Württemberg am 1. Juli voraussichtüch 
ucht nur auf dem Papfer, sondern in Wirklichke't in's Leben tre— 
e werde, da ein genügender Münzvorrath vorhanden sein werde. 
Oesterreich. 
Wien, 24. Mai. Die „Neue freie Presse“ sagt, daß eine 
ꝛemnächsti;e Begegnung des Kaisers von Oesiterreich mit dem Kai⸗— 
et von Rußland und dem deuischen Kaiser eine entschiedene Sache 
en und wahrscheinlich in Ems stattfi din werdr. 
Die „Preesse“ meldet, daß vor einigen Tagen ein Individuum 
Lamens Josef Wiesinger hier verhaktet wurde, welches beschuldigi 
it, sich an den Jesuite-General Beckx mit Vorschlägen gewendet 
u haben, gegen den deutschen Reschskanzler ein Attentat verüben 
uu wollen. Mit Rüchscht auf den Umnstand, daß noch ein Com. 
duce gesucht und die Untersuchung erst nähere Aufllärungen geben 
vird, müsse vorläufig weitere Veröfsentlichung unterbleiben. 
Bermischles. 
F Kaiserslautern, 24. Mai. Zu dem am 28. Mai 
in Berlin stattfindenden außerorden lichen deutschen Handelstage, 
nuf welchem über den Beschluß der Reichs-Justiz-Commisson, betr. 
zie Aufhebung der besonderen Handölsgerichte. berathen werden 
oll, hat auch der hiesige Handels- und Fabrikrath einen Vertreter 
in der Person des Fabrikanten Heinr. Weber gewählt. (Kjrl. 3.) 
Ludwigshafen, 22. Mai. Wie in den Vorjahren so 
verden auch d'eses Jahr auf den Pfälzischen Eisenbahnen mieder 
Badereiseb'llete mit 30 pCt. Fahrtaxermäßigung und Beschränkung 
jeftimmte Nachmittags- bezw. Abendzüge ausgegeben. Die Aus— 
zabe findet slatt bei den Stationen Frankenthal, Dürlheim, Wachen⸗ 
jeim, Deidesheim, Mußbach nach Lud vigahafen; be den Stationen 
steustadt, Haßloch, Bobl-Iggelheim nach Ludwigshafen oder nach 
Speyer; bei der Station Landau nach Max miliansau oder nach 
Hermersheim; bei den Stationen Dreihof, Hochstadt, Zeiskam nach 
Germersheim und bei den Stationenn Weißenburg, Schaid‘, Win— 
den, Langenkandel, Bergzabern nach Maxim'liansau— 
F Edenkoben. Ter angeschossene Storch, von dem wir 
jüngst berichteten, hat sich wieder erholt, allein der eine Flügel 
war so beschüdigt, daß er amputirt werden muß'e. Der Schaf—⸗ 
garten hat den armen Invaliden aufgenommen, wo derselbe jetzt 
raurig umherwandelt. 
7 Frankfurt, 24. Mai. Bei dem Brande des Güter⸗ 
Bahnhofes der Hessischen Ludwigsbahn in Mainz wurden 42 
Büterwagen und 6 Personen-Waggons, welche gewöhnlich in den 
Wiener Schnellzügen kursiren, von den Flammen verzehrt. Die 
Ladung der Güter-Wagen war die verschiedenartigste, zwei waren 
deispielk weise mit Pianino's belastet. Im Publikum verlautete, 
ein Zug mit Shlachtvieh sei auch verbrannt; d'ies ist jedoch nicht 
der Fill, denn dir betreffende Zug konnte noch ausgefahren wer⸗ 
den nund nur die Thiere des Schluß-Wagens warden beschädigt, 
so daß sie gelödtet werden mußten. 
Frankfurt, 24. Mai. Ein Dienstmädchen im Gast⸗ 
haus zum „Schwanen“ in Bockenheim war von ihrem Dienstherrn 
wegen Nachlässigkeit gescholten worden. Um sich zu räche;, machte 
dieselbe den Versuch, dessen einjähriges Kind zu vergiften. Zu 
diesem Behufe schabte sie von Zündhölzern den Phosphor ab und 
mischte diesen in Milch, welche sie dem Kinde zu trinlen gab. 
Durch heftiges Schreien des Kindes wurde man aufmerksam und 
durch ein rasch verordnetes Brechmittel das Kind gerettet. Das 
Mädchen wurde verhaftet. 
F Ein Münchener Blatt enthält folgende Annonce: „Ein 
Mädchen, welches gewillt ist, einen Polytechniker, der bis zur Voll⸗ 
endung seines Stiudiums noch ein Jahr braucht, mit Marl 500 
ju unterstützen, in der Absicht ihn zu heirathen, schicke ihre Offerte 
nebst Chiffre zc.“ 
Der verstorbene Bischof von Passau hat der Armen, wie 
tets, auch bei seinem Tode gedacht, und wurden nach seiner hinter⸗ 
lassenen Weisung in jeder der vier Pfarreien 1000 fi. aa die 
Armen vertheilt, im Ganzen also 4000 fl. 
f De französische Stadt Argenteuil, die seit alter Zeit all⸗ 
jährlich dem Souverain ein Körbchen ihres vortrefflichen Spargels 
endete, hat d'esss Jahr diese Huldigung nicht Mac Mahon, son⸗ 
dern Gambetta dargebracht. 
Wir machen hierdurch auf die im heutigen Blatte stehende 
Annonce der Hecren Kaufmann und Simon in Hamburg 
esonders aufmerksam. Es handelt fich hier um Original-Loose 
u einer so reichlich mit Haupt-Gewinnen ausgestattelen Verloosung, 
zaß sich auch in unserer Gegend eine sehr lebhafte Betheiligung 
oraussetzen läßt. Dieses Unternehmen verdient das volle Ver— 
rauen indem die besten Staatsgarantien geboten sind. 
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Für die Redalktion verantwortlich: F. X. Deme