lichsten Feinde zu sehen, welche uns geschlagen haben; betrachten
wir sie nur als glückliche Spieler, welche von uns zwei Provinzen
und fünf Milliarden gewonnen hauen. Wenn es moͤglich ist, nicht
gegen sie, sondern mit ihnen eine Partie zu spielen, welche den
Sdaden von 1871 erseht, warum sollten wir nicht mit ihuen spe
sen? Warum sollten wir die Erinnerungen an unsere Vergangen
heit, den Interessen unserer Zukunft gegenübergestellt, uns daran
hindern? Haben wir nicht eben dem Schauspiel beigewohnt, daß
ver Kaiser don Oesterreich nach Venedig gegangen ist, daß er dem
önig von Ilalien die Hand geboten und herzlich gedrückt hat?
Haben wir nicht gesehen, daß der Kaiser von Rußland unsern
nbant von 1815, unsere Expedition nach der Ktrim 1856 und
unsere diplomat sche Campagne von 1863 zu Gunsten der polni⸗
schen Jusurrektion dergessen hat und nach Berlin gegangen ist, um
zu Guusten des verdächtigen und angeklagten Frankreich sein Wort
rinzulegen? Was Oesterreich und Rußland gethan, weshalb sollte
es Frankreich nicht ihun köͤnnen? Warum sollten unsere Skrupel
gröher sein als die ihren? — Von den leicht erlennbaren falschen
Voraussetzungen abgesehen, aus die sich diese Vorschläge stützen,
berdienen diefelben in irrem positiven Theile recht viele aufmerk
same Leser in Frankreich.
e
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6.
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* St. Ingbert, 28. Mai. Das am 26. Mai zu Hon
burg stattgehabte pfälzische Hauptmissionsfest war aus der Naͤhe
int' us der Ferne sehr zahlreich besucht und bis in die kleinsten
Winkel war die neue protest. Kirche, in der der Festgottesdienst ge⸗
halten wurde, gedrücht voll. Die Kicrche selbst ist ein prachtvoller
Bau; nach den freien Seiten mit hübschen Anlagen umgeben,
macht sie schou in ihrem Aeußern den besten Eindruck, der noch
gehoben werden wird, wenn der dem Style des Ganzen eutspre
chende Thurni aufgeführt sein wird. Das Innere mit einem vor⸗
züglichen neuen Walter'schen Orgelwerke liefert durch die Gefäll g
keil und Harmonie seiner Ausführung und Ausstattung den Beweis
daß man in unserer Zeit auch „schön“ zu bauen versteht.
d. Aus der Festprdigt, von Missionsprediger Irion gehalten,
der 20 Jah e in Indien as Missionär thätig war, hebe ich nur
hervor, daß gegenwürtig 63 Missionsgesellschaften existiren, die
2000 Missionäre ausgesendet haben, welchen wieder 10,000 Ge⸗
gilfen zut Seite —V 150 Sprachen
derbratet wird. Aus dem Jahtesberichte ging hervor, daß in der
Pfalz eiwa 6000 fl. zu Viijsso nszwecen aus 158 Pfarreien (von
224) eingingen. Zwei Pfälzer waren als Missionäre thätig; einer,
Misfionar Ferner aus Ejsingen, der einzige Sohn einer W.ttwe,
ist im Laufe des Jahres auf der Sclavenküste in Westafrika, wo
er station'rt war, gestorben.
Viele Vesu her mag wohl die Nachricht angezogen haben, daß
Missio ar Ramseyer spiechen werde. Ramseyer war bekanntlich
ijber 4 Jahre mit se ner Frau und enem andern Missionar Na⸗
mens Kühne in der Gefangenschaft der Aschanti's, eines wilden
ennmbalischen Negervolkes auf der Wesiküste Afrikas und wucde
erst im verflessenen Jahre durch einen für die Engländer siegre chen
Krieg, den sie mit den Aschantis führten, frei. Grauenvoll waren
die Leiden der Gefangenen und entjetzlich ihre Entbehrungen, denen
auch ein Söhnchen Raͤmseyers erlag. Erst durch die Ankunft eines
Negerprinzen, der in seiner Jugend in Ensland erzogen wurde
nd der id 'ihrer annahm, änderte sich ihre Lage in der letztern
Zrit der Gefangenschaft zum Bessern. Intetessant war noch, was
Herr Rams her über Land und Leute, Leben und Religion der
Aschantis jagte. Er gedentt sit wieder zu besuchen und hofft einen
ceichen Erfolg seiner Thätigkeit unter ihnen.
f Si. Ingbert, 28. Mai. Gesieirn am Frohnleichnams—
seste, an welchem eine große Menge Feemde hier waren, entstand
in der Weirich'jchen Wirihschuft zwischen Burschen aus dem Preußi—
schen Streit, welcher in eine Sqhlägerei ausartete, wobei mit Glä
jer geworfen und mit Stühlen geschlagen wurde, wodurch mehrere
jedoch nicht gefährliche Berwundungen vorlumen. — Durch das
alsbaldige Einireffen der Polizeimanuschaft und Verbringen in das
Verwahrungslokal der meist betrunken gewesenen Ruhestörer, wurde
dem Scandal ein Eade gemacht.
Der Redac eur und Verleger der in Kaiserslautern erschei⸗
neuden „Volkszeitung“ wurden wegen eines Leitartikels mit der
Ueberschtift ‚Uerer den Mißbrauch des Nauens Gottes“ vor das
aachste Schwurgericht verw'esen.
pSpeser, 25. Mai. Das nach 8 42 des Landtass
Abschiedes vom 28. April 1872 für die Feuerwehren und Ge—
meirden der Pfalz bestimmte Eine Prozent aus der Summe der
Braudentschädigungen beträgt für das Jahr 1874 2295 Gulden.
Hieraus werden folgende Unterstützungen verabreicht und es erhal⸗
en: der Ausschuß des Pfälz'schen Feuerwehrverbandes 700 fl.
di: Gemeinden: Niederotterbach 200 il., Homburg 200 fl., Kinds
bach 100 fl., Erfenbach und Stodborn 200 fl. Hoheneden 100
Altenbamberg 100 fl., Ruppertsecken 180 fl., Reipoltskirchen 1
fl., Osterbrücken 100 fl. Ranschbach 100 fl. Grethen 50 fl. H
I13 Al., Utweiler 80 fl. Zusammen 2295 fl.
FDer diesjährige Verbandstag der pfälzischen Genossenschaß
wird am Dounerstag den 24. Juni und Freitag den 25. J
—XE
der deutschen Genossenschaften wird Herr Ludolf Parisius (Gard
legen) an den Verhandlungen Theil nehmen.
4 Dürkheim, 26. Mai. In der gestrigen Stodtrathssitzun
wurden sämmilichen Lehrecn an der hiesigen Volksschule eine Ge
haltszulage von je 100 fl. zuerkannt. Der Beschleß wurde nag
erregier Debatie mit 158 gegen 6 Stimmen gefaßt.
4In Glanmünchweiler rettete der Arbeiter Joseph Donauer
zwei Kinder aus dem Glan, die in Gefahr waren zu ertrinken.
München, 25. Mai. (Agl. Militar-Bezirksgericht.) Eir
wirklich seltenes Beispiel von empörender Rohheit und Gemeinhei
gad der Unteroffizier Heinrich Neumayer vom 2. Infanterie⸗Reg.
der sich wieder einmal des Mißbrauchs der Dienstgewalt durd
Soldalenmißhandlung schuldig gemacht hat. Nicht allein, daß e
beim Exetzieren die Ungeschidten ins Angesicht schlug, daß ihner
Nase und Mund blutete; nicht nur, daß er einem Soldaten mi
dem Gewehrkolben auf die Fußspitzen stieß, daß diejer mehren
Tage nicht auftreten lonnte, daß ei einem anderen mit der Fauß
auf die Brust stieß, daß dem Mißhandelten unwohl wurde, und
ihn Sergeant Obermaier fragte, warum er so blaß sei; er befah
auch denjenigen seinem Kommando unterstellten Soldaten, welch
ihre Sade besser machten, die Ungeschidte anzuspeien EC) um
zwar unter Bedrohungen aller Art. Der Staatsanwalt bemerkt
daß ihm ein solcher Grad von Gemeinheit noch nicht vorgekommen
sei und beanttagie 1 Jahr Gefängniß, obleich Neumayer gut be
jeumundet ist. Der Gerichtshof verurtheilte den Angeklagten in
dessen nur zu 4 Monat Gefängniß und Degradirung zum Gemei
nen. Angefichts der so häufig vorkommenden Mißhandlungen vor
jungen Leuten, die zu den Fahnen einberufen sind, kann ein sol
ches Urtheil unmöglich als zu strenge angesehen werden.
üschaffenburg, 24. Mai. Geitern Abend ist in Hof—⸗
stätien bei Kleinwallstadt ein achtbarer Bürger, Jagdpächter S.
bon seinem eigenen Sohne, der sich in angetrunkenem Zustand⸗
hefand, erstochen worden. Der Verbrecher, dem Niemand in tuhigen
Zustande Aehnliches zugetraut hätte, ist bereits hierher eingeliefert
(Asch. 3).
Bamberg, 19. Mai. Heute wurde das appellations.
gerichtliche Urtheil in der Berusungssache des Pfarrers Traut in
Seßlach (welcher einem Sonntagsschüler, der ihm auf der Straß
datt des Grußes die verkehrte Körperseite zugewendet hatte, in de
Zchule 10 Stochstreiche hatte aufzählen lassen und deßhalb in erste
Instanz zu 3 Monat Gefängniß veturtheilt worden war) verkündigtu
Decselbe wurde unter Annahme mildernder Umstände zu 80 Thalet
Strafe verurtheilt. Die Kosten trägt die Staatskasse.
.Frantfurt, 24. Mai. Heute Morgen ereignee sich im
Schlachthaus ein bedauernswerthes Unglück. Ein mit dem Aus
schlachten eines Ochsen beschäftigter Bursche stach sich durch eigen
Unvotsichtiglkeit mit dem Messer in den Unterleib. Er lief nor
mit der tlaffenden Wunde zu dem nächsten Chirurgen und stürzm
daselbst ang kommen todt zusammen.
Minz. Ueber den Brand in der Ladehalle des hie sige
Bahnhofs meldet die „Mz. Ztg.“, daß das Fener dssen Entstet
ung noch nicht genügend aufgeliärt ist, am Samstag Abend sech
Uht ausbrach undie etwa 800 Fuß lange, aus Holz gebaute(p rod
iotische) Halle in unglaublich kurzer Zeit sammt den darin befindl iche
Bulern zerstörte; die Flamme schlug noch über eine Straße und
setzte eine gegenũber stehende, augenbiicklich leere Halle in Brand
Auͤßerdem wurden 80 Wagen theils durch die grobe Hitze meb
der minder beschädigt. Feuerwehr und Mlitar arbeiteten ang
trengt, um des Feuers Herr zu werden, und als de Nacht au
hrach war dasselde in der That gelöscht. Die umliegenden Ho
jager waren unversebrt. Ein Bericht im „Frkf. J.“ sagt. daß 4
Huͤter⸗ und 6 Persone wagen vom Feuer zerstört wurden. Do
Grrücht, daß auch ein Zug mit Schlachtveh verbrannt sei.n
uigegründet; der Zug konnte noch ausgefahren werden, nar
jm letzten Wagen befindiichen Thiere wurden beschädigt und mußn
getödiet werden. Der Schaden an Gütern, wird von der .Mau—
3.auf 200,000 fl., an Transpartmaterial auf 80,000 fl.
chätzt (etz eres wohl zu nieder gegriffen, wenn die obigen Ange
on Ib re de gerstötten Wagen richtig); so weil der Schaden d
hessische Luvrwigsbahn trifft, ist er durch Verficherung gedeckt.
p Mainz, 25. Mai. Ueber die Entstehung des Brandes
der Güterhüsle der Hessischen Ludwigsbahn geht dem „Mzr. Tgbl
folgende authentische Nachricht zu: Ein Commis der Frrma Ka
Jakobs war beauflragt, aus einem in der Frankfurter Adtheilun
Idl bei der Holzbrück⸗, lagernden großen Spritfaß ein Ad