Si. Angberler Anzeiger.
der Sb. Inaberter Anzeiger (und das mit dem Hauotblatte verbundene Uaterhaltuagsblatt, nit der Drenstagt⸗, Doanecstags⸗ and Sonnt ags
ummer erlcheint wochentlich vBiermal: Dinstag, Donner sStag, Samstag und Sonntag. Apane nentsupreis vierteliahrig 42 Krit. oder
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Sonntag, den 80. Mai
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Deutsches Reich.
München, 27. Mai. Der Ersatz-Bedarf des stehenden Heeres
n Bayern für 1875 beträgt 17,159 Mann, hierzu kommen 1276
Mann, welche im Jahr 1874 freiwillig in die Armee eingetreten
ind, so daß im Ganzen 18,485 Mann auf dte Bezirke der acht
Infanterie-Beigaden treffen. Von den auszuhebenden 17, 159 Mann
ommer: zu den 16 Infante rie-Regimentern 9325 Mann, zu den
10 Jäger-Bataillons 1943 Mann, zu den 10 Cavallerie-Regimen⸗
ern 2419 Mann, zur Equitations-Anstalt 70 Mann, zu den 6
Artillerie-Kegimentern 2066 Mann, zur Ouvrier Compagnie 42
MNann, zur Feuerwerks ˖ Compagnie 31 Mann, zu den 2 P'onier⸗
hatailloren 392 Mann, zur Esenbahn-Compagnie 41 Mann und
u den 2 Trains-Bataillons 831 Mann.
Berlin, 25. Mai. Wie in Oberschlesien, haben auch in der
Begend von Danzig bis nach Carthaus hin die unruhigenden Auf—
rile in den Schulen statt gefunden. Die „D. Zig.“ bringt meh⸗
ere Berichte u. A. folgenden aus Bankau: „Nach den Pfingst⸗
ejertagen fiel es den Lehrern auf, daß so wenige Kinder in den
zhulen anwesend waren. Auf die Frage der Anwesenden, wes⸗
halb die Anderen gekommen seien, erfolgte die Antwort, daß deren
ẽltern nicht wollten, daß sie veckauft werden sollten. Höchst er⸗
daunt darüber, fingen die Lehrer an. der Sache nachzuforschen,
und so hat sih denn ergeben, daß sich unter der katholischen Be⸗
pölkerung das Gerücht verbreitet hat, die Anwesenheit des Kaisers
hon Rußland, der ein großes Land, in dem aber wenig Menschen
wohnen, erobert, habe den Zweck gehabt, Kinder zu kaufen, um
dafsselbe zu bevölkern. Die Lehrer seien dazu ausersehen, das Ge
chaft zu vermitteln, und bekämen pro Kopf 2 Thaler. Natürlich
jaben die Herren Lehrer nicht versäumt, in geeigneter Weise Auf
lärung erfolgen zu lassen, dennoch waren 6 Mütter aus Kowalh
eschienen, um sich persoönlich von dem Wohlergehen, resp. dem Noch
orhandensein ihrer Kinder zu überzeugen. Jeden Einsichtigen muß
o etwas schmerzlich berühren, zu hören und zu sehen, daß Jemand
nur das dümmste Gerücht aussprengen und doch sicher sein darf,
daß dasselbe, namentlich von der irre geleteten katholischen Ein
wohnerschaft, geglaubt wird. Einige Fälle haben doch wieder be—
viesen, daß nicht jeder geringe Mann sich beirren läßt. So wurde
von einem der Knaben geantwortet, weßhalb er denn trotz Abrathen
von anderer Seite in die Schule gekommen sei, daß ihm sein Vater
das befohlen, weil die anderen Leute verrückt seien. Ein anderer
Hater batte seinen Jungen mit dem Treost bingesendet, daß er sich
dor dem Verkaufen nicht fürchten dürfte, unser Kaiser würde sich
jüten, seine künftigen Soldaten zu verkaufen.“ An wehreren Orten
vurden die Schullokale gewaltsam gesprengt, um die Kinder zu
befreien“. (Pf. P.)
Im Elfaß werden, wie man der „N. A. Z.“ mittheilt, von
ranzösisch gesinuien Heißspornen hohe Wetten darauf angeboten,
saß das Eisaß am 1. Mai 1877 wieder französisch sein werde
luf eine solche Weite im Betrage von 2000 Fr. ging ein Beam⸗
er bereitwillig ein der nicht nur ein geborener Eisasser ist, son⸗
»ern mehrere Jahre lang in französischen Diensten gestanden hat.
dies machte den „Proprieta're“ doch ein'germeßen fiutzig und er
ragte mit Bezugnahme auf die nicht allzuglänzende pecuniäre Lage
s Mieth?mannes, wie er seiner Verpflichtung bei Verlust der
Wetle werde nachkommen können. Da erhielt er die getroste Ant⸗
wort, doß er wohl Vürgen für solche Summe in Deutschland fin—
»en werde und nicht etwa nur Einen, sondern 3924 Millionen,
zaß er sich aber begnügen wolle, einen Bürgen zu siellen, nämlich
)en ersten Diener des Reiches, von dem er gewiß sei, der halte
e Wette, den deutschen Reichskanzler Fürst Bismarck.
Frankreich.
Ein in Paris erscheinendes bonapartistisches Journa)
wvnßte kürzlich über eine Unterhaltung zu berichten, welche gele—
jentlich der Anwesenheit des Czars Alexander in Berlin zwischen
diesem und dem Fürften Bismarck stattgefunden hätte und deren
Begenstand speziell d'e Zukunst Frankreichs gewesen sein soll. Der
rufsische Kaiser soll dem Fürsten Bismarck die Einhaltung einer
friedlichen Politik Frankreich gegenüber angerathen und hiebei ge⸗
außert haben, daß die bevorstehenden allgemeinen Wahlen ohnedies
die Wiederherstellung des Kaiserreiches zur Folge haben werden.
das „Journal des Debais“ veröffentlicht nun ein ihm von einem
ben in Eins weilenden Russen zugekommenes Schreiben, worin
zegen jene dem Czar in den Mund gelegten Worte entschieden
Protest erhoben wird. Man wird wohl nicht irren, wenn man
die Quelle jenes Bri⸗fes bis in die Umgebung des Fürsten Gort⸗
schakoff zurückführt. Insoferne gewinnt es eine gewisse Bedeutung,
wenn jener außergewöhnliche Kotrespondent betont, daß von Peters⸗
hurg aus kein Schritt geschehen sei, welcher die bonapartist sche Par⸗
tei berechtigen könnte, Rußland ein lompromittirendes Entgezenkom⸗
men zuzuschreiben. Rußland habe kein Motiv, heißt es in jenem
Schreiben, die Napoleo s, deren Name allein shon ärzerliche Er⸗
unerungen weckt, insbesondere zu lieben. Diese Dynastie habe mit
jsenen Sympathien, welche Rußland Frankreich Juwendet, nichts zu
hun.
Versailles, 27. Mai. Die Nationalversammlung begaun
heule die Berathung des Gesetzentwurfs über die Concessionirung
der Lyoner Compagnic zum Bau mehrerer neuen Linien. Der
Arbeitsminister Caillaux vertheidigte die Vorlage und nahm dabei
Veranlafsung zu erklären, Frankreich sei in eine Periode des Frie—
dens eingetreten und wolle im Frieden bleiben. (Das hört sich
besser als das Reoanche-Geschrei,. Die Becathung soll morgen
fortgesetzt werden.
JMußland.
D'ie Petersburger Blatter geben mit palriotischem
Stolz ihrer Freude Ausdruck über den begeisterten Empfang. der
dem Ka'ser Alexander nicht blos Seitens des Deutschen Kaiserho⸗
fes, sondern auch Seitens der Bevölkerung der Deutschen Haupt⸗
stadt zu Theil geworden ist. In sympathischen Leitartikeln feiern
sie die alte Waffenbrüderschaft Rußlands und Preußens und sind
darin einig, daß, so lange die Freundschaft zwischen beiden näch—
tigen Reichen besteht, der Friede Europa's gesichert ist.
Schweitz.
Basel, 28. Mai. Den ‚Bafeler Nacht.“ zufolge ist Mar—⸗
ichall Bazaine seit einigen Tagen bei dem Grafen Persigny in
Benf zum Besuch.
Italien.
Nach dem Fadelzuge, den man dem kronprinzlichen Paare in
Venedig bebracht hat, schickten die Veranstalter desselben nach⸗
stehendes Telegtamm ab: „Fürst Bismarck. Berlin. Die Venetianer
henutzten die Anwesenheit der kronprinzlichen Herrschaften zu einer
zroßartigen Demonstration, um ihre lebhaftesten Sympathien für
Deuischland zu erkennen zu geben.“
Vermischtes.
Aus dem Bliesgau. Ueber die bevorstehende Firmungs«
reise des Hrn. Bischofs v. Haueberg im Dekanate Zweibrücken wird
Folgendes mitgetheilt: In St. Ingbert wird der Hr. Bischof am
12. Juni eintreffen und am 13. firmen. Am Muwntag den 14.
Juni ist Firmung in Ensheim; Dienstag den 15. in Habbkirchen;
Miitwoch den 16. in Nied-tgailbach; Donnerstag den 17. in Me—
zelsheim; Freitag den 18. in Großfteinhausen; Samstag den 19.
in Lautzlirchen. —8
EIn der Sitzung des Polizeigerichtz zu Kaiserslautern
yom 28. d. M. kamen unter andern folgende wichtige Fälle zur
Aburtheiung: Adam Fecht, Schieferdecler von Kaiserslautern erhielt
vegen Blaumontagsfeier 8 Tage Haft. Heinrich Schwarz, Bäcker
von Dansenberg, welcher so übermäßig rasch durch die hiesige Studt
itt, daß die Paffanten fast nicht ausweschen konnten, und dabei
ein Pferd in der Weise mißhandelte, daß er es durch Schläge mit
inem Peitschenstocke üuber den Kopf und die Augen zu einer ra⸗
enden Geschwindigkeit antrieb, wurde wegen Thierquälerei und
ibermäßig raschen Reitens mit 12 Tagen Haft besiraft. Jacod
koppenhösec, 15 J., von Hochspeyer, welcher ein Vogelnest aus⸗
jahm, wurde mit 8 Tagen Haft belegt. Ein Fabrikarbeiter und