Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
der St. 3 naber ar Tnjeiger (und das mit dem dauptblatte verbundene Uaterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags 
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8 94 Donnerstaa, den 17. Juni 
1875 
Deutsches Reich. 
Müunchen. S. M. der König hat gestattet, daß den bayer 
holtsschullehrern, welche an der 6. Hauptversamm'ung des Volks 
qullehrervereins in Kaiserslautern Theil nehmen, freie Rückfahrt 
i 3. Wagenklasse auf den Staats- und Ostbahnen von der Ein— 
gangestation bis zu der ihrem Heimathsorte nächstgelegenen Eisenbahn— 
alion auf die Daner von 8 Tagen nach Schluß der Versamm 
umg gewährt werde. 
Aus München, 14. Jun', schreibt mag der „Allz. 3.“: 
Dem alsbald nach den Wahlen einzuberufenden Landtag wird außer 
ciuem G.setzentwurs über den Waldschutz auch ein solcher über 
wangsweise Ablösung der sämmtlichen Forstrechte in Bayern vor— 
gelegt werden. Es sino die Vorarbeiten hierüber berets zu Ende 
geiührt. Nicht allein des landwirthschaftliche Centralcomite, son⸗ 
hetn auch die einzelnen Kreiscomite's sollen sih für Adlösung der 
Forstrechte ausgespro hen haben. 
Münchsein, 15. Juni. Die Mittheilung der „Allgem. Ztg.“, 
aß asbald nach den Waählen der Landtag einberufen werde, ist 
enbegründet; es ist v'elmehr d'e Berfung desselben 
dot der zweiten Hälfte ds Sep'ember nicht beabsichtigt. 
Hebor das Budget für die nächste Finanzperiode den Kammern 
vo gelegt werden kann — und das wird vor Mitte September 
uicht möglich sein — ist in der That auch kein Anlaß vorhanden, 
ie Kammern zu versam neln. 
Berlhin, 14. Jun'. Bei der württembergischen Armee 
wird der preußische Waffenrock eingeführt. — Rußland und Eng— 
and schicken Kriegsschiffe nach Griechenland. 
Berlin, 15. Juni. Der Schluß des Laadtages fand heufe 
Mitlag in gemeinsemer Sitzung der be den Häuser statt, indem der 
Bicepräsident des Staatsministeriums eine königliche Botschaft ver— 
laßs, welche den Schluß der Sission auf heute anordnet. 
Berlin, 15. Juni. Der Prozeß Arnim hat heute in zweiter 
dastanz begonnen. Der Angeklagte ist nicht erschienen. Der Staats 
anwalt beantragte abermals 22 Jahre, der Vertheidiger Frei 
sprechung. Die betr. Artenstücke werden verlesen und die Sitzung 
um 83 Uhr geschlossen. 
Italien. 
Am 13. d. waren es dreiß g Jahr', daß Pius 9. den päpst— 
lichen Thron bestieg. 
hm substitu'rt, daß er Gefallen daran habe, wenn sich die Völlker 
erfleischen; unzweifelt seien Dieß schwere Beleidigungen; der Artikel 
nthalte ferner empfindliche Beleidigunrgen des Reichskanzlers v. 
Bismarck, des ersten Beamten des Reiches; er werde ein Schmindler 
in Bezug auf seine Amtsthätigkeit und ein geschickter Escamoleur 
zjenannt und es werde von feiner abnormen Vermessendeit gesprochen; 
zu h nicht die pol'tischen Gegner hätien das Recht zu solchen An— 
zriffen, dem Reichskanzler gebühre wegen seiner hohen Stellung ge— 
rade eine besondere Ehrerbietung, in dem fraglichen Artikel werde 
er aber augenfällig beleidigt; der objektive Thatbestand der Bele⸗ 
»gung des deutschen Kaisers und des Fürsten v. Bismarck als 
seichskanzler seien erwiesen. Aber auch das Bewußtsein der Ver⸗ 
chuldung sei sowohl bei d'Angelo als bei Rohrvorhauden gewesen; 
»Angelo sei verantwortlicher Redakteur; sollte er den Artikel nicht 
zelesen haben, so sei trotzdem seine Verantwortlichkeit nicht aufgeho— 
»en; auch Rohr, der Eigenthümer und Verleger der „Pjfälzischen 
Bolkszeitung,“ sei strafrechtlich haftbar, er sei Mitthäter, er habe 
den seiner Tendenz entsprechenden Artikel verbreitet, die von ihm 
u seinen Gunsten angeruferene Streichung des Wortes „frech“ beweise 
nur seine Mitwirkung und bezüglich der Calpab lität, daß ihm dieses 
Beiwort doch zu start vorlam. 
Der Vertheidiger der Beschuldigten entgegnete, der Artilkel ent⸗ 
jalle nichss Strafbares. es sei ja nur allgemein davon gesprochen, 
atz man den Namen Gostes nicht mißbrauchen solle, u d es be⸗ 
jandle demnach der Artikel ein religiös-sittliches Thema; es seien 
eine Persönlichkeiten unter den Fürsten genannt, es hätten ja ge⸗— 
diß alle Bundesfürsten beim letzten Krieg Gott angerufen und nicht 
kaiser Wilhelm allein; auch Napoleon habe den Herrn der Heer—⸗ 
chaaren angerufen; Napoleon, der im Interesse seiner Dyn stie den 
riez geführt habe, während Teutschland ihn aus Nothwendigkeit 
ühcte, sei viel genauer gelennztichnen; übrigens müsse nicht abso⸗ 
ut der Krieg von 1870,71 gemeint sein, wir hätten ja in jüngster 
Zeit viele andere Kriege erlebt. Was Bismarck anlange, so sei gar 
nicht gesagt, daß der Reichskanzler ein Schwindler sei, sor dern daß 
er in den politischen Schw'ndel unabsichtlich hineingerathen sei; 
»as Wort „Escamoteur“ beziehe sich gar nicht auf den Kanzler, 
venn aber doch, dann sei zu bemerken, daß es in dieser Anwendung 
durchaus keinen schlimmen Sinn habe und keine Veleidigung, so: deru 
iür einen gesch'ckten Staatsmann eher ein Lob enthalt; gerade die 
sohe Stellung des Fürsten setze ihn der Heitik aus und diese müsse 
er, wie jeder andere Staatsmann, ectragen können. Sei auch der 
objektive Thatbestand gegeben, so mangele doch das Bewußtsein 
der Beleidigung; hätten dir Beschuldigten dieses Bewußtseingehabt, 
'o hätten sie den Artikel gar nicht verbreitet; außerdem sei Roer 
gar kein Mitthäter sondern höchstens Gehilse, nur der verantwort⸗ 
liche Redakteur sei strafrechtlich haftbar, nach dem bon der Aaklage 
aufgestelltem Prinzip müß'en dann auch Korrektor, Drucker und 
Austrüäger der Zeitung haftbar sein; die Beschuldigten seien dem— 
nach freizusprechen. 
—A 
en die Frage über d'e Thäterschaft, nahmen jedoch bei dem Be— 
schu'dgten Rohr Beihilfe an, worauf d'Angelo freigesprochen und 
Rohr zu einer Gefammtgefängnißstrase von 3 Wochen verurtöeilt 
yurde? 
Pfälzisches Schwurgericht. 
UI. Quartal 1875) 
7 Zweibrücken, 14. Juni. (J1. Fall, Schluß.) Der Be—⸗ 
duldigte d'Angelo erklärte auf Befragen, er sei der verantworlliche 
edalteur der „Pfälzischen Voikszeitung,“ den Namen des Verfas— 
rz des fraglichen Ärlikels müsse er verweigern, das Manustrip 
iahe er nicht gelesen u.ndd erst, nachdem das Blatt gedruckt war, 
hate er Kenntniß von jenem Aufsatze, in welchem er uͤbrigens nichte 
derfängliches gefunden habe, erhalten. Rohr gab an, daß er der 
dorrekfursireifen des fraglichen Artikels in Vorlage gebracht habe, 
und zwar deßhalb, weil er, wie darauf ersichtlich, das Wort, frech,“ 
welches dem Worte „Vermessenheit“ im zweiten Absatze beigefetz! 
war, gestrichen habe; Dieß, glaube er, muͤsse zu seiner Entschuldig⸗ 
ung dienen; er selbst habe gemeint, der Verfasser des Artikels z'ete 
uf Napoͤleon. 
Die kgl. Staatsbchörde machte geltend, daß unter den jüngs Bermischtes. 
tbnten Streitigkeiten nur der deutsch-französische Ktieg von 1870471 FSpeier, 14. Juni. (Pf. Z3.) Eine Rev sion, keziehungs- 
meint sein könne und daß unverkennbar auf die Telegramme und veise Erhöhung der Haussteuer scheint brworzustehen. Das Gesetz 
hroklamationen, welche in jener Zeit der jetzige Kaiser an Volkund jom 10. Jan. 1856 bestimmt nämlich, daß die Regierung eine 
Heer richtete, angespielt sei, wenn gesagt würde, die Beherrscher olche Revision anordnen soll, sobald d'ie Miethzinse in einer Ge— 
skoßer „intelligenter“ Völker hätten kbei ihren Streitigkeiten Gott meinde um 2506 gestiegen sind. Die Regserung hat nrun Ange⸗ 
augerufen, ihnen beizustehen; der Angriff aber auf die Majestät des sichts der momentanen Erhöhung der Mieihen in einzelnen Städlen 
—EX sei ein erstaunlich niedriger, es werde die Schuld an dem mif Grund jenes Gesetzes eine Revision der Häusersterer in allen 
suoßen Kriege, der von Frankreich in freventlicher Weise vom Zaune Siädlen der Pfalz angeordaet. Das Bürgermeisteramt Speier ist 
sebtochen wurde, dem Kaiser beigemessen, der Krieg von 1870,71 aufzefordert worden, eiue Commisston von 36 Schätzern der Mieth— 
betde nur als Privalstreitigke't zwischen Wilhelm und Napoleon erträgnisse für die Regulirung der Häusersteuer zu wahlen. In 
xhandelt, der Ka'ser vermessen, dumm und verblendet genonnt urd Ludwegeshafen hat die m't dieser Piethschätzung beauf rigse Com⸗