Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
der St. Puoe Tnfeiger (und daß mit dem Haudtblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienttagt⸗,Donnerttags⸗ and Sonntags 
Aummer erscheint wöchentlich Sier mal: Dinsetag, Donnerstag, Samstag und Sonn tag. Abonnementspreis vierteliährig 42 Krzr. ede 
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MAIOoc-. 
1875 
hire bei dem üppigen Wachsthum der Reben ist allerdings eine 
Drutstätte des Pilzes, welcher ungewöhnlich intensiß auftriu. Die 
Weinberge sind bedeckt mit Unkraut, da d vdem feuchten Wetter 
ꝛoch nicht gerührt werden kounnte; es wird daher, um schwefeln zu 
onnen, nothwendig werden, zunächst die Erde leicht abzuheben, 
eim ersten gusen Tag zu schwefeln und dann erst in zwei oder 
»rei Wochen zu rühren, nachdem der Schwefel gewirlt hat. Die 
Fülle von Trauden ist ganz erstaunlich; um so mehr muß Alles 
ze:han werden, um die hlänzenden Aussichten möglichst sicher zu 
lellen. (Pf. 3.) 
F Die mit 1. Juli außer Curs gesetzten Halbgulden süd⸗ 
eutscher Währung, sowie der gewalzten 30 Kreuzer und 15 Kreu⸗ 
er⸗Stücke werden, behufs Entrichtung von Staatsgefällen auch bei 
denek. Notaren, Gerichtsschreibern. Rentämtern, Zollkassen, Auf⸗ 
hlagstationen, dann bei fämmtlichen Kaffen der k. Posi⸗, Eisen⸗ 
ahn⸗ und Telegraphenberwaltung bis zun Ende des Monats Okto: 
ber im vollen Nennwerth in Zahlung angenommen. Jedoch sollen 
die Besitzer im eig nen Interesfe nicht das Ende der Einlösungs⸗ 
frist abwarten, sondern fragliche Münzen bei den Einld'estellen zur 
aldigen Unwechslung bringen. 
F Ein wackerer Mann. Zu Ende der vorigen Woche nahm, 
wie die Grazer Tagesp.“ erzaͤhlt der in Marburg stalionirende 
Maschinenführer Haupt, welcher den Personenzug Nr. 406 von 
Marburg nach Villach führte, auf der Streecke zwischen Marburg 
ind Prävali einen auf dem Geleise liecenden Gegenstand wahr. 
Zaupt hielt denselben ursprünglich für ein Thier. Auf etwa 50 
dlafter naäher kommend, erkannte er mit aller Bestimmtbeit, daß 
ein schlafendes Kind auf dem Schienenstiange liege. Obwohl nun 
Ner genannte Füͤhrer fofort bemüht war, den Zug mit allen ihm 
zu Gebote stehenden Mitteln noch rechtzeitig zun Stillstande zu 
»ringen, so wäre, hervorgerufen durch den Nachschib der Wagen, 
ein Ueberfahren des Koͤrpers unbermeidlech eingetreten, wenn Haupt 
nicht von der Maschine gesprungen, dem Zuze im schnellften Lauf 
)orangeeilt uad das Kind vom Geleise entfecnt hãtte. Im näch⸗ 
ten Augenblicke passirte auch der Zug die Stelle, an wescher das 
chlafende Kind, ein Madchen von zehn Jayren, die Tochter eines 
Zahnwächters, gelegen hatie. Der wackre Mann, durch dessen Gei⸗ 
tesgegenwart ein Menschenleben dem sichern Tode entrissen wurde, 
nerdient die rühmlichste Anerkennung. 
F. Bonn, 29. Juni. Auf dem Studentenkommers, der zu 
Ehren des Kultusministers in der Beethovenhalle gefeiert wurde, 
ereignete sich ein höchst bedauerlicher Vorfall. Zu vorgerücktester 
Stunde, als die Gem—ther durch die genossenen Getränke erregt 
waren, geriethen zwei Studenten in Streit, der damit endigie, daß 
der eine seinem Gegner einen Messerstich versetzte. Der Verwun— 
dete liegt gegenwärtig in der Klinek. Sov'el dis jetzt bekannt, sind 
die beiden jungen Leute betrunken gewesen, was jedoch die Rohheit 
an sich nicht entschuldigt. Die eingeleitete Untersuchung wird wohl 
hest mitere Resuliate erzielen. 
f Ein werthvoller Fund. Die „Linzer Tagespost“ meldet: 
deider ist in den letzten Jahren in den Archiden verschiedener alter 
Schlösser und Burgen Oberösterreichs rücksichtslos aufgerdumt wor⸗ 
den. Sind doch vor nicht langer Zeit mehr als hundert Zentner 
Pergamente und Aufze chnungen aus einem einzigen Schlofse von 
Oberösterreich nach Triest gewaudert, um dort als Matmatur per⸗ 
wendet zu werden. Mancher still geretlete Schatz wurde der ilei 
Vermischtes. ien Bibliothel des Gmundener Pfarrers —XXC 
FFrankenthal. Dem Franlhenthaler Arb iterforibii⸗ diesen vor zwei Jahren der betannte Gelehrte Professor Heinrich 
ungsverein wurde vom Regierungspräfdenten v. Braun in Aner- Zrunner aus Berlin, ein geborner Oberösterreicher und Siudien- 
ennung seiner Bestrebungen und zur Unterstützung der von demsel⸗ oslege Koch's, besuchte, übergab er ihm zwei deutsch geschrlebene 
en verfolgten Zwecke ein Geschenk von 50 flaus der Stiftung Sr. Pergamentblätter, die Bruchstücke einer alien „Schwabenspegel-Hand⸗ 
hal. des Koͤnigs zur Foͤrderung der Gewerdssthäligkeit zugewendet. chrift.“ 
(F. W.) Die Blatter wanderten nach Berlin in die Hand Mommsen's 
fVom obern Gebirg, 80. Juni. Die Traubentiankheit ind von doc nach München in die Hand des Professors L. Ro— 
leider wieder da, und zwar um 14 Tage früher als fonst; auch dinger, des ersten „Schmwabenspiegel“⸗ Kenners der Gegenwarst. 
e Entwidelung der Trauben, was damit zusammen zu haäugen Ueber diese werthvollen Stücke äußerte sich nun vor Kurzem Pro⸗ 
beint, ist um jo viel weiter als gewöhnlich. Die schwüle seuchte fessor K Nockin zer dahin, daß sie jener Gruppe angehdten. welche 
Deutsches Neich. 
München, 29. Juni. Das Nebeneinanderstehen von zweierlei 
dewehrmodellen im deutschen Heere hat zu Versuchen geführt, wie 
dieses zu beseit'gen sei, ohne die vorhandene vollstandige Bewaff⸗ 
aung der bayerischen Arnee äudern zu müssen. Als vorzügliches 
Mitlel hiezu wurde die Aptirung des bayerischen Werdergewehres 
auf die Patrone des Mausergewehres erkanat, wodurch uͤbrigens 
nicht allein die gleiche Einheitspitrone für die gesammte deuische 
Infanterie erzielt soudern auch die Leistung des Werdergewehres 
bedeutend erhoͤht wird, und zwac sowohl in seiner Treiffaähigkeit, 
die auch in seiner Tragweite. Nachdem die seit April in die 
Militärschießßtfchule auf das Lechfeld ko nmandirten Offiziere der 
Infanterie und Jäger das b ster betriebene Präzisionsschießen mit 
WBerdere und Mausergewehren beendigt haden, beginnen nunmehr 
eingehende Schießproben mit den apt rten Werdergewehren. 
München, 1. Juli. Heute erschien ein Hittenbrief des hie 
igen Erzbischofs betreffend die bevorstehenden Landlagswahien. 
Derselbe ermahnt, nur solche Männer zu wählen, welche den Glau 
ben durch Wort und That bewährten, starken Muth und uner 
qütterliche Treue besitzen, um unter allen Wechselfallen für Thron, 
Baterlaud, Relegion, Kirche, Gesetz und öffentliche Ordaung einzu— 
telen. Der Hirtenbrief schließt mit der Änordnung, daß derselbe 
ꝛeim pfarramtlichen Gottesd enst von allen Kanzeln der Erzd ces⸗ 
yhne Zusätze oder Erläuterungen vorzulesen sei. 
München, 1. Juli. Wie die „Süddeutsche Presse“ m't- 
heill, haben mehrere Seelsorgegeistliche der Erzdiszese Dünchen- 
Frehysing vor Erlaß des Hirtenbriefes an den Erzbischof eine eben⸗ 
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olchen Wahlhirtenbriefes gerichtet. Dus genannte Blatt wird das 
zezügliche Schreiben selbst morgen veröffentlichen. 
Straßburg, 1. Juli. Der König von Sachsen traf heute 
vn Kehl kommend auf dem Polhgon ein. Die Parade des 6. 
suchsischen Infanterie-Regiments Nr. 105 daselbst nahm bei herr⸗ 
sihem Wetter einen glänzenden Verlauf. Nach Beendigung derselben 
rach der König zuerst den Officieren und dann dem ganzen 
Regiment seine Anerkennung und seinen Dank für die nets bewährte 
usge zeichnete Haliung des Regiments aus. 
Aachen, 1. Juli. Der Cultusminister Dr. Fall ist gestern 
Ibend, von Düsseldorf kommend, hier eiagetroffen und am Bahn⸗ 
hufe von dem zahlreich versammelten Pubucum mit enthosiastischen 
dundgebungen empfangen worden. Die Stadtverordneien, öbei 
velchen die Utramontanen übecwiegen, haben es abgelehnt, der 
duthaussaal für ein dem Minister zu gebendes Bankett herzugeben 
sotgen begiebt sich der Minister nach Düren und kehrt an demfel 
en Tage nach Düsseldorf zurück. Daselbst wird ein großer Facel 
ug vorbereitet.