Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler AAnzeiger. 
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I1875 
Deutsches Reich. 
Mäünchen, 19. Jan. Ueber die Verhandlungen der igl. 
Staotsregierung mit dem Verwaltungsrathe der bayerischen Ost⸗ 
bahnen betr. Anlkaufs derselben hörti man, duß die Differenz des 
Kaufpreis · Angebotes gegenüber der Forderung des Verwaltungs⸗ 
cathes eine kineswegs ganz geringe sei, da der Verwaltungsrath, 
auf g 8 der Sazungen sich fußend, den Durchschnitt des Frank 
jurter Kurses der lezten 10 Jahre berechn t. 
München, 20. Jan. Die allerhöchste Entscheidung betr. 
der Masier sür den Generals- und den Kürassier Helm Ast noch 
ausstehend, doch wird disselbe in kürzester Zeit erwartete. 
Münchenn, 20. Jan. Die legisla torischen Vorarbeiten 
einer Reform der Steuergesetz? sind im k. Finanz ninisterium be⸗ 
reiis so weit bethäthigt, daß voraussichtlich die bezüglichen Vorlagen 
vahrend der XIiI. Finanperiode dem gesetzgebenden Korper gemacht 
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München, 20. Jan. Als Tag des Wiederzusamme tritts 
unserer seit 16. Juli v ˖ Is. vertagten Kammern ist jetzt Montag, 
15 Febr. in Aussicht genommen, und man glaubt, daß es ihnen 
möguch sein wird, ihre diesmalige Aufgabe bis Ostern zu er⸗ 
ledigen. 
Räünqzen, 21. Jan. Gestern Vormittag wurde der Verleger 
der „Neuen Freien Volkszeitung“ Marchner wegen Fluchtversuches 
in Folge eines in geheimer Sitzung des Bezirksgerichts Munchen 
d. J. gefaßten Beschlusses verhaftet. Marchner war vom ober 
haierischen Schwurgericht wegen Beleidigung des Deutjschen Kaisers 
und des Fursien Bismarck zu 10 Monaten Gefängniß verurthe ilt 
worden. (N. N.) 
Berlin, 19. Jan. Der Bundesrath genehmigte heute die 
Vorlage wegen Erweiterung der Befestigungen von Straßburg. 
Zerfin, 20. Jan. Der Reichstag erledigte eine Reihe 
von Petionen, die Eisenbahntarife betreffend, und nahm nach län⸗ 
zerer Berathung den Benda' schen Antrag auf Einberufung einer 
nqudle⸗Kommission zur Untersuchung der Tariffrage an. Diese 
dommission soll in nächster Reichstagoͤsession Bericht erstatten. Der 
Präsident des Reichseisenbahnamtes verwies im Lauf der Debattt 
auf die bekannte neueste Denlschrift des Reichskanzlers an den 
Bundesrath, in deren Richtung sih die Bundesrathsbeschlüsse im 
Wesentlichen bewegen würden; er hob hervor, daß die Reichsregie⸗ 
ung dabei objektiv unpartei'sch und gleich sehr den Kredit der 
Fisenbohnunternehmungen wie die oͤffentlichen Verkehrsinteressen 
gewürdigt habe. Zur Einsetung einer aus Mitgliedern des Bun— 
desraths und Reichsstags besiehenden Kommission hält Präsident 
Meydach den Reichstag nicht für kompetent. — Hierauf wurde der 
Anttag von Schulze-Delitzsch auf Diäten in dritter Lesung ohne 
Debatte angenommen. 
Berüin, 21. Januar. Der Reichstag berieth in 
beinahe sechsstündiger Sitzung über die Wahlen des Herzogs von 
Ajesn und Prinzen zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, erllärte erstere für 
ungültig, rügte das Verfahren des Landraths und beantragte eirn 
Amersuchung über die übrigen Vorgänge bei der —— 
Auf Anirag Gneist's wurde die Wahl des Prinen Hohenlohe 
Ingelsingen ebenfalls beanstandet. Rächste Sitzung morgen. 
Die Bundesrathsausschüsse fir Handel und Eis nbahnen 
beantragen beim Bundesrathe zu beschließen, daß eine weitere Er⸗ 
debung des interimistischen Fractzuschlags von höchstens 20 pCt. 
mner der Bedingung gestatiet werde, daß bein Transport auf 
Wagenladungen und auf mindestens 45 Kilometer Entfernung 
oom 1. Apruü 1875 ab der Zuschlag für Brennholz, mehrere 
Dungungsmittel, Kohlen, Koaks, Erze, Steine, Roheisen, Bauholz, 
Vieh und einzelne Futtermittel wegfällt. 
Frankreich. 
Paris, 20. Jan. Ein spanischer Cabinetslkurier ist hier 
eingetroffen, welcher nach Berlin geht und dem Kaiser Wilhelm 
ein Schreiben des Koͤnigs Alphons übecbringt, worin dieser seine 
Thronbesteigung anzeigt. 
Varis 16. Jan. Es bestätigt sich daß der Mini“er 
Taillaux mit einer Gesellschaft von Cap'talisten, an deren Spitze 
Michel Chevalier steht, und der auch die Nordbahn⸗-Gesellschaft 
angehört, einen Vertrag unterzeichnet hat, welcher auf die Anleg- 
ing eines unterseeischen Tunnels z ↄschen Calais und Dover ab⸗ 
ielt. Nachdem ein französischer und ein englicher Ingenieur, 
Thome de Gamond und Hawlshaw, jeder für sich Studien gemacht 
Zulen. welche die Moͤglichteit eines solchen Tunnel ⸗Baues außer 
Zweifel stellien, dachte man zuerst daran, eine internationale Ge⸗ 
ellschaft zu grüunden. Da dies indeß in Folgeder Verschiedens 
Jeiien der franzdsischen und der englischen Gesetzgebung auf Schwies 
i deiten stieße, ertstanden zwei getrennte Gesellschaften, eine 
ranzösische und eine englische, die sich zunächt nur mit 
zen Vorarbeiten befassen und auf denselben zusammen vier Mil⸗ 
ionen Francs verwe den wollen. Die französische Gesellschaft 
vat nun für ihre Vorarbeiten die Erlaubniß des Staates nachge⸗ 
sucht; sie erhietet sich, zwei Millionen Francs für dieselben auszu⸗ 
zeben, gegen Zusicherung, daß sie, wenn das Resultat ein günsti˖ 
Jes wäre, auch die defi itive Concession zu dem Tunnel erhalten 
solle. Die franzosische Regierung hat sich zuvor versichert, daß die 
eaglische dem Unternehmen keine Hindernissein den Weg legen wird 
Paris, 19. Jan. Die republikanischen Blätter fordern die 
Regierung auf, so schnell als möglich eine definitive Staatsform 
zu schaffen, sonst werde man dem Bonapartismus nicht entgehen. 
Mac Mahon scheint diese MühedenLetzteren überlassen zu wollen, welche 
außer sich sind vor Freude und Siegesgewipheit. Sicher ist, daß 
die jetzige Ltationalversammlung fast keinen Grund und Boden 
nehr im Volke besitzt, und bei einem Plebiscit oder einer Neuwahl 
sich erstaunliche Veraͤnderungen ergeben Lwürden. Der Ausschuß 
der Kammer, welcher die Wahl des Napoleonisten Bourgoing in 
Nievre zu untersuchen hat, beschloß gesterr, die weitesten Nachforsch⸗ 
ungen über das Vorhbandensein eines bonapartistischen Centralcomites 
anzustellen. Diese Untersuchung koͤnnte unter Umständen so lange 
dauern, bis in Paris plötzlich die Existenz eines bonapartistischen 
staisers zu Tage tritt. 
Paris, 21. Jan. 47 carlistische Ofsizier haben in Bayonne 
ihren Uebertritt zu dem König Alfons erklärt. 
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4 Die königl. Lehrer an der Zweidrücer Gewerbschule bezie— 
hen, einschließlich der Zulagen und des aus der Ertheilung des 
Unterrichts an der gewerblichen Fortbildu gsschule fließenden Ein—⸗ 
'ommens folgende Jahresgehälter: Hr. Rektor Hofer 2400 fl., 
Ir. Sedelmaier 20605 fl., Hr. Luxenburger 1866 fl, Hr. Anschütz 
I665 f., Hr. Eisemann 1765 fl.. Hr. Meyer 1565 fl. und Hi. 
Bächle 1185 fl. 
7 Der Schreiner Ehrmann von Edenkoben wurde von dem 
Bezirksgerichte Landau wegen Beleidigung des Kaisers und Vismarcks 
zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. 
F Quirnbach, 21. Jan. Heute zwischen 12 und 1 
Uhr batten wir, nachdem es den ganzen Vormittag anhaltend 
zeregnet, ein sehr heftiges, von starkem Hagel begleiteles Gewitter. 
Blitz u. Donner waren so heftig,wie in den heißesten Sommertagen. 
F Nürnbera, 15. Jan. Der oberste Gerichtshof hat 
in Betreff der Lebensmittelpolizei eine w'ichtige prinzipielle Entschei⸗ 
dung getroffen. Um wenigstens soweit als mözglich den mit den 
Betreidepreisen in keinem Verhältnisse stehenden hohen Brodpreisen 
entgegen zu treten, hatte der hiesige Stadtmagistrat eine ortspoli⸗ 
‚eiliche Vorschrift erlassen, wonach die Bäcermeister gehalten sind 
die Sorten des schwarzen Vriodes zu bestimmten Gewichten aus⸗ 
zubacken, wobei ihnen die Feststellung des Preises überlafsen bleibt. 
Früher wechselte das Gewicht, während der Preis unveränder 
olieb.)Ein Backermeister, der sich gegen diese ortspol'zeilich? Vorschrift 
verfahlte, wurde vom Stadigeriqte freigesprochen, da der Richier 
innehm, daß in Folge der Reichsgewerbeordnung die Polizeibehöre 
jören nicht befugt seien, derartige Verordnungen zu erlassen. 
Ddas Bezirksgericht als zweite Instanz verurtheilte jedoch den Baͤder⸗ 
neister zu einer Geldstrafe von 2 Thlr. Der oderste Gerichts⸗ 
hdof, hei welchem Nichtigkeitsbeschwmerde eingelegt wurde., hat nun