Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
—AX Aenger (und dat mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltangsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnertiags⸗ and Sonniags 
—* erscheint wbHentlich vie rmal: Dinbstag, Donnerstaag, Samttag und Sonntag. Abonnementapreis vierteliahrig 42 Arir. ode 
1 Wark 20 R.Pfg. Anzeigen werden Sit 4 Krir. die dreispallige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. 
QIIs 
Eonntag, den 28. Juli 175 
— — 
Deutsches Neich. 
zweibrücken, 24. Juli. (Abgeordneten-Wahl.) 
die zZ Kandidaten der Forischrittspartei sind gewählt, näm⸗ 
ich die HH. Oberappellrath Karl Schmidt von München, Bezirke— 
minann Gustav Schmitt von Pirmasens mit je 116 urd Bürger— 
reistet Jalob Hoͤh von Gehardsbrunn mit 114 Stimmen. (Auf 
sen. Landrichter Trauth von Blieslkastel firlen 2 Stimmen.) Die 
z Gegner (Ultramontane) gaben ihre Zettel, mit „Wahlprotest“ 
eschtieben, ab. Derselbe lautete: „Die unterz. Wahlwmänner des 
bahlbezirks Zweibrücken⸗Pirmasens sehen sich veranlaßt, ihrer Wähler 
uszukben, daß sie durch Wahlenthaltung gegen die Ungefetzlich⸗ 
eiten der Urwahl prokestiren, mit dem Vorbehalte, einen molivir 
Protest der Kammer der Abgeordneten zu uaterbreiten “ 
Landstuhl, 24. Juli. Für Hom burg⸗Kusel wurden zu 
ogeordneten · gewaͤhlt⸗ De. Eugen ⸗ Buhl von Deidesheim mit 
17, Bezirldamtmann Siebert von Neustadt mit 120 und Land 
hter Kuby von Edenkoben mit 929 Stimmen. 
Kaisers lautern, 24. Jul. Die soeben beendele Abgeord⸗ 
aenwahl ergab folgendens Resultat: Vaillant 184 St., J. W. 
acob 189 St. Herc 189 St. Jacob tritt später zu Gunsten 
aun's zurufß. J 
Für NeustadtLandau ist das Ergebniß der Abgeord⸗ 
enwahl folgendes: Abstimmende 248. Ge.vählt sind: Tillmann 
Edesheim mit 205, Anwalt Keller in Landau mit 204, Ja⸗ 
ob Extecr in Neustadt und K. H. Wolf in Wachenheim mit je 
03 Stimmen. 
Berlin, 20. Juli. Das kaiserliche statistische Amt ist von 
Zeiten des Reichskanzleramles mit der Aufgabe betraut worden 
der die sämmtlichen Eivilstaudsakte im deuischen Reiche eine all 
emeine Statistik aufzunehmen. Zu diesem Zweck find die Landes 
gierungen von Seiten des Bundesraths angewiesen worden, all⸗ 
htlich eine Uebersicht über die Zahl der Ebeschließungen, der Ge— 
srenen und der Gestorbenen aufzustellen und dem ka serlichen sta⸗ 
dischen Amt einzureichen. 
Ausland. 
Newyork, 2. Juli. Eine Entscheidung, welche für die nach 
autsckland und in den dortigen Unterthanenverband zurückgekehr⸗ 
n Bürger der Vereinigien Staaten von Wichtigkeit ist, wurde in 
zesen Tagen von dem General⸗Anwalt in Wahhington getroffen. 
die Frage, ob der hier geborene Sohn eines zwar hier naturali⸗ 
sitten, aber wieder preußischer Staats-Angehöriger gewordenen 
Baters, der seinen dauernden Aufenthalt in Deutschland genom—⸗ 
nen, doct der Militärpflicht unterworfen sei, nachdem er in Deutsch 
and das gesetzliche Aller dazu erlangt, wurde in der Weise be⸗ 
mtwortet, daß aus Grund der beiderseiligen Gesetze und der zwi⸗ 
chen Deutschland und den Vereinigten Staalen bestehenden Ver⸗ 
raͤge der Sohn eines solchen früheren amerikanischen Adopt vbür⸗ 
ers a4wei Nalionalitäten besitze. Er sei während seines Aufent⸗ 
altes in Deuischland, dessen Schutz er genieße, zwar der Militar⸗ 
licht unterworfen, könne aber nach erlangter Großsährigkeit, so⸗ 
ald er in die Vereinigten Staaten zurückkehre, auf das durch 
eine Geburt ihm zugefallene amerikanische Bürgerrecht im vollsten 
lnfange Anspruch machen und sei selbst zun Präsidenten der Ver⸗ 
migten Staaten wählbar. (K. 3.) b 
Jateressant ist eine jetzt in der Presse cicculirende Liste der 
mertkanischen Staͤdte, deren Shuld Über eine Millio ibeträgt. Es sind 
eißig an der Zahl. Den Reigen eröffnet New York (mit 
12,292 Einwohnern) mit 123 Mallionen. Hierzu kommen noch die 
sachbarst dte Boollyn (836,000 Einw.) mit 35 Mill onen, Jersey 
aty (83,000 Enw.) mit 14 Millionen und Newark (105,000 
inw.) mit 9 Mill. Philadelphia (674,000 Einwohner) hat es 
uf 61 Millionen, Boston (300, 000 E.) auf 44 Millionen, Bal⸗ 
more (267,000 Einw.) auf 29 Mill onen, das kleine Washington, 
as aber die Ehre hat, Bundeshauptstadt und Mittelp anlt verschies 
ener Ringe“ ju sein, bei 69,000 Einwoh sern auf 24 Millionen 
ind New-Orleans auf 22 Millionen gebracht. Dann folgen noch 
Städ!e mit einer Schuld von 10 bis 17 Mislslionen, fünf hallen 
sich zwischen fünf und zehn Millillionen und zwölf sind mit weniger 
ufrieden. Den günstigsten Standtpunkt nimmt in dieser Reihe 
Zan Franlisco ein, welches bei 180,000 Einwohnern nur3,700,000 
—„chulden hat. Im Ganzen beträgt die Schuldenlast jener 30 
Ztädte 486 Millionen Dollars. Die Schuld der kleineren Städie 
ind der Kreise (Counties) wicd auf 880 Millionen veranschlagt; 
jusammen also auf 480 Millionen, die außer der Nationalschulb 
uind der Schuld der verschiedenen Staaten von Bürgern durch 
Steuern verzinst werden müssen. Ein außerordentlich großer Theil 
zieser enormen Schuld ist bekannilich durch Betrügereien und sonstis 
se Mißverwaltung den Gemeinden aufgehalst worden,. — 
Bermischtes. 
4J Berlin, 20. Juli. Beim Stadtigericht wird nächstens ein 
ateressanter Prozeß gegen acht Fürsten und sechs Priazessinnen der 
Fam'lie Radziwell. und den Bevollmächtigten derselben. den Reichs⸗ 
agsabgeordneien Legationsralh a. D. von Kehler, zur Verhand⸗ 
ung kommen. Der Klager ist der hiesige Häuseragent Kuh, der 
SZachverhalt folgender: Das in der Wilhelmsstraße gelegene Hotel 
kadziwill wurde Anfang dieses Jahres an das Reich für sechs 
Millionen Mark verkauft. Herr Kuh hatie im Jahre 1878 den 
ßedanken gehabt, daß das Grundstück jür den Bau eines Parlae 
nents geeignet seiu dürfle und war deshalb in; Verbindung mit 
»er Familie Radziwill resp. deren Bevollmächtigten b. Kehlex gee 
reten. Spater pflog indessen der Flüͤgeladjutant des Kaisers, Fuͤrft 
Anton Radziwill, unmitlelbare Vechandlungen mit dem Reichs⸗ 
tanzler und hatte d'esem das Grundstück verkauft. Herr Kuh for⸗ 
»erte nun eine Provision von 60,000 Mark, wurde aber zurück— 
—A 
iicht dazu aher aufgefordert worden sei. Er bedauptet dagezgen, 
zaß der Verkauf auf seine Thätigkeit zurükzuführen sei und der— 
angt deshalb seine Prov sin. 
F Berlin, 20. Juli. Bei unserer jeungasse dorée, unter 
velcher sich auch Personen befinden, auf, die weder das eine, noch 
)as andere dieser beiden Worte vereinzelt angewendet werden lann, 
jat sich neuerdings ein neuer Sport herausgebildet, das Wetten 
arüber, ob Jtmand den Muth hat, mittelst des Luftballons auf⸗ 
usteigen. Herr Godard, der jetzt hier anwesende Luftschiffer aus 
dacis b'etet hierzu Gelegenheit. Als er in voriger Woche aufstieg, 
jatte einer seiner beden Mitredendeneine Wette entrirt, bei wer⸗ 
her es sich um die Summe von 1000 Thlr. handelte, die er natür⸗ 
ich gewann, weil er mit dem Luftschiffer von der Charlottenburger 
Flora bis zur Hamburger Flora flog. Wie Fama sagt, soll ihm 
afür auch die Entlassung aus seiner bisherigen Stellung in einem 
jiesien Bankgeschäft zu Theil geworden sein. Ebenso soll auch 
iner der beiden am Sonntag aufgestiezenen Roues eine Wette 
von 500 Thaler durch sein Aufsteigen gewonnen haben. 
* Eine amerikanische Butterfabrik, in welcher künstliche Butter 
abricirt wird, soll in Potsdam demnächst eingerichtet werder. Die 
Internehmer sollen, wie das Potsd. Tgl. meldet, Amecikannr sein 
ind die känstliche Butter in derselben Weise wie in ihrer Heima'h 
zerstellen. Das Verfahren ist kurz folgendes: Als fettige Sub— 
imz wird Rindstalg in Anwendung gebracht; dasselbe werd in 
großen Retorten ausgelassen und alsd nnein große Reibmaschinen 
zebracht, wo das Fett zu Sahne gereben wird. Hiecauf, werd 
zie Sahne einem chemischen Verfahhren — Geheimniß des Erfi— 
»ers — unlerzozen, nach welchem alsdann die Butter gewunschen, 
zesalzen und alsdann in Blöcken eingeschlagen wird. Der Preis 
der Butter soll sich, bei vorzüglichstem Geschmack, auf die Hädlfte 
des Preises der jetzigen stellen. 
7 KKln, 22. Juli. Die Zunge der Kaiserglode ist aus 
her Maschinenbaufabrik in die Glocke zurückgekehrt, aber noh nicht 
jelöstz, denn der Klöppel will nicht mitwirken, daß de,Gloce tönt. 
Vie große Anstrengungen man gestern Nachmittag magie, die 
daiserglocke verrharrte dabei, sich in tiefes Schweigen zuhüllen. 
(B. u. H. 3.)