nefaͤlscht, bezw. verdorben zu betrachten sind, in den letzten 8 Mo⸗
jaten dor der am 15. März d. J. eingeleite“en Untersuchung feil⸗
gehalten zu haben. Den ersten Tag der Verhandlungen nahm
zJusschließlich die Vernehmung der Zeugen in Anspruch. Es wa—
ren derer nicht weniger als 73 (darunter etwa 30 Entlastunas
zeugen) geladen, mit Einschluß des Sachverständigen (der Direklot
der landwirths hafilichen Versuchsstation zu Rufach). Unter den
zeugenaussagen hibe ich als besonders charalteristisch die Aposlrophe
ner Frau aus Marlirch hervor: ‚Vieber wolli' ich pures Brun—
jenwasser trinken, als solchen Wein!“ Die heutige Sizung war
)er Rede des Vertreters der Staatsanwaltschaft und der bdeiden
Lertheidiger der Angellagten gewidmet. Der Erstere geißelte mit
charfen Worten das „gemeingefährliche Treiben“ der beiden Wein⸗
abrikanten und beantragte für Jeden eine Gefängnißstrafe von 9
Monaten. 8 Jahre Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, 1000
Mark Geldbuße und außerdem Konfiskation sämmtlicher in Beschlag
zenonmenen Weine. Die Verthe di ung bestritt den Thatbestand
zes Betruges, der Fälschhung und Feilhaltung, und wies darauf
jin, daß das Systennt der modernen Weinfabrikat'on im Elsaß ein
veiterverbreitetes sei und in den leßten Jahren schon mauchen
chlichten Qüfer zum Franken⸗Milionäc“ gemacht habe. Das Ur—
‚heil wurde auf den 18. September vertagt.
fIn Zit tau sind unter den Soldaten des 10212en In—
santer:e⸗Reniments massenha fte Etkrankungen vorgekommen, so dafß
jegen 50 Mann von den Cantonnements-Uebungen haben zurücd
zlteiben müfsen. Nach einer Mittheilung der Bautz. Nachrichten“
ind dieselben ia Folge des Genusses von Würsten aus der Spe'se
Unstalt des Regiments an der Trich' nose erkrankt.
Glogau, 30. An Sonniag war unsede Stadt mit Ca—
pitalien förmlich überfluthet. Auf den Sraßen fand man Actien von
nam haften Nennwerth, in Höhe b s8 zu 8000 Thlr., Dienstmädchen
hiel en in den Waistläden die geringsten Wursiqquantitäten in Achen
und Dividenscheine von 200 Thaler und darüber eingeschlagen;
lürz. des Glückes wäre lein Eude, wenn die hohen Werihp piere
uicht. Actien des Niederschlesischen Kassenvereins und der Saganer
Bereins Fabrik gew sen wären, die dieser Tage in Grüneberg als
Maculatur derauctionirt· worden sind. Viele dieser werthlofen
Werthpapiere tragen sogar Steuerstempel.
tWie man reist. Ein witziger Franzose hat unlängst seine
heobachtungen über die Art und Weise, wie die verschi denen Na—
ionalitäten auf der Reise sich anlassen, in aphoritische Sprüche ge⸗
oracht, die man als bescheidenen Beitrag zur Voller⸗Psychologie
ucht ungerne lesen wird: „Auf der Reise“ sagt er, „soigt der
sngländer seinem Geschmack, der Deutsche seinem Führer, der
franzose ... einem Weibe. — Der Engländer bewegt sich, des
Deutsche befördert sich, der Franzose geht spazieren. Fur den
ätsten ist das Reisen eine stoͤrperübung, fuür den Zweiten ein
Beschaft, für den Dritten nur eine Unterhaltung. — Der Eng⸗
lander macht Ausflüge und Einkäufe, der Deutjne Beobachtunger
and Ersparnisse, der Franzose Witze und die Damen unglücklich
sait des mots et des malheureuses). — Der Engländer küm
mert sih um das, was er sieht, der Teutsche um dat, was ihn
ansieht, der Franzose um die, welche ihn ansejen. — Der Eng
aͤnder nimmt einen Operngucker mit sich, der Deutsche eine Brille
der Franzose einen Augenzwicker. — Der Engländer geht, der
Deatsche wandelt, der Franzose lauft. — Der Engläudr reist für
sich, der Deutsche für die Anderen, der Franzose für das Weib
der Englander reist mit senen Füßen, der Deutsche mit den Augen
der Franzose mit den Händen.“
Schwiegermiliter im grünen Roch.) Der „Ebening Stan
dard“ erzählt: Gestern Morgen hat sich zu Earlisle ein Maurer
n den Thürpfosten eines Hauses erhängt, nachdem er lurz zuvor
mit Kalk sein Testament auf die Mauer eines Nachbarhauses ge⸗
chtieben hatte. Dass Ibe lautete: „Ich mache mir das Vergnügen,
dese wenigen Zeilen zu schreiben, als eine Warnung füůͤr alle jungen
Manner. iemals mit ihrer Schweegermutter in einem Haufe ju⸗
ammen zu leben. Damit biende ich meine Mission.“Das ge
nannle Blatt bemerkt hierzu: „Wenn der Mann holländisch ge
ionnt haͤtte, so würde er sich nicht das Vergnügen gemacht haben,
ene Zeilen zu schreiben, devor er fich das Vergnügen machte, sich
u erhängen, denn er hätte alsdann wahrs.he'nlich ein Sprüchwori
plannt, weiches ollen jungen Maͤnnern zu empfehlen ist: „Es
Ibt keine guise Schwiegermutter, als die nen grunen Rockan hat.“
dog gilt es für unhöflich und kann sogar gefährlich werden, dies
Sorüchwort in Gegenwart der Muller der Braut zu citiren.“
f. Ein gräßliches Ereigniß trag si h der Times of India“ zufolge
zm 1. Augusi in Tinned UUy (Präf. Madras, Vorderindien) zu.
bine Pilgerschaar, die unweit des Bettes eines Flusses in dem
Distritt lagerte, wurde plötzlich überschwemmt und 200 Menschen
X
f Lenlbares Luftsaiff. In Amerika werden, wie wir in Pr—
ids d. Bl. berichteten, augendlicklich ernsthafte Versuche mit einem
lenlbaren Luftschiff angestelli, welches den Verkehr zwischen Amerika
vnd Europa in eiwas mehr als zwei Tagen vermilteln soll. Der
Erfinder des neuen Ballonschiffes heißt Fr. Wilh. Schröder. ist in
Aurich in West-Friesland geboren und lebt seit einer Reihe von
Jahren in Baltimore. Das Schiff felbst soll d'e Form eines Ret⸗
ungsbootes er alten und 60 Fuß lang, 10 Fuß hoch und 10
Fuß breit sein; das Gerippe wird aus Stahlbügeln und Eisendraht
tonstruirt und erhält einen Ueberzug von wasserdichter Lein wand.
Betragen wird die Gondel von einem gleichfalls aus wasserdich ter
Zeinwand hergestellten eiförmigen Ballon, der 70,000 Kubilfuß
Bas fafsen foll. In der Gondel besindet sich eine kalorische Ma
chine von 12 Pferdekraft, welche sowohl am vordern und hintern
Theil der Gondel als auch an den Seiten Räder mit Flügeln
reibt. Die Räder vorn und hinten sind wie Schiffsschrauben Gede
nmit zwei Flügeln) konstruirt; die Räder an den Selhen hahen
Aehnlichteit mit Schaufelrädein. Außerdem hat die Gondel vorn
and hinten ein Steuerruder, welche beide gleichzeitig und gleichartig
bewegt werden. Doß man, theils durch gleichartige, theils durch
derschie denartige, theilweise aber auch entgegengesetzte Bewegung der
Rader mit der Gondel sich nach beliebiger Richtung forlbewegen
»der au v stllstehen tann, wenn die Räder in der Luft in derselben
weise wirken, wie sie bei eigem auf dem Wasser befindlichen S hiff
wirken, das ist ganz un weifelhaft; die Frage ist nur, ob sie ebenso
virken werde 1. Außer der kalort hen Maschine ist in det Gondel
tuch ein Apparat zur Erzeugung von Gas, um durch Nachfüllen
die Tragfähigkeit d's Ballons zu konserdiren, und außerdem einige
leine Reserveballons für den Fall. daß der große Ballon led wird.
Was die Leistungsfähigkest des Ballons anbelangt, so will der Er⸗
finder in anderthalb Stunden die Fahrt von Baltimote nach New⸗
HYork zurücklegen, in 50 Sturden will er von New · York nach
London fahren und eine Rundreise von New York über London
dambutg, Paris, Lissabon und zuiüdck nach Wafshington, einschließ⸗
ich Abgabe der Post an genaunten Orten, will er in jechs Tagen
»oslenden. Sein Luftschiff wird so konstruirt, daß es dei einem
Sigengewicht von 28 Cniaern die Poßfäcke und 14 Personen be—
didern kann.
— Landwirthschaftiiches.
Schaͤdliche Folgen des Verfütterns schlechter Obstsorlen. Die
in diesem Jahre beinahe überall überreichliche Ossternie veranlaßt
die „D. Idw. Zig.“, darauf aufmerksam zgu machen, daß Obst in
aicht gehöriger Form und Präparation den Thieren gefüttert, für
diese bon schädlichen Folgen is. Zum Bereis wind an cinen
Bocfall erinnert, der sich in einem früheren sehr reichen Odstjahre
utrug. Das Oost, für welches leine andere Verwendung gesunden
verden konnte, aamentlich Äepfel und Birnen, wurde nämlich im
September von mehrecen Oelonomen in rohem Zustande und ohne
ille Zubereitung dein Horndieh, namentlich aber den Kühen, ge⸗
üteit und von diesen auch gern verzehrt. Es erfolgten rasch nach
rinander unter den Kühen mehrere plötzliche Erkranlungen, die nach
VBerlauf von wenigen Stunden einen tödtlichen Ausgang nahmen.
—D— fiegen an zu zittern,
nirschten mit den Zähnen und verriethen heftige Kolikschmerzen,
die inmer mehr zunahnen. Entleerungen von Urin und eines
wasserigen Koths erfolgten nur sparsam unmd sichtlich uuter Schimerzen.
Alle Futterlust und das Wiederkäuen waren verschwunden urd die
Milchsekretion gänzlich aufgehoben. In dea meisten Fällen stelten
sich Krämpfe ein, die sich über den ganzen Körper erstreckten, wo⸗
mit dann die Thiere verendeten, wenn nicht vorher das Beil dem
deden ein Ende machte. Die ganze Dauer der Krantheit erstreckte
iid in allen Fällen nie weiter, ais auf höchstens 1218 Stunden;
auffällig war, daß während dieses kurzen ZFeitraumes selbst die dest⸗
jenährtesten Stücke fast bis zur Unlennil'chteit abmagerten. —
Durch alle Fälle wurde zu Geuüge datgethan, daß uur durch das
Berfüttern des O stes in rohem Zustande unter welchem sich viel
Berdorbenes defa d, immer dieselben Zufälle entstanden, wel he
berschieden, nach der Ouantität des Genossenen und der Reizbarket
dis Individuums, mehr oder weniger heftig auftraten, wahrend
in andern Stallungen, in denen das Obst in gekochtem Zusiande
nur als Zugabe zu anderem Futter gereichi wurde, die Thiere ver⸗
Hout blieben. Diese Bei piele zeigen, daß man bei der Fütterung
)es von den Bäumen abgefallenen unreisen, oder mit Pilzfaule
oder Maden und Wurmstichen dehafteten Obstes recht vorsichig zu
Werke gehen muß und solches Obsi erst danu verfüttern soll, wenn
es entweder gekocht mit anderem Futter vermischt oder auf irgend
cine Weise entsprechend dazu präparirt worden ist. — üAls di⸗
Tranlheitzursache e forscht worden, wendete man mit Ersolg Ger⸗
tenmalz· und Eibisch-Abkochungen mit Magnesia an, in augen⸗
hlicklichet Ecmangelung derseiben auch blos warme Kuhmilch niebst
tampf dillenden Klystieren und Blui⸗Entziehung. Besonders wirh⸗
am zeigte sich Bilfenkraut⸗Extraci zu 228 Gramm pro Dosis in
einem schleimigen Decoct aufgelöst und alle halbe Stenden wieder
holt als Einguß gegeben.