Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
der Et. Jaaberrer Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Dounerstags⸗ and Soxntag⸗ 
Zummer ericheint woöochentlis viermnal: Dinstag, Donner staz, Sa a2zstaa aid 51221 ta J. Apoauementsoreis vierteliäheig 42 Krze. ode 
1 Mark 20 R.Pfg. Anzeigen werden wit 4 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Naum berechnet. 
—41164 Sounntag, den 17. Oetober 18875 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 15. Oct. Abgeordnetenkammer. Die auf 11 
ahr Vormittags angesetzte Sitzung wurde erst um 118/ Uhr er— 
zffnet. Keiner der Minister war bis dahin erfchienen. Abgeord 
viarquardsen erstattet Bericht über die Frage, wie jene Eingaben 
welche die Verarchtung sämmtlicher Mahlen verlangen, geschaftlich 
zu behandeln seien. Seia Vorschlag, dieselben von kurzer Hand 
bzuweisen, da die Geschäftsordnuug eine Bestimmung für einen 
olchen Fall nicht vorgesehen habe, wurde ohne Wederspruch ein⸗ 
timmig angenommen. 
Mäuünchen. Die k. Förster der Pfalz haben fich an die 
Abgeordneteakammer gewendet mit der Bitte um Erhöhung ihrer 
Alterszulagen auf 50 fl; der Fabcikrath der lath. Kirche zu 
Mittelbexrbach mit der Bitte um Unterstützung zum Bas einer neuen 
dirche; mehrere auf Dienstvertrag angestellte Postexpeditoren größeren 
Stalionen mit gemischtem Dienst in der Pfalz wit der Bitte um 
Finteihung in den Besoldungsstatus für das Personal der k. Ver⸗ 
sehrsanstaiten; der Verifikator F. Mayer in Kalserslautern mit der 
Bitie dahin zu wirken, daß er die ihm entzogene Gendarmerie⸗ 
Brigadier⸗Pension wieder erhalte; der Fabrikrath der kath. Cultus 
gemeinde Zweibrüchen mit der Bitte um einen Zuschuß aus der 
Staalskasse für den Ausban der dorligen lath. Kirche und den 
hau eines neuen kath. Pfarrhauses in Zweibrücken.. 
Aus München wird der „Kaisersl. Zig.“ geschrieben. 
Wenn, wie höchst wahrscheinlich, der König die Adresse nicht an—⸗ 
nimmt, so köunte allerdings das Ministerium bleiben und der 
weiteren Entwicklung ruhig entgegensehen. Es ist nun wahrschein 
lich, daß die ultramontane Partei. wenn die Annahme verweiger! 
vind, in ihrer Wuth das provisorische Finanzgesetz für das 1. Quar⸗ 
sal 1876 nicht genehmigen und die Fortethebung der Steuern 
verweigern werde. Diesen Unannehmlichteiten wird das Ministerium 
durch Auflösung der Kammer begegnen, indem die sichete Hoffnung 
besteht, daß bei einer Neuwahl d'e Liberalen 4 bis 83 Stimmen 
Majorität erhalten. (7) Voraussichtlich würde die Auflösung der 
Abgeordnetenfammer mit einer königl. Erklarung oder Ansprach 
an das Volk begleitet sein, die keinen Zweifel üder die allerhöchster 
Absichten läßt. Das Volk hätte dann Zeit, bis zu den Neuwahlen 
ich die lköniglichen Worte zu Herzen zu nebmen und z3ꝛ 
vbetbät gen.“ 
In München wurde am 12. das Nationaldenkmal Könige 
Max U. feierlich enthüllt. S. K. H. Priuz Luitpold als Den 
reter Sr. Maj. des Königs sprach dobei folgende Worie: 
„Im Namen Sr. Maj. des Königs Ludwig II., wie im 
Namen des kgl. Hauses von Bayern spreche ich biemin dem baye— 
uischen Volke den gerührtesten Dank für die Huldigung aus, die 
dem Andenken des verklärten Königs durch die Errichtung' dieses 
prachtvollen Denkmals dargebracht worden ist. Das bahyerische 
Voll hat seine Treue und Anhänglichkeit an das regierende Haus 
und ganz besonders an den hösnstseligen König Maximilian II. 
dets dewähtt. Das bayerische Volk wird das Ande ken des hohen 
Verklärten am Besten dadurch ehren, wenn es die Treue und Lieb⸗ 
wuch seinem erlauchten Sohne, Se. Maj. dem regierenden Koͤnig 
Ludwig, bewahrt. Nochmals meinen herzlichsten Dank!“ 
München, 14. Okt. Der Geueralarzt 2. Kl., Dr. Georg 
Müller, beim Generalkommando des 2. Armeekorps, wurde zum 
—X—— 
zer Kommandantur Augsburg zum Generalarzt 1. Kl. beim Ge— 
aeralkommando des 1. Armeekorps befördert. 
Mainz, 14. Okltober. Das „M. Journal“ veröffentlicht 
in Schreiben des Bischofs Keiteler an den Minister Lutz. Der 
Bischof sührt aus: Die staatliche Genehmigung zu der Predigt in 
Oggersheim sei nicht erforderlich gewesen, das Oggersheimer J⸗ 
dilaum set keine außerordentliche Feierlichkeit im Sinne der V.r⸗ 
ordnung vom 20. Juni 1851, er nicht als Ausländer anzusehen; 
wenn er gleichwohl die Genehmigung bei dem Minister und dem 
Könige nächgesucht, so habe er dies Angesichtzs der gegentbeiligen 
Regierungsansicht, die Rechtsfrage unerörternd lassend, für besser 
zehalten. Nach dem Eintreffen der Antwort des Ministers habe 
der Bischosf über seine Berechtigung volltommen klar und von 
daneberg bestärkt, in dem Nichteintreffen der Antwort des Koönigs 
nicht eine abschlägliche Entschließung, vielmehr eine stillschweigende 
Zustimmung findend, sich zur Predigt enischlossen. 
Ausland. 
Mailand, 11. Oklt. Der Minister des Innern hat die 
politischen Vehörden angewiesen, dafür Sorge zu tragen, daß sich 
in allen Orten, welche der deulsche Kaiser passiren wird, die Ge— 
neindevorsteher in großer Gala einzufinden haben. Kronprinz 
humbert wird der großen Revue in der Uniform des 13. preußi⸗— 
chen Hufarenregiments beiwohnen, dessen Inhaber er ist.Die 
zeutsche Kolonie in Venedig wird dem Kaiser eine Adresse über⸗ 
reichen lassen. — Die Vorbereitungen für die Illumination in 
Mailand werden im großartigen Maßstabe getroffen. Es werden 
bei der Beleuchtung besonders sglänzend hervortreten: der Dom⸗ 
platz, der Dom, die Gallerie Vittorio Emmanuele, der Platz der 
Scala und die angrenzeaden Straßen. In Monza werden große 
Vorbereitungen für den Empfang des Kaisers Wilhelm getroffen. 
In den Appartements des Kaisers wird die von ihm dem Kron⸗ 
ptinzen Humbert zum Geschenke gemachte ptachtbolle Bronzegruppe 
paradiren. Kronprinzessin Marguerise wird der großen Revue 
zeiwohnen. Der Plaz;o Reale in Ma'land zählt 550 Zimmer, 
die zur Aufnahme von 450 Personen hergerichtet sind. Ansonst 
ist dort für 160 Pferde und 80 Wägen Platz. Kaiser Wilhelm 
wird mit dem Könige und stronprinzen Humbert in einem Wagen 
seinen E'nzug halten. Minister Visconti-Venosta im Palazzo in 
unmittelbarer Nähe des Königs wohnen. 
Vermischtes. 
7 Am 13. Okt. wurden Zwei kraflige, im Alker von 20 und 
25 Jahren stehende Mädchen von Großbundenbach, die 
aus einer Sandzruke bei der Stampermühle, Gemeinde Klein⸗ 
bundenbach, Streusand holen wollten, total verschüttet, u. auf schreck 
liche Weise zerschmettert, todt herausgegraben. (Möge dieser trau⸗ 
rige Fall ein warnendes Besspiel sein und zur ernstesten Vorsicht 
mahnen). 
F Aus Kaiserslautern, 14. Okt. schreibt die „Pf. P.“: 
Heute ist glücklich der Winterfahrplan der pfälzischen Bahnen in 
unsere Hände gelangt. Er besteht fast nur noch aus leeren Colum⸗ 
nen und Gedankenstrichen. Diese letztere scheinen uns sehr am 
Platze, denn ein solcher Fahrplan gibt allerdings viel zu denken. 
Fast sämmtliche Züge, welche dem Lokalverkehr dienten, sind un⸗ 
barmherzig weggestrichen. Was liegt auch an den Pfaälzern und 
ihren Angelegenheiten! Sie haben ja liberal gewählt, dafür läßt 
die ultramontane Direction sie büßben. Wenn sie nicht fahren 
können, mögen sie ihren Stecken nehmen und zu Fuß laufen, wie 
jhre Värer, die noch nichts von Herrn Jäger wußten, es auch 
thaten. Zudem geht ja die psälz. Bahn die Pfälzer wenig an, 
da sie nur für die Aktionäre gebaut ist und sich die meisten Aktien 
in fremden Häuden befinden! Wir rathen allen unseren Lands⸗ 
leuten, die alten ehrwürdigen Ommbuse und Lastwagen wieder 
hervorzusuchen, denn es könnte ja möglich seia, daß es der allmäch— 
sigen Direction gefi le, binnen Kurzem den Veikehr in der Pfalz 
ganz einzustellen. 
F In Dürkheim beginnt die Weinlese nächsten Montag 
den 18. Octobet. In Ellerstadt ebenfalls am 18. dz. Mis. 
Das oberbayerische Schwurgericht hat in vergangener Woche 
vier Todesurtheile gefällt. Es wurden nämlich außer den 
italien schen Ziegelarbeitern, Michael Vatistella aus Tauriano und 
Johann Manzocco aus Nimis, welche an einem Bauern und dessen 
Frau einen Raubmord ausgeführt hatter, die Bäuserin Franzitka 
Lichtenstein von Bachern und deren Liebhaber Benedct Schrupp, 
die den Mann der Bäuerin erschlugen, um sich dann ehelichen zu 
fkönnen. zum Tode veruriheit