Full text: St. Ingberter Anzeiger

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u deren Fühen man den Wabispruch liest: Durch Einheit zur 
Freiheit.“ Weiter unten ist die Widmung an den, Adgeorg eten 
dasler eingravirt. r F 
Berlin. Jeßt ist der Vorauschlag für das Heerwes en des 
Neichs für 1876 veröffentlicht; die ordentlichen Ausgaben find 
harin gegen 1875 um nicht ganz 6 Mill. M. hoͤher angesetzi 
wovon 832 Millionen auf die hoöͤheren Kosten der Verpflegung der 
Mannschaften kommen), die außerordentlichen um 122 Millionen 
Mark. 
Ausland. 
(Aus Serbien) In der Slupschtina fiellte ein Abge ord- 
neter folgenden sonderbaren Antrag: Er wünscht‚daß 
man, da Niemand jetzt gute Geschäfte macht und alle noch dazu 
an der Grenze stehen muͤssen, den Beamten den Gehalt entziehe, 
daß diese bis auf Weiteres von ihren Ersparnissen leben sollen, und 
daß min Ausnahme Einiger, die den Dienst versehen müssen, alle 
Veamten an die Grenze ausmarschiten sollen. Und dieser Antrag 
ist — dem betreffenden Ausschusse zugewiesen worden. 
Thiers hat einen neuen großen Erfolg zu verzeichnen: die 
intransigenten (radicaleu) Republikaner haben sich voe seiner Lo 
zik gebeugt und seine Autorität anerkaunt. Am Sonntag hat näm⸗ 
ch in Valence eine sehr zahlreich besuhte Versammlung von X 
igenten zore Der radicale Drputicrte Mardier⸗Montjau, 
der seit Monalen Fraukreich durchzieht, um die Politik der Zuge⸗ 
fandnifse, welche Gambetta acceptiri hat, zu belämpfen, hat sich bei 
dieser Gelegenheit seht lobend über die jünghe Rede Thier's aus⸗ 
gesprochen und hiermit der Führung des ehemaligen Prꝛasidenten 
der Republik untergeordnet. Bekanntlich war der Jubel der reactio⸗ 
nären Parteien groß, als die Campagne der Intransigenten · Chef⸗ 
eine Spaltung der republitanischen Partei erwarten ließ. 
NewYorl, 26. Ott. Eine Feuersbrunft in der Siadi 
Virginia in Nevada zerstörte den ganzen Stadttheil, in welchem 
die Handelsetablissements sich befinden. 
New⸗Yort, 27. Oct. Der durch die telegraphisch signali⸗ 
sirle Feuersbrunst in Virgiaia angerichte Schaden wicd auf eine 
Million Dollars geschätzt, welche größtentheils durch Versicherungen 
bei auswärtigen Gesellschaftin gededt sind. Au 10,000 Personen 
find obdachlos. 
— 
Bermischtes. 
4 Von der Queidqh, 23. Oct., meldet der .L. A.“: Die 
Aartoffelernte ist jetzt bei uns im Keller und das Ergebniß derserben 
zufriedenstellend, denn allgemein hatte man mehr Fäulniß erwartet, 
welche jedoch, wenigstens in der Gemarlung von Annweiler, unbe⸗ 
deutend zu nennen ist. Es waren viel Stück an den Shoͤcken, 
aber leider ziemlich bescheidener Grͤße. 
puünchen, 25. Olt. Durch k. Finanzminisierial Reß— 
kript wird daran erinnert, daß die Reichslassenscheine zu 5, 20 und 
*0 M. bei allen k. Kassen in Zahlung angenommen werden 
müssen. 
Mänchen, 285. Olt. Die Werdergewehre, Modell 1870 
werden gegenwärlig in großem Maßstabe auf die Einheits patrone 
aptirt. Eine Anzahl dieser optirten Gewehre, an welchen in 
Folge der flärkeren Pulverladung der Einheitspatrone vornehmlich 
die Visireinrichtung einer gänzlichen Umgestaltung unterzogen ist, 
gelangte bereits beim Infanterie Leibregiment in Gebrauch. Nis 
Robeinber wird d'eses Regiment ganz im Besize des veuen Ge⸗ 
wehres sein, worauf die Vertheilung an die übriqgen Infanterie⸗ 
Regimenter beginrt. 
F Aschaffenburg, 24. Olt. Das Polizeikomm'ssariat 
Mainz machi belannt. daß am 20. entweder im Eisenbahnzuge 
nach Aschaffenburg oder im Bahnhof Mainz 11 Obligationen der 
Zantk von Lüttich zu 1000 Franken das Stück abhanden gekom— 
men feien. Der Eigenthümer fichett dem Wiederbringet 400 
Franten Bilohnung zu. (nsch. 3.) 
4Aus Steins Leben wird folgende Epifode erzählt: Im 
Juli 1814 fuhr eine Equipage eines Tages von den Linden her 
nach der Schloßbrücke. Ungefähr da, wo heute die Statue Blüchers 
sehl, scheuten ploͤzlich die Pferde und wandten sich dem Kastanien⸗ 
wäldchen zu, bei welcher Wendung der Kutscher vom hohen Bocke 
herab die Zügel verlor. Ohne Lenker verfielen nun die jungen 
muthigen Thiere in ein stürmisches Rasen, und das Gefährt mit 
seinem Insassen schien bereits verloren. Da kam ein Mann, der 
sn einen Sirsck gereiht, eine Menge großer Tischlerschtaub en trug, 
am Zeughause entlang, er erkannte die Gefahr, und muthig D 
schnei enischlossen warf er seine Bürde von sich, sprang den durch⸗ 
zgehenden Pferden in die Zügel und brachte sie glücklich, nachdem 
—V— 
pum Stehen. Schnell herbeigeeilte Passanten offneten den Schlag, 
dem der allgemein bekannie und beliebte Minister von Stein 
entstieg. 
Ve wenige Mort⸗ dos vermoñte runãkst der dem 
Tode Entronnene'an seinen Neiter zu richten, den er aber zum 
anderen Tage zu sich besteltte. Dieser, ein Tischlermeister, Namens 
demke, war ein armet Tropf, urd Stein konnte dadurch seinen 
Dant abtrogen, daß ir ihm ein Mobelgeschäft, einrichtete, welches 
sünf Jahre hindurch an der Marlgrafen⸗ und Leipzigerstraßen-Ecke 
und zwar anscheinend mit recht gntem Erfolge beirieben wurde. 
xs mag dem Lemte aber doch später wieder schlecht ergangen 
ein, denn als er im Jahre 1826 starb, wandte sich die linderlose 
Diinwe mit der Bine um eine Unterstützung nach Kappenberg, in 
Westfalen, wohin sich Stein zurückgezogen hatte, und auch da noch 
gedachte unser Staatsmann seiner Dankespflicht. Er setzte der 
Binwe eine lebenslangliche Peusion von jährlich 96 Thlr. aus, 
zie sie bis zu ihrem Tode im Jahre 1846 bezog. 
7 Stiebel pußen d-—is nich! Eine Frau Baumeister in 
gerlin hatte zum 2. Okt. d. J. ein Dienstmadchen gemiethet, und 
detzteres die Verpflichtung mit übernommen, außer anderen häus—⸗ 
oͤchen Arbeilen auch die Kleidungsftücke des Herrn Baumeisters zu 
zeinigen und die Stiefel zu putzen. Bald nach ihrem Dienstan⸗ 
ritt glaubre der Baumeister zu bemerken, daß, nachdem sich das 
Mädchen um 7 Uhr Morgens von jeinem Lager erhoben hatte, 
ich gieich darauf in der Küche und auf dem Corridor zwischen ihr 
ind eincr frenden Person eine Unterhaltung entspann. Da sich 
ziese dem Baumeister lästigen Unterhaltungen steis wiederhollen, 
erließ er am Morgen des 21. d. sein Schlafzimmer, um zu sehen. 
nit wem sich denn Auguste so früh unterhielt. Als er heraustrat, 
Iblidie er in der Küche einen Dienstmann, welcher die Cigarre 
m Mande, in aller Gemuthsrude die Stiefel des Baumesstert 
putzte, während das Madchen auf einem Küchenstuhl saß und mit 
inct gewifsen Nonchalauce der Arbeit des Dienstmanns zuschaute. 
Darüber zur Rede gestellt, erwiedert das Madchen: „Na, jloben 
Sie denn, dat ick Ihnen die Stiefel putzen oder die Kleider reinigen 
derde. Dat paßt mir nicht, und darum habe ick mir einen Dienst 
nann angenommen, den ick von meinem Lohn bezahle, und wenn 
Ibnen dat nicht recht ist, kann ick ja ziehen. Der Baumeister 
neß sich denn das auch nicht zweimal sagen. Nah Entfernung 
des Dienstmannes entließ er das allzu verwoöhnte Dienstmädchen. 
7 Uniter dem Titel Kuriosum“ erzählt die „Brislauer Zig.“ 
Ein heiteres Stüdchen spielte fich vor einigen Tagen in einer 
hiesigen Buchhandlung ab. Ein Bauer fuhr mit eiuem Leiterwagen 
vor derselben vor, beirat das Geschäftalolal, und, nachdem er sich 
derwundert darin umgesehen hatte, fragte er einen der anwefenden 
Buchhaltr: „Ho'n Se nich Summerlauben?“ Auf die verneinen 
die Antwort erwiderte er: „Ich sull hier eene Summerlaube forsch 
znädige Frdlen holen.“ Jetzt klärte sich der Irrthum zur allgzi 
neinen Heiterkleil auf. Der biedere Landmann war beordert worden, 
die fällige NRummer der „Gartenlaube“ abzuholen, hatte Gartenlaube 
dentifisirt und des bequemen Transyortes der letzieren wegen sich 
nuch sosort einen Leiterwagen mitgebracht.“ 
p Auf Posten“ beraubt! Ein jedenfalls neuer Gaunerstreich 
vurde dieser Tage in Skettin von zwei noch jugendlichen Strol⸗ 
hen verubt. Dieselben machten sich an den vor dem Landwehr⸗ 
eughause stehenden Posten, einen Z346r, und tractirten ihn derart 
mit Schnaps, daß er alsbald in riefen Schlaf verfiel, worauf sie ihn 
reiner Taschenuhr und seiner Baarschaft im Betrag von 15 Sgr. beraubten 
Fin Herr, der den Vorgang aus einiger Entfernung wahrnahm 
eilte ĩach der Hauptwache und holte eine Patrouille herbei, welcher 
es gelang. die deiden in der Nähe gebliebenen Spitzbuben einju⸗ 
jangen und welche dann auch die pfüchtvergessene Schildwache ab— 
oͤste. Die beraubte —childwache mußte selbstverständlich in Arref 
e und wird ihre Pflichtvergessenbeit schwer zu büßen 
haben. 
4 Koln, 28. Oct. Bei Aalunft des Eisenbahnzuges Ver⸗ 
hiets Aöin heute Morgen 7 Uhr wurde dei Ehrenfeld in den 
Bostwagen dieses Zuges geschossen; qlücklicher Weise wurde Riemand 
zerleßt. 
abtn, 25. Olt. Die gestrige Vorstellung des Capitaͤns 
goyton im Deuter Hafen war troß des ungünstigen Wetters seo 
tart besucht, daß, da alle Billette vertauft waren, die Kafse langt 
zot Schluß der Vorstellung geschlossen werden mußte. Gegen 
Zchluß der Vorstellung kam dis Publitkum noch stromweise R 
rdin und verlangte stütmisch nach Billeten. Trotz aller Einwendun⸗ 
gen Seitens der Kassirer, daß die Votstellung bald zu Ende sei und 
BZoyton voraussichtlich noch einige Vorflellungen hier geyen würde, 
beflanden die Leute auf Erfüllung ihres Wunsches. Die Billete 
mußten ihnen daher verabdteicht werden. Der Capitän hat aus 
iesem Grunde, sowie in Folge vieler an ihn erzangenen Auffor⸗ 
derungen sich entschlossen, am 29., 80. und 31. October und 1 
Nodember noch Vorsiellungen im Deußer Hafen zu geben. 
Vom waürttemberger Nidat wird gemeldet, daß der 
Mostertrag dort heuer größer ist, als selbsi im Jahre 1868 
Hian taufst dort jeht die Weine gewöhnlicher Qualität um 30 — 40 
ifl. den württemb. Eimer. 
In e gvesuc aus Jaban redanchitt sich Héeidelbern