Full text: St. Ingberter Anzeiger

gestern, die die Koln. Volkszig.“ weldet, den ersten Gründerpro— 
jeß. Es standen vor demselben der Gesneralconsul und Kaufmann 
philipp Overlak und der Braumeister Kail Gaens, beschuldigt, 
als Mitglieder des Aussichtsrathes der zu Nippes gegründeten Ge⸗ 
ellshft Kölner Ackienbrauerei“ in dem Gründungsacte resp. auf 
dem Handelsgerichs-Secretariate behufs Eintragung des Gesell 
chafisvertrages in das Handelsregister falsche Angaben über die 
Zeichnung und Einzahlung des Grundcapitals gemacht zu haben. 
iußerdem waren Beide noch der Unterschlagung eventuell der Untreue 
dpie Overlack noch des Betruges beschuidigt. Der Vertreter dee 
offentlichen Ministeriums beantragte gegen Ovberlack eine Gefüngniß 
nüeafe von drei Jahren, gegen Gaens eine folch von einem Jahr 
und gegen ersteren fünf Japre, sowie gegen letzteren zwei Jahre 
Verluͤst der bürgerlichen Ehrenrechte. Das Gericht vertagte, nach 
Fem die Verhandlung den ganzen Tag dis nach 8 Uhr in Anspeuch 
gjeaommen hatie, die Publication des Urtheils auf Freitag über 
hierzehn Tage. 
aAdin, 15. Nov. Ein schauervolles Verbrechen ist heute 
Nacht im Hause Nr. 24 der Marimenstraße verübt worden. Auf 
der etsten Etage wohnte der unverheirathele Baumeister Firmenich 
den man heute Morgen, noch angekleidet, in seinem Blute liegend 
erschlagen fand. Das Haupt Mordinstrument, ein schweres Klam 
mereisen zum Verankern der Ballen, lag an dem Oete der That. 
Der Erschlagene schlief allein im Hause und muz in dem Momente 
ut erfallen worden sein, als er zu der Zundhölzchen trat, um Lich 
u machen, denn dort ist die größte Verwüstung und Verwirrung. 
Der Erschlagene shHeint nach der Commode gegriffen und dabei 
inen schweren Blymentopf umgeworfen zu haben. Auch am Bette 
jeigten sich Blutflecen. Es muß sich ein Kampf zwischen dem 
Femordeten und dem oder den Moͤrdern entsponnen haben, der 
din und her gewogt; denn der Erschlagene war ein starker, rüstiger 
Mann in den besten Jahten. Am Handtuche hatte man sich nach 
ver That getrocknet. Der Kopf des Erschlagenen, namentl'ch der 
interkopf, ist furchtbar zerhauen. Außer dem Ermordetea wohnte 
siemand im Hause; nur pflegten im unteren Hause einige Bau 
handwerker zu schlafen. (Köln. 3.) 
palf. 12. Nov. Der gestrige Sturm bot ein Nalurschau⸗ 
spiel jeliener Art dar, indem derselbe unter der Marienburg, wie 
ein gefangenes Raubthier rasend, das Wasser der hochangeschwol⸗ 
jenen Mosel in gewaliigen Massen erraffte uad gegen die Marien— 
zurg schleuderte. Das Dampfschiff .Augusta“ hatte einen schweren 
Rampf an dieser Stelle gegen die wüthenden Elemente zu bestehen 
und wurde dreimal zurückgetrieben. Zu derselben Zeit ergriff der 
Shurm oberhalb Trarbach den am Werft hingehenden Briefträger 
und warf denselben wet in den Fluß hinein, wo der Mann, der 
fjünf noch unmündige Kinder zurückläßt und über 600 Thaler 
Held bei sich führte, elendiglich ertrinken mußte. Er ist bis heute 
aoh nicht aufgefunden. 
Stodkholm, 15. Nov. Zwei Eisenbahnzüge sind heute 
Racht auf der Lin'e Malmoe-Stochholm zwischen Linköping und 
Vankeberg zusammengestoßen. Soweit bis jetzt bekannt, sind 6 
personen um's Leben gekomrmen. 18 verwundet;: 7 Waggons zer— 
rümmert. 
Bei Borkum strande!en am 6. Nov. 2 Segelschiffe, wob ei 
die ganze Mannschaft des einen (6 Mann) ertrank. 
f Bei La Rochelle flüchtele ene Mutter eines ihrer Kinder 
nuuf eine Anhöhe, weil der Sturm ihr Häuschen umzustürzen 
drohte. Als fie das zweite Kind holen wollte, wurde sie mit dem⸗ 
selden unter deu Trüwmern des Hauses begraben, während ein 
Windstoß das gerettete Kind ins Meer schleuderte. 
f In Habre fand am Sonntag eine große Ueberschwemmund 
durch die Sste statt. Die Wogen zerrissen zugleich die Dämm⸗ 
und überschwemmten die Niederungen des Eure-Departements. 
p'öIn' Fochefort Grankreich) wurde durch einen fran 
dsischen Kriegsdaͤwmpfer ein englischer Dreimaster (Leda) festge⸗ 
pen dessen Mannschaft sämmtliche Officiere am Bord ermordet 
atten. 
4 Die Vorarbeiten zu dem Tunnelbau zwischen England und 
Frankteich nehmen einen erfreulichen Fottgang. Ein Versuchs 
schacht in der Nahe von Dover beweist, daß Stein- oder Erd 
schichlen, welche Wasser durchlassen, nicht vorhanden sind. 
fLondon, 15. Nov. Die Regen; und Sturmberichle füllen 
zeute wiener einen ansehnlichen Theil unserer Blätter. In den 
westlichen und Mittellandgrafschaften und in Devonshire sind die 
Fluͤsse wieder aus den Ufein getreten. Auch in London ist die 
Themse so hoch, daß auf dem südlichen Ufer in der niedrig gele— 
Jenen Thames⸗-Street dus Wasser in Häuser drang und Pferde 
inietief im Wasser gingen. An der Südseite in Portemouth, 
dober, Brighton, Hast nas u. s. w. haben Stürme von unerhoͤrter 
deftigleit am Samstag und gestern verheerend gehaust. Derselbt 
Orlan wüthete auch an der gegenüberliegenden französischen Küste, 
und abgesehen von allem anderen Schaden, sind wieder zahlreiche 
Schifisunfalle zu beklaz-nw, die ihrem ganzen Umfang nach ersli 
nach Verlauf einiger Tage bekannt sein werden. In dem nied rig 
gelegenen Lambeth (Südlondon) drang heute Morgen das Wasser 
n Hunderte von Häusern und überschvemmte die Souterrains— 
nus denen sis die Bewohner eilig und mit Zurücklassung fast all 
hrer Habe reiten mußten. Der Schaden ist sehr groß, und es 
herrscht arge Noth unter der armen Bevölkerung dieses dichtde⸗ 
wohnten Bezjirkes. 
4 Mauñ meldet aus Glasssgow, 13. Novd. In der Baum 
vollspinnerei der Herren Robertson und Co. in Glasgow brach 
zestern Nachmittag ein Feuer aus, welchus das 4* Stochwerk hohe, 
300 Fuß lange und 120 Fuß breite Gebdude in kutzer Zeit 
sotal einäscherte. Die Flammen ergriffen hierauf die gegenüber 
defindliche Weberei der Herren Young, Strong, und Comp., und 
auch dieses Gebaäude, eines der größten seiner Art branute gänzlich 
nieder. Dasselbe Schichal theilte auch ein anstoßendes vierstöckiges 
Wohnhaus. Der durch d'ese Brande angerichtete Gesammtischaden 
zeziffert sich auf 2 800,000 und über 1200 Personen sind dadurch 
plötzlich mittallos geworden. 
New-York, 1. Nov. Die „Newyorker Handels-Zeitung“ 
zerichtet: Das Testament von Jiaak M. Singer, dem kürzlich ver⸗ 
torbenen Ersinder der Nähmaschinen, welcher sein ungefähr 13 
Mill. Dollars betragendes Vermögen seiner aungeblichen Wittwi, 
Frau Isabella Eugenie Singer, und seinen zahleeichen ehelichen 
and uneheli den Kindern hinterlassen hat, ist von einer seiner 
Wittwen angegriffen worden. Senzer ist nämlich während seines 
Frdenwallens fünfmal, darunter einigemale ohne priesterlichen oder 
Apila nilichen Segen verheirathet gewesen und hatte aus diefen 
Berhälinissfen 24, schreibe vierundzwanzig Kinder. Eine der Freun⸗ 
innen des Herrn Singer, Mary Ann Fosier, behauptet, daß seine 
ckhe mit Isabella Eugenie Singer ungiltig gewesen sei, da fich der 
Berstorbene im Jahre 1840 ehelich mit ihr (Mary Ann Foster 
erbunden habe. Dieser Verbindung seien 10 Kinder, wovor 
wih 8 am Leben, entsprossen, und hat Herr Singer denselben in 
einem Testamente 2 Mill. Dollars hinterlassen, ohne indeß die 
Mutter irgendwie zu bedenken. Leztere erhebt jetzt als einzig rechte 
mäßige Wittwe Anspruch auf ihr ca. 3 Mitll. bettagendes Pflicht⸗ 
heil, und es wird der Nachlaßrichter zu entscheiden haben, welche 
der beiden Damen die re htmäßige Gattin des Verstorbenen und liebe⸗ 
teiden Erfinders gewefen ist. 
Dienstesnachrichten. 
Der 2. Staatsanwalt am Bezirksgerichte Landau, A. D. 
Scherrer wurde zum Lanrichter in Waldmohr, der Bejirksgerichts⸗ 
assesszr Th. Brünnings zum 2. Staatsanwalt in Landau, und der 
Bezirks zerichtsass ssor Phil. Seubert in Kaiserslautern zum 2. 
Staatsanwalt in Zweibrücken befördert. 
Herr Pfarrer Dengel, Dekan und Disrriktsschulinspeltor in 
Glan Münchweiler, wurde zum Pfacrer in St. Ingbert und Herr 
Pfarrer Sttaub in Lautztirchen zum Pfarrer in Niederkirchen er⸗ 
nannt. 
ey⸗Speckter, Fünfzig xabeln. 2 Baͤnde. Verlag 
von Friedr. Andr. Perthes in Gotha. Preis cartonnirt M. 
3. 50, kleine Ausgabe M. 1. 50. Diese wahrhaft classischen 
Bedichte, an denen sich schon die gegenwärtige bejahrte Generation 
als Kind ergötzte, bleiben ewig jung und schön. In jedem Hause, 
das lernbegierige Kinder duschjubeln, sollte das herrliche Buch 
vertreten sein. Es ist schwer zu bestimmen, ob der Schriftsteller 
Hey oder der Maler Spedter Vollendeteres geleistet. Wem weckt 
nicht Wort und Bild, getreu in 40jähriger Wiederholung,, die 
wehmüthigsie Erinngerung aus der eigenen Kinderzeit, wenn er die 
Ztücke wiedersteht: „Ter schwarze Bettelmann“, „Wanders« 
mann und Lerche“ „An das Fenster lopft es!“ „Schneemann“, 
„Kint und Kähchen“, „Pudel“, „Die Schwäne?, „Die Sau“. 
deßles Bild steüt die von ihren sieben jungen Ferkeln umgebene 
Sqhweine-Mutier vor, und welch ein naiver Humor lacht uns an, 
wenn wir lkesen: 
.Kinder“, spricht die Mama, 
„Höret mir zu und folget ja, 
Mußt nur recht manierlich sein, 
Immer euch saut er halten und rein. 
Nicht euch wälzen auf allen Wegen, 
Nicht euch in jede Viütze legen.“ 
Und wie sie selbst es stets geshan, 
Und wie es von ihr die Kinder sah'ꝛ,, 
So lernten sie's auch mit Fleiß und Müh' 
Und machten es gönz und gar wie sie. 
Sie wollien nichts Besser's, nichts Schlechter's sein 
Es wurde ein jedes wieder ein Schwein. 
Wir erinnern unsere Leserkreise nicht ohne Grund an diese 
Spedterschen Fabeln; dem Kinderleben entgeht ein Genuß von 
wahrhaft segensvoller erziehlichet Wirlung, wo in einer Familie 
dine finnigen Dichtungen des weiland siill auf seiner Rkarre *