Full text: St. Ingberter Anzeiger

auch ein Preuße sei, sich vorläufig den bayerischen Gesetzen nodh 
fügen müsse. Dieser Anmaßung des Gendarmen wegen gerieth 
jeht unser strammer Pommer außer Rand und Bande? Mit den 
Worten: Ich jehe nich mit, das gibt es niche. daß man eenen 
Preußen jerade so gleichgiltig arretirt, Ihr Bayern seht unter uns 
aund mößt thun, was wir haben wollen, das merken Sie sich, Sie 
Sie Xx.“ ... Genannter Theodor Thiedl, welcher nun am 18. 
Jm. vor dem Veiirksgerichte in Freising sich wegen Widerstands 
gegen die Staatagewolt zu, verantworten chatte, gestand die zuz 
Last gelegten Aeuß rungen unumwunden jzu und blieb sogar in 
offentlicher Verhandlung bei Feinem preußischen Glauben, daß ein 
Baher einem Preußen „Nichts zu sagen habe, stehen. Die Rich 
ter, die über Thiedl zu Gericht saßen, saben in diesem Glauben 
rine Frähgeburt, weshalb sie ihn noch nach dem boher schen Gesetze 
ind Behandlung nahmen und zu 2 Monaten Gesäahniß ver⸗ 
uriheilten. — 
7 DVer „Denauzeilung“ w'rd aus Zwieslel (beyer. Wald) 
deschrieben, daß sich am 18. Nov. eine Siunde von da unterhalt 
Schweinhüͤtt ein entsetzliches Unglück zugetragen hat. Ein Feuer⸗ 
wertet hatte feuchigewo: dene Tynamit-Patronen, welche beim dor⸗ 
igen Eisenbahnbau verwendet werden sollten, in die naͤchstgelegene 
Bahnschmiede zum Trodnen an der Esse verbracht. Piößlich er⸗ 
plodirten dieselhen unter einem fürchterlichen Krach. Der an der 
Efse den Blasbalg ziehende Junge wurde in der Mitte abgerissen; 
dem Schmiede selbst wurde der Arnm hart am Koͤrper sammt dem 
Hammer abgerissen; einem Mädchen, dat eben Steinbohrer zum 
Scharfen in die Schmiede brachte, wurde der Kopf zerschmettert: 
in junger Atbeitert, det in der Schmiede auf etwas warten mußte. 
wurde gräßlich verstümmelt, diese beiden sollen bereinss beim Trans⸗ 
port noch Regen gestorben sein. Von einem dreijahrigen Mädchen, 
welchel oͤber der Schmiede noch schlief, hdat man bisher nur ein⸗ 
jelne Stucke gefunden. Den Ambos in der Schmiede hob die Ge⸗ 
walt der Explosion aus und sqhleuderte ihn wie einen Kinderball 
gegen den Wald. Eine zwanzigpfündige eiserne Platie flog wie 
cine abgeschossere Kanonenkugel mehrere hundert Fuß hoch in die 
duft empor. An einer Reftauration, welche ganz in der Rähe sich 
befindei, wurde der halbe Dachziebel in die Luft gesprengt, alle 
Fenster zerrümmert und die Trintgeschirre aus den Gestellen ge 
hoben und zerschlagen. — 
4Thierarzt und Bierbrauet Sandnet in Osterhofen 
Niederbayern), welcher des Mordes seiner Frau besvuidigt ist 
wurde mi selner Concubine in Southampton verhaftet, wo et id 
nach Amerika einschiffen wellttee. 6 
VDas Eiablissement Cramer-gNlest in Nürnbeer gbat die 
Arbeitszeit don 10 auf 83 Stunden Slunden reduzirt, um nich! 
zu Arbeiterentlassungen schreiten zu müssen. 
Die „Neue Würzb. —* I 
Streit in Unerfranken schäht die Schafzucht bedeutend höhen 
ais die Kindererziehung, weil erstere großen materiellen Nutzen 
abwirft und letziere große Kosten verursacht. In richtiger Wüt 
digung dieset Bex haͤltnisse hat sie den Schäfer im Schulhaus 
rinlogirl, wahrend dir Lehrer im Wirthshaus sich beh lsen muß 
Gibrs wohl noch mehr derartige Zustaände ? 
A Berlinis in der Nocht vom Sonnabend auf Soan! 
jag die große a ßlerlche Posamentierwaaren: Fabrit abgebrannt 
Wie das Ferer entstand. weiß man nicht. 
Einen sonderbaren Schwarmer beherbergt die Berliner Haus 
bogiei. Derselbe, ein notorisch wohlhabender Mann, befindel fich 
schon seit März ds. Js. doit in Schulddaft. Von fußern phleg⸗ 
matischer Natur jüdit er, wie die „Staatsbürgeczig. schildert, den 
Mangel der goldenen Freiheit taum und hat sich in aller Rudhe 
darauf vordereitet, ein Jahr fern von des Lebens verworrenen 
Zreisen in des Gesfangn ffes friedlicher Zelle zuzubringen. Do 
der Mann ein Geizhalz sein joll, wie er nicht schlimmer gedacht 
werden kann, so läßt er sic seldst Strümpfe und Pautinen von 
der Anstalt kaufen und freut sich nicht wenig, daß er ein Jahr 
lang keine Miethe zu zahlea braucht. 
F Eine gedildete Koͤchin. Die Mübhe, bie sich die Berline 
Damen geben, Schliff und Talt in das am haustichen Herd die 
nende weibliche Personal zu bringen, scheint wenigstens bei einigen 
dieser Indididuen Eingang zu finden. So erzähn Kaufmann H. 
rine amasante Gejschichte von feiner eigenen Kochherdpflegerin. 
Auguste, ein echtes Berluͤner Kind ist erst 8 Tage dei ihm in Con— 
dinon; ihre Bidliothet besteht aus Scheible's Kochbuch, Schillers 
Gedichten und des Leiertasten-⸗Arion Quevas fämmtlichen Werken. 
Ihte Garderobe ist nach den Schnittmustern des Bazar, der Mode— 
Jutung, die sie auch halt. Sie hat 3wat einen Liebhaber vom 
Milnae, aber kein en gemeinen Grenadier, sondern einen Unterof— 
ficier. Am vergangenen Sonntag siel es nun H. ein, mit serner 
Frau und deren Bruder nach dem Zoologischen Garten zu fahren. 
Wie wollen unsere Auguste mitnehmen,“ fagte Frau H. und der 
ann war damit einverstanden. Zu bestimmter Zeit fuhr eine 
Dictoriachaise vor. Als die Frau eingestiegen war, wollte Augustt 
zleich nach. „Bitte,“ sagte Herr H. iahend, „Sie muüssen sich aui 
zen Bod zum Kuischer seßen.“ — Glühend roth vor Zorn tra 
Auguste einen Schritt zuruckließ und fich alsjo vernehmen: „So 
vas iß mich noch vnich passirt, so lange ich mit Herren ausfahre. 
Wenn“ nicht Platz genug in der Kutjche war, stieg kiner von die 
derren auf'n Bock und mir ließ er drin fitzen. Un hier isoll ich 
heien Kutscher rufklettern!* Is nich!“ Danach trat sie zurüt 
und rief eine eben des Weges kommende Drotschle heran; da 
warf sie sich hinein mit der Grandezza einer sparischen Duenna, 
zlickie, von ohen herah auf ihre Herrschaft und rief mit lauter 
Stimme: „Kutscher, nach'm Zoologishen!“ — Ihr Verhältniß mit 
inetr so wenig tacwollen Herrschaft hat die Kuchenfee nauürlich 
getost. 
. * Halle, 21. Nov. Heute Morgen ist bei Dieskau ein 
Büterzug entgleist. wobei eiwa 20 Wagen zertrümmert worden 
sind. Det Unfoll ist veranlaßt durch eine Ladung Bohlen von 
Desterrech, welche mangelhaft befestigt waren und berabgefallen 
ind. (K. 3.) 
fDortmund, 20. Nav. Soeden geht, der D. 3. die 
Mitiheilung i, daßz am 18. d. M. in Ruhrort ein Fabrilbesi zer. 
beicher 100 seiner Arbeiter an dem Tage gekündigt hatte, des 
Adends auf der Straße erschossen wurde. Nähere Details werden 
voffentlich dald folgäen. 
Wirnren, 17. Nov. Jezt wissen wir also endlich, wat 
ie Wellausslellung den Staat, wohlgemerkt nur den Staat, ge— 
ostet; meht als 19 Millionen find ausgigeden nur reichlich 4 
Reislionen tingenommen, macht einen Ausfall von 15 Mill. 
7 Wien, 24. Nov. Der Kardinal Fürstbischof Rauscher 
st heute Nachmittags 8 Uhr verschieden. 2 
Am 20. d. Nachmittags 4 Utr stürzte an einem eben im 
Bau befindlichen Schulh'us in Gtaz (Sieietmart) das ganze hohe 
Stiegenhaus sammt den Gerüsten zusammen und die daran und 
Farunter beschäftigten Arbeiter verschwanden in dem wirren Haufen 
da Gebälk. Steinen, Zeegeln und Schutt. Bei Fadelschein wurdt 
den ganzen Abend hindurch gearbeitet, um die Vecunglückten auszu⸗ 
raben; 5 davon waren todt, 6 schwer verwundet. Die Gemeinde 
uhrte den Bau in eigener Regie unter Leitung des städtischen Oder⸗ 
agemeurs. Man glaubt, daß die Gurie iam Stiegenyaus im 3. 
Zlodwerk rissen und dies den Einsturz verursahgte. 
—21Gegen die Au 35chweitfungen der Damenmoden 
wird am Eude gar der — Thierschutverein eintreten müssen. In 
den. Schaufeustern mancher Puzßgeschäfte und Knnstblumenhand⸗ 
lungen finden sich jetzt unter farbenprä chtigre Garnituren für die 
de euwärtigen in der That undefinirbaen Coiffuren und und 
sagbarer Damendüten auqh diverse einheimische kle ne conseroirte 
Hogelatten mi eiwes gespaunten Schwingen, lafurblaue zierlich 
Menez, feuertöpfi ze Goldhahnchen, grüaliche Zeisige, zimmeibraͤun⸗ 
iche Zaunschlüpfer, harlequinbdunte Disteifinken u. s. w.,welcht 
unferer Damenwelt zur weiteren Ausschmückung dargebo: en werden. 
Derarligen Geschmack mussen wir als eine Verierung bezeichren. 
leberali bemüht man sich, die liede gefiederte Welt in jeder Art 
zu hegen und zu pflegen, ihr reizendes Daheim auf Busch urd 
Ja in vor Scadern zu bewahren, im Winter die dabier gebliebenen 
dunt ven Thierchen durch Nahrungtspenden zu erhalten. Wir 
‚rotestiren daher im Namen aller Verständigen und Wohl gesinnten, 
m Interesse des allgemeinen Wohles energisch gegen den Vogel⸗ 
nort, welcher einer ausschreitenden Modesucht und der Rohheit ge⸗ 
rährlichen Vorschub leistet. Seit Jahren schon ist der lieblichen 
Bogelwelt im geseßlichen Wege voller Schuß gewährleistet, und 
jarie Gelde oder Gefaugnißstrafe soll auf Jeden fallen, der jent 
m Haushalt der Natur so Uberaus wichtigen Wesen v rnichtet. 
Wir si d im Vocaus überzeugt, daß jedet vom wärmsten Interesse für 
das Gemeinwodl dictirte Hinweis den Vertretern des Geseßzes Au⸗ 
aß werde, dem Unfuge gründlich zu begegnen. N. Miz. Anz.) 
7 DVDie Ex⸗Konigin Jsabella von Spanien erschien dieser Tagt 
jor der ersten Kammer des Pariser Cwilgerichtes, um einen Pto⸗ 
neß⸗Eid zu leisten. Sie hatte ihre Tafel einem gewifsen Blan⸗ 
dard in Entreprise gegeben, so zwar, daß sie diesem für die Be· 
dstigung ihres ganzen Hauses monatlich eine gewisse Pauschal 
usine zadite, Nun war Blanchard mit Hinterlassung einer 
Schuldenlast von 27,037 Francs 75 Centimes ducchgegangen, und 
die Lieferanten, welche d'esen Betrag von ihm zu forden hatten 
zlaubten, dafür solidarisd mit ihm die spanische Majestät belasti⸗ 
jen zu dürfen, da die Koͤnigia, wie sie behaupieten, fich persön lid 
inheischig gemacht hätte, die don Blanchard bestellten Artikel zu be 
jahlen. Die Koͤnigin bestritt dies, wies ansch, da ß Blar chard feir 
monatlichen Bezuge regelmaßig und richtig er halt en hätte und lam 
wegen der angedlich von ihr übernommenen Hafjt pflichnt zu Eid 
Sie leisteie diesen Eid, und die Lieseranten waurden mit ihrer 
Zlage abgewiesen. 
7.Dovder,. 20. Nov. Ju der vergang enen Racht herrscht 
nuf der Küuste hefliges Unweltet, wodei, wie man derechnet, etw⸗ 
13 Fabtzeuge auf die Dunen gestrandet und 40 dis 80 Menschen 
imgelommen sind. 
4 Brigham NYoung hat sich geweigert, seiner niebenzehnten