Full text: St. Ingberter Anzeiger

t Zweibrücken, 3. Februar. (Pf. K.) Wie 
man hört, sind die Arbeiten auf der Bahnstrecke Zweibrücken ⸗Bie⸗ 
bermühle und Biebermühle-Pirmasens soweit vorgeschritten, daß 
wenn ñicht außerordentliche Hemmungen inzwischen kommen, dieselbe 
his zum Juli d. J. in Betrieb gesetzt werden können; dem Ver— 
nehmen nach ist die Direktion der Pfälz. Bahnen auch gesonnen, 
sie dann sofort dem Verkehr zu eröffnen. 
7Kaisershlautern, 2. Febr. (Kais. Ztg.) Das 
Urtheii des hiesigen Zuchtpolizeigerich'es im „Bindemittel“ Prozeß 
hat seine günstige Wirkung nicht verfehlt. Bei einer gestern vor⸗ 
genommenen polizeilichen Revision der Würste bei 84 Metzgern 
wurde bei keinem einzigen mehr „Bindemittel“ gefunden. — Wie 
wir hoͤren, wird vom 1. März an in allen Werkstätten der pfäl- 
zifchen Bahnen sats der zehnstündigen. die elfstündige Arbeitszeit 
lextlusive der Vesperzeit) wieder eingeführz werden. 
.Von-der Lautzer.“ 30, Jan. Sicherem Vernehmen 
nach hat die durch den Herrn Kreisschulreferenten Freiherrn von 
Roman in Kaiserslautern vom 17. bis 22. r. M. geführte admi' 
nistrative Untersuchung ergeben, daß Jeider sowohl der Flucht des 
Präparandenlehrers H., sowie dem Selbstmorde des Seminar- 
Hilfoͤlehrers Bi jene groben Vergehen gegen die Sittlichkeit zu 
Grunde liegen, welche hier blos angedeutet, nicht aber näher bezeich 
net werden dürfen. Die geführte Untersuchung soll ferner ergeben 
haben, daß diese empörenden Unfittlichkeiten seit längerer Zeit in 
derselben Anstalt, aljo ünter einem Dache, so zu sagen in „zwei 
nehen einander liegenden Lehrsälen? begangen wurden. 
pLandau, 3. Febr. Heute erging in der Sache der 
Baumwollpinnerei Lampertsmühle das Urtheil. Dasselbe verwirft 
in beiden Klagen, sowohl in der durch den Vorschußberein Kai⸗ 
serslautern, als in der durch Holtzbacher und Etienne daselbst erho⸗ 
benen, die Einrede der Unzustaͤndigkeit des Handelsgerichts und 
setzt zur Verhandlung der Hauptsachedie Sitzung vom 14. April fest. 
Die „B.Ztg.“ schreibt aus Frankenthal, 2. Febr.: Herr 
Glockengießer Andreas Hamm hier erhielt unterm 26. Jan. auf 
Sr. Maj. des deutschen Kassers Befehl 12 Centner Metall aus er⸗ 
oberten französischen Kanonen des Jahres 1870471 zugeschickt, 
um für- die Zionsgemeinde in Colombus, Ohio in Nordameritka, 
welche bei Seiner Majestät darum nachfuchte, eine Glocke zu gießen. 
Mannheim, 1. Febr. Der langjährige Chef der 
großart'gen Spiegelmanafaltur auf dem Waldhofe, Herr Graf 
h. Brauer, ist gestern nach längerer Krankheit mit Tod abgegangen. 
Die Fabrik verliert an diesem Manne, der sich allgemeiner Achtung 
erfreute und in der schwieriger Zeit des Jahres 1870 mit vielem 
Takte aufzutrelten wußte, einen bewährten Leiter, dessen Wirksamkeit 
der große Aufschwung der Unternehmung wesentlich zu verdanken 
sein dürfte. Bei diesem Anlasse erinnern wir uns lebhaft an den 
grellen Gegensatz, den in den Herbstmonaten des Jahres 1870 
derungestörte Friede dieser fast durchweg von Franzosen bewohn⸗ 
ten Kolonie gegeaüber den Jammerszenen bot, welche durch die 
Austreibung der deutschen Arbeiter aus Fraalreich Peranlaßt 
wirrden. 
p Stuttgart, 2. Febr. Der „Schw. Merk.“ schreibt: 
Die beklagenswerlhen Vorkommnisse, welche sich in hiesiger Stadt 
in letzter Zeit wiederholten, wir meinen die Verhaftungen von 
Dirtkioren und Banquiers, sind geeignet, bei Solchen, welche 
etwas enifernter wohnen, Bejorgnisse mancher Art wachzurufen, 
namentlich vollends dann, wenn sie bei hiesigen als solid bekannten 
Banquiers oder Geldinstituten Gelder ꝛe angelegt haben. Dies 
Besorgnisse- sind duraus unbegründet, da darch diese Vorkommnisse 
—— 
weil z. B. der Kommissionsbank die hiesigen Bankquiers und 
Beldinstitute von Anfang kein Vertraueu geschenkt haben, dit Fir— 
ma G. Louis Schweitzer seit längerer Zeit ebenfalls mißkreditirt 
war und die Europäische Lebens⸗ und Rentenversicherungs-Gesellschaft 
tein Bankgeschäft ist. 
7 Stuttgart, 3. Febr. Der Beginn des fünften deut⸗ 
schen Bundesschießens in Stuttgart ist nunmehr auf Sonntag den 
L. August d. J. festgesctzt. 
—rFIn Göppingen GWürtti.) hat der Sohn des städti— 
jchen Waldmeisters auf seine Aeitern, mit denen er bei der Abeud⸗ 
unterhaltung eines Gesangvereins in Wortwechsel gerathen war— 
zwei Schüsse abgefeuert, wodurch die Mutter leicht,der Vatec tödtlich 
perwundet wurde. 
7 Beim Ueberfahren über den Neckar bei Neckargröningen (in 
der Nähe von Ludwigsburg) ertranken in voriger Woche zwei 
Männer, am 81. Januar abermals eine Person. 
F Bei der im großartigen Maßstabe betriebenen Falschmünzerei 
an der Sieg und in Nassau sind wenigstens 40 — 50 Personen 
aus Nassau und dem Siegerlande und 25 — 30 Persouen 
außerhalb dieser Bezirke betheiligt. Fünf Haup'betheiligte (Berg 
arbeiter) sind bereits in den Händen des Gerichts. 
4Ein entsetzlicher Unqlückffall wird aus Bremen gemeldet 
Unlerhalb der Siadt bei der Reparaturwerkstätte des Norddeuischer 
2loyd sollten am Nachmittag des 22. ds. zwei große neue Kesse 
velche für den transatlantischen Dampfer „Baltimore“ bestir mt wa⸗ 
ꝛen, probirt werden. Dieselben fanden sich an Bord eines ihrer 
Schleppkaähne, welche den Waarentransport zwischen Bremerhafen 
ind Bremen vermiiteln. Es sind dies sehr breite, flach gehende 
Fahrzeuge, welche von Dampfern heraufgeschleppt werden. Die 
»esagten Kessel wurden nun vom Ufer aus vermittelst einer Spritze 
mit Wasser gefüllt, um auf diese Weise die nöthige Druckprobe vor⸗ 
unehmen. Fast war die Arbeit gethan, da verlor das Schiff das 
Bleichgewicht und im Nu lag es gekentert auf dem Strome. Von 
den am Bord befindlichen 18 Personen erreichten 11, weiche ge- 
ade oben auf Deck gewesen waren, das Ufer, die übrigen sieben 
hienen verloren zu sein. Die am Lande steherden Arbeiter hat« 
en so vlel Geistesgegenwart, ungesaumt z ei große Löcher in den 
Rumpf des Schiffes einzuschlagen und auf diese Weise noch zwei 
Berungläckte zu retten; die anderen fünf lonnten, trotzdem beherzte 
Männer Alles aufboten, nicht aufgefunden werden. Jeder mußte 
ich fagen, daß die hoch aus dem Schiffe hervorragenden Kessel, 
'obald die schweren Wassermafsen hineingelassen würden, das Um—⸗ 
chlagen herbeisühren mußten. Die Todten sind Familiendäter. 
Die Untersuchung wird das Weitere festzustellen haben. 2274 
Das soeceben erschienene 7. Heft des deutschen Generalstabs⸗ 
verks über den Krieg von 1870 enthält zunächst die Darstellung 
der strategischen That, welche zur Entscheidungsschlacht von Sedan 
führte: nämlich die Rechtsschwenkung der auf dem Marsche nach 
Thalons begriffenen Maas- und UII. Arme nach Norden. Zedn 
Tartenskizzen, welche für jeden Tag „vom 21. - 31. August 1870, 
die Stellung beider Heere verzeichnen, geben ein anschauliches Bild 
yon der Ausführung dieser Operat'on. Außerdem treten in der 
krzähtung die siegreichen Gefechte dieses Zeijraums, das von Nou⸗ 
art und namentlich die Schlacht von Beaumont, hervor, deren 
Verlauf eine große Karte in drei Momenten dacstellt. Die Anla- 
zen enthalten die Ordre de bataills der neugebildeten Maasarmee 
und außer Armecbefehlen und Verlustlisten auch die wichtigsten an 
das große Hauptquartier gekangten Meldungen über die beobachte⸗ 
len Beweguntzen des Feindes. 
7 (uther und die Civilehe.“) In Bezuz auf d'e na ment ⸗ 
ich in spezifisch lutherischen Kreisen so lebhaft kundgegebene Ab⸗ 
jeigung gegen die Civilehe schreidt der Berliner „Gemeindebote“ 
inter der Ueberschrift: „Lulher und die Civilehe“ Folgendes: 1. 
duther sagt: Weil Hochzeit und Ehebund ein weltlich Geschäft ist, 
zebührt uns Geistlichen und Kirchendienern nichts darin zu ordnen 
und zu regieren. Solches Alles lasse ich die Herren vom Rathe 
chaffen und machen, wie sie wollen. Es geht mich nicht an. 
Aber so man von uns begehrt, in der Kirche sie, (die Brautleute) 
u segnen, über sie zu beten oder fie zu trauen (trauen hier als 
Wechfelbegriff für: die Eheleute segnen und für sie zu beten), so 
ied wir schuldig, es zu thun. 2) In dem ausgezeichneten Werke: 
„Martin Luther. Sein Leben und seine Schriften von Dr. 
döstlin, 2 Bände 1875* wird als zweifellos hingestelll, daß 
wischen der Eheschließung Luther's im Kreise von vier in sein 
Daus geladenen Zeugen am 13. Juni 1525 und seiner sodann 
zor großer Versammlung abgehaltenen Hochzeitsfeier am 27. Juni 
dierzehn Tage vergangen sind und daß es in Bezug auf letztere 
Feier nicht urlundlich erwiesen werden kann, ob überhaupt ein 
irchengeng und die Einsegnung der Ehe vor dem Altar 
hamit verbunden war. (S. 3.) 
FWien, 27. Jan. Ueber die Geburten von Zwillingen 
ind Drillingen in Oesterreich meldet die „Presse“ Folgendes: 
Die weibliche Fruchtbarleit in Oesterreich ist keine geringe. Im 
Jahre 1872 wurden in Oesterreich 189,530 Zwillinge geboren 
davon kamen 17,775 lebend und 755 todt zur Welt.) Galizien 
teht in Betreff der Zwillirge obenan mit 5288, dann folgt Böh⸗ 
nen mit 451*, Mähren mit 2032, Niederösterreib mit 1804, 
Zteiermark mit 15808 2c. Speziell die unehelichen Zvillinge be— 
rachtet, war ihre Zffer 2076. Was die Drillinge anbelangt, so 
amen im genannten Jahre 387 zur Welt (darunter 21 Todtge⸗ 
horne) und V'erlinge wurden 16 geboren, in Galizien. 12, in 
Niederösterreich 42. Eine Geburt brachte 4 Knaben, je eine Ge⸗ 
zurt 3 Knaben und 1 Mädchen, 2 Knaben und 2 Mädchen, 3 
Mädchen und 1 Knabe. 
— Vor zwei Monaten starb — nach vem „Golos“ — in 
inem Gefängniß des südlichen Rußlands ein Arrestant. Der In—⸗ 
peltor des Gefängnisses meldete den Fall der betreffenden Behörde, 
ndessen konnte diese nichts auffinden, was auf den Verstorbenen 
Bezug hatte. Man forschte nach uad kam auf folgendes wahrhaft 
cheußliche Resultat: Vor ungefähr neun Jahren wurde der Ver— 
torbene in Untersuchungshaft gebracht wegen irgend eines Verge⸗ 
hens. In des Behörde gingen mittlerweile die Papiere verlorent, 
ud der Vergessene starb nach neun Jahren im Gefängniß!