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1876.
29 Sonntag, den 20. Februar
As 29.
Deutsches Reich.
München, 17. Febr. Der den Kammern vorijulegende
Militar-Etat pro 1876 wird bere'ts gedruckt, so daß das eingehende
Elaborat den Kammermitgliedern alsbald nach dem Wiederbeginne
der Sitzungen zugestellt werden kann. Dagselbe wird der Fall sein,
bezüglich der Nachweisungen über die Verwendung der den Central⸗
fondze zugewiesenen Staatseinnahmen pro 1874, bezichungsweise
der umfasseuden Erläuterungen hiezu, die bereits gedruct vorliegen.
Der 1. Präsident der Kammer der Reichsräthe, Graf v. Stauffen⸗
berg, wird bereits morgen und der 1. Präsident der Kammec der
Abg., Frhr. v. Ow, am Sarastag hier eintreffen.
Karlsruhe, 17. Febr. Der Dichter Scheffel ist laut Mel⸗
dung des Badischen Staatzsanzeigers von Großherzog in den erb⸗
lichen Adelstand erhoben.
Berlin, 17. Febr. Einer Bekanntmachunz des General⸗
Postmeisters zufolge soll der neue Telegraphentarif vom 1. März
ds. Is. an in Kraft treten; danach wird für jedes Telegramm
eine Grundtaxe von 20 Pfq. und außerdem für jedes Wort der
Betrag von 5 Pfg. erhoben. Die näntliche Taxe g'ilt vom 1.
März ds. Is. an auch für den Verkehr mit Bavern, Würtemberg
und Luxemburg.
Die socialdemokratischet Agitation wird in einer Erklärung, die
der socialdemokratische Agitator Karl Trieburg in der „Zenung
von Gelsenkirchen“ erlassen hat, um seinen Austritt aus der Partei
zu motiviren, in drastischer Weise charakterisirt. Herr Trieburg
äußert sich u. A. folgendermaßen: „Ueberhaupt würde es mir
nicht zu Ehren gereichen, noch länger einer Partei anzugehören,
welche bestrebt ist, die ihr angehörigen Mitglieder zu ruiniren, wie
sch es leider an mir selbst erfahren habe. Ich habe Jahre laug
Belegenheit gehabt, das Leben und Treiben der Herren Agitatoren
der Sozialdemokratischen Arbeiter-Partei genau zu beodachten und
chließlich jetzt gefunden, daß genannte Herren im Trüben zu fischen
gederken. Denn womit ließe sich der arme Ardeiter wohl am leichte—
den die Taschen lerren, als wenn man ihm mit glaitem, phrasen⸗
zeichem Worischwall veispricht, feine traurige Lage ändern, bessern
ju wollen? obgleich diese Herren recht gunt wissen und einsehen, daß
sie mit ihren Ideal-Tendenzen n'cht helfen könpnen.“
Für die Reichstagswahlen entfalten die Socialdemokraten im
Ganzen eine sehr starke Rührigket. Außer in Sachsen, Holstein
und der Rheinprovinz (Elberfeld), von welchem aus sie bisher im
Reichstaze vertreten waren, operiren sie auch namenllich in beiden
dessen. In dem dem stark unterwühlten Hanau soll der Partei—
Redakteur Scheil, in Offenbach Herr Liebknecht aufgestellt werden.
Der leztgenannte Wahlkreis war durch den Chefredakteur der „Na⸗
ionalzeitunz“ Herrn Dernburg vertreten. Liedkrecht ist ein gebor⸗
aer Hesse, aus Gießen.
Aussand.
Die „christliche Liza zur Unterstützung der Christen in der
Türlei“ hat sich nunmehr in London kounst tuirt. An der Spitze
des Kom'tee's steht Here Lewis Farley. Als —X fungicen
Lord Russell und Viichael, Erzbischof von Belzrad. Der Zwed
ist, den Ehristen in der Türkei zu voller Rechtsgleichheit mit den
Muselmännern, und wenn Solches nicht ausführbar ist, zur Be⸗
ireiung von der musel nännischen Unterdrückung zu verhelijen. Das
Beitrittsgesd eines Jayresmitgliedes beträgt 1Pfand Sterling, die
—XE—
Mitgliedschaft. Die Einzahlungen können gemacht werden in Lon⸗
don, Charing Chroß. bei Drummonds, Banquier.
Barcelona, 15. Febe. Emilio Castelar ist, von Parit
lommend, gestern Abend hier eingelroffen und mit großem Jubel
empfangen word'in. Im Theater murde demselben eine Opation
dargebracht, welche jedoch von den Behörden als eine republikanische
Demonstration aufgefaßt wurde und das Einschreiten der Polizei
Reranlaßte. Es fanden bei d'ieser Gelegenheit 30 Verhaflkungen statt
Bermischtes.
F In Zweibrücken beginnt die nächste Schwurgerlchtssitzung,
welche von Apellrath Uebel präsidirt wird, am 13. März nächsthin.
F In Landau wurden am Diegstag 7 Burschen wegen
rober Mißhandlungen, d'e sie an einem ruh'g auf ver Stauße fah—⸗
reuden Chepaare derüdten, zu Gefängnißstrafen bis zu 3 Monaten
perurtheilt. Der „L. Anz.“ bemerkt hierzu, daß die jugendliche
Rohheit bereits als eine der ganzen bürgerlichen Gesellschaft dro⸗
hende Gefahr empfunden werde. Das Strafgesetzbuch allein kann
in salchen Fällen nicht helfen, sondern eine bessere Erziehung.
F Beislingen. Die große Staub'sche Baumwollspinnerei
und Zwirnerei in Kuchen ist am 12. Februat Abends zur Hälse
niederzebraunt. Der Schaden an Maschinen allein wird auf
5—600,000 fl. angeschlagen.
Mainz, 14. Febr. Eine weibliche Barbierstube soll seitens
einer Dame dahier ins Leben gerufen werden — nach dem Vor—⸗
bilde Berlins, woselbfst eine Wittwe ein solches Etablissement er⸗
richtet hat und dasselbe mit einer Anzahl Gehülfinnen betreibt; es
werden dort Herren fuͤr 6 Reichspfennige dem früheren Preise rasirt.
F Barmen. In einem hieügen Kosthause vergriff sich kürz⸗
lich die Köchen beim Pfannenkuchenbacken, indem sie statt der Rüb⸗
zl⸗ die Petroleumflasche nahm. Die so entstandenen Kuchen wan⸗
derten in die huageigen Magen von sechs Schreinergesellen, wo sie
sbald derart rümorten, daß ärztliche Hülfe geholt werden mußte.
Dem Arzt gelang es in karzer Zeit, die Schreiner, welche glaubten.
daß sie vergiftet seien, wieder herzustellen.
tKöln, 17. Febr. In Folge der gewaltigen Regengüsse,
welche in den letzten Tagen stattfanden, sind auf der Stece der
Rheinischen Eisenbahn von hier nach Aachen Abrutschungen entstan⸗
den, wodurch dieselbe einstweilen unfahrbar geworden ist. Der
Verkehr nach Belgien wird vorläaufig über die Linie Aachen⸗Glad⸗
hach geleitet.
FGach Muster.) In einem Berliner höchst feinen Rest aurant
bestellte kürzlich ein Herr ein Beefsteal. Man brachte ihm auf
ꝛ»legantem Teller das Gewünschte, aber in äußerst kleinem Format.
„Warten Sie!“ sagte er zum Kellner, spießte ruhig den Bissen auf
die Gabel, ging aus Fenster, besah ihn lange und genau, und
sagte dann: „S'ist richtig! Von dieser Sorte Rindfleisch können sie
mir ein Beefileal maqcen lassen.“
F Breeslau, 14. Febr. Ueber ein versuchtes Attenlat mit⸗
tels einer Höllenmaschine wird berichtet: Der hier wohnende Geld⸗
chrante Fabrikant P. empfina am 13. d. als Po isendung von
Dhlau eine kleine Holzkiste. Ahnungslos machte der Adressat in
Begenwart seiner Feau und seiner Kinder im Familienzimmer sich
daran, das Poststück zu öffnen. Frau P. war dabei behülflich
uind zwänkte ein Stemmeisen zwijchen die Nägel, mit welchen der
Deckel der Kiste befestigt war. Das Oeffnungswerkzeng stieß aber
auf Wieerstand, und langsam zog man dasselbe wieder heraus.
An der Spitze des Stemmeisens befand fich etwas von einer schwar⸗
jen Masse. Diese Erscheinung und die Hindernisse, welche der
Deffnung sich in den Weg gestellt, veranlaßten den Empfänger, die
diste mit außergewöhnlicher Vorsicht und Behutsamkeit zu öͤffnen.
Sorgsam wurden die einzelnen Nägel herausgezogen, langsam end⸗
ich der Deckel gehoben. Die Familie P. sollte bald alle Veran-
assung haden, der Vorfhung dafür zu dankeu, daß das Oeffnen
des Deckels nicht durch ein kräftiges Aufsprengen, wie dies von
dem Absender erwartet stin mochte, geschehen war. Der Inhalt
der Kiste bestand aus etwa s Pfund Schießpulver und 13 Zünd—
hütchen, wie dieselben zu Bikforth'scher Züudschuut für Dynamit⸗
patronen derwendet werden. Außeidem bestand der Inhalt det
Zistchens aus einer Maschienerie, zwei in dem Deckel eingelötheten
daken, in denen zwei gibogene Spitzen befestigt waren, die an
einem unteren Stege fortliefen und mit zwei Marine-Geschützzündern
großen Kalibers so verbunden waren, daß sie bei rascher Oeffnung
und dem Enporschlagen des Dickels in dieselben eingreifen und sie
uur Entzsedung bringen mußten. Nur die zufällige langsame und