St. Ingberler Anzeiger.
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Der St. Jugberter Auzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem tz zuptblaite verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Vei
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36. Samstag. den A. März J 1876.
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Mäünchen. Die Stagatsministetien des Innern und des
Zrieges erlassen folgende Bekanntmachung: Einzelne Lehraustalte,
welche zur Ausstellung von Zeugnissen über wissenschaftlich Quali⸗
ficat on zum Einjahrig⸗ Freiwilligen⸗Militärdienste berechigt sind,
verden von Shülern besucht, die bereits im m litärpfl'chtigen Alter
tehen, in ihrem Studiengang aber noh niht so weit vorgerückt
ind, daß sie vor dem durch die Ersatzordaung 8 89. 1 vorge-
schriebenen Tetmine, d. j. dem ersten Apräündes ersten Militärdflicht⸗
ahres sich üder ihre wissenschaftliche Qualification durch Uebertritts⸗
der Entlassungszeugn'ß auszuweisen vermöchtea. Auf Grund der
ihnlichen Bestimmungen der Mintärersahinstruction dom 30. Juli
372 ist den in dieser Lage befindichen Schülern durch Ministerial⸗
entschliezung vom 28. Juni 1873 gestattet worden, den Qualifi⸗
nigasnachweis durch eine vorldufige aber unter Vorbehalt zu er⸗
cheilende Bescheinigung des Anstallaworstandes zu liefern, daß voa
Fre mit dem Schüler vorzunehmenden nächsten Abgangs⸗ oder
Uebertritisprüfung ein günstiges Ergebniß zu erwarten stehe. Im
dinblicke auf 8 89, 7 der Ersatzordnung erscheint die Ertheilung
iner solchen vorläufigen Bescheinigung nicht mehr veranlaßt, indem
die in ihrem Studiengange zurückgebliebenen Schuler beim Ein tritte
n das milirärpflichtige Alter die Zurückstellung wegen Nactheils
durch Unterbrechung ihrer Studien gemaß 8 30, 2 f. der Ersatz⸗
Idaung nachsuhen und erlanzen können und alsdann gemäß
Z 80, 7 ebendort die Berechtigung zum einjahrigen Deenst mit
Benehmigung der Ersatzbehoͤrde II. Instanz nachträzlich nachsu⸗
hen dürfen.
Berlin, 1. März. Die Provbinzial⸗Korrespondenz“ bestätigt
die Meldung, daß dem Landtage noch ein Gesetzentwurf über die
Finberlerduni. Lauenburas in die preußische Monarchie zugehen
verde; votaassi htlich werde auch die Eisenbahnfrage der Gegen⸗
tand wichtiger Berathung werdeu. — Dasselbe Blatt schreibt mit
Bezuz auf die gegenwärtigen Uebecsch wemmungen, die Behörden
seien bemüht, überall soweit moͤglich, Beistand und Hilfe zu ge—
vihten. Ler Mmister des Innern stegt mit den Oberpräsidenten
der betreffend n Probinztn fottwährend ia telegraphischem Vertehe,
damit de exrforderlichen Maßregeln ũderall schleugiagst und nach—
drücklich ergriffen werden. Das Staatsministerium habe alsbatd
geeignete Schritte dehuss wvirkjamer Hülfe aus Staatsfonds in Er—
wagung gezogen. Bestimmteres behufs Anrufung der Mitwirkung
des Landtages werde si d aber erst nach naheren Berichten über
den Umfang des Norhstandes feststellen lassen. Der öffertlich an⸗
gerufene Woͤhlthatigkeitzsian werde sich gewiß in den von dem
ünglück verschonten Theilen der Monarchie durch schleanige Hille⸗
leistung bewähren.
Zerten, 1. März. Die Kaiserin ist heute früh nich Magde⸗
hurg gereist und wird daseldst einet S zung des Vatertändischen
Frauenverems behufs Unterstätzung der Urbersthhwemmten präfidiren.
Magdebutg, 1. März. Die Kuserin ist heate Vocrmittag
hier eingelroffen und enthusiast sch deg üßt worden. In einer ge⸗
meinsamen Conferenz des daterländ schen Frauenverems und det
Hilfszcomnites für de Ueberschwemmten fuͤhrte die Kaiserin des
Vorsitz; nach zweistüsndigem Aufenthalt reiste sie wieder ab.
Die in den Uzten Mogaten so häufiz fich wiederholenden
Unglücksfälle deutscher Schiffe an den englischen Küsten werden
sehr viel dazu beitragen, zwischen den zwei Nationen boͤses Blul
‚u machen. Sqhon sprechen sogat englische Blätter es offen aus,
Ind das ist nataͤtlich das unsinnigste Geschwätz, daß die Strath-
Ahde von der Franconia absichtlich in den Grund gebohrt wurde,
weil die Deuischen sich dafür rachen wollen, was in dem Falle der
Deutschland“ gegen sie gesündigt worden war. Die englischen
Zeitungen wollen nicht einsehen, daß der Ausspruch der Coroner's
in Deal absolut keinen, Werth besitzt, da nur von eineer Seite die
Zeugen gehött wurden, und sie ertiaten saämmtlich, daß der Wahr⸗
spruch ein gänzlich gerechtfertigter und das Benehmen der Franconia
In vollstäändig unenischuldbares gewesen sei. Wenn sie si daraui
Deuisches Reich.
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beschränken würden, zu behaupten, auf den ecsten Anblick sei das
Bebahren der Francoenia ein unerkläcliches, so leße sich der Aus—
druch begreisen, denn jeder unparteiische Zuschauer muß es so
nennea, allein den Ausspruch der Jury für endgiltig, für richtig
inzuerkeunen, zeigt schon von einem Grade nationaler Befangen⸗
seit, der ‚wijchen zwei freundlich gesinnten Natioren nicht vor—⸗
'ommen sollte, und der nur zu den äͤrgsten Mißverständnissen
ühren kann. Wer wären gewiß die Letzten, bie Handlungkweise
zer Offi.iere der „Franconia“ entschuldigen zu wollen, wenn sie
ich einen Fehler zu Schulden kommen ließen, aber bevor wir die
Angeklagten veurtheilen, müssen wir doch auch ihre Vertheidigung
zehoͤrt haben.
Uebrigens erklärte im englischen Unterhause der Unterstaais-
fretär Lord Hamilton auf eine bezügliche Anfrage, gegen den
dapitän der „Franconia“ könne wegen des Zusammenstoßes dieset
Schiffes mit dem , Strathclyde“ eine haudelsamtliche Untersuchung
ucht'eher eingeleitet werden, als bis das gegen den Kapitaͤn wegen
ahrläysiger Tödtung eingeleitete Criminalserfahren beendet sei.
Was das Verhalten des Hafenmeisters in Dover anbelange, so
verde dasselbe bei jedem dazu gezebenen Anlasse einer Uatersuchung
durch das Hafenamt in Dover unterzogen.
Ausland.
Paris, 1. März. Don Carlos hat gestern Abend Pau
oetlassen, um fich nach England zu begeben. Der Graf von Ca⸗
jerta begibt sich nach Cannes.
Doͤn Carloa'hat nicht, wie es gestern hieß, die Erlaubniß
ꝛrhalten, in Fra kreich za bleiben; die franzoͤsische Recierung ließ
ha fragen, nach welchem Land er sich zu degeben gedenke, und da
er sich für England entschied, so dolte ihn an 29. Februar Mor⸗
gens ein Exirazug in Pau, wo er se'ne Gemahlin besucht hatte,
Ib, welcher ihn über Paris (ohne Aufenthalt) nach Calais vringen
olte. Man erinnert sich noch, wie vor kaum zwei Jahren Don
Farlos von der Regierung Mac Mahons unter der Haad alle mög⸗
liche Unkerstütuung erhielt. Jett haben sih die Zeiten geändert,
e Legitimisten führen nicht mehr das große Wort, weder in der
Polkzvertretung no h im Cabinet Mac Mabons, und so wird Don
Tarlos sehr kühl behandelt.
(Reuspanische Barbarei auf Cudba.) Newyorler
Zeituͤgea melden, daß vorigen Monat auf der Plantage El Santo
Christo in Caba, Eigenthum eines reichen Psllanzers Namens Fran—
J'sco Gonzalez Arango, sieben Personen hingerichtet warden. Vor
zinigen Monaten, so heißt es, daufte Arango eine Anzaht Sklaven
in Buelta de Arrida nuud ließ fie nach seiner Plaatage El Santo
Fhristo bringen. Unter ihnen befand sich eine aftikanische Frau,
hi Sohn Luis, ein in Cuba geborener Creole, dessen Frau, eine
Freolin, und ein chinefischer Kuli. Nachdem dieselben geraume
Zeit auf der Plantage geardeitet, machte Arango's Aufsther, ein
Weißer, der Frau diz Luis unschicdliche Anträge. Sie wies seine
Zudringlichkeilett entrüstet zurück und nach wiederholten Weigerungen
vpurd: decr Aufseher zornig und beschloß Rache zu nehmen. Er be⸗
Jab sich demnach zu Araugo und hinterbrachte ihm solche Geschich—
en von der Frau, daß derselbe betahl, sie gehörig auszupeitschen.
Als das Urtheil vollstteckt werden sollte, sand man, daß die Frau
dald Mutter werden wücde. Idre Mitsklaven hofften, sie würde
uus diesem Grunde geschont werden, aber vergebens — sie wurde
n fürchterlicher Weise gepeitscht. Während der Auspeitschung
zrachte sie ihr Kind zur Welt. Luis, entrüstet über diese schred⸗
iche Behandlung stiner Frau, deschloß sich an seinem Herrn zu
achen. In wenigen Tagen hatten sich sieben der Neger, welche
nit ihm bon Vueüa de Arriba gebracht worden waren, sowie der
Thinese feierlich verschworen, Arango zu tödten. Gegen Mitte
Januar war ibr Racheplan zut Reife gedsehen, und in einer Nacht
sogen sie aus um die That zu pollbriuzen. aber Araugo hatte die
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hüßen zu lassen. Sie ermordeten ihn und stellten fich alsdann
den Behörden in Beju al: ein Geständniß ihrer That ablegend—