Full text: St. Ingberter Anzeiger

ur Chaplat, welcher seiner Zeit als Stellverlreter gedient hatte, 
ils Pramie im Kriegsministerium erlagen. So wurde man bald 
dandels einig. In Vermanton sagte Marechal zu den Gendarmen, 
r habe keine Papiere bei sich und möchte fich, ehe er seine Heimath 
Ferließe, gerne mit eirem Passe versehen. Da mussen Sie mit uns 
zis Auxerre kommen, sagten die arglosen Gendarmen, denn hier, in 
er kleinen Kreisstadi, kann Ihnen Niemand einen Paß ausstellen. 
Das wor es gerade, was die Beiden wollten. Marcchal steckte auf dem 
deiteren Marsche Chaplat seine Papiere zu, die Gendarmen lieferteit 
zeide Indididuen zusammen in Auxerte aus, und als dort Chaplat aufge⸗ 
ufer wurde, trat Marechal für ihn, dann trat Chaplat für Marechal vor. 
Thaplat wurde bald wieder entlassen und Marechal an seiner Statt 
ud Jahren Gefängniß verurtheill. Das hohe Sirafmaß mochte 
hn nicht gerade angenehm überraschen; aber er blieb der einmal 
mgenommenen Rolle treu, saß seine 5 Jahre geduld'g ab und 
varde dann in eine Strafkompagn'e, jedoch nicht in Afrila, son⸗ 
zern in den Kolonien gestecht. Das war gegen die Abrede und 
dier regte sich endlihh in Marehal das Gefuͤhl der gekränkten 
Mensch uwürde. Bei der ersten Gelegenhe't entwich er nach Neu- 
seeland, kam aber aus Noth nach seinem Standorie, Saint-Pier re⸗ 
Miquelon zurück, wurde auf's Neue gesaßt, nach Frankreich gebracht 
uind in Brest zur Degradation urd zu zehnjähriger Einichließung 
zerurtheilt. Noch büßte er eine Weile diese Stiafe in Foutevrault, 
As ihm endlich die Geduld riß und er in einem Briefe an den 
driegsiminister die ganze Wahrheit an den Tagl brachte. Nun 
durbe wieder auf Chapiat gesahndet. Dieser hatte sich, nachdem 
Faine Weile in Beigien und der Schweiz herumgewandert, in 
inem heimathlischen Dorfe niedergelassen, verbeirathet und lebte 
ils glücklicher Schuster und Vater mehrerer Kinder, als er jetzt 
roch einmal vor das Kriegsgericht gefordert wurde, um sich für 
eine Desertion von 1861 zu veranworten. Er wird zu drei Jahren 
Hefangniß verurtheilt, waͤhrend Marechal dem Marineminister zur 
Berfügung gestellt wird, dam'n dieser die Annullirung des Brester 
Erlenntnisses veranlasse. Der Vagabund von Avallon hatte statt 
dierundzwanzig Stuaden sechs Jadre im Gefaängniß oder im Straf⸗ 
enst geschmachtet. 
pEin Umoetter auf Shyra. Die Potris erzaͤhlt von der 
XW Syra⸗Insel. Am dasching⸗ 
ienstog Nachmittag verfinsterte sich nach dem heitersten Tage plög⸗ 
ih der Himmel; Schlossen in der Große von daselnüssen prafselten 
eder, und dann folzie ein Plaßregen in Sirömen, der Donner 
ollte, und gretle Blitze durchzuckten die hereingebrochene Finsterniß, 
zie Katholilen befanden sich zur Vesper in der genannten Kirche, 
ie auf einem Höhepunkt der Insel liegt. Gegen 4 Uhr fuhr ein 
Blitz in den Giockenthurin, nohm seinen Weg durch das Deckenge⸗ 
boͤlde der Kirche und trof die im Chor befindlichen Geistlichen. 
zin Dickon wurde auf der Stelle getödiet, ein anderer schwer 
erwundet; 5 Geistliche und ein Dutzend Perfonen erlitten gleich 
alls starke Verletzungen. Die Kirche war mit Rauch und Schwefel⸗ 
‚ampf erfülli. Aus der Kirche richtete äch der Bleitz in das an⸗ 
oßende bischöfliche Gebaͤude, zerschmetterte das Küchengeschirr, und 
uhr nach dieser Zerstörun, durch das Souterain in eine unweit 
tehende iathol ische Kapelle und in ein benochbartes Haus, in dem 
r eine ihr Kind im Arme haltende Frau zu Boden warf. Unter 
en in der Georgskirche Schwerverwundeten b⸗fand fich auch der 
Maire von Syra. 
f Prozeß Stroubberg. Die „B. B⸗Zig.“ schreibt: „Der 
Dreozeß gegen die Mostauer Commerzbank und gegen Dt. Strous⸗ 
derg ist nunmehr, wie aus Moskau gemeldet wird, so weit vor⸗ 
zerüct, daß d'ie von dem Unteisuchungsrichter angestrengle Vor⸗ 
intersuchung geschlossen ist und die Acten dem Staatsanwalt Ob⸗ 
insthy uüͤbergeben sind. Wie mo strös dieseß Untersuchungsmaterial 
st, läßt sich schon daraus schließen, daß die für die Geschworenen, 
Rie Ruͤhter und die Vertheidiger gedruckten Exemplare dieser Acten 
A Bunde a 500 Seiten eng gedruckter Schrift umfassen. Es 
st bereits erßchtlich, daß gegen Dr. Sirousberg von allen Anklage⸗ 
ounkten sich nur die einfache Wechselklage (uber 165,000 Rubel) 
degründen läßt, und daß der ganze Aufwand von Inquirirungen, 
er gegen diesen Schuldnet in Scene gesetzt ist, einfach damit 
ließen wird, daß er zwangsweise aus Rußland exmittirt werden 
ind ihm die Rücdkehr verboten werden wird. In der Vorunter⸗ 
uchung hat Dr. Strousberg selbsi erklärt, daß die von ihm der 
MNoztauer Bant in Depot gegebenen Actien der Deutsch Böhmischen 
crifenwerle, sowie der Puris-Nartonner Eisenbahn gegenwärtig 
illerdingz und zum Theil in Folge seiner Inhaftirung Maculatur 
jeworden seien; es sei aber die Sache der Bank gewesen, den 
Werth der als Sicherheit von ihm deponitten Pipiere zu pruͤjen; 
Jamals hätten sie aber den dreifachen Werth der ihm darge liehenen 
Summen gehabt. Strousberg wohnt gegenwärtig in Moskau in 
inem Privaihaus an der Sejitenla und hat vollständig freien Ver⸗ 
leht mit seiner Frau und seinen Belannten.“ 
f Ein Kaffeehaus verfunken. Das Städtchen Vacrtin, 
in dim surtischen Ufer dan Schwarzen Meeres gelegen, befinden! 
ich seit der vorigen Woche in großer Trauer, eines Unglückes we⸗ 
sen, das sich in einem Kaffeehause daselbst ereignet hat. Dieses 
daffeehaus stand näwlich, wie dies in vielen orientalischen See⸗ 
zädten gebräuchlich, nahe am Meeresufer und ein Theil davon, 
u dem sich auch der Kaffeehaussaal befand, ragte in das Veer 
zinaus. Gestützt wurde diefer Theil des Kaffeehaufes durch im 
Meere ingeschlägene Piloten. In der vorigen Woche nun ver⸗ 
ammelten sich eiwa funfzig Passagiere in dem Saale dieses Kaffee⸗ 
uses und warteten dier auf die Ankunft des Dampfschiffes aus 
krapezunt, um mit demselben nach Konstantinopel zu fahren. 
hderade in dem Augenblicke, als das Dampfschiff in den Hafen 
ser Stadt einfuhr, füürzte das Kaffeehaus zusammen und sanl mit 
llen darin befindlichen Personen ins Meer hinab. Von den 
Jassagiereen wurden zwanzig als Leichen hervorgezogen, wahrend 
ie uͤbrigen dreißig theils leichte, theils schwere Verletzungen da⸗ 
ontrugen. — Man wird sich erinnern, daß vor längeret Zeit sich 
in ähnlicher Unglücksfall in Styrna ereignet hat. 
F London, 27. Marz. Der Dampfer „Great Western“ 
st aui der Fahrt nach New-Yort bei Long Jsland gescheitert. 
4 Die elf Matrofen von dem englischen Schiff „Lennie“. 
velche auf der Fahrt von Antwerpen nach Amerika im vergangenen 
November, den Kapitän und die beiden Offiziece des Schiffes er⸗ 
nordeten, in Frankreich landeten, dort verhaftet und an die eng⸗ 
ischen Behorden nusgeliefert wurden, erschienen am 22. Marz vor 
sem Nichier in Bow« Street in London. Einer der Angeklagten, 
in Oesterreicher Namens Lettes (aus Fiume), hat seine Unschuld 
rwiesen und st demgemäß von der Anklagebank auf die Zeugen⸗ 
ank verseizt worden. Es bleiben noch zehn Angeklagte, Griechen 
ind fürkische Unterthanen griechischer Zunge, die nach den bis⸗ 
erigen Aussaoen zu schließen, ihre Vorgesetzten mit einer Kalt⸗ 
ütigleit und Gleichgzülligkeit niedergemetztelt haben, wie fie selbst 
eĩ den zahlreichen Schaudergeschichten des Seelebens nur in seltenen 
Fällen vorzukommen pflegt. 
7 Fur Philadelphia Besuchende giebt der berühmte Rei⸗ 
ende Gerhard Rohlfs in der „Allge. Ztg.“ Wike für die zur 
Nusstellung reisenden Deutschen. Derselbe schreibt u. a.“ Nachdem 
nan einen Ueberschlag gemacht hat, wie viel einem ungefähr, reich⸗ 
ch gerechnet, die Reise kosten könnte, erhöhe man sein Reisegeld 
och um ein Dritlel, und man wird nach der Rücdklehr finden: 
ran habe doch nicht zu viel mitgenommen. Bei Wahl der Hotels 
ehe man das von Amerilanern gehaltene vor. Die Priise der 
uien Hotels schwanken zwischen 10—220 Mark des Tageß, worin 
lles gerechnet ist: Zimmer, Beleuchtung und dreimalige reichliche 
zekoͤssigung. (Die Zubereitung der Gerichte und die Art zu Jen 
ind allerdings wie bei den Wilden!“) Reinigung der Kleider 
ind Stiefel wird in den Reinigungs-Anstalten der Hotels, mit 
zen Kleidern an dem Koͤrper, verrichtet, man jahlt dafür extra 
56 Pf. oder 1 Mk. Man lasse schließlich das lacherliche Vorur⸗ 
heil zu Hause, als habe man es in den Vereinigten Staaten nur 
nit Mördern und Spitzbuben zu thun; nichts jist falscher und 
rriger als diese Vorstelung. Im Gegentheil, ich wage die Be⸗ 
auptung — und werde das später an anderen Orten bewei⸗ 
en — daß man in den Vereinigten Staaten sigerer lebe, als 
nelerwätts. 
f Der Ausstellungs Commission in Philadelphia ist ein, von 
Rabbinern der verschiedensten Gemeinden unterzeichnetes Gesuch, 
im Erlaubniß zur Errichtung eines Restaurants für loschere Hpeisen 
zuf dem Ausstellungsplatze, zugegangen. In qu. Petitum wird 
1. A. bemerkt, daß voraussichtlich 530 —70,000 Juden die Aus⸗ 
Pllung besuchen werden, von denen die Mebhriahl die jüdischen 
Zpeisegesetze deobechtet. 
FsEmn ktleinee Irrthum. Im Territorium Wyoming, ver⸗ 
in'gten Staaten, wurde kürzlich ein Mann aus dem Oslen „ge⸗ 
yncht.“ Später funden die Thäter aus, daß sie einen „Mißgriff' 
n der Person gemacht hatien, und schickten die Leiche in einem 
chönen Sarge und mit einem Kondolenzichreiben an die Hinteri— 
zliebenen des irrthümlich Gehängten. 
Dienstesnachrichten. 
Die an der Kreisgewerbschule in — erledigte Lehrer⸗ 
Jelle für deutsche Sprache, Geschichte und Geographie wurde dem 
eprüften Lehramtscandidaten und derzeitigen Classeverweler an der 
Zaleinschule in Winnweiler, Priester J. Moser aus Odbertattenbach, 
Abertragen, dem Gymnasialprofessor an der Studienanstalt zu Speher, 
F. Osihelder, wurde auf Ausuchen der Ruhestand für immerwährende 
Hauer biw lligt und demselben dierbei für seine langjährrige, treue 
ind eifrige Tienstle stung die allerhöchste Anerkennung und Zufrieden⸗ 
eit ausgesprochen und der Studienlehrer am Max miliansgymnafium 
n Munhen, A. Hundsmann, zum Gomnasialprosessor an der Studien⸗ 
anstalt Speyer befd.dert.