Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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M 6. J J Dienstag. den 11. Januas 
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Deutsches Reich. 
München, 7. Jan. Im k. Kriegsministerium ist man 
zur Zeit mit der Aufstenrung des Militär Budgets beschäftigt, dessen 
Vorlage an die Kammern unmittelbat nach der⸗en Wiederzusammen⸗ 
tritt zu erfolgen hat. — Da man hier anne hmen zu dürfen 
giaubt, daß sich die Dauer des Reichstages nicht über die etsten 
Tage bes Februar erstreclen wird, so ist als Tag der Berufung 
unserer Kammern zur Zeit der 14. Febtuar in Aussicht 
genommen. 
München, 8. Jan. Von Berlin aus erfolgte beim hie 
sigen Kriegsministerium eine Remonstration über die allzugroße 
Berückssichtigung der Theologen detreffs Heranztehung zur altiven 
Wehrpflicht. 
Verm ischtes. 
4 Das ‚F. W.“ meldet aus Frankenihal, 4. Jan. In der 
heutigen Sitzung des Zuchtpolizeigerichtes wurde ein hiesiger Fa- 
hrikarbeiter, welcher im verflossenen Frühjahr seine Frau auf die 
hrutalste Weise mißhandelte und Lebensgefährliche Verletzungen bei⸗ 
zrachte, zu 3 Jahren Gefangniß veruttheilt. Der Staatsanwali 
hatte 5 Jahre Zuchthaus beantraqt. 
Die Eisenbahnschiffbrüuke bei Speyer ist wegen des Eis⸗ 
zanges abgefahren. Die Züge der Heidelberg⸗Speyerer Bahn sind 
»eßhalb einstweilen auf die Strecke Heidelberg-Schwetzingen be⸗ 
ichränkt. 
f Ramstein, 8. Jan. Am Donnerstag Morgen wurde 
ein hiesiger Mann in seinem Bette iudt gefunden. Da man wußte, 
daß er mit seiner Frau in Zwistigkeit gelebt hatte, wurde die 
Sache urtersucht. und stellte sich heraus, daß das Weib, unter⸗ 
tützt von der Tochter, wie man sagt, den schlafenden Mann mit 
dem Schüreisen erschlagen hat. Sie ist der That geständig und 
beteits nach Zweibrücken gebracht. Wie man erzählt, soll sich 
der Getoͤdtete einige Wochen außer Haus befunden und die Frau 
zedroht haben, wenn er heim läme, werde sie ihn todtschlagen, was 
denn auch geschah. 
FIm Neustadter⸗Saalbau soll am Fastnachtsonntage ein all⸗ 
zgemeiner pfälzischer Ma⸗zkenball veranstaltet werdeen. 
Ludwigsburg, 6. Jan. Heute Nacht verunglückte 
n dem 12143 Uhr von hier abgehenden Zug ein Oifizier der 
Harnison Asperg, Sek.Lieutenant Renz, indem er während der 
Fahrt, wit es scheint, die Treppe des Waggons hinabglitt und von 
»en Rädern zermalmt wurd.. Das Unaglück wurde erst auf der 
Ztation Asperg entdect. 
F Die „Fuld. Zig.“ berichtet aus Fulda: Am ersten Christ⸗ 
age wurde der Sergeant Schäfer vom hiesigen Vataillon nach 
Franlfurt abgeiührt um wegen Mißhandlung von Soldaten da⸗ 
elbst abgeurtheilt zu werden. Das Auffallendste, was er voll⸗ 
fjührte, war Folgendes: Er commandirte Nachts die Soldaten 
eines Zimmers aus den Betten, ließ sie, nur mit dem Hemde 
)ekleidet, den Säbel umschnallen, den Helm aufsetzen und im Zim⸗ 
mer exerciren. Bei einet solchen Gelegenheit prügelte er mit einer 
Austlopfpe ische einige Soldaten dermaßen, daß die deutlid en Spu⸗ 
en seines wüsten Tecibens sich am Tage nicht verbergen ucßen. 
Nachdem die Untersuchung hier beendet war, wurde er nach Frank⸗ 
jurt abgeführt. 
F In Pafssau hat lüngst ein Bauer ein Kalb um 4 
Pfennige verkauft, indem der Käufer diese Münzen ihm füe Gold 
gegeben hat. 
F Moskau, 8. Jan. Doctor Strousberg ist seiner Hast 
entlassen und hat in Mostau eme Privatwohnung nehmen dürfen. 
Gr. Ztg.) 
F. Pariss, 4. Jan. Aus Elbauf wird telegraphirt, daß 
das Haus Leblond Bareite Fils mit 15 Millionen Passiben kal⸗ 
wlirt hat. 
f Abschiedsbrief des Thomas an seine Familie, den derselbe 
schtieb, ede er fich die Kugel in den Kopf jagke, lautere folgender⸗ 
maßen: „My darling wife and children! May God bless you. 
lshall never see you again. Vour affectionate father Will. 
Phomas.“ (Meine liebe Frau und Kinder! Gott segne Euch! 
Ih werde Euch nmicht wiedersehen. Euer weuer' Vatet Will. 
Thomas.) An den Kapitän der „Mosel“ hatte derselbde folgendee 
Zeilen gerichtet: „Tho the captain of the Steamer,, Moseol“! 
please deliver to my wife the money you sind on my body. 
Residing 14 Residenzstreet Strehlen by Dresden. MWill. Tho-— 
nas.“ (An den Kapitän des Dampfers Mosen“! Bitie, meiner 
Frau das Geld, das Sie bei mir finden, auszuhändigen. Sie 
vohnt Residenzstraße 14 Strehlen bei Dreeden. Will. Thomas.) 
Beide Schreiben wurden offen bei Thomas vor efunden,als derselbe 
von der Kajüte nach dem Krankenhause geschasst werden hollte. 
Ausfand. 
Wien, 7. Jan. Die Existenz des Projelts der Kid 
nurg des Kronptinzen zum König von Ungarn betrachten unter⸗ 
richtete Kreise als zweisellos. 
Wien, 9. Jan. Das „Fremdenblatt“ kann auf Grund 
eingezogener Erkundigungen poiitiv versichern, daß die Senfations 
depesche des „Standard“, wornach die Reserden der österreichischen 
Armee angeblich einberufen worden sind, jeden Grundes entbehrt. 
Es wurden, wie das „Fremdenblan“ hinzufügt, weder Reserven 
e nberufen, noch Vorbereitungeu ju einer etwa devorftehenden Ein⸗ 
berufung derselben getroffen. (Diese Depesche des „Standart“ 
sche nt aus derselben Quelle geflossen zu sein, welche letzthin einem 
Dresdener Blatt die Nachricht üdermittelte, es wü den Vorberei⸗ 
tungen getroffen, um 5 österreich. Diviñonen in Bosnien einmar⸗ 
schiten zu lassen.) 
Wien', 9. Jan. Die französische Regierung hat ihre be⸗ 
dingungslose Zustimmung zu der Note des Grafen Andrassy hier 
notificirt und ihre Gesandten in London und Rom angewiesen, in 
gleichem Senne zu wirken. 
Beunruhigende Zeichen ergeben sich in der belglichen Arbe'tker⸗ 
bebölkerung. An verschiedenen Orten sind in den letzten Wochen 
Waffenniederlagen entdeckt und Waffensendungen auf den Eisen⸗ 
bahnen mit Beschlag belegt worden, welche mit den Arbeiterwüh ⸗ 
lereien in Verbindung gebracht werden. Neuerdings bringt das 
.Joutna! de Bruxelles“ zur Kenntniß, daß eine Art von Marseil⸗ 
laise in Tausenden von Exemplaren unter den strikenden Arbeitern 
ron Mons verbreitet worden ist. In derselben wird die Aodsetzung 
und Bestrafung des Königs verlangt, das Schaffot für bleibend 
erklärt ze. Ueber Unruhen, welche in Louvire ausgebrochen sein 
sollten, ber'chtet die „Gazette de Mons“: „Die Arbeiter weigern 
sich immer noch, die Arbeit wieder zu beginnen. Es sind in ver—⸗ 
schiedenen Orten Versammlungen abgehalten worden, zu denen die 
Arbeiter in Schaaren hineilten. Ein Theil der Arbeiter in Marie⸗ 
mont hat ebenfalls angefangen, die Arbeit einzustellen: Diejenigen, 
welche noch auf die Schicht gehen wollten, sind von den Striken⸗ 
den bedroht und sogar in einzelnen Fällen angegriffen worden. 
Der Mangel beginnt schon sehr fühlbar zu werden und Schaaren 
von Beitlern ziehen von Thür zu Thür. Die Bürgermeister der 
belreffenden Or!schaften haben beschlossen, alle Versammlungen von 
mehr als 5 Personen auseinander zu treiben. Ungefähr 500 
Soldaten fsind gestern im Mitlelpunkt der Unruhen über mehrere 
Ortschaften vertheilt worden. Ihre nächste Aufgabe ist es, die Ar 
beiter zu schützen, welche arbeiten wollen. Andererfeits wird von 
Brüssel gemeldet, daß die Besatzung in Braͤssel, wenn sie anch nicht 
gerade consignirt ist, doch den Befehl erhalten hat, sich bereit zu 
haltene, um auf das erste Zeichen nach der Provinz Heinant ab⸗ 
gehen zu koͤnnen. 
Brüssel, 9. Jan. Die „Independance belze“ meldeh: 
Zwei Bataillone Carabiniers sind in letzter Nacht nach Charleroi 
abgegangen, wo der Sirike fortdauert. Die Brüsseler Garnison 
erhielt Befehl, sich bereit zu halten.