Full text: St. Ingberter Anzeiger

verden alle früheren au Großartigkeit übertreffen. Pferde zum 
Rennen sind augemeldet: auf Sonntag, den 80. April: Eroͤffnungs⸗ 
rennen, 40, Offiziershürdenrennen 18, Jagdrennen 18, Hürden⸗ 
rennen 13 und Sieeple-Chasse 12. Sodann 'auf VPtontag, 1 Moai: 
Herrenreiten 17, Flachrennen 10, Verkaufsrennen 10, Offiziers⸗ 
jagdrennen 19. Badenia⸗Steeple⸗Chasse 8. 
Worms, 15. April. Heute Vormittag wurde dine wänn⸗ 
liche Leiche an der Kenne enes Ankers der Schiffbrücke im Rheia 
hängend gefunden. Der Ertrunkene soll ein Schweinehundler aus 
der Gegend vn Brünstadt sein, welcher gestern Abend noch in 
einer Wirthschaft am Rheine gesehen wurde. 
Mundchen. 12. Apru. Eine militärische Prüoel⸗Gesell⸗ 
schaft. Vor einiger Zeit wochte die Notiz in den Münchener Blaͤt⸗ 
lern die Runde, daß ein Vicefeldwebel des Infunterie: Leibregiments 
ine Reide von Rekruten schlechten Exerzierens halber mit Stock 
prügeln trallirt habe. Die desfalls eingeleitete Untersuchung ergab, 
hah der Vicefeldwebel Severin Sicz'nsly aus Preußisch Polen bei 
der ihm untergebenen Mannschaft ein sörml'ches Prügeliystem ein⸗ 
geführt hatte. Wer schlecht exerzierte, erhielt Nippenfiöße oder 
Echlage ins Gesicht und wurde noch obendrein aufgeschrie den. Die 
Aufgeschriebenen hatten fich noch dem Exerzieren mit einem Stocke 
in der Hand zu melden, mußten sodann die „Rumpfbeuge“ machen 
und sich eine von dem Vicefeldwebel zu bestimriende Tnzahl. Stock⸗ 
prügel“* aufsalzen lassen. Dieses Aufsalzen ging in der Weise vor 
sich daß ein Soldat dem andern das dictirte Quantum Prügel 
perabteichen mußle. Auch die be den Unteroffiziere Hartl und Ernst 
huldigten dem Prügelsystem ihres Vorgeseßten Siczinsty, so daß eß 
schließlich so weit kam, daß die betreffenden Rekruten ihre Bein⸗ 
leidet mit wollenen Decken u. dal. aus fütterten. Bei dem theore⸗ 
sischen Unterricht wurde die Mannschaft gleich Schullindera mit 
Taten auf die Fingerspitzen traktirt. In der Verhandlung vor 
dem Militärbezirksgericht erschienen 84 Zeugen, die von den ge⸗ 
nannten drei Ünteroffizieren mit Püffen, Stößen, Prügel und Tatzen 
zedacht worden waren; leiver von ihnen hatte den Mulh, sich zu 
heschweren, viclmehr machte Manchem unter ihnen dieseß gegenseitige 
Prügeln Spaß! Die Vertheidiger der Angeklagten suchen zur Ent⸗ 
schuldigung ihrer Klienten das zwischen der Mannsschaft und den 
Unteroffizieren bestehende Verhältniß als ein „familiäres“ barzu⸗ 
dellen. Einer der Vertheidiger nennt dieses Verhältniß „urgemüth⸗ 
lich bayerisch“ und schiebt die gonze Schuld an der Verhandlung 
der „Schreierei“ der Presse zu. Die Geschworenen bejahten die 
z Schuldfragen mit dem Beisotz „ohne die Absicht der Mißhand⸗ 
ung“ und der Gerichtshof verurtheilte sodann den Vicefed webel 
Siczinskh zu 4 Monaten, den Unteroffizier Ernst zu 3 Monaten 
und den Unteroffizier Harti zu 2 Monaten Gefängniß. 
F Am 9. Mai, am Todestoge des großen Dichters Schller, 
wird in der Geburtsstadt Marbach dessen Standbild enthülli. 
f Die Einldsung der süddeutschen Münzen findet — nach 
Ausschreiber der kgl. Regierung von Mittelfranken — pur noch 
is zum 29. April äinschlüssig statt und darf auf eine Verlaͤngerung 
der Einldsungs.rist nicht gerechnet werden. Die Besitzer sür dentscher 
Münzen werden daher in ihrem eigenen Interesse dringend aufge⸗ 
jordert, sich dieser Münzen nunmehr ohne Verzug zu entäußern, 
ei es durch Umwechslung dei den kgl. Rentämtern oder durch 
Benützung derselben zur Bezahlung der Steuern und Gefälle an 
dir kal. Fentamler. — Nach Ablauf der vorbem⸗rkten Frist werden 
üddeutsche Muünzen weder mehr eingelöst noch in Zahluna ange⸗ 
ommen. 
FBerlin, 18. April. Der „Reichsameiger“ ve öffentlicht 
eine Bekanntmachung, betreffend pdie Außer⸗Coursfeßung der 
sogenannten „Sechfer,“ der Groschen, Zweigrof chen- und 
Zweieinhald-Groschenstücke vom 1. Juni ab. Die Ein⸗ 
oͤsung dieser Stücke bei den noch näher zu bezeichnenden Kassen 
erjolgt nur bis zum 81. August 1879. 
fBerhin, 14. April. Unter dem Titel: „Was die Ge⸗ 
sandten in Berlin tonsumiren“ bringen die Zeitungen folgende 
interessante Mittheilungen: Für die Gesardten in Berlin wurden 
in deu ersten drei Quartalen des verflossenen Jahres zollfrei einge⸗ 
führt: 8 Zollzentner feine Eisen⸗ und Stahlwaaren, 2 Zentner 
weißes Glas, 2 Zertner fardiges bemaltes Glas, 34 Zentner 
eine Holzwaaren, 7 Zeutner gepolsterte Möbel, 6 Zentner Kleider 
und Leinwäsche, 4 Zentner Kur,waaren, 1 Zentner Kerzen, 2 Zir. 
Bier, 3 Ztr. versetzer Branntwein, 2 Zir. anderer Btauntwein, 
1533 Zir. Win in Fassern, 138 solcher in Flaschen, 3 Zentner 
Schinlen, 8 Zentner feine Südfrächte, 4 Centner roher Kaffee, 9 
Fentner Confitüren, 5 Zentner sonstige Eßwaaren, 2 Zir. Austern, 
5 Zir. Cigarren, 4 Zen ner Thee, 12 Zic. Zucer, 2 Zir. Del, 
2 Zir. Papier · Tapetein, 1 Zentner jeine Seife. 6 Zentner Thon ˖ 
waaren ꝛc. 
— Das Non plus ultra in Erfiadung einer Firma hat jeden⸗ 
jalls ein Deftillateur in Borlin geleistet, denn dort kann man 
sesen: „Deftittation zur stßen Harmoie'“. Was eigent⸗ 
uch dorl süß ist, ob der S naps. oder ob in jenen Räumen Al— 
ez, süß“ mit einander harmonirt, ist bisher noch nicht zu enidecken 
jewesen. 
.Die Vermaͤhlung des Grafen Talleyrand P.rigord, Rin⸗ 
neisicts der Reserve im 2. Garde-Ulanenreg ment, mit Fräulein v. 
hontaut⸗Biron, Tochter des franzdsischen Botschafters, wird Mitte 
rachsten Monots in aller Stille auf Schloß Cünthers dorf in Schle— 
jen, der Besitzung des Hetzoss v. Dino, Vaters des Bräutigams, 
zefeiert werden. 
Berlin. Scherzhafte Urkunde. In eirer Weinstube der 
Kosenthalerstraße finden wir unter Glas und Rahmen folgende 
uriose Beschreibung eines vor mehr als 50 Jahren von einem 
Duzend ehrsamer Bürger, anscheinend in sehr heirerer Stimmung, 
zenoͤssenen Frühstück⸗. Tas Gedenkblatt lautet: 
Am 3. Vugust 1820. 
Iuf die Gesundheit ihres Koͤnigs tranken hier 
zwölf Bürger sechsmal zwölf Bouteillen aus, 
ind gingen dann Nachmittag um halb vier 
In folgender Beschaffenheit nach Haus. 
Jerr Glasermeister R. hatte zu tief in's Glas geguckt, 
herr Spediteur M. hatte schief geladen, 
Zerr Instrumentenmacher P. sah den Himmel für eine Baß⸗ 
geige an 
zchwertfegermeister J. hatte einen Stich erhalten, 
derr Gewehrfobrikant J. jedoch einen Schuß. 
Rüllermeister F. hatte zu viel auf's Korn genommen, 
derr Cravatteuhändler N. hatte eiwas zu viel hinter die Halsbinde 
—XE 
gei dem Maurermeister Z. war's im Oberstühchen nicht richtig, 
„chustermeister M. hatte einen gehörigen Stiefel getrunlen, 
Fischer B. hatte einen üchtigen Zug gelhan, 
frriseur P. hatte sich einen ungeheurin Haarbeutel angeschnallt, 
fuhrherrn F. war was in die Krone gefahren. 
F'In Dresden wird am 6. und 7. Juni ein Kongreß der 
Freunde der Feuerbestattung ftattfinden. 
Zur Warnung! Aus Detmold wird der Elberf. Ztg. 
Folgendes zue Waruuug mitgetheilt: „Ein kräftiger, gesuder junger 
Nann stieß sich die linke Hand an einem Thürschloß, so daß die 
»aut aufgeritzt wurde und die belreffende Stelle ein wenig blutete. 
im das Vlu zu stillen, klebte er ein Stüchchen eines Randes von 
Freimatken auf die kleine Wunde. Sehr bald schwoll die Hand, 
ann der ganze Arm an. Der hinzugezogene Arzt stellte Blutver⸗ 
zifiung festi und fand bei der Unlersuchung eines Slückes jenes 
zreimarlenrandes, daß saurer Gummi zum Bestreichen der Rück⸗ 
ite der Freimarken in Anwendung gebracht war, durch dessen Ern⸗ 
ringen in die Wunde das Leiden hervorgerufen. Die Geschwulst 
vurde durch Anwendung ernergischer Mitiel bald gehoben, dagegen 
iterte die Wunde einige Zeit.“ 
4 Aus Paris wird gemeldet, doß dem jungen Lausseur, der 
m Jahre 1874 in Folge einer unsinnigen Wette eine metallene 
Babel verschluckt hatte, dieselbe durch eine gelungene Operat on 
Zes Dr. Labbe glüclich ans dem Magen herausgegommen worden 
si, Lausseur befindet sich nach Umständen wohl. 
f Einschleppung der Pest nach Europa. Seit eini⸗ 
jen Tagen hat sich der gesammten Bevölkerung Ko nstantinopelt 
in panischer Schreden bemächtigt. Der Grund dieser Bewegung, 
velche durch alle Schichten der haupistädtischen Population geht, 
st das Gerücht, daß auch nach dem von der Pest heimgesuchten 
Mesopotamien an die dortigen Garn sonen Marsch-Ordre ergangen 
ei. In der That kann man der türkischen Bedöllerung die Aner⸗ 
ennung nicht versagen, daß sie das Fürchterliche einer solchen Maß⸗ 
egel rasch kapirte, und durch entsprechende volksthümliche Kritik 
der ah uangslofen Mitwelt zu Dank rechtzeitig denuncirte. Man 
veiß, wie die Pest augenblidlich in Mesopotamien, namentlich in 
gagdad urd Hillah wüthet. Durchschnittlich erliegen in beiden 
Ztadten täglich 200 — 250 Menschen der gräßlichen Seuche. Und 
erade aus Bagdad soll die dortige Garnison Marschbereitschaft füt 
zuropa bekommen haden. Es scheint. daß der Lärm, welchen das 
zetreffende Gerücht in der kürkischen Hauptstadt erregte, genügend 
var, um den Großvezier und Seras!er von den betreffeuden Ord⸗ 
ez, wenn sie werklich bereits ertheilt waren, abzubtingen. Sollte 
z wider Erwarten nicht der Fall sein, so ist die Sache doch schon 
o publtk um auch der fremdländijchen Diplomatie nicht mehr ent⸗ 
dlüpfen zu können. Jahtaus, jahrein werden Sanitats und 
Fholera⸗Kongresse abgehalien, um Europa endlich einmal vor den 
Zesuchen dieser afiatischen Würgengel si herzustellen. Nun sollie we 
jen einiger Bataillone, die zudem noch die Bestimmung hätten, die 
nitgebrachten Pestleime direkt an den europärschen Westen einzu⸗ 
zen, die Welt auch noch von d'eser orientalischen Frage heiumnge⸗ 
ucht werden. Das ist denn doch eine zu internationale Augele⸗ 
enheit, als daß nicht die Repräsentanten der Mächte ihr mit aller 
rnergie die Beachtung schenken sollten, welche fie sicherlich wehr als 
zoösnien und de Herzegowina zusammen verdient. 
Der Schooser HNalie“ der dor geraumer Zeit von Port