Sl. Ingberler Anzeiger.
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M 67. Saustag. den 28. Avri J 1876.
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Deutsches Reich.
München, 26. April. Abgeordnetenkammer. Der Gesehtz
entwurf betreffs der pfälzischen Buhnen wurde auf, Antrag Louis
an eine neue vierzehngliedrige Kommission gewiesen. Mit den
serneren Punkten der Tagesordnung betreffend: Ludwig⸗Donau⸗
Main⸗Kanal, Berghütten? Werke und Salinen wurde nach den
Kommissionsanträgen verfahren. Eine längere Devbatte rief der
Antrag Hafenbrädel, die Sonntagafeier beireffend, hervor; schließlich
wurde der Antrag angenommen.
München, 26. April. Abg. Herz hat zum Budget des
Ministeriums des Aeußeren heut⸗ den Antrag eingereicht, an S.
Maj. den König die Bitte zu stellen, daß bis zur nächsten Finanz⸗
perode sämmtliche diplomatische Stellen für die Vertretung Bayerns
außerhalb des Deutschen Reiches aufgehoben werden. —
München, 26. April. Sicherem Vernehmen nach wird
das Kriegsministerium in den nüchsten Tagen die frühere Forderung
bezüglich eines außerordentlichen Krediles für militaärische Bauten,
sowie für Wiederherstellung der Kriegsbereitschaft und zur Erhöhung
der Schlagfertigkeit des Heeres wiederholt an die Kammer dringen.
Bekannilich wurde im Jahre 1874 dem Kriegsministerium nur ein
Theil der damals gessellten Forderungen, insoferne diese auf die
Jahre 1874 und 1875 trafen, bewilligt.
München, 26. April. Das Frakt'onsdiner der liberalen
Zammerpartei — abgehalten gestern im Voyer. Hofe — war ein
würdiges uad eifreulittes politisches Fest. Die ausgebrachten
Toaste waten: Fihr. v. Stauffenberg auf den König und Regie-
cungsprüsident v. Hörmann auf den deutjchen Kaiser; Dr. v.
Schauß auf die mit zeitweiligem Ausschluß bedrohten fünf Müuche—
arr Abgeordneten. Staattanwalt Wülfert Namens derselben auf
Wahrbeit, Freiheir und Recht!“ Zwischen den berden letzteren
Rednern irug der Pfarrer Lamprecht durch Vörlesen eines an⸗
muthigen Gedichtes weseutlich zur Erzöhung der Stimmung bei.
(Südd. Pr.)
Münrchen, 26. April. Der Herzog von Nassau, welcher
jestern Nachmitteg von Hohenburg hier eingetroffen war, hat
Abends sich nach Fraukfurt a. M. begeben.
Der ·Pol. Korr.“ wird aus Munchen geschrieben, daß der
Bedanke einet Kammerauflösung bis jetzt no d immer auf den schein⸗
»ar unbesiegbaren Wide wellen des Königs stoße, welcher eben
seinen Volke die ungusbeeiblihe Verbitterung, wie sie jeder neuet
Wahllkampf, unter den gegenwärtigen Verhältnissen nur steigern
ann, am ürebsten ersparen möch,e. Es wäre das ein Beweis, daß
önig Ludwig mehr politische Eivsicht hat, als ein Theil der libe⸗
ralen Journalistek in Biyern, der sich nach Auflösung heiser schreit,
„hne nur im Entferntesten angeben zu können, was mit einer
olchen Maßregel dem Lande oder auch nur der Partei genützt
werden soll.
Nachrichten aus München knöpfean an die Thatsache, daß
der Justizminister v. Faustle kürzlich Urlaub genommen, Gerüchte
don einer Minister:risis. Herr v. Fäustle häite nämlichh die Be⸗
madigung des Redakteurs Or. Sigl beautragl, der König seine
ẽnwilligüng aber nicht gegeben. Ein Korreipondent des „Frankf.
Jouru.“ behauptet, daß dies der Grund des Urlaubes des Herrn
Fustezministers sei und siih d ran dis Gerücht der Ministerkr se
»och noch theilweise bewahrheiten möchte. (Berl. Tagbl.)
Berlin, 24. April. Seit der Veröffentlichung des Hilfs⸗
rassengesetzes ist in ganz Deutschland eine autgebreitete Agitation
der deutschen Gewerkvereine für das Gesetz im Werle. Der Ver⸗
pdandsanwalt Dr. Max Hirsch ist auch von Arbeitgebern vielfach
angegangen worden, in verschiedene Gegenden geeignete Persönlich⸗
deitea zu entsenden, um in öffesttlichen Versammlungen für die
Drganisation der Gewerkvereine Propaganda zu machen. Man
sieht daraus, welchen Werth die Fabrikanten und Arbeiter auf das
nue Gesetz legen, das gerade den Werkvere nen Gelegenbeit zu
einem frijchen Aufschwung bietet.
Berlhin, 25. Apt'l. Als Nachfolger Delbrücks wird uns
von wohlunterrichteter Seite der preußische Handelsm'nister Achen⸗
bach dezeichnet.
In dec Untersuchung gegen den Grafen Harry v. Arnim
wegen Lindesberraths ist der Termin für die mündliche Verhand⸗
lung vor dem Urtheiltsenate des Staategerichtshofes auf den 11.
Mai d. J., Vormiltags 9 Uhr, anberaumt worden. *87
Berlin, 26. April. Bei der heutigen ersten Berathung der
Vorlage, betreffend das Essenhahnwesen, spricht Richter (Hagen) in
weiundeinhalbstündiger Rede gegen die Vorlage. Fürst Bismarck
ergreift demnächst das Wort: „Ueber die Sache selbst behalte ich
mir noch vor, als Ressortminister zu sprechen, und will jetzt nur
eine irrthümliche Angabe des Vorredners dezüglich des allgemein
»eklagten Rücktrilts von Delbrück berichtigen. Es liegt nicht der
eringst? Schatten einer Wirklichkeit dafür vor, daß Delbrüch's Rück⸗
ritt mit dieser oder irgend einer anderen schwebenden Frage zu⸗
ammenhängt. Zwischen dem Kaiser, ihm und mir waltet nicht
er geriugste Meinungsunterschied in irgend welcher Frage ob.
Delbrück hatte stets den Muth seiner Meinung und würde mit
ieser nicht zurückzehalten haben. Ich habe 25 Jahre mit ihm
zearbeitet, ordnete meire Ansicht oft seiner besseren Ansicht unler
und würde die Vertagung der Eisenbahnfrage seinem Rücktritt vor⸗
zezogen haben. Nach der aufreibenden Thätigkeit des letzten Jahr⸗
sehnts war es für Delbrück unmöglich, fortzuarbeiten, ohne seine
Besundheit zu untergraben. Dies ist die Sachlage, die ich für
jetzt und die folgende Debatte klarlege. Im Uebrigen sieht der
Vorredner zu schwarz, wenn er glaubt, daß Einheit und Freiheit
nuf der ersten Reschslokomotive davonlaufen werden. Wenn Vor⸗
redner fragt, warum ich mich nicht erst an den Reichsztag gewendet
jabe, und dort sofort ein adlehnendes Votum in Aussicht stellte,
o erwidre ich, daß ich zunächst eher die Vollmacht des jetz gen Be⸗
itzers brauche, als Dessen, der die Bahnen kauft, vielleicht auch
ucht kauft. Sodann ist auch diese wirihschaftliche Frage nicht mit
»er johen Politik zu verbinden, indem Vorredner sagt, ich wollte
en Landtag zum Sturm geges das Reid aufbieten. Ich glaube,
arüber, ob ich oder die Herren von der Fortschrittspartei in den
etzten Jahren mehr für die Konfolidirung des Deutschen Reiches
zethan haben, wird die Geschichte richten.“ (Beifall.) Die Sitzung
zauert fort.
Dieser Tage ist in Straßburg das
zeil des Prud'hommes) wieder konstituirt
aus 18 gewählten Richtern, 9 Arbeitgebern
uind hat die zwischen diesen beiden Klassen
leiten zu schlichten.
Ausland.
In Prive'briefen aus Rom, die an Berliner parlamentarische
Persoͤnlichkte'ten gelangt sind, wird geschrieben: „Kardinal Hohen⸗
ohe unterhält hier Beziehungen, welche genügend erklären, daß der⸗
elbe keine diplomatische Mission erhalten habe. Seitens itatieni⸗
cher Staatsmänner beharrt man jedoch auf der Annahme, daß der
dardinal mit der Zistimmung des Reichskanzlers nach Rom ge⸗
ommen sei, weil dieser bei der künftigen Papstwahr eine Ver⸗
rauensperson im Valikan besitzen wolle. Dem neuen Papste ge⸗
zenüber würd somit Kard nal Hohenlohe wenn nicht thatsächlich,
io dech formell Gesandter des deutschen Reiches sein.“
(B.“ u. H.Zig)
London, 24. April. Wie der Beiliner Korrespondent des
„Daily⸗Telegr ph“ wissen will, billigt der König von Bayern das
kisenbahnprojekt des Fürsten Bismarke
Brasilsen. (Varnung für deutsche Auswanderer.)
Um 2.März kam endlich in der kleinen Munizipalhauptstadt S.
Leopoldo in der Provinz Rio Grande do Sul der sogenannte
„Mucerptozeß“ zum Abschlusse, nachdem nahezu zwei Jahre seit
den grauenetregenden Mordszenen auf der deutschen Kolonie S.
2topoido verflossen waren. Von der ganzen fanatischen Sekte der
ogenannten Maurer, deren vdiele im Kampfe m'it den Soldaten
sefallen, e nige aber entkommen oder gestorben waren, slanden ein—